Der schwierige Start ohne den Häuptling
DER FCST. GALLEN WARTET NOCH AUF DEN ERSTEN SIEG DER NEUEN SAISON

Schmerzlich vermisst. St. Gallens verletzter Captain Davide Callà. Foto Keystone
HANSJÖRG SCHIFFERLI
Der Kreuzbandriss des Captains Davide Callà gilt den St. Gallern als ein Grund für ihren mässigen Saisonstart.
Auf gleicher Höhe zu stehen wie die Grasshoppers und die Young Boys, zwei nominelle Spitzenclubs, und der FC Thun - das ist auf den ersten Blick nicht schlecht. Aber es ist nicht, was sich der FC St. Gallen von seinem Saisonstart vorgestellt hat. Denn auf dem Weg zum 1:1 in Schaffhausen war zwar die erste Halbzeit überzeugend, nachher aber verloren die St. Galler nicht nur zwei Punkte, sondern auch ihren Captain Davide Callà mit einem Kreuzbandriss. Und am Dienstag, beim 0:0 gegen GC im heimischen Espenmoos, «liessen wir sämtliche spielerischen Qualitäten draussen», wie sich Trainer Rolf Fringer ausdrückt.
Ein Sieg, zumal nach einer frühen Führung, in Schaffhausen und zumindest eine deutlich bessere Leistung gegen GC hätte vom FC St. Gallen erwartet werden dürfen. So aber steht er nicht nur noch ohne Sieg da, sondern musste auch deutliche Unmutsbekundungen seiner Fans nach dem GC-Spiel über sich ergehen lassen. Dass Fringer zehn Minuten vor Schluss den Stürmer Alex durch den defensiven Mittelfeldspieler Philippe Montandon ersetzte, mag taktisch richtig gewesen sein, um wenigstens den einen Punkt als «Spatz in der Hand» (Fringer) zu behalten. Aber es war natürlich auch deutlicher Hinweis darauf, wie wenig ihr Trainer den St. Gallern an diesem Abend noch einen Sieg zutraute.
Jedenfalls haben sie - mit Ausnahme der Startphase in Schaffhausen - noch nicht geboten, was Fringer zu Saisonbeginn als Ziel genannt hatte, nämlich «mutig, frech und offensiv» aufzutreten. «Man hat in diesen zwei Spielen noch nicht gesehen, was der FC St. Gallen 2006/07 ist», stellte auch René Weiler fest, der Sportchef. Will heissen: Auch er konnte noch nicht erkennen, was er von seiner Mannschaft halten soll oder vielmehr: halten möchte. Denn auf dem Papier haben sich die St. Galler verstärkt, mit dem Argentinier Marcos Gelabert als zweikampfstarker Nummer 6, mit Yverdons Topskorer Francisco Aguirre als neuem Stürmer oder Franco Di Jorio als routiniertem Mann auf den Flanken des Mittelfelds.
transfer gescheitert. Aber es ist auch einiges schief gelaufen. Am meisten beklagt wird der Ausfall Callàs, der mit seinen knapp 22 Jahren schon Captain ist, Fringer vor allem aber als «Anführer in Sachen Temperament» gilt. «Er bringt Leben in die Bude, ohne ihn ist der Häuptling weg», sagt der Trainer. Und dann scheiterte der sicher geglaubte Transfer des argentinischen Mittelfeldspielers Jesus Mendez, der links, aber auch zentral hätte eingesetzt werden können. Ihn forderte der neue Trainer von River Plate Buenos Aires zurück.
«So fehlen uns nun zwei Spieler, die nach vorne viel brachten», wie Weiler sagt, «auch wenn das allein die offensive Impotenz gegen GC nicht erklären kann.» Hinzu komme, fügt Fringer bei, dass Alex nach seiner WM mit Ghana nur eine sehr kurze Vorbereitung hinter sich und Aguirre in Katar «viel verloren» habe. Die beiden Stürmer bräuchten noch Zeit; und die ausgefallenen Mittelfeldspieler zu ersetzen ist nun Aufgabe des Sportchefs. Mindestens einen «sehr guten Mann», dazu wohl einen Nachwuchsspieler wollen die St. Galler noch verpflichten.
Gegen den FCB wird personell aber noch alles beim Alten sein. «Mehr Solidarität» gilt Fringer deshalb als Leitmotiv, um gegen Basel zu bestehen.