Steuerstreik der Uefa kommt jetzt vor Gericht
DER KANTON BERN WILL STEUERFORDERUNGEN AUS DREI UEFA-CUP-SPIELEN BIS VOR BUNDESGERICHT ZIEHEN

Zu früh gefreut? Die Uefa spielt offensiv um Steuerprivilegien. Entschieden ist noch nichts. Foto Keystone
NIKLAUS RAMSEYER, Bern
Hunderttausende zahlen hierzulande Quellensteuer: Schauspieler und Musikanten auf ihren Gagen, Tennisspieler auf ihren Preisgeldern, deutsche Tunnelbauer bei der Neat auf ihren Löhnen. Nur die Uefa fordert für Fussballer-Prämien Steuerfreiheit.
«Es gibt in diesem Lande doch wohl noch eine Rechtsgleichheit», sagt der Konzertveranstalter André Béchir gegenüber der baz. «Und jeder, der hier gutes Geld verdient, soll darauf auch Steuern zahlen.»
Béchir weiss, wovon er spricht: Am Samstag hat er in Dübendorf 65000 Zuschauern die Rolling Stones präsentiert. Das Konzert spielte über zehn Millionen Franken ein. Auf den Millionen, die davon als Gage an die Stones gingen, zahlen die Rockstars 17 Prozent Quellensteuern. Béchir rechnet vor: «Das macht sicher 400000 bis 500000 Franken aus.»
Viele profitieren. «Quellensteuer» bedeutet, dass die Steuern direkt vor der Auszahlung des Salärs, der Gage, des Preisgeldes oder der Prämie an hierzulande werktätige oder auftretende Ausländer abgezogen werden - sei es durch den Arbeitgeber oder durch den Veranstalter. Beim Tennisturnier Swissindoors in Basel fallen stets etwa 250000 Franken Quellensteuern von den Preisgeldern an. Beim Lauberhornrennen 73000 Franken.
Gemeinden, Kantone und der Bund teilen sich diese Steuern auf. Von Béchirs Fiskalabzügen für die Stones-Gage werden so rund 160000 Franken an die Gemeinde Dübendorf gehen. Der Kanton Zürich bekommt 100000 Franken. Und 180000 Franken fliessen in die Bundeskasse.
Insgesamt kassiert der Bund jährlich über 200 Millionen Franken aus Quellensteuern. Das System gilt nämlich nicht nur für einmalige Auszahlungen an Künstler und Sportler, sondern auch und vor allem für die Saläre kürzer oder länger hier beschäftigter Ausländer ohne Niederlassungsbewilligung. Die zuständigen Stellen beim Bund schätzen, dass in der Schweiz «mehrere hunderttausend Personen» der Quellensteuer unterliegen.
ANS BUNDESGERICHT. «Schon nur in unserem Kanton zahlen 30000 Personen ihre Steuern so», sagt der kantonale Berner Steuerverwalter Bruno Knüsel. Mit den Arbeitgebern läuft das ohnehin unproblematisch, und mit den meisten Sport- oder Kulturveranstaltern auch. Nur mit dem Europäischen Fussballverband (Uefa) nicht: Aus den drei Uefacup-Spielen Thuns gegen Arsenal, Ajax und Prag im Berner Stade de Suisse schuldet die Uefa den Bernern immer noch einen sechsstelligen Betrag an Quellensteuern auf Prämien für die ausländischen Spieler.
Knüsel will diese Quellensteuer-Schulden jetzt bei der Uefa in Nyon mit einer «Verfügung» einfordern. Und falls die Uefa diese vor der Berner Steuerrekurskommission oder gar dem Verwaltungsgericht anfechten sollte, ist er schon jetzt entschlossen: «Wir ziehen das notfalls bis vor Bundesgericht durch.» Knüsel hofft, dass dann ein wegweisender Gerichtsentscheid noch vor 2008 gefällt werden kann. Die Uefa droht dem Bund und den Austragungsorten Bern, Zürich, Basel und Genf nämlich jetzt schon mit einem ähnlichen Steuerstreik bei der Euro 08. Begründung der Fussballfunktionäre: Prämien würden nicht direkt als Lohnanteile an die Spieler, sondern an die Landesverbände der Nationalmannschaften ausbezahlt.
Für die Steuerspezialisten des Bundes ist das einerlei: Das Recht, Quellensteuern am Arbeitsort zu erheben, sei generell in den Doppelbesteuerungsabkommen mit fast allen Ländern enthalten, betonen sie. Für die Nationalspieler macht es ebenso keinen Unterschied wie für die Stones: Die Quellensteuer wird ihnen in der Schweiz als bezahlt bescheinigt. Sie zahlen so oder so nur ein Mal.
KEINEPRIVILEGIEN. Die Schweizer Gesetze und internationale Regelungen gälten auch für die Euro 08, betonen die Fachleute im Departement von Sportminister Samuel Schmid. Und: In den entsprechenden Abmachungen mit der Uefa gebe es keine Passagen über Steuern oder Quellensteuern - von Steuerbefreiung könne schon gar keine Rede sein.
Basel beharrt auf Steuern
BERN.
Bei Uefa-Cup- oder Champions-League-Spielen beharrt die Stadt Basel auf Einkommenssteuern für die Prämien der Spieler. Bisher wurden diese indes der Einfachheit halber nach dem «Reziprozitäts-System» erhoben: Die Basler Spieler versteuerten auch im Ausland erspielte Prämien in Basel und umgekehrt. «Das geht aber natürlich nur bei Hin- und Rückspielen», betont Thomas Riedtmann, der erste Sekretär der Basler Finanzverwalterin Eva Herzog. Bei Turnieren wie der Euro 08 müsse hingegen die Quellensteuer bezahlt werden. Darum hofft jetzt auch Basel auf einen klaren Entscheid des Bundesgerichts im Fall Kanton Bern gegen die Uefa.
N.R.