Wie in den britischen Fussballstadien der Kampf gegen den Hooliganismus gewonnen werden konnte
fcl. Manchester, im Dezember
Es ist ein illusionsloses, erschreckendes Eingeständnis: «Ohne die Katastrophen, die vielen Toten und die schrecklichen Bilder wäre in englischen Stadien nichts passiert. Kaum etwas hätte sich verbessert.» Es ist nicht irgendwer, der die ernüchternden Worte ausspricht. Chris Whalley arbeitet als Stadion-Sicherheitschef für die englische Football Association (FA). Die Bilder haben sich unauslöschlich in sein Gedächtnis gebrannt. Bilder vom pechschwarzen Rauch, der 1985 über der Tribüne von Bradford emporstieg; brennende Körper, die sich über den Rasen schleppten. 56 Tote. Die Erinnerung an die Heysel-Tragödie in Brüssel nur wenige Tage später. 39 Tote. Oder das Hillsborough-Desaster 1989. 96 Tote. «Spätestens jetzt war jedermann klar, dass etwas geschehen musste», sagt Whalley. «Der Preis war unendlich hoch.»
Der Ruin des englischen Fussballs
Eine lange Vorgeschichte wies auf die Dramen hin. Der Hooliganismus in den siebziger und achtziger Jahren hatte einen Rückgang der Zuschauerzahlen in den Fussballarenen zur Folge (vgl. Grafik). «Die Stadien sahen aus wie Konzentrationslager», sagt Whalley. Überall massive Eisengitter, selbst über den Köpfen. Gefängnisähnliche Zustände, wie in einem Zoo. Das Polizeiaufgebot wurde jedes Jahr grösser, die Einnahmen für die Klubs wurden immer geringer. Nach dem Heysel- Unglück sahen sich die englischen Klubs mit einem fünfjährigen Bann belegt und aus den europäischen Wettbewerben ausgeschlossen. «Würde so etwas heute geschehen, der englische Fussball wäre ruiniert. Manchester United oder Arsenal ohne die Einnahmen aus der Champions League? Unvorstellbar», sagt Whalley. Der «Taylor-Report» 1990 enthielt 76 Vorschläge zur Rettung des britischen Fussballs. Er fand die Zustimmung von Regierung, Sport, Polizei, Fans sowie der breiten Öffentlichkeit und forderte als Konsequenz aus den tragischen Ereignissen ausschliesslich Sitzplätze in den Arenen. Es gebe keine andere, wirkungsvollere Massnahme, heisst es in dem Bericht. 30 neue Stadien und über 200 neue Haupttribünen wurden in den letzten 16 Jahren gebaut.
40 000 Fussballklubs gibt es in England und 2000 Ligen, vor allem aber natürlich die vier Profiabteilungen (Premier League, Championship, League One, League Two) mit ihren 92 Vereinen. Fast die Hälfte aller Profispiele kommt heute ohne Polizeipräsenz aus, besagt eine kürzlich veröffentlichte Studie. Der Report hat zu Regeln geführt, die sich bewährt und die dazu beigetragen haben, dass die englischen Fussballstadien zu eigentlichen Sicherheitszonen geworden sind. «Steril», monieren Kritiker, die das Fahnenmeer über den Tribünen vermissen, die ein Rauchverbot in einem offenen Stadion unangemessen finden und die Fan-Kultur ausgesperrt sehen. Die Prügeleien fänden jetzt halt in den U-Bahn-Schächten statt, sagen sie. Sie sprechen für eine kleine Minderheit.
Kein Alkohol in Zug oder Bus
Von eigentlichen «Erziehungsmassnahmen» in den letzten zehn Jahren spricht der Sicherheitschef des englischen Leaders Manchester United. Die Zuschauer wüssten, dass sie sich «absolut nichts» zuschulden lassen kommen dürften. «Zero tolerance» heisst das magische Wort. Wer zum Beispiel betrunken oder im Besitz von Alkohol im Stadion eintrifft, erhält nicht nur keinen Zutritt, er macht sich im Sinn der englischen Gesetzgebung strafbar. Denn wer eines «Fussball- relevanten Vergehens» überführt wird, wird von den Gerichten mit einem Bann belegt. In England sind 3500 Personen registriert. Mindestens drei Jahre lang ist einem Rechtsbrecher der Besuch von Fussballspielen untersagt. Zu Auswärtspartien der englischen Nationalmannschaft darf er nicht mehr fahren. Für besonders schwere Vergehen kann eine bis zu zehnjährige Haftstrafe ausgesprochen werden. «Powerful legislation» nennt Whalley die rechtliche Handhabe.
Zu den «Fussball-relevanten Verstössen» gehört nicht nur der Besitz von Alkohol im Stadion; selbst das Mitführen von alkoholischen Getränken in Bus oder Zug, die den Besucher an den Match führen, ist untersagt. Im Jahr 2000 waren etwa 30 Prozent (rund 1000) der Verhaftungen auf Trunkenheit zurückzuführen, klar die Mehrheit aller Vergehen. Ebenso unter Strafe stehen rassistische Gesänge, das Werfen von Gegenständen sowie das Betreten des Rasens. Andere Regeln werden weniger streng geahndet. Wenn sich eine Fan-Gruppe verbotenerweise auf die Stühle stellt und sich partout nicht setzen will, sind den Stewards die Hände gebunden. Doch die Überwachungskameras blieben weiterhin auf die Kurve gerichtet. Zusammen mit der «sehr strengen» Rechtsprechung seien die Videoaufzeichnungen der grösste Garant für die Eindämmung der Gewalt in englischen Stadien, sagt Whalley. Zudem hat das englische Innenministerium einen Lerneffekt verzeichnet: Von knapp 1800 «gebannten» Personen, die seit der Euro 2000 ihre Strafe verbüsst haben, sind nur 70 rückfällig geworden.
Keine rechtsfreien Räume
In Sicherheitsfragen habe England «mindestens zehn Jahre Vorsprung auf Kontinentaleuropa», sagt ein ehemaliger Security-Officer der Bolton Wanderers. Seinen Namen möchte er nicht in der Zeitung lesen. Der Satz könnte ihm als Arroganz ausgelegt werden, fürchtet er. Inhaltlich weicht er nicht von seiner Aussage ab. «In Italien wird bereits die Reduktion der Tränengaseinsätze als Erfolg gefeiert; in England wäre bereits ein Bruchteil der Einsätze eine Katastrophe.» Dort, wo in einigen Stadien Frankreichs oder Italiens die Ultras wie die Spinnen in ihren Sektoren hocken und wie Schattenregierungen funktionieren, wo sich niemand mehr hintraut, haben die Sicherheitschefs in England mit der Rückeroberung begonnen. Rechtsfreie Räume dulden sie nicht mehr. Dafür haben die Kassiere einen markanten Anstieg von Frauen und Kindern in den Stadien registriert, nicht zuletzt dank den «family areas». 1996 betrug der Frauenanteil in den Stadien bereits 12 Prozent. Seither steigt er kontinuierlich. Es ist eine der vielen Auswirkungen der englischen Revolution in den britischen Fussballstadien.
Quelle: NZZ vom 10. Januar 2007
Unglaublich was für ein Scheiss dieser Depp hier rauslässt. In einem Artikel über Hooliganismus Hillsborough ins Spiel zu bringen oder das Feuer von Bradford ist eine absolute Schweinerei (Soll sich dieser Depp mal fragen warum die Sun seit über 10 Jahren mit Absatzproblemen an der Mersey kämpft!)

Und dann die Sache mit den Ultras...

Ein Blick in die unteren Ligen würde dem Herrn vielleicht auch zeigen, dass sich das Hooliganproblem nicht gelöst, sondern höchstens verschoben hat!
Billigste Stimmungsmache auf Blick-Niveau, man ich reg mich grad unglaublich auf!