Russland

Der Rest...
Feanor
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Re: Russland

Beitrag von Feanor »

badandugly hat geschrieben: 16.03.2022, 09:52 Nur ein kleiner Exkurs meinerseits
Es ist ein Balanceakt zwischen maximaler Mitbestimmung bei jedem "Seich" oder der effizienten Umsetzbarkeit von Veränderungen oder Strategien anderseits, die notwendig sind. Ein Mehrparteinesystem wie in der Schweiz ist nett, jedoch krankt es an der Langsamkeit der Kompromissfindung. Manchmal ist diese Langsamkeit von Vorteil, manchmal eben nicht. In einem von Majorz dominierten System hast Du klare Sieger (und Verlierer). Das macht es übersichtlicher aber bildet natürlich die Wählerschaft (oder deren Gesinnung) nur noch marginal ab.
Was ich sagen will: Ein Zweiparteiensystem als gescheiterte Demokratie zu bezeichnen ist gewagt, obwohl ich glaube zu spüren was Du meinst. Ein möglichst breites Spektrum an Parteien kann jedoch den selben Effekt haben, kann fast bis zur Unregierbarkeit führen bei fehlendem Willen zu Kompromissen. (Dieser Wille nimmt permanent ab nach meiner Einschätzung)
Aber die Aussage, System Russland und System USA lägen nur wenig auseinander, da bleibt bei mir nur Kopfschütteln, sorry.
Vieles sehr richtig.

Die Vorzüge einer Majorz-Demokratie kannst du aber auch mit einem Mehrparteiensystem haben. Siehe Deutschland.

Andererseits frage ich mich wirklich, inwiefern denn die Schweiz wirklich in so vielem langsamer sein soll und inwiefern es da zu eklatanten Nachteilen gekommen sein soll? Da wäre ich um Beispiele froh und gespannt. Wenn es denn - so meine Vermutung - nicht allzu viele davon gibt, dann muss man nicht lange überlegen, ob eine Konkordanzregierung besser ist als eine Mehrheitsregierung mit Opposition.

Die USA sind natürlich lange nicht vergleichbar mit Russland. Zwar scheint mir das Präsidialsystem etwas zu stark, solange Checks and Balances durch ein starkes Parlament funktionieren, gleicht sich das aber etwas aus. Unter Trump konnte man aber sehen, welche Gefahren das starke Amt mit sich bringt, wenn das Parlament nicht richtig funktioniert.

Dass die Demokraten und Republikaner seit etwa 20 Jahren nur noch spinnefeind sind, ist aber wirklich eine Gefahr für die US-Demokratie. Eine Proporzwahl würde eine Diversität an Parteien hervorbringen und die Situation entschärfen.


 

badandugly
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Re: Russland

Beitrag von badandugly »

Feanor hat geschrieben: 16.03.2022, 12:26
badandugly hat geschrieben: 16.03.2022, 09:52 Nur ein kleiner Exkurs meinerseits
Es ist ein Balanceakt zwischen maximaler Mitbestimmung bei jedem "Seich" oder der effizienten Umsetzbarkeit von Veränderungen oder Strategien anderseits, die notwendig sind. Ein Mehrparteinesystem wie in der Schweiz ist nett, jedoch krankt es an der Langsamkeit der Kompromissfindung. Manchmal ist diese Langsamkeit von Vorteil, manchmal eben nicht. In einem von Majorz dominierten System hast Du klare Sieger (und Verlierer). Das macht es übersichtlicher aber bildet natürlich die Wählerschaft (oder deren Gesinnung) nur noch marginal ab.
Was ich sagen will: Ein Zweiparteiensystem als gescheiterte Demokratie zu bezeichnen ist gewagt, obwohl ich glaube zu spüren was Du meinst. Ein möglichst breites Spektrum an Parteien kann jedoch den selben Effekt haben, kann fast bis zur Unregierbarkeit führen bei fehlendem Willen zu Kompromissen. (Dieser Wille nimmt permanent ab nach meiner Einschätzung)
Aber die Aussage, System Russland und System USA lägen nur wenig auseinander, da bleibt bei mir nur Kopfschütteln, sorry.
Vieles sehr richtig.

Die Vorzüge einer Majorz-Demokratie kannst du aber auch mit einem Mehrparteiensystem haben. Siehe Deutschland.

Andererseits frage ich mich wirklich, inwiefern denn die Schweiz wirklich in so vielem langsamer sein soll und inwiefern es da zu eklatanten Nachteilen gekommen sein soll? Da wäre ich um Beispiele froh und gespannt. Wenn es denn - so meine Vermutung - nicht allzu viele davon gibt, dann muss man nicht lange überlegen, ob eine Konkordanzregierung besser ist als eine Mehrheitsregierung mit Opposition.

Die USA sind natürlich lange nicht vergleichbar mit Russland. Zwar scheint mir das Präsidialsystem etwas zu stark, solange Checks and Balances durch ein starkes Parlament funktionieren, gleicht sich das aber etwas aus. Unter Trump konnte man aber sehen, welche Gefahren das starke Amt mit sich bringt, wenn das Parlament nicht richtig funktioniert.

Dass die Demokraten und Republikaner seit etwa 20 Jahren nur noch spinnefeind sind, ist aber wirklich eine Gefahr für die US-Demokratie. Eine Proporzwahl würde eine Diversität an Parteien hervorbringen und die Situation entschärfen.



Ich bin nicht vertieft/verwurzelt in der Politik, aber als Beispiel empfinde ich hier den Ablauf in der Energiewende. Ohne klare Mehrheiten wird ständig diskutiert, wo was geht, was nicht geht, wer was will/nicht will (Beispiel Windpark im Thal, oder generell auf den Jurahöhen). Da jede noch so kleine Partei ihre Wählerschaft vertritt und sich die Interessen dermassen verzetteln geht es einfach nicht voran. Eine klare Mehrheit im Parlament wäre mit weniger Parteien vielleicht entscheidungsfreudiger, resp. -fähiger.
Oder was meinst Du?
(sorry fürs Off-Topic)

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Faniella Diwani
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Re: Russland

Beitrag von Faniella Diwani »

badandugly hat geschrieben: 16.03.2022, 12:41
Feanor hat geschrieben: 16.03.2022, 12:26 Vieles sehr richtig.

Die Vorzüge einer Majorz-Demokratie kannst du aber auch mit einem Mehrparteiensystem haben. Siehe Deutschland.

Andererseits frage ich mich wirklich, inwiefern denn die Schweiz wirklich in so vielem langsamer sein soll und inwiefern es da zu eklatanten Nachteilen gekommen sein soll? Da wäre ich um Beispiele froh und gespannt. Wenn es denn - so meine Vermutung - nicht allzu viele davon gibt, dann muss man nicht lange überlegen, ob eine Konkordanzregierung besser ist als eine Mehrheitsregierung mit Opposition.

Die USA sind natürlich lange nicht vergleichbar mit Russland. Zwar scheint mir das Präsidialsystem etwas zu stark, solange Checks and Balances durch ein starkes Parlament funktionieren, gleicht sich das aber etwas aus. Unter Trump konnte man aber sehen, welche Gefahren das starke Amt mit sich bringt, wenn das Parlament nicht richtig funktioniert.

Dass die Demokraten und Republikaner seit etwa 20 Jahren nur noch spinnefeind sind, ist aber wirklich eine Gefahr für die US-Demokratie. Eine Proporzwahl würde eine Diversität an Parteien hervorbringen und die Situation entschärfen.



Ich bin nicht vertieft/verwurzelt in der Politik, aber als Beispiel empfinde ich hier den Ablauf in der Energiewende. Ohne klare Mehrheiten wird ständig diskutiert, wo was geht, was nicht geht, wer was will/nicht will (Beispiel Windpark im Thal, oder generell auf den Jurahöhen). Da jede noch so kleine Partei ihre Wählerschaft vertritt und sich die Interessen dermassen verzetteln geht es einfach nicht voran. Eine klare Mehrheit im Parlament wäre mit weniger Parteien vielleicht entscheidungsfreudiger, resp. -fähiger.
Oder was meinst Du?
(sorry fürs Off-Topic)

Ich sehe den Gedankengang als gefährlich an. Er beinhaltet dem Gedanken an eine Macht die "einfach entscheidet", ohne Rücksicht. So quasi "per Dekret".
Wir hatten bis 1918 solche "klaren Mehrheiten" mit dem damals abgeschafften Mayorzsystem. Ich glaube nicht das wir dem heute wirklich nachtrauern.

Noch gefährlicher wird der Gedanke an eine solche Macht die "einfach entscheidet" wenn man diese Macht einzelnen "starken Männern" überlässt. Macht korrumpiert und wird nur ungern wieder abgegeben. Unser System lässt das (zum Glück) nur in Ausnahmen zu. Ich erinnere aber auch daran das dem Bundesrat die 1939 erhaltenen Notbefugnisse erst 1952 mit einer Volksinitiative wieder entrissen werden konnten.

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Lällekönig
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Re: Russland

Beitrag von Lällekönig »

Meiner Meinung nach wird diese polarisierende Entwicklung immer dann begünstigt, wenn Menschen aus Furcht gegen etwas stimmen. Stimmen Leute für etwas, sind Meinungen und Ansichten vielfältiger.
 
Demokratien die nach dem Prinzip funktionieren, dass ausschliesslich die Gewinner die Regierung der nächsten Amtsperiode bestücken laufen Gefahr, sich zusehends dahin zu entwickeln, dass man das grössere Übel verhindern will und so das kleinere Übel in Kauf nimmt. Eine Entwicklung hin zur Polarisation.
 
Die USA hat de jure ein Mehrparteiensystem, doch leider funktioniert es nicht wie eines. De facto haben sich zwei Parteien derart vom Rest abgesetzt, dass es praktisch wie ein Zweiparteiensystem erscheint. Ein System welches derart drastische Kurswechsel ermöglicht ist weniger kontinuierlich, ist hektischer und erzeugt dadurch mehr Angst.
 
Die Schweiz hat durch das Konkordatsprinzip einen wesentlich ruhigeren und kontinuierlicheren Kurs. Dadurch funktionieren unser Wahlsystem auch gut. Unsere Abstimmungen hingegen haben das polarisierende Element inne (Ja/Nein) und eignen sich daher Ängste vor dem grösseren Übel zu schüren. Vor allem die SVP weiss dies auszunutzen: Graben vertiefen und gegen die andere Seite schimpfen. Dies lenkt den Diskurs weg von für etwas einstehen hin zu gegen etwas sein, weil sich so einfacher Stimmen finden lassen. Das funktioniert aber nur, wenn der Diskurs in einem hektischen, aufgewühlten Klima stattfindet. Gift für solche polarisierenden Strömungen wäre ein ruhiger, entspannter und angstfreier Diskurs.
 
Der Aufstieg des Zürcher Flügels der SVP unter Blocher hat diese Polarisation in die Wahlen hineingetragen und ich war damals so froh darüber, dass man Blocher als Bundesrat akzeptierte. Hätte man dies nicht getan, hätte man das Konkordatsprinzip aufgegeben und Blocher hätte weiter seine polarisierende Strategie fahren können. Indem man ihn aber akzeptierte, scheiterte er an der Doppelfunktion Regierung und Opposition gleichzeitig zu sein.
 
Die AfD in Deutschland fuhr die gleiche Strategie, konnte aber dank der verweigerten Zusammenarbeit weiterhin die Oppositionsrolle ausfüllen und wäre ohne Pandemie vermutlich erfolgreicher gewesen, als sie es mit der Pandemie war. Denn während der Pandemie genügte es nicht, gegen die Pandemie oder Lösungen zu sein, es waren Lösungen gefragt für die man einstand. Mich erstaunte aber trotzdem, wie viele man gegen bestimmte Massnahmen mobilisieren konnte. Hätte man diese Gegnerschaft aber befragt, für was sie denn einstünden, hätte man gesehen wie vielfältig ihre Anliegen waren (die extremsten Positionen waren: überhaupt keine Massnahmen vs strengere Massnahmen für alle/keine Vorteile für Geimpfte).
 
In Frankreich standen sich bei der Wahl von Macron auch zwei stark polarisierende Prinzipien gegenüber. Ein sehr wirtschaftsliberaler Macron, welcher die tief verankerten Sozialsysteme und Arbeitnehmerrechte auszuhöhlen drohte vs die rechtsextreme Le Pen. Wie sehr die Bevölkerung eigentlich primär Le Pen verhindern wollte und nicht wirklich für Macron und seine Ideen stand, sah man in den Aufständen der Gelbwestenbewegung.
 
Was hat dieser ausschweifende Bogen nun mit Russland und der Ukraine zu tun?
 
Anscheinend einiges, denn diese Diskussion schweift nicht grundlos ab. Es droht eine globale Polarisierung, in der wir Gefahr laufen, Position gegen etwas einnehmen, statt für etwas zu stehen. Ich finde es müssig, gegen Putin, Russland, die Nato oder die USA zu sein. Alle haben «Dreck am Stecken», die einen mehr, die anderen weniger. Wenn aber jeder weiss wofür er einsteht, kann er auch offen Anerkennung und scharfe Kritik in alle Richtungen verteilen und somit der globalen Spaltung entgegenwirken, ohne sich dabei eines Feindbildes bedienen zu müssen.
 

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Taratonga
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Re: Russland

Beitrag von Taratonga »

Marina ist (noch nicht) hinter Gittern:

https://www.spiegel.de/ausland/protest- ... 3e4ffec1c5

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Faniella Diwani
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Re: Russland

Beitrag von Faniella Diwani »

Taratonga hat geschrieben: 16.03.2022, 14:17 Marina ist (noch nicht) hinter Gittern:

https://www.spiegel.de/ausland/protest- ... 3e4ffec1c5

Zuviel Aufmerksamkeit im Moment.

badandugly
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Re: Russland

Beitrag von badandugly »

Faniella Diwani hat geschrieben: 16.03.2022, 13:19
badandugly hat geschrieben: 16.03.2022, 12:41
Feanor hat geschrieben: 16.03.2022, 12:26 Vieles sehr richtig.

Die Vorzüge einer Majorz-Demokratie kannst du aber auch mit einem Mehrparteiensystem haben. Siehe Deutschland.

Andererseits frage ich mich wirklich, inwiefern denn die Schweiz wirklich in so vielem langsamer sein soll und inwiefern es da zu eklatanten Nachteilen gekommen sein soll? Da wäre ich um Beispiele froh und gespannt. Wenn es denn - so meine Vermutung - nicht allzu viele davon gibt, dann muss man nicht lange überlegen, ob eine Konkordanzregierung besser ist als eine Mehrheitsregierung mit Opposition.

Die USA sind natürlich lange nicht vergleichbar mit Russland. Zwar scheint mir das Präsidialsystem etwas zu stark, solange Checks and Balances durch ein starkes Parlament funktionieren, gleicht sich das aber etwas aus. Unter Trump konnte man aber sehen, welche Gefahren das starke Amt mit sich bringt, wenn das Parlament nicht richtig funktioniert.

Dass die Demokraten und Republikaner seit etwa 20 Jahren nur noch spinnefeind sind, ist aber wirklich eine Gefahr für die US-Demokratie. Eine Proporzwahl würde eine Diversität an Parteien hervorbringen und die Situation entschärfen.


Ich bin nicht vertieft/verwurzelt in der Politik, aber als Beispiel empfinde ich hier den Ablauf in der Energiewende. Ohne klare Mehrheiten wird ständig diskutiert, wo was geht, was nicht geht, wer was will/nicht will (Beispiel Windpark im Thal, oder generell auf den Jurahöhen). Da jede noch so kleine Partei ihre Wählerschaft vertritt und sich die Interessen dermassen verzetteln geht es einfach nicht voran. Eine klare Mehrheit im Parlament wäre mit weniger Parteien vielleicht entscheidungsfreudiger, resp. -fähiger.
Oder was meinst Du?
(sorry fürs Off-Topic)

Ich sehe den Gedankengang als gefährlich an. Er beinhaltet dem Gedanken an eine Macht die "einfach entscheidet", ohne Rücksicht. So quasi "per Dekret".
Wir hatten bis 1918 solche "klaren Mehrheiten" mit dem damals abgeschafften Mayorzsystem. Ich glaube nicht das wir dem heute wirklich nachtrauern.

Noch gefährlicher wird der Gedanke an eine solche Macht die "einfach entscheidet" wenn man diese Macht einzelnen "starken Männern" überlässt. Macht korrumpiert und wird nur ungern wieder abgegeben. Unser System lässt das (zum Glück) nur in Ausnahmen zu. Ich erinnere aber auch daran das dem Bundesrat die 1939 erhaltenen Notbefugnisse erst 1952 mit einer Volksinitiative wieder entrissen werden konnten.
Du hast den Kontext verloren: Meine Replik zielte einzig darauf ein Beispiel zu nennen (wie vom Vor-Schreiber gewünscht), wo die Entscheidungsstruktur der Schweiz gegenüber einer von klaren Mehrheiten zu zeitlichen Verzögerungen geführt hat. thats all.
 

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Lällekönig
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Re: Russland

Beitrag von Lällekönig »

Faniella Diwani hat geschrieben: 16.03.2022, 14:20
Taratonga hat geschrieben: 16.03.2022, 14:17 Marina ist (noch nicht) hinter Gittern:

https://www.spiegel.de/ausland/protest- ... 3e4ffec1c5

Zuviel Aufmerksamkeit im Moment.

Ich mag die Zwickmühle, welche sie mit ihrem Auftritt im russischen Staatsfernsehen für Putin geschaffen hat. Eine unverhältnismässige Bestrafung bestätigte sie nur, eine milde Strafe ermutigt Nachahmer und für ein Verschwinden oder einen Unfall war sie für die russische Bevölkerung zu sichtbar und geniesst (noch) zu viel Aufmerksamkeit. Ich hoffe, dass mehr Russen wie sie die Gunst der Stunde nutzen, sich klar und mutig positionieren, bevor Marina Owsjannikowa in Vergessenheit gerät und die lähmende Angst wieder Überhand ergreift.

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Re: Russland

Beitrag von händsche »

badandugly hat geschrieben: 16.03.2022, 09:52 Aber die Aussage, System Russland und System USA lägen nur wenig auseinander, da bleibt bei mir nur Kopfschütteln, sorry.

Dr Unterschied bedreit ei Partei und ei Wahlniederlaag. Uuund in dr USA brucht me Gäld zum Zuegang zum politische System z bekoh, in Russland brucht me dr Zuegang zum politische System zu an Gäld zkoh.

jä, es isch ironisch gmeind. 

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Tsunami
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Re: Russland

Beitrag von Tsunami »

Faniella Diwani hat geschrieben: 16.03.2022, 14:20
Taratonga hat geschrieben: 16.03.2022, 14:17 Marina ist (noch nicht) hinter Gittern:

https://www.spiegel.de/ausland/protest- ... 3e4ffec1c5

Zuviel Aufmerksamkeit im Moment.
Eine unlogische Erklärung. Nach deiner Logik hätte demnach Nawalny bei seiner Festnahme nicht mehr genügend Aufmerksamkeit gehabt? :confused:




 

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Re: Russland

Beitrag von Taratonga »

Tsunami hat geschrieben: 16.03.2022, 17:49
Faniella Diwani hat geschrieben: 16.03.2022, 14:20
Taratonga hat geschrieben: 16.03.2022, 14:17 Marina ist (noch nicht) hinter Gittern:

https://www.spiegel.de/ausland/protest- ... 3e4ffec1c5

Zuviel Aufmerksamkeit im Moment.
Eine unlogische Erklärung. Nach deiner Logik hätte demnach Nawalny bei seiner Festnahme nicht mehr genügend Aufmerksamkeit gehabt? :confused:




 

Warum glaubst Du denn läuft die Frau frei rum, wähtend Grossmütter und andere harmloseste BürgerInnen verhaftet werden, nur weil sie Pappschilder gegen den Krieg in die Höhe hielten? Eine Schild direkt in die Kamera der TS-Hauptausgabe ist eine ganz andere Qualität!
Daher: Geht ganz bestimmt in diese Richtung. Dass sie Mutter zweier minderjähriger Kinder ist, ist für Putin doch kein Grund Gnade walten zu lassen Abwarten und Gras über die Sache wachsen lassen. 1-2 Wochen...

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Tsunami
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Re: Russland

Beitrag von Tsunami »

Taratonga hat geschrieben: 16.03.2022, 18:01
Tsunami hat geschrieben: 16.03.2022, 17:49
Faniella Diwani hat geschrieben: 16.03.2022, 14:20

Zuviel Aufmerksamkeit im Moment.
Eine unlogische Erklärung. Nach deiner Logik hätte demnach Nawalny bei seiner Festnahme nicht mehr genügend Aufmerksamkeit gehabt? :confused:






Warum glaubst Du denn läuft die Frau frei rum, wähtend Grossmütter und andere harmloseste BürgerInnen verhaftet werden, nur weil sie Pappschilder gegen den Krieg in die Höhe hielten? Geht ganz bestimmt in diese Richtung. Dass sie Mutter zweier minderjähriger Kinder ist, ist für Putin doch kein Grund Gnade walten zu lassen Abwarten und Gras über die Sache wachsen lassen. 1-2 Wochen...
Ich kann mir ehrlich gesagt keinen Reim darauf machen.

Ich habe nur aufgezeigt, dass die Begründung von User Faniella auch unlogisch ist. Oder denkst du im Ernst, dass Nawalny nicht mindestens die gleich grosse Aufmerksamkeit bei seiner Festnahme hatte? Dort war die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit wohl ein Mehrfaches grösser. Vielleicht kannst du mir diese Logik erklären?

Als ob es Putin jemals interessiert hätte, jemand aufgrund von Aufmerksamkeit nicht fest zu nehmen :rolleyes:. 
 

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Re: Russland

Beitrag von Tsunami »

Tsunami hat geschrieben: 16.03.2022, 18:25
Taratonga hat geschrieben: 16.03.2022, 18:01
Tsunami hat geschrieben: 16.03.2022, 17:49
Eine unlogische Erklärung. Nach deiner Logik hätte demnach Nawalny bei seiner Festnahme nicht mehr genügend Aufmerksamkeit gehabt? :confused:





Warum glaubst Du denn läuft die Frau frei rum, wähtend Grossmütter und andere harmloseste BürgerInnen verhaftet werden, nur weil sie Pappschilder gegen den Krieg in die Höhe hielten? Geht ganz bestimmt in diese Richtung. Dass sie Mutter zweier minderjähriger Kinder ist, ist für Putin doch kein Grund Gnade walten zu lassen Abwarten und Gras über die Sache wachsen lassen. 1-2 Wochen...
Ich kann mir ehrlich gesagt keinen Reim darauf machen.

Ich habe nur aufgezeigt, dass die Begründung von User Faniella auch unlogisch ist. Oder denkst du im Ernst, dass Nawalny nicht mindestens die gleich grosse Aufmerksamkeit bei seiner Festnahme hatte? Dort war die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit wohl ein Mehrfaches grösser. Vielleicht kannst du mir diese Logik erklären?

Als ob es Putin jemals jemanden aufgrund von zu grosser Aufmerksamkeit nicht fest zu nehmen :rolleyes:. Im Gegenteil.


 

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Re: Russland

Beitrag von Lällekönig »

Tsunami hat geschrieben: 16.03.2022, 17:49 Eine unlogische Erklärung. Nach deiner Logik hätte demnach Nawalny bei seiner Festnahme nicht mehr genügend Aufmerksamkeit gehabt? :confused:

International und unter den Oppositionellen in Russland war Navalny schon sehr sichtbar und genoss grosse Aufmerksamkeit. Wer aber nur Staatsfernsehen konsumierte, wusste nicht wirklich, um was es da ging, weil Navalny konsequent totgeschwiegen, respektive nicht beim Namen genannt wurde. Unter der Prämisse, dass Navalny der Mehrheit höchstens bedingt ein Begriff war und diese Frage auch nicht so brennend interessierte, da das Leben normal weiterging, konnte man sich diese Aktion wegen des vorherrschenden Desinteresses erlauben.

Solange man die Staatspropaganda mangels Interesse nicht hinterfragt, kann Putin amten und walten, wie er will. Die Sanktionen verändern aber das Leben vieler Russen und es besteht Interesse an der Frage: Warum? Die auf wackeligen Beinen stehende Rechtfertigung der Staatspropaganda für diese Sonderoperation und dem Verbot der Verwendung des Begriffes «Krieg» ist bei genauerem Hinsehen ein fragiles Gebilde und bedarf daher mehr Vorsicht.

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Re: Russland

Beitrag von Faniella Diwani »

Lällekönig hat geschrieben: 16.03.2022, 19:35
Tsunami hat geschrieben: 16.03.2022, 17:49 Eine unlogische Erklärung. Nach deiner Logik hätte demnach Nawalny bei seiner Festnahme nicht mehr genügend Aufmerksamkeit gehabt? :confused:

International und unter den Oppositionellen in Russland war Navalny schon sehr sichtbar und genoss grosse Aufmerksamkeit. Wer aber nur Staatsfernsehen konsumierte, wusste nicht wirklich, um was es da ging, weil Navalny konsequent totgeschwiegen, respektive nicht beim Namen genannt wurde. Unter der Prämisse, dass Navalny der Mehrheit höchstens bedingt ein Begriff war und diese Frage auch nicht so brennend interessierte, da das Leben normal weiterging, konnte man sich diese Aktion wegen des vorherrschenden Desinteresses erlauben.

Solange man die Staatspropaganda mangels Interesse nicht hinterfragt, kann Putin amten und walten, wie er will. Die Sanktionen verändern aber das Leben vieler Russen und es besteht Interesse an der Frage: Warum? Die auf wackeligen Beinen stehende Rechtfertigung der Staatspropaganda für diese Sonderoperation und dem Verbot der Verwendung des Begriffes «Krieg» ist bei genauerem Hinsehen ein fragiles Gebilde und bedarf daher mehr Vorsicht.
Es wird auch den Russen die der Staatspropaganda folgen, auffallen das immer mehr Informationskanäle verschwinden.
Ob das etwas verändert? Kaum. So lange die Menschen noch etwas zu verlieren haben, kommt es zu keinen grösseren Reaktionen.

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Re: Russland

Beitrag von Lällekönig »

Faniella Diwani hat geschrieben: 16.03.2022, 20:31 Es wird auch den Russen die der Staatspropaganda folgen, auffallen das immer mehr Informationskanäle verschwinden.
Ob das etwas verändert? Kaum. So lange die Menschen noch etwas zu verlieren haben, kommt es zu keinen grösseren Reaktionen.
Ich kann mir schon vorstellen, dass sich was ändert.

Glaubst du wirklich, Marina Owsjannikowa hat so gehandelt, weil sie nichts mehr zu verlieren hatte? Das wage ich zu bezweifeln.

Menschen können auch ins Handeln geraten, wenn sie etwas gewinnen können. Je nachdem, wie wertvoll und wie aussichtsreich dieser Gewinn erscheint. Anscheinend war es Marina wert und/oder aussichtsreich genug, sich gegen die Staatspropaganda und den Krieg zu stellen. Nur solange niemand daran glaubt, dass sein Handeln etwas bewirken kann, also aussichtslos erscheint oder niemandem eine Veränderung genügend wertvoll erscheint, kommt es zu keinen grösseren Reaktionen.

Menschen die nichts mehr zu verlieren haben, nehmen höchstens keine Rücksicht auf Verluste. Brauchen sie ja auch nicht.

 

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Re: Russland

Beitrag von Lusti »

Faniella Diwani hat geschrieben: 16.03.2022, 20:31 Es wird auch den Russen die der Staatspropaganda folgen, auffallen das immer mehr Informationskanäle verschwinden.
Ob das etwas verändert? Kaum. So lange die Menschen noch etwas zu verlieren haben, kommt es zu keinen grösseren Reaktionen.
Um der Wahrheit hier die Ehre zu geben: Von mir aus kann ganz Russland zur Hölle fahren. Wir sind mitlerweile an einem neuen Tiefpunkt angelangt:
Das beschiessen einer Geburtsklinik war wohl nicht Terror. Der Russe ist mittlerweile zu seiner alten Militärdoktrin zurückgekehrt. Es wird auf alles geschossen was sich bewegt. So werden mittlerweile Zivilisten die für Brot anstehen erschossen. Das Theater in Mariupol, welches ausserhalb klar und deutlich mit grossen Lettern "Kinder" versehen war, wurde heute bombardiert. Die Opferzahlen sind noch nicht bekannt, sie werde jedoch schrecklich sein.
Wo ich am Anfang des Krieges noch verstanden habe, das hier wohl Wehrpflichtige ohne grosse Ahnung eingesetzt werden, so ist mittlerweile wohl jedem klar, wo er sich befindet und was er tut. Was auch klar wird, ist das man aus der Abwesenheit von Information auch Rückschlüsse ziehen kann.
In den ersten Tagen des Konflikts wurde immer wieder Bilder und Videos von sich ergebenden RU-Truppen gezeigt. In den letzten 5 Tagen sind keine solche Nachrichten mehr zu sehen. Entweder die Russen ergeben sich nicht mehr oder aber, die Ukrainer machen keine Gefangenen mehr. Ich tippe Aufgrund des Verlaufes des Kriegs und dem Verhalten der Russen auf letzteres.

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Re: Russland

Beitrag von Lällekönig »

Lusti hat geschrieben: 17.03.2022, 00:41 Um der Wahrheit hier die Ehre zu geben: Von mir aus kann ganz Russland zur Hölle fahren. Wir sind mitlerweile an einem neuen Tiefpunkt angelangt:
Ganz Russland in einen Topf zu schmeissen, halte ich in der Tat für einen Tiefpunkt. Es ist schon schlimm genug, dass gewisse Kreise in Russland in das 2-Blöcke-Denken des kalten Krieges zurückgefallen sind, unnötig das wir auch noch in dieses Denken zurückfallen.

Lusti hat geschrieben: 17.03.2022, 00:41Das beschiessen einer Geburtsklinik war wohl nicht Terror. Der Russe ist mittlerweile zu seiner alten Militärdoktrin zurückgekehrt. Es wird auf alles geschossen was sich bewegt. So werden mittlerweile Zivilisten die für Brot anstehen erschossen. Das Theater in Mariupol, welches ausserhalb klar und deutlich mit grossen Lettern "Kinder" versehen war, wurde heute bombardiert. Die Opferzahlen sind noch nicht bekannt, sie werde jedoch schrecklich sein.
Wo ich am Anfang des Krieges noch verstanden habe, das hier wohl Wehrpflichtige ohne grosse Ahnung eingesetzt werden, so ist mittlerweile wohl jedem klar, wo er sich befindet und was er tut. Was auch klar wird, ist das man aus der Abwesenheit von Information auch Rückschlüsse ziehen kann.
In den ersten Tagen des Konflikts wurde immer wieder Bilder und Videos von sich ergebenden RU-Truppen gezeigt. In den letzten 5 Tagen sind keine solche Nachrichten mehr zu sehen. Entweder die Russen ergeben sich nicht mehr oder aber, die Ukrainer machen keine Gefangenen mehr. Ich tippe Aufgrund des Verlaufes des Kriegs und dem Verhalten der Russen auf letzteres.
Was dort abgeht ist wirklich furchtbar. Aber ich kann beim besten Willen nicht daran glauben, dass jemand nur auf Grund russischer Staatsbürgerschaft automatisch zu solchen Greueltaten in der Lage ist. Ich stimme dir zu, dass die alte russische Kriegsdoktrin und ihr schreckliches Ausmass erneut aufblühen. Aber gerade von dir Lusti hätte ich angenommen, dass du differenzierst statt ein Bild des Russen zu zeichnen.

Mangel, Angst, Schrecken, scheinbare Machtlosigkeit, sukzessive Enthemmung, Auslöschung der Individualität, Abschottung, konstante Indoktrination, etc. sind die Grundlagen für Gehorsam in dieser veralteten Militärdoktrin. Nicht umsonst sind 1-3 (je nach Quellen) russische Generäle an vorderster Front gefallen. Die Unmenschlickeit sickert systematisch von oben nach unten und am untersten Ende stehen die Ukrainischen Zivilisten als Leidtragende. Das heisst aber nicht, dass die Leid-Verursachenden nicht selber leiden und vor allem aus Furcht vor ihren Vorgesetzten und den Konsequenzen bei Befehlsverweigerung handeln. Es würde mich nicht wundern, wenn mit grausamer Bestrafung gedroht oder diese gar als Exempel statuiert wird.

Warum waren deiner Ansicht nach die Generäle so weit vorne? Ich weiss vermutlich weniger über Krieg, Strategie und Taktik als du und kann es mir nur so erklären, dass die Invasi … äh, Sonderoperation … dem Kreml zu langsam voran geht, dass sich die Ukrainer nach Ansicht des Kremls zu wenig vor der Russischen Streitmacht fürchteten und kämpfen, statt zu fliehen, zu verzweifeln und sich zu ergeben. Man erhoffte sich vielleicht schneller das gewünschte Resultat, wenn die Generäle mal ein wenig selbst um ihre Haut fürchten müssen. Dass sie den Druck nach unten weitergeben, ist die gewünschte und zu erwartende Reaktion.

Wenn du die Russen dafür verachtest, sich nicht den Mut aufbringen sich diesen unmenschlichen Befehle zu widersetzen, dann bin ich halbwegs bei dir. Aber es ist bequem, sie zur Hölle zu wünschen, nur weil sie wissen, was sie tun. Denn wir sind nicht in ihrer Lage, wissen nicht, was ihnen blühte, wenn sie es nicht täten.

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Tsunami
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Re: Russland

Beitrag von Tsunami »

Lällekönig hat geschrieben: 16.03.2022, 19:35
Tsunami hat geschrieben: 16.03.2022, 17:49 Eine unlogische Erklärung. Nach deiner Logik hätte demnach Nawalny bei seiner Festnahme nicht mehr genügend Aufmerksamkeit gehabt? :confused:

International und unter den Oppositionellen in Russland war Navalny schon sehr sichtbar und genoss grosse Aufmerksamkeit. Wer aber nur Staatsfernsehen konsumierte, wusste nicht wirklich, um was es da ging, weil Navalny konsequent totgeschwiegen, respektive nicht beim Namen genannt wurde. Unter der Prämisse, dass Navalny der Mehrheit höchstens bedingt ein Begriff war und diese Frage auch nicht so brennend interessierte, da das Leben normal weiterging, konnte man sich diese Aktion wegen des vorherrschenden Desinteresses erlauben.
Zu behaupten, dass Nawalny nur bei der Opposition bekannt sei, ist schon sehr starker Tobak. Alexej Nawalny gilt als der einflussreichste Oppositionspolitiker in Russland und ist auch unter den Putin-Anhängern sehr wohl bekannt. Zudem erzielte er bei der Bürgermeisterwahl in Moskau im September 2013 laut Regierung (...) 27 Prozent der Stimmen.
Auch die Vergiftung Nawalnys war in Russland ein Thema. Im Dezember 2020 erklärten rund 78 Prozent (!!) der vom Meinungsforscher-Institut Lewada-Zentrum befragten Personen, sie seien über die Vergiftung Nawalnys informiert.

Nawalny ist in Russland landesweit und nicht nur bei der Opposition bekannt.

Nawalny wurde nicht festgenommen, weil er gemäss deiner Beschreibung "der Mehrheit nicht so bekannt gewesen sei". Das Gegenteil war der Fall. Die Regierung wollte der Bevölkerung zeigen was passiert, wenn man sich öffentlich gegen Putin stellt und ihn aus dem Palast verdrängen will. Das zeigt gerade auch die prominente Festnahme direkt nach der Ankunft in Russland. 

Lusti
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Re: Russland

Beitrag von Lusti »

Lällekönig hat geschrieben: 17.03.2022, 03:12 Was dort abgeht ist wirklich furchtbar. Aber ich kann beim besten Willen nicht daran glauben, dass jemand nur auf Grund russischer Staatsbürgerschaft automatisch zu solchen Greueltaten in der Lage ist. Ich stimme dir zu, dass die alte russische Kriegsdoktrin und ihr schreckliches Ausmass erneut aufblühen. Aber gerade von dir Lusti hätte ich angenommen, dass du differenzierst statt ein Bild des Russen zu zeichnen.
Auch dem Lusti gehen mal die Pferde durch. Kritik angenommen ... offensichtlich ist das meine rote Linie: Wer klar deklarierte Rückzugsräume für Zivilisten bobardiert, hat bei mir kaum noch was zu erwarten.

Lällekönig hat geschrieben: 17.03.2022, 03:12 Mangel, Angst, Schrecken, scheinbare Machtlosigkeit, sukzessive Enthemmung, Auslöschung der Individualität, Abschottung, konstante Indoktrination, etc. sind die Grundlagen für Gehorsam in dieser veralteten Militärdoktrin. Nicht umsonst sind 1-3 (je nach Quellen) russische Generäle an vorderster Front gefallen. Die Unmenschlickeit sickert systematisch von oben nach unten und am untersten Ende stehen die Ukrainischen Zivilisten als Leidtragende. Das heisst aber nicht, dass die Leid-Verursachenden nicht selber leiden und vor allem aus Furcht vor ihren Vorgesetzten und den Konsequenzen bei Befehlsverweigerung handeln. Es würde mich nicht wundern, wenn mit grausamer Bestrafung gedroht oder diese gar als Exempel statuiert wird.

Warum waren deiner Ansicht nach die Generäle so weit vorne? Ich weiss vermutlich weniger über Krieg, Strategie und Taktik als du und kann es mir nur so erklären, dass die Invasi … äh, Sonderoperation … dem Kreml zu langsam voran geht, dass sich die Ukrainer nach Ansicht des Kremls zu wenig vor der Russischen Streitmacht fürchteten und kämpfen, statt zu fliehen, zu verzweifeln und sich zu ergeben. Man erhoffte sich vielleicht schneller das gewünschte Resultat, wenn die Generäle mal ein wenig selbst um ihre Haut fürchten müssen. Dass sie den Druck nach unten weitergeben, ist die gewünschte und zu erwartende Reaktion.
Es sind mittlerweile gegen 16 hohe Offiziere der Russen gefallen. Der Grund ist eigentlich denkbar einfach: Die Führung muss Aufgrund der mangelnden Kommunikationsfähigkeiten ganz nach vorne zur Truppe. Dort sind sie dann ein Ziel wie jeder andere Soldat.

Lällekönig hat geschrieben: 17.03.2022, 03:12 Wenn du die Russen dafür verachtest, sich nicht den Mut aufbringen sich diesen unmenschlichen Befehle zu widersetzen, dann bin ich halbwegs bei dir. Aber es ist bequem, sie zur Hölle zu wünschen, nur weil sie wissen, was sie tun. Denn wir sind nicht in ihrer Lage, wissen nicht, was ihnen blühte, wenn sie es nicht täten.
Ich sehe das Dilemma, auch wennich mir gut vorstellen könnte, das der eine oder andere Soldat problemlos seine "Strafe" für das nichtbefolgen von Befehlen ertragen würde, wüsste er nicht dass auch seine Familie davon betroffen sein wird. Die Russen sind aber dafür verantwortlich, dass sie nunmehr seit 2000 (mit einem Unterbruch, wegen Verfassung und so) von Putin regiert werden. Sie haben der schrittweisen Machtübernahme und Machtsicherung jedes mal das ok unterbreitet. Das macht sie mitschuldig. Auch wir hier sind verantwortlich für die Regierung die wir wählen.

Einziger positiver Punkt: In Belarus geht offensichtlich gerade eine Putschversuch ab. Mal sehen ob Lukaschenko morgen noch lebt oder regiert.

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Re: Russland

Beitrag von fcbblog.ch »

Lusti, was die Wahlen angeht frage ich mich langsam ob das vielfach verbreitete: Die Russen stehen hinter Putin, denn noch stimmt.

https://www.dw.com/de/kolossaler-betrug ... a-59105048

Ein Online Abstimmungssystem, bei dem man Wohnungen gewinnen kann...
Der dreifache Boris Wischnewski ist auch nicht schlecht:

Für Spott in den sozialen Netzwerken sorgte unterdessen das Foto einer Wahlliste für die Abstimmung zum Sankt Petersburger Stadtrat, die parallel zur Duma-Wahl abgehalten wird. Auf der Liste stehen neben Boris Wischnewski - Kandidat der Oppositionspartei "Jabloko" - zwei weitere Boris Wischnewskis, die ihm auch noch ähnlich sehen.

Die Namen und Aussehen der beiden No Names wurden kurzerhand vor der Wahl angepasst. Also zumindest kreativ der Wahlbetrug in Russland...

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Re: Russland

Beitrag von repplyfire »

Lusti hat geschrieben: 17.03.2022, 13:33

Einziger positiver Punkt: In Belarus geht offensichtlich gerade eine Putschversuch ab. Mal sehen ob Lukaschenko morgen noch lebt oder regiert.

DAS wäre spannend. Könnte die russischen Truppen nördlich von Kiew vor weitere Probleme stellen. Woher hast du das? Ich habe bisher nichts dergleichen gelesen.

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Re: Russland

Beitrag von Faniella Diwani »

repplyfire hat geschrieben: 17.03.2022, 15:07
Lusti hat geschrieben: 17.03.2022, 13:33

Einziger positiver Punkt: In Belarus geht offensichtlich gerade eine Putschversuch ab. Mal sehen ob Lukaschenko morgen noch lebt oder regiert.

DAS wäre spannend. Könnte die russischen Truppen nördlich von Kiew vor weitere Probleme stellen. Woher hast du das? Ich habe bisher nichts dergleichen gelesen.

Wenn dem so ist dann stellt sich eher die Frage WER hier putscht. Es dürfte Putin nicht gefallen das Lukaschenko bisher nicht mitmarschiert ist.

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Re: Russland

Beitrag von Tsunami »

Lusti hat geschrieben: 17.03.2022, 13:33
Lällekönig hat geschrieben: 17.03.2022, 03:12  
Einziger positiver Punkt: In Belarus geht offensichtlich gerade eine Putschversuch ab. Mal sehen ob Lukaschenko morgen noch lebt oder regiert.
:confused: Quelle? CH-Nachrichtendienst? Mehr Infos werden durchaus geschätzt.
 

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Re: Russland

Beitrag von repplyfire »

Tsunami hat geschrieben: 17.03.2022, 15:52
Lusti hat geschrieben: 17.03.2022, 13:33
Lällekönig hat geschrieben: 17.03.2022, 03:12  
Einziger positiver Punkt: In Belarus geht offensichtlich gerade eine Putschversuch ab. Mal sehen ob Lukaschenko morgen noch lebt oder regiert.
:confused: Quelle? CH-Nachrichtendienst? Mehr Infos werden durchaus geschätzt.


Wäre aber ein gar gefährliches Spiel von Putin. Wenn Lukaschenko weg wäre, würden auch die Bürger motiviert nochmals aufzustehen und dann hätte Putin auch in Belarus eine unbekannte mehr. Das dürfte im Moment wohl kaum in Putins Interesse sein.
 

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Re: Russland

Beitrag von Käppelijoch »

Tsunami hat geschrieben: 17.03.2022, 15:52
Lusti hat geschrieben: 17.03.2022, 13:33
Lällekönig hat geschrieben: 17.03.2022, 03:12  
Einziger positiver Punkt: In Belarus geht offensichtlich gerade eine Putschversuch ab. Mal sehen ob Lukaschenko morgen noch lebt oder regiert.
:confused: Quelle? CH-Nachrichtendienst? Mehr Infos werden durchaus geschätzt.


Die hätte ich auch gerne.

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Re: Russland

Beitrag von Lusti »

Tsunami hat geschrieben: 17.03.2022, 15:52 :confused: Quelle? CH-Nachrichtendienst? Mehr Infos werden durchaus geschätzt.
 
Sorry wollte die Quelle eigentlich mitliefern:
Warmap UA
Das ist eine Seite welche Meldungen aus verschiedensten Quelle aggregiert und auf einer Karte/Zeitachse darstellt. Die grundlegenden Informationen kommen aus folgenderQuelle:
Hanna Liubakova (Journalistin aus Minsk)
Diese widerum verlinkt verschiedenste Melder welche aus verschienenen Ortschaften in Belarus Explosionen melden. Zusätzlich sind weitere Meldungen über Bombardements und sehr viel militärischer Luftverkehr enthalten.

Ergänzung dazu:
- Zusätzlich war Lawrow auf dem Weg nach China. Kurz nach den Twitter-Meldungen über diese Explosionen hat das Flugzeug mit Lawrow seinen kurs zurück Richtung Moskau geändert. Mittlerweile ist Lawrow wieder in Moskau.

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Re: Russland

Beitrag von Käppelijoch »

Die Frage ist: Wer putscht? Russland selber, weil Lukaschenko auf einmal etwas Anderes möchte oder andere Kräfte, welche eher der Ukraine zugeneigt sind?

Sehr sehr interessant.

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Re: Russland

Beitrag von Faniella Diwani »

Käppelijoch hat geschrieben: 17.03.2022, 17:37 Die Frage ist: Wer putscht? Russland selber, weil Lukaschenko auf einmal etwas Anderes möchte oder andere Kräfte, welche eher der Ukraine zugeneigt sind?

Sehr sehr interessant.

Meine vertrauenswürdige Pressequelle schreibt noch nix. Bis dann ist das einfach "Gerüchteverbreitungsjournalismus".

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Re: Russland

Beitrag von Lällekönig »

Tsunami hat geschrieben: 17.03.2022, 07:00 Zu behaupten, dass Nawalny nur bei der Opposition bekannt sei, ist schon sehr starker Tobak. Alexej Nawalny gilt als der einflussreichste Oppositionspolitiker in Russland und ist auch unter den Putin-Anhängern sehr wohl bekannt. Zudem erzielte er bei der Bürgermeisterwahl in Moskau im September 2013 laut Regierung (...) 27 Prozent der Stimmen.
Auch die Vergiftung Nawalnys war in Russland ein Thema. Im Dezember 2020 erklärten rund 78 Prozent (!!) der vom Meinungsforscher-Institut Lewada-Zentrum befragten Personen, sie seien über die Vergiftung Nawalnys informiert.

Nawalny ist in Russland landesweit und nicht nur bei der Opposition bekannt.

Nawalny wurde nicht festgenommen, weil er gemäss deiner Beschreibung "der Mehrheit nicht so bekannt gewesen sei". Das Gegenteil war der Fall. Die Regierung wollte der Bevölkerung zeigen was passiert, wenn man sich öffentlich gegen Putin stellt und ihn aus dem Palast verdrängen will. Das zeigt gerade auch die prominente Festnahme direkt nach der Ankunft in Russland. 

Mea Culpa. Ich muss eingestehen, dass ich seine Bekanntheit massiv unterschätzt habe und zu salopp argumentiert habe.

Im Jahr seiner ersten Verurteilung war er noch 59% (der Bevölkerung überhaupt kein Begriff mai13), während Staatsmedien Konsumierende höchstens ein verzerrtes Bild von ihm hatten. Seine Bekanntheit stieg rapide mit der Vergiftung an und er war nur noch 18% (sep20) kein Begriff mehr. Die Ablehnung von Nawalnys Aktivitäten, nahm konstant zu. Von 35% (mai13) bis zu 56% (jan21) zum Zeitpunkt seiner Festnahme am Flughafen bis zu 60% (feb22).

Zum Zeitpunkt seiner Festnahme am Flughafen hat die Staatspropaganda bereits volle Arbeit geleistet. Viele der vor allem Staatsmedien Konsumierenden Älteren verurteilten Nawalny, hielten den Giftanschlag für eine Inszenierung (40%) oder schoben es den westlichen Geheimdiensten zu (28%). «Informiert» würde ich dies nicht gerade nennen. All diese Zahlen stammen aus der Befragung des Lewada-Zentrums. Das Bild, welches die Propagandamaschinerie von Nawalny zeichnete stand in hartem Kontrast zu jenem, welches er selbst von sich gab. Das wäre ja an und für sich normal und lässt einen neugierigen und kritischen Menschen sein eigenes Bild machen. Aber in Anbetracht dessen, dass das Leben der allgemeinen Bevölkerung keine grosse Veränderung erfahren hat und zu kritische Neugier reelle Gefahr oder Ablehnung durch die eingeschüchterte Bevölkerung nach sich ziehen könnte, schafft die Voraussetzung für Verhaftung und Verurteilung. Eine bewusste Situation, der man aber aus Selbstschutz nicht zu viel Aufmerksamkeit widmet.

Eine andere Voraussetzung herrscht bei Marina Owsjannikowa. Das Leben HAT sich bereits verändert, der Propagandaapparat hat noch kein verzerrtes Bild von Owsjannikowa gezeichnet und sie kritisiert genau diese Propaganda über deren eigenen Kanal in just dem Moment, da man noch bemüht ist das vorherrschende Unbehagen wegen des Krieges in ein passendes Narrativ zu zwängen (Spezialoperation). Diese Aufmerksamkeit verleiht vorübergehend Schutz.

Aber ich bin mir auch sicher, dass man hinter den Kulissen bereits Pläne schmiedet, was man alles zur Vergangenheit dieser Journalisten «(er-)finden» wird. Mir ging es primär darum, dass auch der Kreml nicht jederzeit komplett frei schalten und walten kann, wenn er die Bevölkerung nicht verlieren will. Er ist je nach Aufmerksamkeit auf ein mehr oder weniger glaubwürdiges Narrativ angewiesen. Dass er diese relativ frei erfinden kann stimmt, aber Entwicklung und Verbreitung nehmen jeweils Zeit in Anspruch und in dieser «Zwischenzeit» sind ihm die Hände durch den drohenden Verlust von Glaubwürdigkeit gebunden.

Ich hoffe, dass du mit meinen Ausführung verstehst, worauf ich hinaus wollte und mir die falsche Formulierung verzeihst.

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