Stobologyth hat geschrieben: 05.06.2025, 13:51
MistahG hat geschrieben: 05.06.2025, 13:11
blauetomate hat geschrieben: 05.06.2025, 12:48
Könnte das vielleicht auch daran gelegen haben, dass uns nach 6 Titeln in Folge allen ganz grundsätzlich ein bisschen langweilig wurde?
(ein Versuch in Heine'scher Kürze inkl. leichter Ironie)
romantische ironie.welch schöne epoche, die romantik... in diesem sinne würde es jean paul wohl so ähnlich formulieren:
Ach ja – ehe der gestrenge Fischer mit seinem disziplinierten Regiment das Szepter übernahm und dem Spiel den Glanz einer militärischen Marschordnung verlieh, da – ja, da war mir’s oft, als wäre der Fußball selbst ein Tänzer in seidenem Gewand, der nicht nur dem Ziel zustrebte, sondern dem Weg dorthin eine Schönheit verlieh.
Muri – nun, ihn will ich hier feinsinnig ausnehmen wie ein Komma aus dem Pathossatz; zu sperrig war er mir stets, als habe sich ein Möbelträger in eine Ballettgruppe verirrt.
Doch Fink! Und Sousa! Zwei, die nicht bloß spielen ließen, sondern malen – auf grünem Grund mit weisser Kugel, gleichsam impressionistisch, als wollten sie den Sonntag selbst in Bewegung übersetzen.
Was sie aufboten, war kein reines Resultatstreben, sondern eine Ästhetik der Möglichkeiten – ein Spiel mit dem Spiel. Weitaus ansehnlicher, möchte ich meinen, als das, was später kam: ein geölter Apparat, der zwar siegt – aber selten singt.
Jemand musste Urs F. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens angeklagt. Ein Mann, den F. noch nie angetroffen hatte, betrat das Debattierzimmer. "Wer sind Sie?" fragte F. und setzte sich aufrecht auf seinen Übungsleitersessel. Der Mann aber ging über die Frage hinweg, als müsse man seine Erscheinung hinnehmen, und fragte bloß seinerseits: "Was wollen Sie?" "Die Fans entzücken", sagte F. und versuchte, zunächst stillschweigend, durch Aufmerksamkeit und Überlegung festzustellen, wer der Mann eigentlich war. Aber dieser setzte sich nicht allzulange seinen Blicken aus, sondern wandte sich zur Tür, die er ein wenig öffnete, um jemandem, der offenbar knapp hinter dem Anmeldefenster stand, zu sagen: "Er will die Fans entzücken!" Ein kleines Gelächter im Zwischennetz folgte, es war nach dem Klang nicht sicher, ob nicht mehrere Personen daran beteiligt waren. Obwohl der fremde Mann dadurch nichts erfahren haben konnte, was er nicht schon früher gewusst hätte, sagte er nun doch zu F. im Tone einer Meldung: "Es ist unmöglich." "Das wäre neu, wo ich doch Erfolge feiern konnte", sagte K., der sich seiner entzückenswerten sportlichen Leistungen bewusst war wie auch der daraus folgenden Beliebtheit der Massen. F. erhob sich von seinem Sessel um seiner Arbeit nachzugehen, die er doch bisher stets mit grösstem Erfolge tat. "Nein", sagte jedoch der Mann, "Sie sind ja angeklagt". "Es sieht so aus", sagte F. "Und warum denn?" fragte er dann. "Wir sind nicht dazu befugt, Ihnen das zu sagen. Gehen Sie auf Ihr Übungsfeld und warten Sie. Das Verfahren ist nun einmal eingeleitet, und Sie werden alles zur richtigen Zeit erfahren. Das Debattiergericht wird über Sie urteilen, Sie haben sich nicht zu sorgen. Sie werden noch einsehen, wie wahr das alles ist", sagte der Mann. "Wer hat mich denn angeklagt?" "Solche Fragen beantworten wir nicht", sagte der Mann und zeigte schon eine verärgerte Regung in seinem Gesicht. Trotz dieser Regung verstärkte F. seine Nachforschung und fragte, "Was ist das für ein Debattiergericht, welches mich anklagt?" "Du lieber Himmel!" sagte der Mann. »Dass Sie sich in Ihre Lage nicht fügen können und dass Sie es darauf angelegt zu haben scheinen, uns, die wir Ihnen jetzt wahrscheinlich von allen Ihren Mitmenschen am nächsten stehen, nutzlos zu reizen!" Es wunderte F., einen solchen Prozess, eine solche Anklage vorzufinden, wo er doch erst am vorherigen Tage den grössten Erfolg seiner noch jungen Karriere als Übungsleiter eines Ballsportvereines verbuchen konnte.
jetzt wirds wirklich kafkaesk...
Darauf kann ich nur noch mit Villon erklären, was ich mein...
Ballade vom grauen Spiel des Herrn Fischer
(nach François Villon, leicht modernisiert)
I. Die Strophe der Vergeblichen Hoffnung
Wo ist der Sturm, der einst die Reihen sprengte?
Wo Flanke, Lauf und Zauberpass verflog?
Man sieht nur Zonen, wo der Gegner hängt,
Ein Rückpass kommt, als wär’s ein frommer Lob.
Die Uhr tickt leis, der Rasen döst im Trott,
Die Fans gähn’n still, doch keiner rührt den Pott.
Der Ball, er rollt – doch nicht mit Herz und Hitze,
Ein graues Kleid aus Taktik, Müh und Witze –
Was nützt das Bollwerk, fest wie alter Stein,
Wenn niemand will ins fremde Netz hinein?
II. Die Strophe der Verlorenen Lust
Hier steht das Team wie Schachfiguren stumm,
Mit Augen leer – die Seele bleibt zu Haus.
Ein Konter, ja – doch niemand läuft sich krumm,
Es schleift sich fort wie ein Gericht aus Schmaus.
„Stabilität!“ – das ruft der Trainer leis,
Doch keiner jubelt, keiner fühlt sich heiß.
Es ist, als ob der Fußball selbst gestorben,
Von Furcht getränkt, vom Leben abgeschorben.
Wer will das sehen, Woche für Woche, bloß
Wie Ordnung siegt, doch Schönheit liegt im Moos?
III. Die Strophe der zynischen Erkenntnis
O Fischer, Meister des gepflegten Nichts,
Du legst den Ball wie eine alte Last.
Dein Ziel ist Null, kein Licht, kein Sturm, kein Stich –
Du predigst „Ruhe“, wenn es donnern fasst.
Dein Spiel ist Grab, dein Spiel ist Kammerspiel,
Es tanzt kein Teufel, nur das „Sicher-Ziel“.
Ein Punkt ist heiliger als jedes Lachen,
Doch wer will so das Feuer wieder entfachen?
Verlierst du nicht, doch spielst du auch nicht mit –
Ein König ganz aus Asche, Glanz und G’rinn.
Envoi (Sendbrief an die Welt):
Ihr Fans, ihr Helden mit dem Schal im Wind,
Ihr fragt euch leis, wohin der Glaube rinnt –
So merkt euch dies: Die Kunst schlägt Pragmatik,
Und Langeweile tötet Sympathik.