Kein Glatteis: Natürlich kann einer Pädophilie Krankheitswert zukommen, genau so wie einer Alkohol- oder Drogensucht. Bei entsprechender Schwere kann beides zu einer reduzierten Schuldfähigkeit (früher: Zurechnungsfähigkeit) führen und damit Anlass sein für eine Strafmilderung. Hingegen führen bei dieser Schwere beide Krankheiten in der Regel zu einer stationären Massnahme, die länger dauert als die ausgesprochene Freiheitsstrafe.Taratonga hat geschrieben:Ich wage mich jetzt einmal aufs Glatteis...: ist Pädophilie nicht auch so etwas wie eine Krankheit, bzw eine Neigung, für die der Pädophile selber ja nichts kann? Er ist nun mal pädophil, das sucht sich niemand aus und dennoch ist es (zum Glück!) strafbar, sexuelle Handlungen an Kindern vorzunehmen.
Ein Pädo kann sich vor Gericht auch nicht auf seinen Drang sich Kindern zu nähern etc, berufen. Dasselbe sollte dann auch für Alkoholkranke die im Rausch Gewaltverbrechen begehen, gelten.
Die ganze Diskussion hier drin dreht sich um eine Grundsatzfrage des Strafrechts: Soll bei der Strafzumessung nur das Resultat einer Straftat (Strafrechtler sprechen dabei vom "Erfolg" der Straftat, was zynisch klingen mag, aber seine Berechtigung hat: Wer einen Mord begehen will und ihm das gelingt, der ist "erfolg"reich) relevant sein?
Zu Recht sind bei uns einerseits der "Erfolg" wesentlich für die Strafzumessung (so wird eine Verletzung eines Menschen härter bestraft als eine Sachbeschädigung und die Tötung härter als die Körperverletzung). Auf der anderen Seite ist auch massgeblich, wie gross das persönlich vorwerfbare Fehlverhalten, oder eben die "Schuld" des Täters, ist: wer beim Linksabbiegen nachts einen (ev. unbeleuchteten) Velofahrer überfährt und so tötet, wird milder bestraft als derjenige, der einen Menschen aus einem Meter Entfernung erschiesst, obwohl der "Erfolg" in beiden Fällen gleich ist, nämlich ein toter Mensch. Im gemachten Beispiel geht es um Vorsatz oder Fahrlässigkeit, beim Vorsatz kann es auch ganz unterschiedliche Schuldformen geben wie bei der Tötung: Totschlag wird mit einem bis 10 Jahren Freiheitsstrafe bestraft, vorsätzliche Tötung mit fünf bis 20 Jahren und Mord mit 10 Jahren bis lebenslänglich (was zunehmend auch tatsächlich "lebenslänglich" ist). Dann können noch Strafmilderungsgründe hinzgukommen wie Notwehrexzess, reduzierte Schuldfähigkeit etc. Das kann dann in der Tat zu Strafen führen, wie sie Tatatonga eingangs dieser Diskussion dargelegt hat.
Wesentlich ist, dass man solche Beispiele von Strafen nur kompetent bewerten kann, wenn man die ganzen Akten des betreffenden Falles kennt.