«Wir sind fitter als etliche Super-League-Teams»
CONCORDIA-TRAINER WALTER GRÜTER BLICKT AUF EINE ERFOLGREICHE VORRUNDE ZURÜCK

«Meine Arbeit wird nicht genügend honoriert.» Walter Grüter zu seiner Rolle an der Seite Murat Yakins. Foto Patrick Straub
INTERVIEW: STEVEN HÜRLIMANNN
Der FC Concordia überwintert auf dem überraschend guten dritten Tabellenplatz der Challenge League. Murat Yakins Trainerpartner Walter Grüter zieht eine sportliche Bilanz und äussert sich zu seiner Zusammenarbeit mit dem früheren FCB-Captain.
Dass Concordia derart dominant auftritt und an der Spitze der Challenge League mitspielt, hätte den Baslern vor der Saison kaum jemand zugetraut. Dem Trainerduo Walter Grüter und Murat Yakin ist es gelungen, aus jungen, unerfahrenen Spielern eine Mannschaft zu formen, die einen erfolgreichen, attraktiven Offensiv-Fussball spielt. Zeitweise standen die Basler sogar an der Tabellenspitze, mussten bis Ende Vorrunde jedoch den SC Kriens und Neuchâtel Xamax noch an sich vorbeiziehen lassen.
Concordias Erfolg wird in der Öffentlichkeit meistens Murat Yakin zugeschrieben. Doch Walter Grüter, der im Schweizer Fussball als Fitness-Guru gilt, und Yakin sind gleichberechtigte Trainerpartner. Hinzu kommt, dass Grüter im Gegensatz zu Yakin die nötigen Diplome besitzt, um überhaupt als Chefcoach in der Challenge League tätig sein zu dürfen.
baz: Walter Güter, der FC Concordia überwintert auf Platz 3. Hätten Sie sich vor der Saison träumen lassen, dass «Congeli» um die Aufstiegsplätze mitspielt?
Walter Grüter: Was den Fussball betrifft, träume ich grundsätzlich nicht. Egal, bei welchem Club, ich möchte immer vorne mitspielen. Wenn ich bei Concordia kein Potenzial gesehen hätte, hätte ich das Traineramt überhaupt nicht übernommen.
Was zeichnet die Mannschaft denn speziell aus?
Wir spielen sehr dynamisch. Murat ist für die Mannschaft ein grosses Vorbild, das färbt ab. Hinzu kommt, dass wir fast alles junge, hungrige Spieler in unseren Reihen haben, die in die Super League wollen und deshalb täglich hart arbeiten. Vor allem im konditionellen Bereich sind die Fortschritte enorm - wir haben im Durchschnitt bessere Fitnesswerte als die meisten Super-League-Clubs.
Wie kommen Sie darauf?
Ein Sportdiagnostiker, der mit diversen Super-League-Mannschaften Ausdauertests gemacht hat, bestätigte mir dies.
Und dennoch gingen drei der letzten fünf Spiele vor der Winterpause verloren.
Das hat nichts mit dem Fitnessstand der Spieler zu tun. Wir haben nicht abgebaut - bei diesen drei Niederlagen ist einfach einiges schiefgegangen. Gegen Wohlen haben wir uns schlichtweg dumm angestellt. Gegen Xamax waren wir die bessere Mannschaft, kassierten jedoch in der Nachspielzeit ein unglückliches Tor. Und auch in Kriens bekamen wir viel Lob von der gegnerischen Seite - doch über eine halbe Stunde mit zwei Mann weniger zu spielen, war einfach eine zu grosse Hypothek.
Dem einen oder anderen Ihrer Spieler liegen Angebote aus der Super League vor . Haben Sie keine Angst, dass die Mannschaft womöglich schon während der Transferperiode im Januar einen Aderlass erleidet?
Nein. Diese Spieler wollen den Club wenn möglich erst im Sommer wechseln. Doch falls einer ein wirklich gutes Angebot hat und uns bereits in der Winterpause verlassen möchte, legen wir ihm natürlich keine Steine in den Weg. Wir schauen uns stets nach Alternativen um. Es werden auch wieder Spieler aus dem FCB-Nachwuchs zu uns stossen.
Sind bis zur Fortsetzung der Meisterschaft auch gezielte Verstärkungen geplant?
Gezielte nicht. Wir möchten grundsätzlich noch mehr Potenzial in die Mannschaft bringen. Von der Bank kommt zu wenig Druck; die Stammelf stellt sich beinahe von selber auf. Das Kader soll in einem ersten Schritt um ein bis zwei Spieler reduziert werden, und dann schauen wir weiter. Momentan melden sich täglich Spieler bei uns, die zu Concordia wechseln möchten. Zuletzt ein Leistungsträger unseres Ligakonkurrenten SCKriens. Das ist unglaublich.
Andy Muff, der bei den Grasshoppers ausser Rang und Traktanden gefallen ist, hält sich seit September bei Concordia fit. Ist eine Verpflichtung ein Thema?
Ja, wir würden ihn gerne verpflichten. Alleine von seiner Erfahrung her wäre er eine Bereicherung für uns. Doch wir müssen uns noch mit den Grasshoppers einigen.
Sie haben in ihrer langen Karriere schon mit Trainergrössen wie Leo Beenhakker oder Ottmar Hitzfeld zusammengearbeitet. Wie weit ist Murat Yakin in seiner Entwicklung als Trainer schon?
Sehr weit, wenn man bedenkt, dass er bis vor Kurzem noch selbst auf dem Platz gestanden hat. Wie gesagt, er ist ein grosses Vorbild für die Spieler und kann ihnen sein Know-how bestens vermitteln. Man spürt klar die Handschrift von Christian Gross heraus. Mit Hitzfeld oder Beenhakker kann ich ihn schlecht vergleichen, die hatten damals schon viel mehr Erfahrung. Vom Typ her ist Murat ein Trainer, der nicht vorwiegend Manager-Qualitäten hat, wie Hitzfeld etwa, sondern auch ein sehr guter Ausbilder ist. Ich habe schon mit 21 verschiedenen Trainern zusammengearbeitet, so harmonisch wie mit Murat war es bisher indes erst einmal - mit Alain Geiger bei GC.
Wie gehen Sie damit um, dass ihrem Trainerpartner in der Öffentlichkeit weit mehr Aufmerksamkeit zukommt als Ihnen?
Mir war von vornherein klar, dass Murat polarisiert, dass die Öffentlichkeit auf ihn fokussiert ist. Womit ich jedoch Mühe habe, ist, wenn in den Medien von Yakins Concordia die Rede ist, oder gewisse Journalisten den Erfolg Murat alleine zuschreiben.
Sie fühlen sich in der öffentlichen Wahrnehmung also als zu gering geschätzt?
Ja. Ich war in meiner Karriere bisher die meiste Zeit Assistenztrainer - Chef zu sein ist mir nicht wichtig. Es geht mehr darum, dass in der Öffentlichkeit meine Arbeit nicht genügend honoriert wird. Im Verein ist sich dagegen jeder bewusst, dass wir beide einen gleich grossen Anteil am Erfolg haben.
Was tragen Sie zum Erfolg bei?
Murat und ich führen die Mannschaft zusammen, treten als Einheit auf. Wir haben gewisse Aufgabenbereiche jedoch aufgeteilt: Während Murat für Technik und Taktik zuständig ist, kümmere ich mich vorwiegend um Kondition und Koordination - und bin aufgrund meiner Erfahrung mit Planungsaufgaben betraut.
Was ist nach der Winterpause noch möglich. Ist der Aufstieg nun tatsächlich das Ziel des FCConcordia?
Nein. Ich halte es - sofern wir nicht zu gewichtige Abgänge zu verzeichnen haben - zwar für möglich, dass wir den Aufstieg schaffen. Doch ich frage mich, ob es zum jetzigen Zeitpunkt gesund für den Verein wäre. Um uns in der Super League halten zu können, müssten wir das Kader noch namhaft verstärken - dazu fehlt momentan jedoch der finanzielle Rahmen. Ziel ist es, den dritten Rang halten zu können, ein Barrage-Platz wäre super.