Schweizerdeutsch

Der Rest...

Schweizerdeutsch-eigene Sprache der nicht?

Ja,Schweizerdeutsch ist eine eigene Sprache
61
59%
Nein,Schweizerdeutsch ist keine eigene Sprache
43
41%
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 104

Fulehung
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Beitrag von Fulehung »

Landberner hat geschrieben:Ein "Schweizerdeutsch" gibt es nicht. Die Deutschschweizer verwenden 2 Varietäten gleichwertig: das deutschschweizerische Standarddeutsch und die lokale Mundart. Sie wechseln je nach Situation von der einen in die andere Varietät.

In der Deutschschweiz gibt es 23 Dialekte und gegen 2000 Mundarten
Ich staune etwas, dass ausgerechnet bei einem User namens "Landberner" der Aargau doppelt in der Liste vorkommt und das Bernbiet nur einmal. Der "Kleine Sprachatlas der deutschen Schweiz" zeigt ziemlich gut, dass schon in Thun anders gesprochen wird als in der Stadt Bern. So würde z.B. ein Thuner niemals "ig" sagen, sondern "i".

Sprachkarten zu solchen regionalen Unterschieden findest du hier
https://www.ofv.ch/sachbuch/detail/klei ... iz/100482/

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Konter
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Beitrag von Konter »

Um als Standardsprache (Schriftsprache) zu gelten muss man über eine Kodifzierung verfügen (Duden), welche von Normautoritäten (Lehrern) und Sprachexperten (Linguisten) anerkannt werden. Dazu wird der Standard von Modellschreibern (Journalisten) verwendet Bei den Mundartdialekten in der Schweiz ist dies nicht der Fall. Zwar gibt es durchaus Kodizierungen (bspw. das Baseldeutsche Wörterbuch) aber niemals in dem Umfang eines Rechtschreibedudens. Dazu fehlt die Anerkennung der Normautoritäten.

Daher nein. Dialekte sind keine eigene Sprache im Sinne einer Standardsprache, sondern eben Dialekte der deutschen Sprache

Die Diskussion ist aber sehr alt, mind. hundert Jahre, seit dem es den Deutschweizer Sprachverein gibt. Vor allem nach dem 2. WK gab es eine Gruppierung, die sich für eine eigene alemannische Sprache ausgesprochen hat, um sich von den deutschen abzugrenzen (etwa so wie das Niederländische). Da war es aber schon viel zu spät. Die Schweiz hat es verpasst, im Rahmen der grossen Standardisierung im Deutschen ab dem 17. Jahrhundert eine eigene Standardisierung durchzumachen (Kantönligeischt und so), so wie es die Preussen bereits damals in Norddeutschland gemacht haben. Einerseits hat dies mitunter zum Erhalt unserer DIalekte geführt, andereseits hat man dann für die Standardsprache mehrheitlich alles aus dem norddeutschen Raum (und somit keine alemanischer Dialektraum) übernommen. In der Schweiz hat es bestenfalls für eine eigene Standardvarietät mit Helvetismen (bspw. parkieren statt parken) gereicht, die aber klar zur deutschen Sprache gehört.

Edit:

Und alles was Asselrade geschrieben hat, da hätte ich mir den Beitrag auch sparen können :P
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LordTamtam hat geschrieben:Ich freu mich auf morgen früh. Dann geht das gejammer um Trump nochmals 4 Jahre weiter.:D

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Asselerade
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Beitrag von Asselerade »

Konter hat geschrieben: Die Diskussion ist aber sehr alt, mind. hundert Jahre, seit dem es den Deutschweizer Sprachverein gibt. Vor allem nach dem 2. WK gab es eine Gruppierung, die sich für eine eigene alemannische Sprache ausgesprochen hat, um sich von den deutschen abzugrenzen (etwa so wie das Niederländische). Da war es aber schon viel zu spät. Die Schweiz hat es verpasst, im Rahmen der grossen Standardisierung im Deutschen ab dem 17. Jahrhundert eine eigene Standardisierung durchzumachen (Kantönligeischt und so), so wie es die Preussen bereits damals in Norddeutschland gemacht haben. Einerseits hat dies mitunter zum Erhalt unserer DIalekte geführt, andereseits hat man dann für die Standardsprache mehrheitlich alles aus dem norddeutschen Raum (und somit keine alemanischer Dialektraum) übernommen. In der Schweiz hat es bestenfalls für eine eigene Standardvarietät mit Helvetismen (bspw. parkieren statt parken) gereicht, die aber klar zur deutschen Sprache gehört.
interessanter gedanke! wieso die schweizerische standardsprache von den deutschländischen konstruktionen gefärbt ist, liegt auf der hand (ähnlich ist es in österreich): das phänomen nennt man asymmetrische plurizentrizität: in einem sprachraum mit mehreren standardvarietäten (z.b deutsch, französisch, spanisch, englisch, arabisch, chinesisch) gibt es immer eine dominierende varietät. bei uns ist es auf grund der grösse des landes, der anzahl verlags- und medienhäuser natürlich deutschland. das "deutschländische" wort sahne ist auf grund der medialen und gesellschaftlichen verbreitung, es gibt mehr personen die "sahne" als wort benützen usw, viel verbreiteter als z.B. nidel oder oberst oder auch rahm. ist ganz logisch - und spielt natürlich mit ein, wieso wir als deutschschweizer ein inferioritätsbewusstsein gegenüber der eigenen standardsprache haben (zumindest ein wenig): die deutschländischen formen dienen uns als modell, sie sind vorbild, sie sind so wie wir gerne deutsch sprechen würden..und das spielt vielleicht nochmals mit rein, dass wir standarddeutsch z.t als fremdsprache wahrnehmen, weil die kluft zwischen eigenen ansprüchen (sprechen und schreiben wie die deutschen) und der realität (morphologisch, usw) zu gross ist und wir die sprache als etwas "schweres" empfinden, oder zumindest nicht als muttersprache.

um den bogen zu schliessen (und darum finde ich dein gedanke interessant): dies könnte dazu geführt haben, dass die dialekte gestärkt wurden! habe ich mir so bisher noch nicht überlegt! danke

by the way: dieses phänomen der asymmetrischen plurizentrizität hat natürlich auch bei der entwicklung der deutschen standardsprache mitgespielt. einfacher gedanke: wäre luther aus Bayern und nicht aus Niedersachsen bzw Sachsen-Anhalt gekommen und hätte die bibel von latein in den bayrischen dialekt übersetzt, so wäre die deutschländische standardvarietät heute eine ganz andere
Einige gingen hinter die Theke und stellten weitere Bratwürste auf den Grill und reichten sie den hungrigen Fans

Fulehung
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Beitrag von Fulehung »

Asselerade hat geschrieben:interessanter gedanke! wieso die schweizerische standardsprache von den deutschländischen konstruktionen gefärbt ist, liegt auf der hand (ähnlich ist es in österreich): das phänomen nennt man asymmetrische plurizentrizität: in einem sprachraum mit mehreren standardvarietäten (z.b deutsch, französisch, spanisch, englisch, arabisch, chinesisch) gibt es immer eine dominierende varietät. bei uns ist es auf grund der grösse des landes, der anzahl verlags- und medienhäuser natürlich deutschland. das "deutschländische" wort sahne ist auf grund der medialen und gesellschaftlichen verbreitung, es gibt mehr personen die "sahne" als wort benützen usw, viel verbreiteter als z.B. nidel oder oberst oder auch rahm. ist ganz logisch - und spielt natürlich mit ein, wieso wir als deutschschweizer ein inferioritätsbewusstsein gegenüber der eigenen standardsprache haben (zumindest ein wenig): die deutschländischen formen dienen uns als modell, sie sind vorbild, sie sind so wie wir gerne deutsch sprechen würden..und das spielt vielleicht nochmals mit rein, dass wir standarddeutsch z.t als fremdsprache wahrnehmen, weil die kluft zwischen eigenen ansprüchen (sprechen und schreiben wie die deutschen) und der realität (morphologisch, usw) zu gross ist und wir die sprache als etwas "schweres" empfinden, oder zumindest nicht als muttersprache.
Also ich habe ja eher Mühe, wenn Texte mit Dialektwörtern durchsetzt sind, die nicht in der ganzen Deutschschweiz bekannt sind. Nachdem Coop einen Sommer lang von Grillen statt Grillieren gesprochen hat, hat Coop inzwischen eine 180-Grad-Drehung vollzogen und schreibt in der Coopzeitung neuerdings über Chriesi-Wähen, Guezli und Sommervögel. Da stolpere ich dann plötzlich über «Schweizer» Wörter, die ich erst mal googeln muss. Solche Texte nehme ich dann als Fremdsprache war. Dass ein Sommervogel nicht wie von mir vermutet eine bestimmte Schmetterlingsart ist, hat mir erst kürzlich ein Zürcher Kumpel erklärt.

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Bierathlet
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Beitrag von Bierathlet »

Fulehung hat geschrieben:Dass ein Sommervogel nicht wie von mir vermutet eine bestimmte Schmetterlingsart ist, hat mir erst kürzlich ein Zürcher Kumpel erklärt.
Und was ist ein Sommervogel jetzt? :confused:




Was anderes: Ist der Unterschied zwischen Standardsprache und Walliserdeutsch weniger gross, als der Unterschied zwischen Spanisch und Katalanisch, welches ja als eigene Sprache angesehen wird?

Ich behaupte jetzt mal, ein Spanier versteht einen Katalanen besser, als ein Berliner einen Oberwalliser.
Sali Zämme! hat geschrieben:Die Erde ist eine Scheibe. #infotweet

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Asselerade
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Beitrag von Asselerade »

Bierathlet hat geschrieben:Und was ist ein Sommervogel jetzt? :confused:




Was anderes: Ist der Unterschied zwischen Standardsprache und Walliserdeutsch weniger gross, als der Unterschied zwischen Spanisch und Katalanisch, welches ja als eigene Sprache angesehen wird?

Ich behaupte jetzt mal, ein Spanier versteht einen Katalanen besser, als ein Berliner einen Oberwalliser.
verständnis ist das eine, aber die verwandschaft der sprachen was anderes, die aussprache nochmal was anderes. das katalanische ist ein mischmasch zwischen spanisch und französisch inklusiver eigener kodifizierung. während das schweizerdeutsch kein mischmasch zwischen beispielsweise französisch und deutsch ist, sondern ausser französisch angehauchte helvetismen ist die wortherkunft in der regel vom deutschen sprachraum herleitbar.
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Fulehung
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Beitrag von Fulehung »

Bierathlet hat geschrieben:Und was ist ein Sommervogel jetzt? :confused:
Gemäss Duden ist Sommervogel die Schweizer Bezeichnung für Schmetterling. Wo ich herkomme, ist dagegen ein Sommervogel das Gegenteil des Wintervogels, also ein Zugvogel, der im Herbst in den Süden fliegt.

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Asselerade
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Beitrag von Asselerade »

Fulehung hat geschrieben:Also ich habe ja eher Mühe, wenn Texte mit Dialektwörtern durchsetzt sind, die nicht in der ganzen Deutschschweiz bekannt sind. Nachdem Coop einen Sommer lang von Grillen statt Grillieren gesprochen hat, hat Coop inzwischen eine 180-Grad-Drehung vollzogen und schreibt in der Coopzeitung neuerdings über Chriesi-Wähen, Guezli und Sommervögel. Da stolpere ich dann plötzlich über «Schweizer» Wörter, die ich erst mal googeln muss. Solche Texte nehme ich dann als Fremdsprache war. Dass ein Sommervogel nicht wie von mir vermutet eine bestimmte Schmetterlingsart ist, hat mir erst kürzlich ein Zürcher Kumpel erklärt.
guezli wird laut "variantenwörterbuch des deutschen" als "grenzfall der standardsprache" betitelt. beispielsweise "mietzins" ist einfach gesprochen ein helvetismus. unser sprachraum benützt dieses "alte" deutsche wort, während der grossteil des sprachraumes bloss "miete" sagt. auch das beispiel "sommervogel" - auch wenn ich es selber nicht kenne.
ich gebe dir recht, dass man nur wörter benützen sollte die gesamtschweizerisch verstanden werden, jedoch grundsätzlich finde ich aber solche dialekt-wörter in einer schweizer zeitung verwenden darf. die grössen der schweizer buchautoren haben in den letzten 120 jahren immer wieder schweizer dialekt-wörter in der standardschriftsprachlichen fassung gebraucht. ich finde das äusserst schön - verstehe dich jedoch in diesem fall
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Käppelijoch
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Beitrag von Käppelijoch »

Fulehung hat geschrieben:Gemäss Duden ist Sommervogel die Schweizer Bezeichnung für Schmetterling. Wo ich herkomme, ist dagegen ein Sommervogel das Gegenteil des Wintervogels, also ein Zugvogel, der im Herbst in den Süden fliegt.
Auf korrekt Baseldeutsch heisst Schmetterling ebenfalls "Summervogel". "Schmätterling" ist eingedialektes Standarddeutsch. Genau so, wie "Träppe" nicht korrekt ist auf Baseldeutsch, sonern "Stääge".

Oder "Yyskaschte" für den Kühlschrank steht, während "Kiehlschrank" ebenfalls eingedialektetes Standarddeutsch und nicht korrekt Baseldeutsch ist. und für die Kühltruhe *Tyefgfriehrer" korrekt ist.
Heusler.

Alla sätt är bra utom de dåliga.

"Zürich ist doppelt so gross wie der Wiener Zentralfriedhof - aber nur halb so lustig."

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Konter
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Beitrag von Konter »

Was ist Standard, was ist noch Dialekt, keine einfache Frage in jedem Fall. Wie gesagt, es gibt im Prinzip diese 4 Faktoren (Kodifizierung, Normautoritäten, Experten und Modellsprecher/-schreiber), die das im Prinzip in einer "diffusen" Wechselwirkung bestimmen, was allerdings nicht immer zu klaren Resultaten führt. Guetzli steht im Duden, aber es gibt Lehrer, die das als dialektal gefärbt ablehnen, allerdings. Wenn es jedoch kodifiziert ist von Modellschreibern, gebraucht wird und es Sprachexperten gibt, dann hat der Schüler auch ein erhebliches Gegengewicht gegenüber dem Lehrer als Normautorität.
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tauli
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Beitrag von tauli »

Käppelijoch hat geschrieben:Auf korrekt Baseldeutsch heisst Schmetterling ebenfalls "Summervogel". "Schmätterling" ist eingedialektes Standarddeutsch. Genau so, wie "Träppe" nicht korrekt ist auf Baseldeutsch, sonern "Stääge".

Oder "Yyskaschte" für den Kühlschrank steht, während "Kiehlschrank" ebenfalls eingedialektetes Standarddeutsch und nicht korrekt Baseldeutsch ist. und für die Kühltruhe *Tyefgfriehrer" korrekt ist.
Bi yyskaschte het mini Zürcher fründin am afang jewils au nur Bahnhof verstande

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Heavy
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Beitrag von Heavy »

"wänn Sie e Gugge?" "hää isch Fasnacht? nid würkli odr?" :D

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Beitrag von SubComandante »

E Glöpfer bim Wurschtstand im Ziircher Bahnhof verlange kunnt au immer guet.

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kogokg
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Beitrag von kogokg »

SubComandante hat geschrieben:E Glöpfer bim Wurschtstand im Ziircher Bahnhof verlange kunnt au immer guet.
Hast Du nun eine Ohrfeige kassiert statt eine Cervelat?
Oder "Yyskaschte" für den Kühlschrank steht, während "Kiehlschrank" ebenfalls eingedialektetes Standarddeutsch und nicht korrekt Baseldeutsch ist. und für die Kühltruhe *Tyefgfriehrer" korrekt ist
Schlimm finde ich die Walliser mit ihrem "Frigor".

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whizzkid
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Beitrag von whizzkid »

SubComandante hat geschrieben:E Glöpfer bim Wurschtstand im Ziircher Bahnhof verlange kunnt au immer guet.
Oder e Schwöbli ... bim ZH Bäcker

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