DIE SWISS FOOTBALL LEAGUE VERABSCHIEDET EINEN NEUEN SICHERHEITSKATALOG

Neues Konzept. Peter Stadelmann, Präsident der Swiss Football League, und Sicherheitschef Thomas Helbling. Foto Keystone
Christoph Kieslich, Muri
Die Konsequenzen nach dem 13. Mai und den schweren Ausschreitungen in Basel gelten künftig für alle Clubs. In den Gästesektor gelangen nur noch Fans, die sich registrieren lassen.
Angesichts der ernsten Materie und Begriffen wie «Gewaltproblem», «Sofortmassnahmen» oder «Ausweispflicht» war es Peter Stadelmann ein Anliegen, etwas «Vorfreude» auf die nächsten Mittwoch beginnende Saison zu versprühen. Der SFL- Präsident sieht die 10er-Liga als etabliert, durch die Hochburgen Sion und Luzern bereichert und noch spannender. Und mit dem neuen TV-Vertrag hört er ein «neues Zeitalter» eingeläutet. Via Free-TV - und neu übers Bezahlfernsehen - werden 98 Spiele live in Schweizer Wohnstuben übertragen.
Die Mehreinnahmen vom Fernsehen sowie aus einem erheblich verbesserten Vermarktungsvertrag sollen zu einem Teil in ein neues Sicherheitskonzept insbesondere für die zehn Super-League-Clubs fliessen. Dazu gehört, dass die SFL mobile Videokameras mitfinanzieren wird, mit denen die Observation im Stadion ausgebaut werden soll.
Vier Kernpunkte. «Gewaltbereite Fans stellen eine grosse Herausforderung dar», so Stadelmann, «und wir wollen nach einer friedlichen WM eine friedliche Super League organisieren.» Dafür hat die ausserordentliche Generalversammlung der SFL in Muri gestern einmütig ein Paket mit vier Kernpunkten verabschiedet:
> Wesentlich für Matchbesucher: Der Gastclub ist bei Auswärtsspielen künftig für den Ticketverkauf für den Gästesektor zuständig. Er erhebt die Personalien, die beim Einlass ins Stadion mittels der Identitätskarte abgeglichen werden. So soll vermieden werden, dass Personen mit einem Stadionverbot Zutritt erhalten. Den Gastclubs ist die Entscheidung vorbehalten, ob sie am Spieltag am Austragungsort eine Tageskasse einrichten. Was ein modernes, kundenfreudliches Ticketing anbelangt, erkennt die SFL einen erheblichen Nachholbedarf bei den meisten Clubs.
> Die Sicherheitskommission der SFL hat alle neun Stadien inspiziert und den Clubs eine Mängelliste überreicht. Künftig müssen die Super-League-Teilnehmer jeweils vor Saisonbeginn der Liga ein aktualisiertes Sicherheitskonzept vorlegen.
> Die SFL verlangt, dass neben den Sicherheitsbeauftragten der Clubs künftig Fan-Betreuer die Besucher zu Auswärtsspielen begleiten. Sie sollen sich um die mitgereisten Zuschauer kümmern, insbesondere jene in den sogenannten «Problembereichen», also in den Fankurven.
> Kommenden Mittwoch soll eine Kampagne in den Stadien in Gang gesetzt werden, mit der eine «Solidarität gegen Gewalt» (Stadelmann) geschaffen werden soll. «Wir werden das Gewaltproblem in der Gesellschaft nicht lösen», so Thomas Helbling, der Sicherheitschef der SFL, «aber wir können versuchen entgegenzuwirken.»
Als Paradebeispiel dient der SFL der FC Basel - ausgerechnet, könnte man nach dem 13. Mai meinen. «Der FC Basel hat den Worten Taten folgen lassen», lobte SFL-Präsident Stadelmann, und zwar «über das hinaus, was wir fordern».
Bei diesem Plädoyer blieb unerwähnt, dass es in den vergangenen Jahren auch die Basler waren, die sich intensiver als andere mit ihren Fans und begleitenden Problemen auseinandergesetzt haben. Die etwa an ihrem Fanprojekt festhielten, als es andernorts - wie in Zürich - sanft entschlummerte. Dass es in Basel schliesslich zur Eskalation vom 13. Mai kommen musste, ehe das Gewaltproblem auch als eines des gesamten Schweizer Fussballs begriffen wurde - vor diesem Hintergrund muss auch der neue Massnahmenkatalog bewertet werden.
Es ist nicht weiter überraschend, dass sich der Widerstand gegen die restriktivere Behandlung, vor allem gegen die Personalisierung der Fans, aus jenen Kurven formiert, aus denen Gewalt hervorgeht und wo die Unterscheidung zwischen guten und schlechten Fans nicht einfach ist.
Zwei Brennpunkte. Der Protest dieser Fans wird das neue Dispositiv und vor allem den abgekoppelten Ticketverkauf für Gästefans gleich zu Saisonbeginn an zwei Brennpunkten auf die Probe stellen: In Bern, wo der FCB spielt, und in Luzern, wo Meister FC Zürich erwartet wird. Für beide Spiele haben Fans angekündigt, keinen Eintritt für den für sie vorgesehenen Bereich begehren zu wollen, sondern für andere Sektoren.
Das wird ein Effekt sein, der Risiken birgt, der zu einer Durchmischung von Heim- und Gästepublikum führen kann, die so nicht gewünscht, aber kaum zu unterbinden sein wird. Helbling setzt auf die Selbstregulierungskräfte, darauf, dass Fans in Gemeinschaft ihre Mannschaft unterstützen wollen und nicht verteilt über ein ganzes Stadion. Und er formuliert einen frommen Wunsch: «Wir wollen Ordnung im Gästesektor.»