Tyrion hat geschrieben: 06.09.2021, 22:36
Den Dank geb ich zurück, footbâle. Ich hatte schon die Befürchtung, ich erhalte ein Hassrede.
Ich kann mich leider nicht in deine Lage versetzen, kann deine Argumente (insbesondere mit der Wiege) aber sehr gut nachvollziehen und verstehe das jetzt auch ein wenig besser. Mir ist auch klar und hatte nie in Frage gestellt, dass man für sein Heimatland sein kann/soll. Nur die Art und Weise und vor allem die Extreme hat mich überrascht. Die Unterscheidung zum Sport muss gemacht werden, ich bin hier einfach auch zu emotional. Dennoch gibt es auch die Lage der Schweizer, welche vielleicht der eine oder andere Secondo unterschätzt. Kein Wunder sind wir so, wie es du im ersten Abschnitt beschreibst,
wenn die halbe Bevölkerung ein anderes Land verehrt und mich glauben lässt, da ist alles besser als hier. (Ja ich übertreibe bewusst ein wenig)
Darf ich fragen, was deine Kontakte in Italien zu dieser Fanlage sagen? In Italien wäre so etwas ja unvorstellbar. Wie wird das da aufgenommen oder ist das überhaupt kein Thema?
Natürlich keine Hassrede. Ich wüsste nicht, weshalb. Meine Mutter stammt aus Battipaglia und mein Vater aus Riehen. Ich bin also nicht mal ein richtiger "Tsschingg". Da wären andere geeigneter, sich zu äussern. Falls du zu vermitteln versuchst, dass wir alle die Vorzüge der Schweiz gerne annehmen, aber im Kern nicht loyal zu unserem "Gastland" sind (in meinem Falle nicht, da ich Schweizer bin), dann verstehe ich das durchaus. Aber die Schweiz ist halt ein offenes, multikulturell aufgestelltes Land. Das ist eine ihrer Stärken. Italien ist weitgehend monokulturell und monolinguistisch. Italien war schon immer ein Auswanderungsland, die Schweiz ein Einwanderungsland. Ich habe mehr Verwandte in den USA als in Italien. Balotelli als 'dunkelhäutiger' (sorry, wie sagt man das heutzutage) Nationalspieler war bereits eine Riesen-Sensation. Deshalb wäre es in Italien unvorstellbar, dass 'die Hälfte' der Bevölkerung im Fussball nicht uns die Daumen drückt. Es gibt zwischen Italien und der Schweiz ein Minimum an Parallelen. Man wird in der CH kaum je Italien verstehen, und umgekehrt schon gar nicht. Dass ich als Supporter der Azzurri denken soll, dass dort "alles besser ist als hier", verstehe ich nicht.
Aber der Fussball ist nun mal besser. Italien ist die grösste Fussballnation der Welt (welcome, shitstorm). Die Italiener definieren sich auch weit mehr über den Fussball als die Schweizer, weil, offen gestanden, Italien auch nicht sehr viel mehr vorzuweisen hat. Zumindest das Italien südlich von Rom. Für jeden, der einen Bezug zu Italien hat, ob nun als Doppelbürger wie ich, oder als Italiener der 3. oder 7. oder 12. Generation, ist einfach klar, dass das Fussballherz für Italien schlägt.
Egal. Mir ging es eigentlich nur darum, dass die Anhänger der Schweizer Nationalelf mal ihre Ansprüche nach oben skalieren. Die Schweiz spielt ganz oben mit, und ich hätte vor dem Spiel im Joggeli jederzeit für einen Punkt unterschrieben. Ich vermisse deshalb aus Schweizer Sicht auch etwas die kritischen Stimmen, weshalb man nicht als Sieger vom Platz gegangen ist. Das 0:0 auch mal zu kritisieren, wären ein Zeichen dessen gewesen, dass die Schweiz im Begriff ist, sich als Fussballnation freizuschwimmen.