stacheldraht hat geschrieben:Do ich mi jo zur dumme bevölkerig zell und mi nid als habby-virolog ka uffspile, ka mr mol öbber erkläre wieso mir uff alli freizyt aktivitäte verzichte solle und jede nur nach solidaridät zue die kli ältere persone uffrieft.. Aber jedes mol wenni mim bus vom schaffe heigang - isch dr ganzi bus bumsvoll mit ältere herrschafte wo fröhlich in dr wältgschicht umekurve?
Lass es mich mal versuchen.
Unsere Gesellschaft ist im Vergleich zur frühen Menschheitsgeschichte überaltert. So ein Virus wäre früher ohne allzu viele Todesopfer an den Stämmen vorbeigezogen, hätte er sich angesichts der damaligen Strukturen überhaupt verbreiten können.
Was kümmert es dich als Jungen, wenn die Natur nur wieder die übliche Ordnung herstellt? Nichts.
Nun haben wir es aber als Gesellschaft geschafft, die Lebensqualität zu verbessern und die Gründe für frühe Tode zu verringern. Diese Strukturen haben also die anderen Todesursachen aus dem Weg geräumt und somit steigen auch die Todesopfer durch den SARS-CoV-2.
Immer noch einfach, es betrifft dich als Jungen ja immer noch nicht. Aber es würde dich nicht gerade in einem moralischen guten Licht dastehen lassen.
Jetzt ist aber unsere Gesellschaft derart dicht miteinander verwoben, dass die Betrachtung der Auswirkungen auf ein einzelnes Individuum zu kurz greift. Finanzströme, Aufgabenteilung, Verantwortungen, Aufgaben, Generationenverträge, etc. ergeben ein derart dichtes und unüberschaubares Netz, dass es nicht mehr so einfach fällt, die genauen Verbindungen auszumachen. Der Einfachheit ignorieren wir diese meistens, aber durch das pandemische Ausmass, bekommen wir sogar die globalen Verknüpfungen mit. Um es jetzt mal einfacher zu halten, könnten wir ein paar Beispiele aus der Schweiz herauspicken. Die Belastung des Gesundheitssystems führt auch dazu, dass auch der verunfallte Junge nicht so schnell einen Platz in der Intensivstation hat. Die Kosten für den Staat, welche durch die Pandemie verursacht werden, fallen in Form von höheren Steuern oder weniger Budget für anderes, wieder auf dich zurück. Die Kosten für die Wirtschaft schlagen sich in höheren Preisen, Entlassungen, Konkursen, Auswirkungen auf andere Firmen durch reduzierte Auftragsvolumen, aber auch geringeren Gewinnen für die Pensionskassen, etc. auch wieder bei dir zu Buche. Hinzu kommt noch der Verlust an Weisheit alter Menschen, in der Verwandtschaft, Kultur, Bildung, Politik, Wirtschaft, etc. Und irgendwann bist auch du alt und die Jungen werden sich daran erinnern, wie man sich als Junger gegenüber den Alten zu verhalten hat, solidarisch oder eben nicht. Und es gäbe noch unzählige Verbindungen mehr, welche durch COVID-19 einen Schaden erleiden würden. Die Gesellschaft als Ganzes, würde diesen kollektiven Schaden erleiden. Da du nun auch ein Teil dieser Gesellschaft bist, trifft dich dieser Schaden wohl oder übel auch, ausser du lebst als selbstversorgender Einsiedler. Auch wenn sich die gesundheitlichen Folgen für dich, wie zwei Wochen starke Grippe anfühlten, du hängst tiefer mit drin, als dir lieb ist.
Soviel mal zur Solidaritätsfrage.
Wo ich hingegen mit dir einig bin ist, dass die Massnahmen zum Teil fragwürdig erscheinen. Damit sich wirkliche Solidarität einstellen kann, sollte die Last zu gleichen Teilen verteilt und die Bevölkerung über alles informiert sein, ohne dabei in Panik zu verfallen. Da hinkt die ganze Sache ein bisschen und fängt sich an in den Schwanz zu beissen. Zum einen traut man der Bevölkerung zu wenig Verantwortungsbewusstsein zu und erklärt nicht alles oder setzt der Einfachheit halber Massnahmen einseitig durch. Zum anderen entsteht kein Verständnis für einseitige Massnahmen, die Lage wird schwieriger einschätzbar und die einen lösen es in Richtung Sicherheitsbedürfnis auf, die anderen in Richtung Freiheitsbedürfnis und verhalten sich somit nicht verantwortungsbewusst. Dies ist ein Huhn und Ei Problem.
Aber ja, der Schutz der alten Bevölkerung wäre gemäss Ansage des Bundes jetzt von Bedeutung.
Beispiele hier. Wahrscheinlich gab es auch noch mehr Massnahmen/Empfehlungen. Ich meinte, dass eine Empfehlung zur Reduzierung oder Vorkehrungen bei den Besuchszeiten in den Altersheimen ausgegeben wurden.
… oder die Alten kurven so fröhlich rum, weil sie wissen, dass sie die längerfristigen Folgen dieser Krise nicht mehr zu tragen haben. Irgendwie bekommt man die bestimmt auch noch soweit, dass ihnen das Lachen vergeht. Bingo-Abende verbieten?
