Mundharmonika hat geschrieben:Ich möchte hier einmal eine Lanze für User ayrton_michael_legends brechen. Für viele hier drin gilt er als Panikmacher, weil er das Gefühl hat, dass immer noch nicht genug gemacht wird. Ich glaube nicht, dass er damit diejenigen meint, die sich im Moment in den Spitälern den Arsch aufreissen und rund um die Uhr arbeiten, um diesen Virus und den damit verbunden Ansturm in den Griff zu kriegen, sondern er meint damit die Behörden.
Ich teile in vielen Punkten seine Meinung, aber offenbar ist es zurzeit nicht en vogue, Entscheidungen unserer Regierung in Frage zu stellen, sonst wird man gleich einmal als Miesepeter abgestempelt. Im Moment sind Lobhudeleien angebracht. Ich bin trotzdem gleicher Meinung wie ayrton_michael_legends und meine, dass gewisse Massnahmen einfach zu spät verkündet wurden, dies auch, weil man auf die Eigenverantwortung der Bevölkerung zählte. Aber was am Montag verkündet wurde, hätte man bereits am letzten Freitag verkünden können oder sogar müssen und vermutlich wird man in den nächsten Tagen auch noch eine Art Ausgangssperre anordnen, weil sich die Leute sonst einfach nicht daran halten, eine Massnahme, die man ebenfalls schon am Montag resp. eben schon am letzten Freitag hätte verkünden müssen.
Und dass ein Land wie die Schweiz, wo einige der wichtigsten Pharma-Unternehmen der Welt zuhause sind, nicht genügend Schutzmasken zur Verfügung hat und nur eine beschränkte Anzahl Corona-Tests pro Tag durchführen kann, sollte man schon hinterfragen dürfen, ohne dass man gerade als Landesverräter angesehen wird.
Es gibt aber durchaus auch erwähnenswerte positive Punkte wie z.B. die Informationspolitik der Regierung. Die Bundesräte und das BAG verstecken sich nicht, informieren fast täglich, stehen für Fragen Red und Antwort und übernehmen Verantwortung. Das muss man ihnen auf jeden Fall hoch anrechnen. Auch ihr unermüdlicher Einsatz während dieser Corona-Krise und das rasche und für Schweizer Verhältnisse unkomplizierte Handeln bei Beschlüssen, die KMUs und die arbeitende Bevölkerung unterstützen und schützen sollen. Ich bin zwar nicht immer einverstanden, mit dem was Daniel Koch vom BAG beschliesst oder sagt, aber auch ihn muss man für seinen Einsatz loben und dass er selbst bei unangenehmen Fragen der Presse nicht seine Contenance verliert und immer den Anstand und die Ruhe bewahrt.
Es gibt im Moment verschiedene Perspektiven der Betrachtung.
Vergangenheit
Man kann seinen Fokus darauf legen, was in der Vergangenheit falsch oder richtig lief. Da gibt es einige Dinge, welche sich nicht mehr beeinflussen lassen (z.B. Zeitpunkt von Kommunikation und Massnahmen), welche systemischer Natur sind (z.B. Gewinnmaximierung/Kostenoptimierung und in der Folge die Verlagerung von Produktion ins Ausland, die Beschäftigung von Grenzgängern).
Gegenwart
Man kann seinen Fokus darauf legen, was gerade abgeht (wie die Kommunikation und Massnahmen der Vergangenheit anschlagen oder nicht, z.B. die noch immer unverständigen Leute jeden Alters), was die aktuelle Lage ist (z.B. die Tatsache, dass wir so schnell nicht an Masken kommen oder dass wir sehr abhängig von Grenzgänger Pflegepersonal sind).
Zukunft
Man kann seinen Fokus darauf legen, wie sich die Zukunft abspielen wird. Dabei ist es wichtig zu realisieren, wo man durch sein Handeln in der Gegenwart einen Einfluss ausüben kann und wo nicht.
Systembedingte Fehler
Kann man ansprechen, aber passende Verbesserungen können während der Krise nur bedingt behoben werden (z.B. die Bestellung von Maschinen zur Maskenproduktion, dauert aber bis Resultate sichtbar werden). Die Umstellung auf ein nachhaltigeres System (Klumpenrisiken vermeiden, auf lokalere Ressourcen zurückgreifen, Selbstversorgung, etc.) sind Fragen, die es nach der Krise unbedingt zur Erörtern gilt, aber im Moment sollten wir alles wie eine Ausnahmesituation betrachten und das Beste aus den beschränkten Ressourcen machen.
Lob / Kritik an Verantwortlichen
Ist beides berechtigt, aber vielleicht sollte man sich Fragen, was es im Moment bringt. War die Kommunikation zu unklar, kann man sie kritisieren, sollte aber gleichzeitig aktiv mithelfen, diese zu Verbessern. Werden die Massnahmen von der Bevölkerung zu lasch umgesetzt, gilt das Gleiche. Weil nur so die Ausgangslage verbessert wird, die Krise besser zu überstehen. Eine Kritik, die nicht davon begleitet wird, aktiv mitzuhelfen, wirkt sehr bequem und zeigt, dass man die Kernbotschaft der Solidarität und Mitverantwortung nicht verstanden hat.
Diese Art des Kritisierens (ohne selbst an der Verbesserung beizutragen) kennen wir aus unserem politischen Alltag. Jetzt ist aber ein Ausnahmezustand und wir sollten diese auf später verschieben, weil es zur Zeit von den Handlungsmöglichkeiten ablenkt.
«Hätte doch …» ist ein Weiterspinnen von Möglichkeiten, welche nicht mehr gegeben sind.
«Hat …» oder «Hat nicht …» zeigt, dass man das Fakt akzeptiert hat und sich nun mit den Möglichkeiten auseinandersetzt.
Dass Menschen Angst haben ist absolut normal und nichts, wofür man sich angesichts der Lage zu schämen braucht. Was auf uns zu kommt, hat kaum einer je erlebt. Wichtig ist aber, dass man dieser angsteinflössenden Lage in einer aktiven Rolle begegnet. Also Dinge in die Hand nimmt oder dahingehend kommuniziert, wo die Kommunikation etwas bewirken kann. Wenn man dieser Lage passiv begegnet, also seine eigenen Handlungsmöglichkeiten nicht wahrnimmt, kann aus der Angst eine Panik werden.
Das Maskenbeispiel
Hier drin haben sich viele Mühe gegeben, aufzuzeigen dass …
- Social Distancing und Hygienemassnahmen den zusätzlichen Schutz einer Maske überflüssig machen.
- Masken einen sehr beschränkten Wirkungsgrad haben.
- Die Knappheit sich auf Grund der Pandemie (globales Ausmass) erklären lässt.
- Das zur Zeit rare Gut sinnvoller an bestimmten Positionen (Gesundheitswesen) eingesetzt wird.
- Das die heimische Produktion in die Wege geleitet wurde.
- etc.
Wenn ich ayrton_michael_legends auffordere, sich mit einer anderen Problematik auseinanderzusetzen, will ich ihn nicht zum Panikmacher abstempeln. Ich realisiere nur, dass er berechtigte Angst hat und versuche diese zu schmälern, indem ich seine Gedanken auf etwas zu lenken versuche, dass er selbst beeinflussen kann. Solange er sich weiterhin gedanklich mit den Masken beschäftigt, bleibt er passiv.