Basel_myhome hat geschrieben:Nun stellt sich die Frage nach den Kompetenzen der privaten Sicherheitsdienste. Eigentlich dürfen diese keine Personalien aufnehmen, wie dies im vorliegenden Fall geschehen ist. Laut Schöttli sei die Praxis in den Schweizer Stadien jedoch gang und gäbe.
Ex-Sicherheitschef des FC Zürich angeklagt
http://www.tagi.ch/dyn/news/zuerich/854675.html
Christian Schöttli und drei Angestellte der Firma Delta werden beschuldigt, einen FCZ-Fan widerrechtlich festgehalten und geschlagen zu haben. Sie spielten sich als Polizisten auf.
Zürich. - Der 18. April 2007 war ein in jeder Hinsicht aussergewöhnlicher Abend im Hardturm-Stadion. Der FC Zürich gewann 2:1 gegen den FC Sion und setzte so einen Meilenstein auf dem Weg zum zweiten Meistertitel in Folge. Hunderte von Anhängern besangen den Erfolg noch eine Stunde nach Spielende. Doch die Party endete mit Schlagstöcken, Blut und Verunsicherung unter den Fans.
Angestellte der privaten Sicherheitsfirma Delta hatten einen Anhänger beim Verlassen des Stadions ohne Vorwarnung in den Polizeigriff genommen, geschlagen, verhört und dabei gefilmt. Dafür müssen sie sich jetzt vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat hat sie wegen Freiheitsberaubung und Körperverletzung eingeklagt und Geldstrafen von 10 bis 20 Tagessätzen beantragt.
Ohne Rücksicht auf Verletzungen
Der Hauptbeschuldigte ist Christian Schöttli. Laut Anklageschrift hätte der Fan ohne die Zustimmung des damaligen Sicherheitschefs des FC Zürich, der gleichzeitig auch Chef der Firma Delta war, nicht ergriffen werden können. Gegenüber dem «Tages-Anzeiger» hatte Schöttli den Vorfall einen Tag später als «Routinekontrolle» heruntergespielt und bestritten, dass Gewalt angewendet worden war. In der Zwischenzeit hat ein Delta-Angestellter allerdings zugegeben, den Fan ins Gesicht geschlagen zu haben, weil sich dieser gewehrt habe. Gemäss Anklageschrift bedachten die Delta-Leute die möglichen Verletzungsfolgen bei ihrem Tun nicht.
Die Tatsache, dass Anklage erhoben wurde, wirft ein schiefes Licht auf die Praxis und das Selbstverständnis von privaten Sicherheitsfirmen. Gemäss Gesetz ist ihnen lediglich erlaubt, verdächtige Personen anzuhalten, jedoch nicht einmal, die Personalien aufzunehmen (Paragraf 55 der Strafprozessordnung des Kantons Zürich). «Die gegenwärtige Sicherheitshysterie im Fussball scheint die Deltas motiviert zu haben, ihre Kompetenzen massiv zu überschreiten und sich als Polizei aufzuspielen», sagt Manuela Schiller, die Anwältin des besagten FCZ-Fans.
Auch Max Hofmann, Generalsekretär des Polizeiverbandes, kritisiert das Vorgehen der privaten Sicherheitsleute. Laut ihm hätten die Deltas «unverzüglich die Polizei holen» müssen, denn nur diese sei befugt, Ermittlungen durchzuführen. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der FCZ-Fan in einem Spiel davor eine bengalische Fackel gezündet und so gegen das Sprengstoffgesetz verstossen habe, weswegen ihn die Deltas überhaupt ergriffen hatten. «Man darf nur jemanden festhalten, wenn die Tat unmittelbar vorher passiert ist», sagt Hofmann. Dies sei im vorliegenden Fall jedoch nicht so gewesen, sondern habe einige Tage zurückgelegen. Überhaupt scheine ihm das Vorgehen der Deltas unverhältnismässig zu sein, schliesslich sei lediglich eine bengalische Fackel gezündet worden.
Laut der Anwältin Manuela Schiller habe Christian Schöttli während der Einvernahmen der Staatsanwaltschaft kein Schuldbewusstsein zu erkennen gegeben, im Gegenteil: Seine Aussagen hätten den Eindruck erweckt, er habe im Einverständnis und mit der vollen Rückendeckung des Vorstands des FC Zürich gehandelt, um dessen «Nulltoleranz»-Politik durchzusetzen. FCZ-Präsident Ancillo Canepa weist den Vorwurf allerdings zurück, der FCZ habe mit seiner harten Haltung und seinen markigen Worten bezüglich Sicherheit den Deltas einen Freipass gegeben. «Christian Schöttli besass keine Carte blanche. Einsätze der Deltas müssen verhältnismässig und im Rahmen des Gesetzes erfolgen.»
Wenige Wochen nach dem Vorfall vom 18. April 2007 ist Christian Schöttli als Sicherheitsverantwortlicher des FCZ abgesetzt worden. Er ist auch nicht mehr Mitglied der Delta-Geschäftsleitung. Ob dies im Zusammenhang mit der Anklage steht, ist unklar. Schöttli hat gestern auf Anrufe des TA nicht reagiert.
Ein anderes Mandat hat er allerdings weiterhin inne: Schöttli ist Mitglied der Sicherheitskommission der Swiss Football League.