Onkel Tom hat geschrieben:Als Nicht-Fan von UF muss ich doch zugeben: Falls er das Double holt, soll, darf und muss er bleiben. alles andere wäre nicht nachvollziehbar.
Es wird wirklich spannend zu sehen sein, wie die neue Führung (und vor allem Marco Streller) die Trainerfrage angeht. Ich habe den Eindruck, dass die Tendenz in Richtung eine Ablösung von Fischer geht, sehe es aber auch so, dass man in Argumentationsnotstand gerät, falls der FCB das Double holt.
Wenn ich persönlich die Arbeit von UF beurteile kommen mir folgende Aspekte in den Sinn:
+ Führung und Motivation der grossen Mehrheit der Spieler
+ Menschlichkeit/Authentizität
- Umgang mit 'sperrigen' Charakteren
- Einbindung von jungen Spielern
- Medienauftritte
- Umgang mit Kritik ('Dünnhäutigkeit')
Zur Taktik:
Wenn ich den aktuellen Fussball anschaue (national und international), dann unterscheiden sich die Mannschaften unter anderem darin wie hoch sie stehen. 'Hoch' zu stehen, d.h. den Gegner mit Pressing möglichst in seiner eigenen Hälfte unter Druck zu setzen erfordert eine hohe Laufbereitschaft und damit auch Kondition; zudem ist man hinten tendenziell anfällig. Den Gegner etwas mehr kommen ('pressen') zu lassen, bringt das Problem mit sich, sich aus der Defensive zu lösen. Hier gibt es zwei Strategien: dem Pressing mit gepflegtem, laufintensiven Flachpassspiel und langen Seitenwechseln zu entgegnen oder den Ball durch den Torhüter oder einen IV nach vorne zu schlagen, wo der angespielt MS (beim FCB: Janko) dann oft relativ alleine steht und deswegen der Ball schnell wieder verloren geht.
Der resultatmässige Erfolg des FCB unter UF in der Schweiz ist meiner Meinung dadurch in der Art und Weise zu erklären, wie UF diese beiden Spielsysteme kombiniert. Die meisten Schweizer Mannschaften wissen, wie man den FCB in Schwierigkeiten bringt: nämlich durch ein möglichst aggressives Pressing. Ihr Problem ist, dass sie diese Spielweise konditionell in der Regel höchstens 60 Minuten durchhalten - der FCZ mit seinem hohen Durchschnittsalter sogar nur 20 Minuten;-). Also lässt Fischer seine Mannschaft einfach die Bälle nach vorne schlagen, bis der Gegner müde ist, um dann auf Pressing umzustellen. Gegen den FCZ geschah dies zu Beginn der zweiten Hälfte bis zum Platzverweis. In Ausnahmefällen (wie gegen Luzern im letzten Spiel oder gegen schwächere, nicht hoch stehende Mannschaften) wird diese Taktik auch von Anfang an eingesetzt, was sofort attraktive Spiele mit sich bringt. Zudem ist es natürlich so, dass der FCB so starke Individualisten hat, dass sie auch mit der passiven Spielweise immer wieder mal ein Tor schiessen. Zudem ist der defensive Spielstiel mit Vaclik aus Hauptpassspieler relativ energiesparend ist, was dazu führt, dass der FCB die ausgepumpten Gegner nicht selten in der Schlussphase überfährt.
Wie gesagt, klappt das in der Schweiz resultatmässig hervorragend, wenngleich mit deutlichen Abstrichen, was die Attraktivität des Spiels betrifft. International stellt sich das Problem, dass die Mannschaften dieses Pressing nicht nur 60, sondern 90 Minuten durchziehen und auch die individuell starken Gegenspieler besser im Griff haben. Das erklärt meiner Meinung nach die Diskrepanz zwischen nationalem Erfolg und internationalem Misserfolg.
Meiner Meinung nach müsste der FCB in der SL viel konsequenter versuchen, sich dem Pressing mit spielerischen Mitteln zu entziehen. Das muss geübt werden. Und wenn man sich gegen Mannschaften wie Lausanne mit dem Nachvorneschlagen des Balles wehren kann, wie soll das gegen internationale Teams möglich sein. Zudem finde ich, dass selbst öfter gepresst werden sollte, dass also die Mannschaft mindests 20 Meter höher stehen solllte - vor allem auch zu Beginn der Spiele. Dass das ausschliessliche Setzen auf Pressing langfristig keinen Erfolg garantiert, sieht man an Leverkusen oder YB. Aber ein bisschen mehr dürfte es schon sein.
Ich denke nicht, dass UF diese Entwicklung zu verstärktem Pressing und spielerischem Umgang mit dem Pressing des Gegners noch auf die Reihe kriegen wird. Aus diesem Grund bin ich - in Kombination mit den andern negativen Punkten (vor allem dem fehlenden Vertrauen in den Nachwuchs) - tendenziell dafür, dass UF im Sommer ersetzt wird. Natürlich ist damit keine Garantie gegeben, dass der punktemässige Ertrag in der Liga gleich hoch sein wird. Dafür würden wir ansehnlicheren Fussball sehen und die Mannschaft wäre besser für internationale Aufgaben gerüstet.