ShaqillesferseMit Rückkehrer Xherdan Shaqiri hat der FC Basel wieder in die Erfolgsspur gefunden. Doch für den Klub und den Rest der Liga ist der große Star Fluch und Segen zugleich.
Von
Lenard Baum
08.03.2025, 11.00 UhrNach etwas mehr als einer Stunde war Schluss für Xherdan Shaqiri. Unter großem Applaus verabschiedete sich der Rückkehrer aus dem „Joggeli“, wie die Basler ihr Stadion nennen, das sich dank ihm schon einmal gebührend auf die Fasnacht einstimmen konnte. Denn einmal mehr hatte „Shaq“ auf der Zehn das Basler Angriffsspiel gelenkt, seine Gegenspieler mit Diagonalpässen und Steckbällen in den freien Raum düpiert – und natürlich auch selbst getroffen. Sein Tor zum 2:0 gegen den FC Sion, bei dem der Ball nach einem Steckpass den Weg ins Tor fand, war mal wieder entscheidend für die „Bebbi“, die damit weiterhin von der Tabellenspitze grüßen.
Das 2:0 war Basels erster Liga-Sieg seit Anfang Februar – ein Erfolg, der eng mit der Nummer zehn verbunden ist. Während der Superstar in den letzten drei Spielen nicht traf, blieb auch sein Jugendklub in der Liga sieglos. Nun setzte er seinem kleinen Durchhänger ein Ende. Eine Erlösung für den Klub – und gleichzeitig eine gefährliche Abhängigkeit. Denn je mehr Basel sich auf Shaqiri verlässt, desto größer wird das Risiko, dass aus der Lebensversicherung eine Achillesferse wird.
Rückkehr des verlorenen SohnsAls Shaqiris Reise durch die Fußballigen der Welt ihn zum FC Basel zurückführte, waren die Erwartungen natürlich groß. Die Rückkehr des Stars wurde
von Gegnern, Medien und den eigenen Fans mit Spannung erwartet. Der 125-fache Schweizer Nationalspieler brauchte allerdings Zeit, um sich in der Offensive von Trainer Fabio Celestini zurechtzufinden. Sein Start verlief holprig: Auf zwei Kurzeinsätze folgten zwei Niederlagen – darunter ein 0:2 gegen den FC Zürich, bei dem Shaqiri einen Eckball direkt zum Gegner spielte und so den Konter zum Gegentor einleitete.
Gegen Luzern jagte er einen Freistoß in die Werbebande – ein Fehlstart. Entsprechend ließen die ersten kritischen Stimmen aus den Medien nicht lange auf sich warten. Die
NZZ etwa bezeichnete Basel und Shaqiri als „zu harmlos“ und „schwach“. War die Zeit des „Zauberwürfels“ schon vorbei? Wusste Celestini nichts mit den Kräften des Schweizer-Helden anzufangen?
Doch wer dachte, Basel und Shaqiri würden in der Bedeutungslosigkeit versinken, irrte. Im nächsten Spiel wartete der amtierende Meister Young Boys Bern – und Shaqiri lieferte. Mit seinem ersten Assist in der Liga seit 13 Jahren leitete er das goldene Tor ein und brachte Basel wieder auf Kurs. Die Jagd auf die Tabellenspitze war eröffnet. Angeführt vom 33-Jährigen, der neben der Kapitänsbinde auch im Zentrum immer wieder das Spiel an sich riss und Scorerpunkte sammelte: 17 an der Zahl in ebenso vielen Einsätzen. Der Basler Fanliebling übertraf die Erwartungen. Spielentscheidende lange Bälle, Torvorlagen und Freistoßtore brachten dank Shaqiri am 22. Spieltag gegen den FC Luzern schließlich die Tabellenführung. Beim 2:1-Sieg gegen die Innerschweizer zeigte Shaqiri erneut, wer in Basel das Team anführt: Zwei Elfmeter, zweimal eiskalt verwandelt – Basel hat einen neuen, alten Anführer.
Die Suche nach Plan B
An jedem dritten Basler Tor ist Shaqiri direkt beteiligt. In 25 Spielen traf er elfmal, bereitete zwölf weitere vor – kein Spieler in der Liga hat mehr Vorlagen. Und das ist für den FC Basel nicht auch ein Problem. Basel lebt von Shaqiri. Trifft oder assistiert er nicht, bleibt der FCB meist ohne Sieg. Seit November konnte das Team kein Ligaspiel gewinnen, wenn der Superstar nicht direkt beteiligt war. Wer Shaqiri ausschaltet, nimmt Basel die Luft zum Atmen.
Doch alle Lasten allein auf seine quadratischen Schultern zu packen, wäre zu einfach. Genau das sprach der 33-Jährige bereits in den Medien an: „Wenn bei uns mal einer oder zwei etwas weniger machen, dann merkt man das.“ Worte des Zauberfußes, die sinnbildlich für diese Saison stehen. Basel stellt zwar die beste Offensive der Liga, doch was passiert, wenn der wichtigste Akteur plötzlich fehlt? Oder wenn die gegnerischen Teams eine Taktik gegen den Rückkehrer entwickeln? Wie ein Quarterback verteilt Shaqiri die Bälle meist aus dem Zentrum, kurz hinter dem Mittelkreis. Doch wenn seine Pässe ins Leere gehen oder er von der gegnerischen Defensive kaltgestellt wird, verliert Basel an Durchschlagskraft. Die Marschroute für die Mitspieler ist jedoch klar, wie Shaqiri gegenüber heimischen Medien verriet: „Mittlerweile wissen die Mitspieler, wie sie in die Tiefe laufen müssen, wenn ich den Ball bekomme. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass der Ball ankommt, ist hoch.“
Shaqiris Einfluss endet dabei nicht auf dem Rasen. Seine Rückkehr lässt nicht nur die Zuschauerzahlen im St. Jakob-Park steigen – auch die TV-Quoten und Social-Media-Zahlen schießen in die Höhe. Selbst die neuen Basler Trikots mit dem feurigen Guy-Fiery-Design verkaufen sich dreimal besser als in der Vorsaison. Keine Frage, der Zauberfuß hat auf dem Platz überzeugt. Doch allein kann der 33-Jährige den FC Basel nicht zum Titel führen – schon gar nicht, wenn die Verteidiger die Achillesferse des Teams kennen, wie es in den letzten Spielen deutlich wurde. Solange der Rückkehrer glänzt, ist der Titel in Reichweite. Doch wenn Basel auch am Ende der Saison ganz oben stehen will, brauchen sie wohl einen Plan B.