Gollum hat geschrieben:Solange die Kurven solche Missetaten billigen und die Fehlbaren decken, haben sie keinerlei Anspruch darauf, in der ganzen Debatte als gleichwertige Diskussionspartner ernst genommen und in ihren Anliegen berücksichtigt zu werden.
Stimmt! Wunderbar auf einen Satz reduziert, was ich schreiben wollte:
Hier wäre eine Riesenmöglichkeit die vielgelobte Selbstregulierung zu demonstrieren und den Werfer als Bauernopfer auszuliefern.
Erst wenn Chaoten (diesen Fackelwerfer zähle ich mit dazu) nicht mehr gedeckt werden, würden die Kurven ernst genommen, nämlich wenn sie zeigen (und nicht bloss darüber reden) wie sehr doch die Anliegen von Pyro, Stimmung, Fankultur, etc. nichts mit den Krawallen und Gewalttätern zu tun haben. Aber man liest ja nicht einmal Stellungsnahmen von Fanclubs. Klar sind Kurven eine heterogene Masse, die sich nicht auf einzelne Stellungsnahmen reduzieren lassen, aber im Falle der Fanatix und Tigers von XAMAX ging es ja auch irgendwie. Sie wurden zumindest medial als «die Fans» wahrgenommen.
Stattdessen lese ich z.B. im fczforum irgendwelchen Quatsch von Fahnenehre usw. mit dem man den Werfer und die Prügelknaben in Schutz nimmt, da diese ja auf's Äusserste provoziert wurden. Ähnliches las man hier drinnen zu unseren jüngsten Ausschreitungen in Zürich. Aber solange man für jedes Fehlverhalten innerhalb der eigenen Reihen irgendeine Entschuldigung oder Erklärung parat hat, solange wird die Fankultur von der Politik und den Behörden nicht ernst genommen. Es muss doch möglich sein, einen kurvenweiten Ehrencodex, zumindest für das Verhalten im Stadion, zu erarbeiten und diesen «selbstregulierend» durchzusetzen, nämlich dadurch, dass man die Fehlhaften nicht schützt sondern sich von ihnen distanziert, vielleicht sogar verpfeift. Und ich meine jetzt nicht, dass jede illegale Handlung so gehandhabt werden müsste. «Pyros nicht im Stadion zünden» stünde bei mir bestimmt nicht in diesem Codex. Aber «Pyros nicht werfen» mit Sicherheit. Genauso müssten doch auch die Schlägereien nicht in den Stadien stattfinden, auch nicht wenn man auf's Gröbste provoziert wird.
Ich meine ja nicht, dass es OK ist, Fahnen zu klauen und zu verunstalten, denen gehört gehörig ein's auf's Maul. Aber bitte an einem angemessenen Ort und zu angemessener Zeit. Trägt man die Gewalt nämlich ausserhalb des Stadions aus, wird diese auch als das wahrgenommen, was sie ist: ein gesellschaftliches Problem und nicht ein Problem der Fankultur. Genauso ist das Verhalten der Deltas meistens unter aller Sau, aber mit Randale spielt man denen in die Hände und erreicht höchstens, dass sie beim nächsten Spiel in grösserer Anzahl engagiert werden. Die leisen Töne der etwas kritischeren Journalisten gehen doch unter in dem ganzen Aufschrei des Entsetzens.
Würden die Kurven sich einheitlich davon distanzieren, statt solche Leute zu decken, wären sie als Diskussionspartner auf einer ganz anderen Ebene. Aber wie soll man eine Vereinbarung mit einer Masse treffen, die sich nicht mal entscheiden kann, was tolerierbar ist und was nicht? Geschweige denn, irgendwelche Massnahmen durchsetzen könnten, damit es nicht zu solchen Ausschreitungen kommt?
Ich sehe die Zürcher Aktion als einen weiteren Schritt in Richtung Tod der Fankultur, aber nicht, weil die Politik oder Behörden daran Schuld sind und sich einen Gegner ohne Lobby aussuchen um sich im Wahlkampf zu profilieren … (obwohl das natürlich stimmt!) … sondern, weil die Fankultur es nicht schafft, einheitlich aufzutreten, sich zu organisieren und somit selber an den (vorhersehbaren und verständlichen) Folgen der Taten einiger Idioten zu leiden hat, für die sie aber Verständnis hegen und die sie sogar decken. Wenn vollgepinkelte Vorgärten das grösste Problem darstellen würden, gäben sich die KKSs und Nauses der Lächerlichkeit preis, aber jede wirklich geistlose Tat wie Pyrowerfen oder Wurststanddemolieren, die von der eigenen Seite zumindest geduldet wird gleicht, einer Selbstaufgabe der Fankultur.