Referendum wird wohl scheitern
DEM KOMITEE GEGEN DAS HOOLIGANGESETZ FEHLEN IMMER NOCH UNTERSCHRIFTEN

Schwerer Stand. Seit den Krawallen vom 13. Mai im St.-Jakob-Park ist das Sammeln von Unterschriften gegen das Hooligangesetz schwierig geworden. Foto Keystone
PHILIPPLOSER
Vor eineinhalb Wochen waren es 35000 - in drei Tagen müssen es über 50000 sein: Den Gegnern des Hooligangesetzes läuft die Zeit davon. Schuld daran geben die Unterschriftensammler den Krawallen vom 13. Mai rund um dem St.-Jakob-Park.
Mitte April haben verschiedene Schweizer Fanclubs das Referendum gegen das Hooligangesetz lanciert, am kommenden Donnerstag ist die dreimonatige Sammelfrist vorüber - und 50000 gültige Unterschriften müssen beisammen sein. Aber selbst das Referendumskomitee gegen das «Bundesgesetz zur Wahrung der inneren Sicherheit», wie das Hooligangesetz eigentlich heisst, scheint nicht mehr an seinen Erfolg zu glauben. Ende Juni gab Komitee-Sprecher Ruben Schönenberger diversen Medien die Auskunft, das Komitee habe erst 35000 Unterschriften beisammen. Es müsse «ein Wunder geschehen», falls das Referendum doch noch zustande kommen solle.
Auf Tauchstation.
Ob das Wunder zustande gekommen ist, entzieht sich der Kenntnis der baz. Ruben Schönenberger und das lokale Komitee in Basel reagierten während drei Tagen weder auf Telefonanrufe noch E-Mails. Das Komitee auf Tauchstation, das Referendum abgeschifft?
Tatsächlich hatten die Unterschriftensammler seit dem 13. Mai einen schweren Stand. Unter dem Eindruck der Krawalle nach dem Spiel FCB-FCZ forderten Politikerinnen und Politiker quer durch die Parteienlandschaft die Einführung des Hooligangesetzes. Und Sportminister Samuel Schmid (SVP) forderte nach den Krawallen, das Gesetz sei nun nötiger denn je. Die Unterstützung für das Komitee fiel in sich zusammen. «Ich muss ehrlich sein: Nach den Krawallen haben wir uns nicht mehr für das Referendum engagiert», sagt Regula Meschberger, Präsidentin der SP Baselland. Die Baselbieter SP hatte formell die Unterstützung des Referendums beschlossen. Vor allem wegen den «staatsrechtlich und datenschützerisch problematischen Inhalten des Gesetzes», wie Meschberger sagt.
Sie steht nach wie vor zu ihrer Meinung - nur sei es nach den Krawallen in Basel sehr schwierig geworden, diese Bedenken den Leuten auf der Strasse zu vermitteln. Bedenken, die auch von vielen Datenschützern quer durch die Kantone geteilt werden. Auch Markus Mohler, der ehemalige Kommandant der Basler Polizei, gehört zu den Kritikern des Hooligangesetzes. Mohler glaubt nicht an die Durchsetzbarkeit des Gesetzes.
Aufklärungsarbeit.
Noch nicht aufgegeben hat BastA!-Grossrat Urs Müller: «Es ist noch offen, ob das Referendum zustande kommt. Auch wenn es natürlich ganz schwierig wird.» Er stand selber auf der Strasse, um Unterschriften zu sammeln. Dabei seien die Krawalle in Basel zwar häufig ein Thema gewesen, aber es seien ebenso häufig interessente Gespräche über die Handhabung von Datenschutz entstanden. «Die Leute wollen Krawalle wie nach dem FCB-FCZ-Match nicht mehr erleben - gleichzeitig teilen viele unsere datenschützerische Bedenken.» Für Thomas Gander vom Fanprojekt Basel ist vor allem der «irreführende Titel» des Gesetzes ein Grund für das voraussichtliche Scheitern: «Es braucht Unmengen von Aufklärungsarbeit, um den Menschen die kritischen Punkte des Gesetze trotz des Hooligan-Titels näher zu bringen.» Das Fanprojekt Basel hat das Referendum nicht offiziell unterstützt. Es hat aber eine kritische Vernehmlasssung geschrieben und dem lokalen Referendumskomitee infrastrukturelle Hilfe geleistet.
Auch die SP Basel-Stadt hat sich nicht hinter das Komitee gestellt. Erst beim Zustandekommen des Referendums hätte sich die Partei offiziell vernehmen lassen. Gegner des Gesetzes gibt es in der Partei trotzdem - beispielsweise in der Person von SP-Vizepräsident und FCB-Saisonkarten-Besitzer Tobit Schäfer. «Mit den Krawallen vom 13. Mai haben uns die Chaoten einen Bärendienst erwiesen.» Die Möglichkeit, Gewalttäter zu isolieren und zu bestrafen, gebe es schon mit der heutigen Gesetzgebung: «Das Hooligangesetz ist nicht nötig.» Werde das Gesetz wirksam, laufen auch viele unbescholtene Fans Gefahr, datentechnisch erfasst zu werden, so Schäfer. «Aber machen Sie das mal jemandem klar, der die Fernsehbilder der Ausschreitungen gesehen hat.»
Datenbank und Rayonverbot
Auflagen.
Kommt das Referendum gegen das «Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit» nicht zustande, stehen den Behörden verschiedene Mittel zur Verfügung, um gegen gewalttätige Chaoten vorzugehen. Das Gesetz sieht unter anderem Ausreisebeschränkungen, Rayonverbote, Meldeauflage oder gar Polizeigewahrsam während Sportveranstaltungen für Rowdys vor. Grundlage für die Anwendung dieser Restriktionen ist eine nationale Hooligan-Datenbank, in der alle Randalierer aufgenommen werden sollen und auf die alle Kantone Zugriff haben. Vor allem diese Datenbank wird von Linken und Datenschützern kritisiert:Es sei nicht statthaft, wenn Matchbesucher auf einen blossen Verdacht hin in eine nationale Datenbank aufgenommen werden können.
Wann das Gesetz in Kraft tritt, ist offen - bei nicht Zustandekommen des Referendums wird der Bundesrat die zum Gesetz gehörende Verordnung nach der Sommerpause behandeln.
Das Gesetz ist vorderhand bis Ende 2009 befristet - Bund und Kantone haben sich aber bereits dafür ausgesprochen, das Gesetz zu behalten.
los
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http://www.baz.ch/go/hooligangesetz
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http://www.referendum-bwis.ch