Federer zementiert seine Dominanz
JAMES BLAKE WAR IM FINAL DES TENNIS MASTERS CUP IN SCHANGHAI CHANCENLOS

Einsame Klasse. Dank schnellsten Beinen ist Roger Federer immer zur Stelle. Foto Keystone
David Bernold (Si), Schanghai
Roger Federer hat seine Wettkampfsaison mit zwei Galavorstellungen beendet. Im Halbfinal liess der Weltranglisten-Erste Rafael Nadal abblitzen (6:4, 7:5), gestern triumphierte er mit 6:0, 6:3, 6:4 über James Blake und holte sein drittes Masters.
Nach 97 Minuten eines einseitigen Endspiels war die Sache definitiv gelaufen und hatte Roger Federer in seinem vierten Masters-Final hintereinander seine Demonstration gekrönt. Die 15000 Zuschauer im vollbesetzten Qi-Zhong-Stadium hatten mit einer umstritteneren, ausgeglicheneren Partie spekuliert, zumal James Blake während der vorangegangenen Tage starke Leistungen geboten hatte, so mit dem Sieg gegen Rafael Nadal zum Wochenanfang, so im Halbfinal gegen Vorjahressieger David Nalbandian.
Doch Federer in grosser Herbstform wäre nicht Federer, wenn er einen spannenden Final zugelassen hätte. Der Schweizer nahm das Heft sofort resolut in die Hand. Es machte den Anschein, als wolle er auch die letzte Gelegenheit dazu nützen, noch einmal mit Vehemenz die Hierarchie im Männertennis aufzuzeigen. Dass ihm der finale Schritt zum Titel derart leicht fallen würde, hätte er als Letzter erwartet. «Ganz sicher nicht, denn in einem Final im Modus u2039best of fiveu203A stellt man sich auf einen Match über vier, fünf Stunden ein. Doch heute habe ich bereits nach wenigen Ballwechseln gemerkt, dass die Chance besteht, dass ich gut spielen werde.»
Immer eine Antwort. «Gut spielen» wäre eine glatte Untertreibung. Mit dem Gewinn der ersten sieben Games lenkte Federer das Geschehen früh in die von ihm gewünschte Richtung, hatte nach dem traumhaften Start die Kontrolle und bewahrte auch in den seltenen etwas kritischen Momenten Ruhe und Übersicht. Im ersten Satz machte er im gleichen Game (bei 4:0) fünf, im zweiten Abschnitt (bei 1:1) vier Break-Möglichkeiten des US-Herausforderers zunichte. Und als dem Amerikaner im dritten Satz doch noch ein Break (zum 4:5) gelang, erwies sich dies umgehend nur als minimale Resultatkosmetik.
Blake, der im sechsten Vergleich mit Federer abermals den Kürzeren zog, hatte in seiner Analyse primär lobende Worte für seinen überragenden Bezwinger übrig. «Ich habe nichts ausrichten können. Er spielte zu gut. Ich habe Mühe, die Worte zu finden, um seine Leistung zu beschreiben. Roger war brillant. In den Finals vermag er sich noch zu steigern. Das ist einfach unglaublich.»
Blake darf trotz des bitteren Endes auf eine gelungene Woche und eine gute Saison zurückblicken. Vor zwei Wochen, als er sich den letzten Startplatz im Achterfeld von Schanghai gesichert hatte, hätte er wohl im Traum nicht daran gedacht, als Gruppensieger in den Final einzuziehen und die Millionenstadt als bestklassierter Amerikaner wieder zu verlassen. Der 27-Jährige rückt vier Positionen vor und ist die neue Nummer 4 der Welt. Auch finanziell schlagen sich die Leistungen nieder. Blake durfte sich über einen Check von 700000 Dollar freuen.
45. Titel. Federer ergänzte mit dem dritten Masters-Triumph nach 2003 und 2004 sein Palmarès mit einem weiteren Highlight. «Es ist ein Wahnsinn, ein so grossartiges Jahr mit einem Titel abschliessen zu können.» Mit dem Australian Open, Wimbledon, dem US Open, dem Masters und Mimai (Players den Championships) hat er fünf der bedeutendsten sechs Turniere gewonnen, seine Bilanz von 92:5 Siegen wurde bisher einzig von Ivan Lendl 1982 (106:9) übertroffen. Das Saisonfinale hatten vor ihm erst Pete Sampras, er hält mit fünf Siegen die Bestmarke, Lendl, Ilie Nastase, Boris Becker und John McEnroe (mindestens) dreimal für sich entschieden.
Mit seinen zwölf Turniersiegen - insgesamt sind es nun 45 - stellte Federer ausserdem eine persönliche Bestmarke auf (2004 und u201905 je elf Titel). Auch in finanzieller Hinsicht ist Federer in einsame Sphären entrückt. Mit den brutto 1,52 Millionen Dollar, die er in Schanghai als ungeschlagener Masters-Gewinner kassierte, steigerte er sein Gesamtpreisgeld in dieser Saison auf 8,3 Mio. und steigerte damit den früheren Rekord (6,5 Mio. Dollar von Sampras 1997).
Mehr als über das viele Geld freut sich Federer auf Montag, den 26. Februar 2007. Dannzumal wird er seine 161. Woche als Nummer 1 hinter sich haben und Jimmy Connors als alleinigen Spitzenreiter ablösen. Der Amerikaner hatte die Top-Position vom 29. Juli 1974 während 160 Wochen bis zum 22. August 1977 innegehabt. «Das ist einer der ganz grossen Rekorde, möglicherweise der grösste meiner Karriere bisher», sagt Federer. «Ich warte auf diesen Tag und werde ihn feiern.»
wortmeldung
«Teil dieser Elitegruppe am Masters zu sein ist eines der Ziele, die du dir zu Beginn der Saison steckst. Nur die besten Acht sind dabei. Das gibt dir die Möglichkeit, gegen die Besten zu spielen. Das Masters bietet aber auch die Gelegenheit, eine gute Saison zu beenden. 2003, als ich erstmals das Masters gewonnen habe, war eines der Turniere, in denen mir der Durchbruch gelungen ist. Das erste Turnier in Schanghai 2002 fand in einer ganz speziellen Atmosphäre statt. Deshalb ist das Masters für mich eine der grössten Veranstaltungen überhaupt.»
Federer auf die Frage, wie wichtig der Masters-Titel im Vergleich zu einem Grand-Slam-Triumph ist. Roger Federer iN Finals 2006
OrtBelagSiegerGegner Resultat
Doha Hartplatz FEDERER Gaël Monfils (Fr) 6:3, 7:6
Melbourne Hartplatz FEDERER Marcos Baghdatis (Zyp) 5:7, 7:5, 6:0, 6:2
Dubai HartplatzRafael Nadal (Sp) 6:2, 4:6, 4:6
Indian Wells Hartplatz FEDERER James Blake (USA) 7:5, 6:3, 6:0
Key Biscayne Hartplatz FEDERER Ivan Ljubicic (Kro) 7:6, 7:6, 7:6
Monte Carlo SandRafael Nadal (Sp) 2:6, 7:6, 3:6, 6:7
Rom Sand Rafael Nadal (Sp)7:6, 6:7, 4:6, 6:2, 6:7
Roland Garros SandRafael Nadal (Sp) 6:1, 1:6, 4:6, 6:7
Halle RasenFEDERER Tomas Berdych (Tsch) 6:0, 6:7, 6:2
Wimbledon RasenFEDERER Rafael Nadal (Sp) 6:0, 7:6, 6:7, 6:3
Toronto Hartplatz FEDERER Richard Gasquet (Fr) 2:6, 6:3, 6:2
US Open Hartplatz FEDERER Andy Roddick (USA) 6:2, 4:6, 7:5, 6:1
Tokio Hartplatz FEDERER Tim Henman (Gb) 6:3, 6:3
Madrid Indoor FEDERER Fernando Gonzalez (Chile) 7:5, 6:1, 6:0
Basel Indoor FEDERER Fernando Gonzalez (Chile) 6:3, 6:2, 7:6
Schanghai Indoor FEDERER James Blake (USA) 6:0, 6:3, 6:4 Verzweiflung I. Nadal kam nicht an Federer heran. Foto Key
6:4, 7:5 gegen Nadal - ein Sieg mit beruhigender Wirkung
Wegweisend. Roger Federers 6:4, 7:5 im Halbfinal gegen Rafael Nadal war psychologisch der wichtigere Sieg als der Triumph im Final gegen James Blake. Die Bilder nach den Matchbällen machten es deutlich. Als der Branchenleader den Amerikaner im Titelkampf nach 1:37 Stunden bezwungen hatte, wirkte er, als sei er einer Pflicht nachgekommen, einfach zufrieden. Wesentlich mehr Emotionen hatte er tags zuvor gezeigt, als er nach knapp zwei Stunden (für zwei Sätze, nicht drei!) endlich den unbequemen, hartnäckigen Spanier am Boden hatte. Nach dem entscheidenden Punkt schien eine riesige Last von Federers Schultern zu fallen;so euphorisch hatte er seiner Freude in einer Vorschlussrunde nie Ausdruck verliehen. Er ging in die Knie, ballte immer wieder die Faust und schrie die Erleichterung in die Halle hinaus. Federer selber wollte dies als Reaktion auf den spektakulären Matchball - er schloss nahe am Netz stehend einen langen Ballwechsel mit einem Vorhand-Cross ab - verstanden wissen. Aber da war mehr als er später sagte: «Es ist aber sicher besonders schön, gegen Nadal zu gewinnen.»
Für Federer hatte ungemein viel auf dem Spiel gestanden. Er wollte Nadal unbedingt zeigen, dass er auch in der Halle der bessere Spieler ist. Zudem wollte er unter allen Umständen vermeiden, das grandiose Jahr mit einer Niederlage gegen den wie im letzten Jahr wiederum grössten Herausforderer zu beschliessen. Der Spanier mit der physisch sehr aufwändigen Spielanlage hatte Federer immerhin in vier Finals bezwungen. Und der 20-Jährige vermochte seine Fortschritte auch indoor zu bestätigen;er trug zu einem spektakulären, höchst intensiven Halbfinal bei. «Es war ein harter Test für mich. Es ist beruhigend und mental ganz wichtig für mich, Nadal auf meinen Belägen, Gras und Indoor, zuletzt geschlagen zu haben.»
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