«Wie Theater ohne Zuschauer»
DAS SCHLIMMSTE AM ERSTEN GEISTERSPIEL VON BASEL WAR, DASS EIN ZWEITES FOLGEN WIRD

Surreal. Die FCB-Spieler im Kreis unmittelbar vor dem Anpfiff gegen Schaffhausen im gähnend leeren Stadion, davor ausgesperrte Fans des FCBasel. Fotos Keystone, Siegert
FLORIAN RAZ
Nach dem 3:0 des FC Basel gegen den FC Schaffhausen vor leeren Rängen waren sich alle einig, dass sie eine solche Nicht-Stimmung nie mehr erleben möchten. Das werden die Basler aber - am 5. August gegen die Grasshoppers.
Draussen singen sechs junge Frauen das Basler Lied - in die Mikrofone so ziemlich aller Medien, weil es die einzige nennenswerte Fan-Aktion bleibt. In der praktisch leeren Hattrick-Bar schiesst auf der Grossleinwand Marko Pantelic das 1:0 für Hertha Berlin gegen den FC Moskau, weil wegen Sicherheitsbedenken das Spiel des FCB gegen Schaffhausen nicht gezeigt werden darf. Der Zugang zum Tertianum bleibt allen Auswärtigen versperrt; der «Joggeliblick» des Altersheims ist die einzige Loge, die nicht gesperrt ist. Und drinnen im mit Sichtschutz abgeriegelten Stadion sind sich spätestens nach fünf Minuten alle 349 Anwesenden - die Spieler beider Teams mit eingerechnet - einig, dass sie eine derartige Nicht-Stimmung nie mehr erleben möchten. Als Einstimmung sind auf ihren Passierscheinen drei kleine, weisse Gespenster aufgedruckt: Willkommen zum ersten von zwei Geisterspielen im St.-Jakob-Park.
Fussball ohne Fans, das ist, wenn Torschützen nicht wissen, wohin mit ihrem Jubel. «Normalerweise wäre ich zur Eckfahne gerannt», erzählte Mladen Petric nach seinem tollen Freistoss zum 3:0. «Aber so wusste ich nicht, wie ich feiern sollte.» Er entschied sich schliesslich, sein Tor Franco Costanzo zu widmen, dem neuen FCB-Goalie, der das Spiel von der Haupttribüne aus verfolgte. Und der laut Petric «im Training unter meiner guten Freistossform am meisten zu leiden hat».
geräuschkulisse. Fussball ohne Fans, das ist auch, wenn im St.-Jakob-Park plötzlich wieder Geräusche zu hören sind, wie zu unseligen NLB-Zeiten im alten Joggeli. Das beruhigende Rauschen eines vorbeifahrenden Zuges. Die Anweisungen der Trainer, wobei sicher nicht jeder Spieler darüber erfreut war, dass er das Coaching seines Chefs auf dem gesamten Feld hören durfte. Und nicht zuletzt die Diskussionen unter den Spielern - wohl noch selten war im St.-Jakob-Park eine Abwehr einfacher zu dirigieren, als an diesem Samstag. Kurz, es herrschte eine Atmosphäre, wie wenn in der 3. Liga der FC Arlesheim am Sonntagmorgen den FC Münchenstein empfängt.
«In Argentinien würde es so etwas nie geben», kommentierte César Carignano die grosse Leere. «Allerdings», meinte der Stürmer, der in drei Wochen wieder mit dem Training beginnen will, «haben wir auch Mauern und Zäune. Sonst gäbe es an jedem Spiel solche Szenen, wie nach dem Match gegen Zürich - wohl schon nach fünf Minuten.»
Dass Ausraster wie am 13. Mai nicht mehr vorkommen dürfen, ist auch Christian Gross klar. Nur ist der Basler Trainer dafür, dass «ernsthaft überlegt wird, ob das die richtige Busse ist». Schliesslich sei ein Geisterspiel auch Strafe für die Gastmannschaft. Eine These, die von Marcel Herzog gestützt wird. «Fussball ohne Fans, das ist wie Theater ohne Zuschauer», stellte Schaffhausens Goalie fest: «Du bereitest dich eine Woche auf den Auftritt vor, und am Ende erntest du keinen Applaus.»
Klar ist, dass die Swiss Football League (SFL) ebenfalls keine Freude an Begegnungen in klinisch toter Umgebung haben kann. Denn selbst das beste Fussballspiel kommt ohne die Emotionen auf den Rängen nicht zur Geltung. Das konstatierte auch Edmond Isoz: «Es kommt einem vor wie ein Spiel auf dem Land.» Aber der Direktor der SFL sprach auch davon, dass kein Land eine andere Lösung als Geisterspiele gefunden habe: «Auch die Uefa hat Inter Mailand mit Stadionsperren belegt, alle scheinen das selbe Mittel zu nutzen.»
schmaler Grat. Um sich auf das spezielle Ambiente vorzubereiten, hatten die Basler am Freitag für einmal im leeren Stadion trainiert. Und trotzdem musste Petric feststellen, «dass der Grat schmal ist zwischen einem Freundschaftsspiel und dem hier». Dem FCB muss der Balanceakt noch einmal gelingen, am 5. August gegen GC.
Das Derby gegen den Erzrivalen ohne Fans, das wird noch aussergewöhnlicher werden als die Partie gegen Schaffhausen. Wobei Ivan Ergic darauf hinwies, «dass wir ja nur spezielle Spiele haben». Erst die Kunstrasen-Premiere, dann das Geisterspiel und nun die weite Uefa-Cup-Reise nach Kasachstan. «Dafür», sagt der FCB-Captain, «haben wir unseren Job bisher gut erfüllt.»
quelle:BaZ.ch