Freudentaumel im strömenden Regen: Die Basler Spieler Rossi, Sterjovski und Delgado ( oben) feiern das zweite Penaltytor
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«SonntagsZeitung» vom 8.5.2005, Seite 33
Jubeln wie die neuen Meister
Der FC Basel gewann gegen Thun 4: 1
VON THOMAS SCHIFFERLE
BASEL Das war es also in diesem Titelkampf. Oder fast. Zwar noch nicht mit rechnerisch letzter Klarheit, aber nach diesem verregneten Samstagabend müsste schon eine Sturzflut über dem St.- Jakob- Park niedergehen, um den FC Basel an seinem elften Meistertitel zu hindern.
Den grossen Schritt zum erwarteten Saisonende tat er mit einem 4: 1 gegen den FC Thun, den letzten übrig gebliebenen Gegner in diesem Frühjahr. « Eine kleine Vorentscheidung » sei damit gefallen, sagte Thuns Trainer Urs Schönenberger, wohl wissend, wie schwer es für seine Mannschaft ist, in ihren letzten vier Spielen noch neun Punkte wettzumachen.
Die Basler wiederum waren professionell genug, sich den Kopf trotz der Euphorie bei den Zuschauern nicht verdrehen zu lassen. « Wir haben erst am Pokal geschnuppert » , stellte Chefrealist Christian Gross fest. Schon am Mittwoch kann im gleichen Stadion der Titel gefeiert werden. Wenn denn Basel die Pflicht eines Sieges gegen St. Gallen erfüllt und Thun gleichzeitig gegen YB nicht siegt. Zumindest Gross geht nicht zwingend davon aus, dass er mit den Baslern bereits zur Wochenmitte und zum dritten Mal nach 2002 und 2004 am grossen Ziel ist. « Das ist ein Derby » , sagte er zum Spiel der Thuner, « da werden die Fetzen fliegen. » Kollege nenberger wüsste allerdings gerne, mit wem er gegen YB spielen wird. Sein Kader wird wegen Sperren und Verletzungen um sechs Spieler geschrumpft sein.
Schiedsrichterin Petignat schenkte dem FCB gleich zwei Elfmeter
Wenigstens zum Sieg gratulierte Schönenberger gestern Gross « herzlich » . Und Basels Meistertrainer Gross klopfte seinen Spielern auf die Schultern und sprach von einem « hochverdienten » Erfolg. Dass der FCB gewann, entsprang einer gewissen Logik. Er hatte in entscheidenden Momenten grosszügige Unterstützung von Nicole Petignat erhalten, der Schiedsrichterin.
Petignat leistete sich diverse fragwürdige Entscheide, bei Verwarnungen, bei Foulpfiffen, bei der Interpretation der Vorteilsregel. Vor allem prägte sie mit zwei kapitalen Fehlern das Spiel ganz entscheidend. Diese Fehler lagen den Basler Elfmetern und Toren zum 1: 0 und 3: 1 zu Grunde. Die erste Halbzeit näherte sich ihrem Ende, der FCB war bis dahin zwar überlegen gewesen, ohne aber zu Chancen zu kommen, geschweige denn in meisterlicher Form aufzutreten. Dann schlug Rossi den Ball hoch in den Thuner Strafraum, Sterjovksi liess sich, leicht bedrängt von Cerrone, fallen, und Petignat fiel darauf herein. Sie gab den Elfmeter, den Rossi in der 41. Minute sicher verwertete.
Der Match ging seinem Ende entgegen, 2: 1 stand es inzwischen. Nach knapp einer Stunde hatten Rossi und Sterjovski die Vorarbeit zu Delgados sehenswertem 2: 0 geleistet. Die Entscheidung schien gefallen, die Basler drosselten ihre Motoren und verlegten sich darauf, den Vorsprung zu verwalten. Renggli nutzte die Freiheit, traf aus 28 Metern via Lattenunterkante zum Anschlusstreffer, und Schönenberger spürte, dass seine Mannschaft wieder « den Braten roch » . So etwas wie Spannung war zurück im Spiel.
Aber acht Minuten später, in der 80., Schöverlor Aegerter den Ball, Sterjovski legte ihn in den Lauf von Chipperfield, und der Australier hob zum Hechtsprung an, ohne von Ferreira wirklich berührt worden zu sein. Petignat sah es exklusiv anders und offerierte Rossi grosszügig die Chance, Coltorti zum zweiten Mal vom Penaltypunkt aus zu bezwingen. « Mut und Abgeklärtheit » bescheinigte Gross dem arbeitsamen und herausragenden Argentinier in diesem Moment. Smiljanic sorgte in der Nachspielzeit für die Zugabe des 4: 1.
Der Stolz der Thuner und das Dokument der Basler
So wenig wie das 2: 5 am Vorsonntag gegen GC änderte auch diese Niederlage nichts daran, welch grossartige Saison die Berner Oberländer bestritten haben. Den zweiten Platz haben sie zu 99 Prozent gesichert und damit die Teilnahme an der Qualifikation zur Champions League. Schönenberger durfte zu Recht auf sie « stolz » sein.
Sie haben monatelang ihre Ressourcen optimal und perfekt ausgeschöpft, aber gestern zeigte sich erneut, dass sie am Ende ihrer Kräfte angelangt sind. Der FCB überstand auch sein 40. Heimspiel in Folge ohne Niederlage. Dass er gestern gleich auf sechs namhafte Spieler verzichten konnte, von Yakin bis Gimenez, war ein eindrücklichstes Dokument seiner physischen und personellen Überlegenheit in dieser Saison. Er ist der logische Meister.