BaZ, 1.10.05
Ein Abend voller Leidenschaft
ERIC LANDRY SCHIESST DEN EHC BASEL IN DER VERLÄNGERUNG ZUM SIEG GEGEN DEN SC BERN
Oliver Gut
Intensive Schlussphase. Kurz vor Ende des Schlussdrittels lieferten sich die Basler und Berner eine Schlägerei. Foto Kefalas
Mit 4:3 nach Verlängerung bezwingt der Aufsteiger aus Basel in der heimischen St.-Jakob-Arena den Meisterschaftsfavoriten aus der Hauptstadt und betreibt vor 4565 Zuschauern beste Werbung in eigener Sache.
Am Ende gab es kein Halten mehr: Als Eric Landry nach 63 Minuten und 19 Sekunden mit seinem Schuss ins Basler Glück den emotionalen Höhe- und Schlusspunkt unter eine attraktive Partie setzte, da standen sie, die 4565 Zuschauer in der St.-Jakob-Arena. Sie jubelten, klatschten und freuten sich. Ja, sie waren erstmals in dieser Saison ein richtiges Eishockey-Publikum.
Die ganze Szene war der gerechte Lohn für eine grossartige Leistung des EHC Basel gewesen: Die Mannschaft von Kent Ruhnke bot den erstmals zahlreich erschienen Zuschauern (mindestens ein Drittel davon waren allerdings Gästefans) gegen den SC Bern einen Abend voller Leidenschaft: Mit 3:0 führte der EHC nach der Hälfte des Spiels, hatte bis dahin den behäbigen Titelaspiranten aus der Hauptstadt im Griff gehabt. 3:3 stand es zum Ende der regulären Spielzeit, als der SCB zugelegt und Schiedsrichter Peer von vielen Pfiffen begleitet abgebaut hatte.
DAVID GEGEN GOLITATH. David wehrte sich unverdrossen weiter gegen Goliath; der eher kleingewachsene Stefan Voegele sorgte für Jubelstürme, als er den als Haudegen bekannten Berner Rolf Ziegler im Faustkampf bodigte. Und schliesslich traf Landry, als eine Strafe gegen die Gäste angezeigt war, nach Pässen von Nüssli und Plavsic zum 4:3-Sieg in der Overtime. Mehr Stimmung war in der Arena noch selten.
«Wir haben gezeigt, dass mit Herz, Dampf und Kampf vieles möglich ist. Kaum einer hätte gedacht, dass wir Bern besiegen», sagte ein strahlender Kent Ruhnke nach der Partie. Dass es für ihn, der vor eineinhalb Jahren mit einem Titel aber nicht nur im Frieden von Bern geschieden war, auch persönlich ein grosser Abend gewesen sei, verneinte der EHC-Trainer: «Es war besonders, weil wir eine der besten Mannschaften geschlagen haben. Aber wir müssen auf dem Boden bleiben.»
Für den grossem Sieg mitverantwortlich war der Auftakt gewesen: Der EHC Basel erwischte einen Blitzstart u2013 keine 5 Minuten waren verstrichen, als der Aufsteiger gegen den mächtigsten Eishockey-Club des Landes 2:0 führte. Erst erwischte Landry den Berner Goalie Marco Bührer nach feiner Passstafette zwischen den Schonern. 36 Sekunden später fuhr Thomas Nüssli einen Konter, zog Alex Chatelain kraftvoll ab und drückte Harold Druken den von der Latte geprallten Puck über die Linie.
LEKTION. Die Berner wussten nicht, wie ihnen geschah. Die Mannschaft ihres einstigen Meistertrainers Ruhnke erteilte ihnen bis zur Spielhälfte eine Lektion in punkto System-Disziplin, Aggressivität und Einsatzbereitschaft. Hinzu kam das Basler Glück: Als Alex Chatelain in der 30. Minute abzog, griff SCB-Keeper Bührer daneben und gestattete den Gastgebern so das 3:0.
Wäre Fortuna den Baslern weiter zur Seite gestanden, der EHC hätte den SCB noch mit einer Packung durch den Belchen geschickt. Doch das Glück wendete sich mit einem Linesman: Captain Chatelain blieb bei einem Gegenstoss an ihm hängen, die Scheibe kehrte ins Basler Drittel zurück und fand nach einem Querpasss von Kuhta via EHC-Stürmer Stefan Schnyder den Weg ins Tor. Torhüter Daniel Manzato, der gestern eine weitere Topleistung bot, war machtlos.
Der Berner Bär war nun geweckt. Der Druck der Gäste nahm zu, die Angriffe wurden geradliniger und die Schüsse präziser. Die Tore zum Ausgleich u2013 beide in Überzahl erzielt u2013 waren nur logische Konsequenz daraus. Was zunächst ärgerlich war, erwies sich schliesslich als Glücksfall: Hätten die Berner nicht ausgeglichen, wäre es nie zu einem derart emotionalen Schlusspunkt gekommen.
Wortmeldung
«Natürlich ist es ein viel besseres Gefühl, vor 4500 als vor 2000 Zuschauern anzutreten. Das ganze Spiel war für mich ein Riesenspass mit einem perfekten Ende. Besser hätte es gar nicht laufen können.»
EHC-Captain Alex Chatelain, der 2004 mit dem SC Bern noch Meister geworden war und gestern eine beeindruckende Leistung bot.