Ich stimme der Nuancierung welche du hier machst zu. Die einzelnen Systeme wurde schnell "entartet" und ein reines "marxistisches" System wurde nie etabliert. Jedoch hat jede neue "Generation/Interpretation" des Sozialismus die problematischen Gene des Marxismus vererbt bekommen, dazu später mehr.Feanor hat geschrieben: 26.05.2021, 17:57 Die sozialistischen Staaten haben in Anlehnung an Marx/Engels relativ rasch eigene Kozepte erstellt (Leninismus, Stalinismusm, Maoismus). Denn sie alle waren gemäss Marx` Theorie gar noch nicht "reif" für den Sozialismus/Kommunismus. Nach Marx müsse ein Staat nämlich industrialisiert sein.
Weiter haben alle sozialistische Staaten es bei der Revolution des "Proletariats" belassen, was bei Marx erst eine Vorstufe ist. Oft ging man relativ rasch auf eine Mischform von Staatskommunismus und im Kleinen wieder Privatwirtschaft über.
Gemäss Marx könne ein hochindustrialisierter Staat nach der Enteignung der Produktionsgüter zum Kommunismus übertreten, der Staat stürbe dann langsam ab.
Nichts davon wurde in den sozialistischen Staaten gemacht.
Wenn man also die "marxistischen" Staaten des 20. Jh. als Beweis nimmt, dass der Marximus nicht umsetzbar sei, dann wird man Marx eigentlich nicht gerecht. Das bringt dann auch nichts.
Oder um es mit deinen Worten auszudrücken: Wenn man anhand der sozialistischen Staaten den Marxismus widerlegen kann, weil sie sich irgendwie auf ihn beziehen, ihn zitieren - dann kann man ihn genauso gut mit den funktionierenden Sozialdemokratischen Staaten verteidigen, die ja ebenfalls aus dessen Geiste entstanden sind.
M.E. macht beides nicht wirklich Sinn. Mir gehts auch nicht um die Verteidigung von Marx. Ich glaube auch nicht, dass er funktionieren kann (siehe unten), aber sehe in UdSSR und co. auch nicht wirkliche Versuche.
Weil Gleichheit so nicht stattfinden kann. Die kleinste Minderheit ist das Individuum. Ein Beispiel:Feanor hat geschrieben: 26.05.2021, 17:57 Warum ist dem so? Gemäss welcher Theorie? Marx/Engels gehen doch eher vom umgekehrten aus: alle sollen gleich sein (gleichgemacht werden). Was ich ebenso heikel finde.
Du gehörts 10 verschiedenen identitären Gruppen an. Du hast ein Geschlecht, eine Hautfarbe, eine politische Gesinnung und so weiter. Potentiert man jetzt die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten aus nur diesen 10 Gruppen, so ergeben sich mehr Variationen als aktuell Menschen auf der Welt leben. Zudem muss diese Gleichheit irgendwie erreicht werden, was einen unendlich potentes Steuerungssystem voraussetzt. Das meinte ich damit, dass Marx' Lösungsvorschläge komplett falsch sind, da sie in einer real existierenden Welt nicht umsetzbar sind.
Keine Widerworte meinerseits. Ich möchte aber hier die Vorteile einer sozialien Marktwirtschaft trotzdem nochmals unterstreichen:Feanor hat geschrieben: 26.05.2021, 17:57 Einverstanden mit dem Gang in die Diktatur. Die Begründung (siehe oben) ist für mich nicht ganz ersichtlich.
Meines Erachtens führten die soz. Staaten allesamt in die Diktatur, weil der Übergang vom kapitalistischen System zum Sozialismus kaum demokratisch zu erreichen ist. Die Enteignung der besitzenden Klasse kann wohl nur über einen starken Staat geschehen, der ohne Opposition besteht. Damit ist man schon halb in der Diktatur.
Das ist für mich ein Grund, weshalb der Marxismus nicht funktionieren kann (ob als verfälschter Leninismus oder als "echter" Marxismus). Zudem scheint mir Marx (aber allzu gut kenne ich seine Schriften nun auch wieder nicht) wenig über das Wesen des Menschen verstanden haben. Ich glaube, der Mensch braucht gewisse Formen des Kapitalismus (Wettbewerbsgedanke, Erbrecht etc.). Und vor allem glaube ich nicht an einen Menschen, geschweige denn an eine Gruppe von Menschen, der/die die Machtfülle in der "Diktatur des Proletariats" wieder abgibt.
Ich bin für Chancengleichheit. Ich will das jedes Mitglied einer Gesellschaft die Chance erhält, sein Talent zu finden und damit zum Gesamtem beizutragen. Niemand soll Aufgrund seines wirtschaftlichen, kulturellen oder familiären Hintergrundes verwehrt werden, in einer sozialen Marktwirtschaft Fuss zu fassen. So muss z.B. Bildung ein Allgemeingut sein.
Ich bin völlig gegen identitäre Bewegungen wie z.B. eine Frauenquote. Das Problem ist, dass hier ein Substrat von Männern, welche hoch-kompetitiv sind und ihr ganzes Leben ihrer Karriere unterordnen als Masstab für alle Männer genommen. Die Top-Jobs in unserem Land werden von einem Prozent der männlichen Bevölkerung besetzt, die restlichen 99% der Männer arbeiten wie Du und ich nicht in diesen Top-Jobs. Nun will man mittels Frauenquote diese 1% der Männer konkurrenzieren, an den Jobs der restlichen 99% hat niemand Interesse, niemand fordert Quoten für den Strassenbau. Abgesehen davon dass eine Frauenquote sexistisch ist und ein nicht existierendes Problem mit Diskriminierung lösen will.
Als Beispiel führe ich immer den BR an. Mir doch scheissegal ob 7 schwarze, lesbische Frauen aus dem Tessin den Bundesrat besetzen, so lange das die besten und kompetentesten Leute sind die unser Land zu bieten hat. Ich habe durchaus Vertrauen darin, dass eine kompetente schwarze, lesbische Frau aus dem Tessin meine Interessen wahren kann. Dazu braucht sie weder ein Glied, noch eine andere Hautfarbe noch sonst irgendwas.
Jepp, ich betrachte die Sozialdemokratie als die einzig funktionierende Staatsform über einen langen Zeitraum.Feanor hat geschrieben: 26.05.2021, 17:57 Exakt. Deswegen ja auch mein Einwurf Somnium gegenüber, dass man Sozialdemokratie und Sozialismus voneinander unterscheiden müsse.