Wundertüte Fan-Boulevard
BEI DER GEPLANTEN FAN-MEILE DER EURO 2008 GIBT VOR ALLEM DIE VERKEHRSFÜHRUNG ZU REDEN

Wunsch. So soll der Messeplatz in zwei Jahren während der Euro 2008 aussehen: Ein Eingangstor zum Fan-Boulevard Basel.
PHILIPPLOSER
Das Gewerbe frohlockt, die Anwohner reagieren verhalten. Noch ungeklärt ist, wie in zwei Jahren der Verkehr durch die Stadt fliessen wird. Die Organisatoren haben noch viel Detailarbeit vor sich.
Wie es sein könnte, aber nicht sein sollte, wissen die Organisatoren der Euro 2008 in Basel spätestens seit der WM in Deutschland. Quasi als Testlauf zum eigenen Fest wurde auf dem Marktplatz eine Art «Mini Fan-Zone» mit Grossleinwand, Bier, Würsten und einem VIP-Zelt eingerichtet. Resultat: Fans waren begeistert, Anwohner entsetzt. Der Verkehr brach an den Übertragungsabenden zusammen und die Gassen rund um den Marktplatz wurden zum grossen öffentlichen Pissoir.
«Das war wirklich schlimm. So wollen wir es nicht wieder», sagt Regierungsrat Christoph Eymann (LDP), der Chef des bikantonalen Lenkungsausschusses zur Euro 2008 in Basel. Am vergangenen Freitag präsentierten die lokalen Organisatoren ihr Gegenmodell zum Marktplatz-Event: Den Fan-Boulevard. Auf 3,2 Kilometern vom Bahnhof SBB bis zum Badischen Bahnhof sollen die Fans aus ganz Europa durch die Stadt geleitet werden. Grossleinwände sind auf dem Messeplatz, bei der Mittleren Brücke und der Kaserne vorgesehen - aber auch andere Standorte wie der Barfüsserplatz oder der Marktplatz sind noch im Gespräch. Kosten wird die Fan-Meile zwischen fünf und zehn Millionen Franken, einen Grossteil davon sollen private Sponsoren bezahlen.
«Wir haben am Freitag das grosse Bild gezeigt», sagt Andrea Müller, Delegierter der beiden Basel für die Euro 2008, «jetzt müssen wir schauen, was in der Realität umsetzbar ist.» Müller hat gute Reaktionen auf die erste Präsentation erhalten. Eymann bekam sogar Spontanbewerbungen für eine freiwillige Mitarbeit. Jetzt gelte es, den groben Rahmen abzustecken, sagt der Regierungsrat. An einer Informationsveranstaltung vom 6. November sollen das lokale Gewerbe und die Interessengemeinschaften der Detaillisten in den Quartieren über die Möglichkeiten informiert werden, auf dem Fan-Boulevard Geld zu verdienen.
Noch kein Verkehrskonzept. Ebenfalls Anfang November werden sich die Organisatoren mit den Basler Verkehrsbetrieben treffen, um über ein Verkehrskonzept zu reden. «Es gibt Leute in dieser Stadt, die nichts mit Fussball anfangen können», sagt BastA!-Grossrat Urs Müller. Für diese müsse der öffentliche Verkehr aufrechterhalten werden.
Christoph Eymann stimmt grundsätzlich zu: «Es darf nicht mehr so sein wie bei den Übertragungen auf dem Marktplatz, als keine Trams mehr fahren konnten.» Die BVB versprechen, beiden Seiten Rechnung zu tragen - den Fussballverrückten und den Abstinenten. «Ein Grundangebot ist Pflicht», sagt BVB-Sprecher Pius Marrer. Die BVB sind dankbar, dass es die Fasnacht gibt: Dadurch habe man Erfahrungen mit Grossanlässen.
Auch Arthur Marti, Präsident der IGKleinbasel, sagt: «Das Tram muss fahren.» Er hat noch nicht viele Reaktionen aus seinem Umfeld zur Idee des Fan-Boulevards erhalten. Marti selber steht dem Projekt grundsätzlich positiv gegenüber. Auch andere Gewerbetreibende sehen Chancen, während der Euro 2008 zu profitieren: «Wir haben viele Ideen und unsere Wirte sind auf solche Events vorbereitet», sagt Rolf Fuhrer, Präsident der IG Steinen. Sein Traum wäre es, bei der Heuwaage eine grosse Leinwand einzurichten.
Verhaltener reagieren die verschiedenen Quartiervereine. Es sei noch zu früh, um sich eine Meinung zu bilden, sagt beispielsweise Dagmar Vergeat, Präsidentin des Neutralen Quartiervereins «Lääbe in der Innerstadt». Sie findet die Idee der Fan-Meile «lustig»: «Aber wenn es zu wenig WC-Häuschen gibt, steige ich auf die Barrikaden.»
Vermitteln. Werner Vontobel, Präsident des Quartiervereins Unteres Kleinbasel, hält die Fan-Meile für eine gute Idee - trotzdem werde man sich frühzeitig überlegen, wie man auf Anwohner zugehen könne, die sich vom Lärm und Trubel belästigt fühlen. Auch Vontobels Kollege Jörg Jantz vom Quartierverein Oberes Kleinbasel hat eine realistische Einstellung: «Verhindern können wir die Fan-Meile nicht. Solche Events finden nun mal in einer Stadt statt.» Er bietet schon heute seine Vermittlungsdienste an, sollte es zu Reklamationen von Anwohnern kommen.
Und sei es, weil zu wenig Toilettenhäuschen aufgestellt werden.
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Charta soll bis Ende Jahr abgeschlossen sein
VEREINBARUNG. Keinen Kommentar zur Basler Idee eines Fan-Boulevards gibt es von der Uefa. Damit warte man, bis die Host-City-Charta unter Dach und Fach sei, sagt Christian Mutschler, Schweizer Turnierdirektor der Euro 2008. Mit der Charta wird unter anderem vereinbart, wie stark sich die Uefa an den Kosten der Stadt beteiligt. Der Abschluss des Vertrags wurde für diesen Herbst erwartet, jetzt wird es wohl Ende Jahr. Bis Ende Jahr sollen auch die Streitigkeiten um den Mietpreis der St. Jakobshalle zwischen dem Kanton und der Uefa beigelegt sein - noch sind die Parteien in den Verhandlungen. Ein weiteres Fixdatum ist der Januar 2007: Dann soll den Parlamenten der beiden Basel eine Budgetvorlage präsentiert werden.
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