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Erschienen am: 09.09.2005
Olivier Keller - dank Abstieg zum Aufsteiger
DER 140-FACHE NATIONALVERTEIDIGER IST DIE PROMINENTESTE NEUVERPFLICHTUNG DES EHC BASEL
Eishockey-Hüne. Geballte Ladung von 140 Länderspielen: Olivier Keller. Foto Dominik Plüss
OLIVERGUT
Wenn die Basler Eishockeyaner heute in Ambri (19.45 Uhr,Valascia) und am Samstag zuhause gegen Fribourg (19.45 Uhr, St.-Jakob-Arena) in die NLA-Saison starten, dann soll Olivier Keller eine starke Defensive garantieren. Eine Aufgabe, die der Romand ursprünglich beim HC Lausanne übernehmen wollte.
Nur noch zwei Wochen warten. Dann ist es bezugsbereit, das eigene Haus in St-Prex am Genfersee. Doch Olivier Keller sitzt in der St.-Jakob-Arena. In Basel. Und lächelt, wenn er über sein künftiges Domizil spricht. «Meine Familie wird mich dort in nächster Zeit nicht so oft sehen», sagt er, zuckt mit den Schultern und schüttelt leicht den Kopf. «Es kommt halt nicht immer so, wie man es plant.»
Im Mai unterschrieb der Verteidiger beim EHC Basel einen Zweijahres-Vertrag - es war bereits die zweite Signatur, die er 2005 unter ein Arbeitspapier setzte. Ursprünglich hätte er von Lugano zum HC Lausanne wechseln sollen. Und damit in die Westschweiz zurückkehren. Früh war der Transfer in trockenen Tüchern. Dann spielten die Lausanner in den NLA-Playouts. Dann in der Liga-Qualifikations-Serie gegen Basel. Schliesslich verloren sie die entscheidende siebte Partie, mussten ihren Platz in der höchsten Spielklasse an den EHC ab- und den Gang in die Nationalliga B antreten. Kellers Kontrakt mit den Waadtländern war nichtig; in der NLB zu spielen, kam nicht in Frage.
Gebraucht werden. «Ich wusste stets, dass die Möglichkeit besteht, dass Lausanne absteigt», blickt der 34-Jährige zurück. Obwohl die meisten NLA-Clubs ihre Kader bereits zusammengestellt hatten, musste sich Keller nicht sorgen: Wer seit Jahren zum Stamm von Nationaltrainer Ralph Krueger zählt und 140 Länderspiele absolviert hat, der findet auch einen gut bezahlten Job, wenn bereits die Badesaison vor der Tür steht.
Nichts wäre da näher gelegen, als zum HC Genf-Servette - seinem Heimclub - zu wechseln. «Aber ich habe nicht gespürt, dass michGenf unbedingt will», sagt Keller. Chris McSorley, Trainer, Sportchef und Besitzer vonServette, habe ihn hingehalten. Anders Ueli Schwarz, der Sportdirektor des EHC Basel. «Er war fair zu mir und mit Trainer Kent Ruhnke gab er mir das Gefühl, dass ich hier wirklich gebraucht werde», blickt der Verteidiger zurück. Die Konsequenz: Keller unterschrieb beim Aufsteiger, der für den Abstieg des HC Lausanne verantwortlich war.
Dass der routinierte Defensivspieler beim EHC Basel «wirklich gebraucht» wird, steht ausser Frage: Keller soll dafür sorgen, dass die Abwehr steht - eine Aufgabe, für die der 1,90 Meter grosse Athlet prädestiniert ist: «Das ist es, was ich in meiner Karriere immer tun musste. Ich werde auch in Basel nicht mehr zum offensiven Spektakelmacher», sagt er trocken. Verändern wird sich Kellers Rolle dennoch: War er in den vergangenen sechs Jahren in der Luganeser Resega ein überdurchschnittlicher Spieler unter vielen, so wird er in der Basler St.-Jakob-Arena mehr Verantwortung übernehmen müssen. Er begrüsst dies: «Das ist es ja, was ich gesucht habe - das wäre in Lausanne nicht anders gewesen.» Dass damit auch mehr Druck auf ihm lastet, weiss der Genfer. «Aber ich bin jetzt 34 - ich habe gelernt, damit umzugehen.»
Die Ziele mit dem EHC Basel mag er nur ungern formulieren. «Klar ist, dass wir die Klasse erhalten wollen. Am liebsten natürlich, indem wir in die Playoffs einziehen.» Aber eine Prognose mag Keller nicht abgeben. «Das ist zu schwierig. Ich bin - auch wenn es eine Floskel ist - wirklich der Typ, der Spiel für Spiel nimmt.»
Olympia als Ziel. Deutlicher wird der Verteidiger, wenn es um die persönlichen Absichten geht. «Zuallererst möchte ich in Basel gute Leistungen zeigen», sagt er und fügt dann an: «Schliesslich will ich mit dem Nationalteam im Februar bei den Olympischen Spielen von Turin dabei sein.» Die Chancen, dass er dieses Ziel erreicht, stehen gut: Der Schweizer Nationaltrainer Ralph Krueger weiss, was er an seinem Verteidiger hat. «Bin ich nicht in völliger Unterform, dürfte es mit Olympia schon klappen.»
Dass er dabei in Basel beimAufsteiger spielt, erachtet er eher als Vorteil. «Ich werde mehr Eiszeit haben als in Lugano. Werde mehr im Fokus stehen.» Am nötigen Einsatz wird es Olivier Keller also beim EHC bestimmt nicht mangeln - auch wenn er über Umwege in die Nordwestschweiz gefunden hat. «Heute bin ich wirklich glücklich, dass es so gekommen ist», sagt er nach den ersten Basler Erfahrungen. Er möge die gute Atmosphäre im Team, das professionelle Umfeld, aber auch Stadt und Mentalität. «Zudem liebe ich Basler Läckerli, seit ich ein kleiner Junge bin.»
zesis zone
Verbrannte Stöcke, gläserne Schuhe
ANDREAS ZEHNDER*
Ab heute wird in der Schweiz wieder Eishockey gespielt. Endlich. Endlich? Jawohl. Auch wenn das Wetter alles andere als winterlich ist, so freue ich mich riesig auf die neue NLA-Saison. Und wenn es schon mir so geht, wie geht es dann jenen, die ab heute auf dem Eis stehen? Sie sind gespannt wie eine Feder. Alles andere ist gelogen. Jeder will wissen: Wo stehen wir, wo die anderen? Was kann dieser Metropolit, den Lugano geholt hat? Wie gut ist Marcel Jenni nach seiner Rückkehr aus Schweden? Oder - in Basel: Wie viele Zuschauer kommen zum ersten Heimspiel? Ein Profi, der vor dem ersten Bully kein Kribbeln verspürt und dem vor der langen Qualifikation graut, der soll sofort seinenStock verbrennen und die Schlittschuhe an den Nagel hängen. Er hat den Beruf verfehlt.
Bei mir zu Hause war es üblich, dass mir meine Frau und die Kinder vor dem Saisonstart etwas bastelten oder anfertigen liessen und mir dies vor der ersten Partie überreichten. Einmal erhielt ich einen aus Glas geblasenen Schlittschuh. Ein anderes Mal einen Würfel mit lauter Fünfen drauf (meine Rückennummer beim ZSC, in Basel war es die 55). Ich weiss, dass auch andere Spieler ihre Rituale haben - gesprochen wird darüber aber nicht. Sonst heisst es gleich: «Du bist doch eine Susi!» Für Sentimentalitäten ist im Eishockey eben wenig Platz.
Am besten wissen das die Sportchefs. Sie sind in diesem Jahr nervöser als sonst. Denn in der vergangenen Saison hatten sie es leicht: Weil in der NHL nicht gespielt wurde, konnten sie aus einer Vielzahl von starken Ausländern auslesen. Namen, von denen sie wussten, dass sie wieder 500 Zuschauer mehr ins Stadion locken würden. War einer ein Problem, konnte er sofort ersetzt werden. Jetzt ist das anders: Fünf Ausländer mussten gefunden werden, und es gibt kaum einen Club, bei dem der Sportchef von jedem seiner Gastarbeiter weiss, was er wirklich drauf hat. Wer eine Niete gezogen hat, findet kaum Alternativen.
Obwohl die Playoffs weit weg sind, wird es in diesem Jahr keinen lockeren Aufgalopp geben: Die eine Hälfte der Clubs muss von Anfang an um jeden Punkt kämpfen. Dazu zähle ichTeams wie Langnau, Fribourg, Basel oder Ambri. Die andere Hälfte wird sich aus einem anderen Grund nicht zurücklehnen: Für einige der bestenSpieler wird der Höhepunkt schon im Februar stattfinden. Dann sind in Turin die Olympischen Spiele - und jeder, der sich Hoffnungen macht, zur Equipe vonRalph Krueger zu gehören, muss jetzt alles geben, um sich für eine Reise ins Piemont zu empfehlen. Spannung ist also von Beginn an garantiert.
* Der langjährige NLA-Spieler Andreas «Zesi» Zehnder kommentiert für die baz das Schweizer Eishockey und blickt auch auf seinen letztjährigen Club EHC Basel.
Mit Hellkvist für Anger und Manzato im Tor
geduld. Zehn Tage mehr Vorbereitungszeit hätte sich EHC-Trainer Kent Ruhnke gewünscht. «Unsere Ausländer sind spät gekommen, und noch nicht alle Spieler sind hundert Prozent fit», sagt der Kanadier. Erst recht zu früh beginnt die Saison für die verletzten Jarno Peltonen, Ralf Bundi und Niklas Anger. Für Letzteren stösst vom Partnerteam Olten Stefan Hellkvist zu den Baslern. Der Schwede trainierte gestern mit dem EHC und steht Ruhnke für die Spiele heute gegen Ambri und morgen gegen Fribourg zur Verfügung. Ebenfalls klar ist, dass Daniel Manzato heute Abend an seiner alten Wirkungsstätte das Basler Tor hüten wird. Auf seine gute Form wird der EHCgegen die Tessiner angewiesen sein. «Zudem müssen wir Ambris Stürmer Domenichelli und Trudel stoppen und unsere Chancen konsequent nutzen», umschreibt Ruhnke die Hauptaufgaben seiner Mannschaft. Schliesslich appelliert der Trainer an die Geduld der Fans, was die Basler Spielstärke anbelangt - und liefert gleichzeitig ein Versprechen nach: «Bis im November werden wir eine sehr gute NLA-Mannschaft sein.»
rem