BaZ, 14.1.2006
Ein Schritt zurück, zwei nach vorn
Thomas Nüssli kommt als Stürmer des EHC Basel immer besser in Fahrt
REMO MEISTER
Stütze. Der EHC profitiert auch von Thomas Nüsslis Skorerqualitäten. Foto EQ
Wenn der EHC Basel morgen (15.45 Uhr, St.-Jakob-Arena) den HC Genf-Servette empfängt, hat Thomas Nüssli bereits sieben Tore auf seinem Konto. So viele wie noch nie in seiner NLA-Karriere.
Das Wort «léger» trifft sie wohl am besten, die Art und Weise, wie Thomas Nüssli daherkommt. Nach dem Training ersetzt die Kappe den Helm, aus den Schlittschuhen steigt der 23-Jährige in die coolen Sneakers. Die Kleider sitzen locker, mit seiner Statur (190 Zentimeter, 96 Kilogramm) ist er nicht zu übersehen.
Leicht und unbekümmert wirkt bisweilen auch seine Art, mit dem Stock in der Hand über das Eis zu gleiten. Die eine oder andere «Show-Einlage» gehört dabei durchaus zu seinem Repertoire. «Manchmal plätschert das Spiel einfach so dahin, dann versuche ich, mit einer speziellen Aktion einen Akzent zu setzen, damit ein Impuls durch das Team geht», sagt Nüssli. «Natürlich geht das auch mal schief», fügt er an.
VERANTWORTUNG. In letzter Zeit indes gelingt dem Stürmer des EHC Basel ziemlich viel. Nach anfänglichen (auch verletzungsbedingten) Schwierigkeiten kommt Nüssli, der 2002 als Nummer 227 vom NHL-Team Vancouver Canucks gedraftet wurde, immer besser in Fahrt. Mit sieben Toren und fünf Assists ist er der viertbeste Skorer beim EHC. «Ich bin nicht mehr verletzt, habe Verantwortung und erhalte mehr Eiszeit als früher», erklärt der Appenzeller seine positive Entwicklung in dieser Saison.
Mit früher meint Nüssli die Zeit vor der Saison 2004/2005, als er von Rapperswil nach Basel stiess, um in der NLB seiner Karriere eine letzte Chance zu geben. Dank seiner erfolgreichen Junioren-Zeit (insgesamt 74 Einsätze im Nachwuchs-Nationalteam und drei WM-Teilnahmen) gab Nüssli u2013 von Vorschusslorbeeren begleitet u2013 als 18-Jähriger sein Debüt beim EV Zug in der NLA. Vom SC Herisau gekommen, wo ihm aufgrund seines Talents so vieles in den Schoss gefallen war, schien die höchste Schweizer Liga eine Nummer zu gross für den jungen Mann, der damals viele andere Dinge als Eishockey im Kopf hatte.
In der Folge wurde ihm Trainingsfaulheit nachgesagt u2013 der Durchbruch in der NLA blieb aus. Nüssli selbst sagt: «Ich hätte spielen müssen, um zu zeigen, was ich kann. Aber ich kam nicht zum Zug.» Das galt sowohl für die Zeit beim EVZ als auch für jene später in Rapperswil, «wo der Trainer in zwei Jahren vielleicht zwei Sätze mit mir gesprochen hat.»
BASELS ANGEBOT. Diese Erfahrungen führten dazu, dass das scheinbar ewige Talent, dessen Entfaltung auf der Strecke zu bleiben drohte, seine Schlittschuhe an den Nagel hängen wollte. Dann kam im Frühling 2004 das Angebot vom EHC Basel, der damals den Wiederaufstieg in die NLA anstrebte. «Das war das Beste, was mir passieren konnte», sagt Nüssli rückblickend. Manchmal müsse man einen Schritt zurückgehen, um nachher zwei nach vorn zu tun. Die Rechnung ging auf: Der Appenzeller war eine der Stützen der Basler Aufstiegsmannschaft.
Jetzt kämpft er mit dem EHC Basel um einen Platz in den Playoffs. Dass es ihm persönlich so gut läuft, ist insofern eine gewisse Genugtuung, als es immer noch Kritiker gibt, die behaupten, der Nüssli sei ein fauler Kerl. Dem widerspricht auch EHC-Trainer Kent Ruhnke: «Thomas hat eine wahnsinnige Entwicklung durchgemacht. Er hört sehr gut zu und kann mit noch etwas mehr Spielintelligenz ein grosser Star werden in dieser Liga.»
DIE VORSICHT. Mit solchem Lob geht Nüssli heute differenzierter um, das Wort «Star» hört er nicht mehr gerne. Die Erfahrung von früher hat ihn gelehrt, bescheiden und konzentriert zu bleiben u2013 nicht wie früher, als er dazu tendierte, abzuheben. «Ja, damals fand ich das geil», gibt er zu. «Heute bin ich älter, habe nicht mehr nur die Skorerpunkte im Kopf. Ich will einfach das beste mit dem Team rausholen.»
EHC: Einige Fragezeichen vor dem Heimspiel
SERIE VERLÄNGERN. In welcher Formation der EHC Basel morgen Sonntag zuhause gegen Genf-Servette den fünften Sieg in Serie anstrebt, wusste selbst Kent Ruhnke gestern noch nicht: «Einige Entscheide können wir erst am Sonntag fällen», sagte der EHC-Trainer mit Blick auf die Verletztenliste. Fraglich ist nicht nur, ob Steve Thorntons Augenprellung einen Einsatz zulässt, sondern auch, ob dessen kanadischer Landsmann Eric Landry nach seinem Bänderriss im Fuss bereits fit für ein Comeback ist. Ruhnke hofft auf den Mittelstürmer u2013 so wie er an die Rückkehr von Captain Alex Chatelain (Hirnerschütterung) glaubt, obwohl dieser das gestrige Training auslassen musste. Doch der Coach weiss auch, dass der EHC am Sonntag möglicherweise erstmals mit nur vier statt der erlaubten fünf Ausländer antreten muss.
Gesetzt ist ein Stürmer-Quartett mit dem Schweden Niklas Anger, dem Letten Leonid Tambijew sowie den Kanadiern Rob Zamuner und Derek Bekar, der zu seinem Debüt kommt. Ergänzt würden diese vier Ausländer durch Landry oder Thornton, falls diese gesund sein sollten.
Gesund wäre Julian Walker. Der U20-Internationale ist von der Junioren-WM zurückgekehrt. Dennoch ist sein Einsatz fraglich. Ruhnke: «Spielen wir mit fünf ausländischen Stürmern, wird er überzählig sein.» Die Begründung sagt viel über die sportliche Entwicklung des EHC: «Julian war weg, wir haben gewonnen. Jetzt muss er sich erst wieder ins Team spielen.»
Ein weiteres Jahr im Ruhnke-Team bleiben wird Assistenztrainer Olivier Horak: Sein Vertrag wurde um ein Jahr verlängert.
Nationalliga A
Spiele vom Wochenende: Samstag. 34. Runde: 19.45 Uhr: Ambriu2013Rapperswil. Servetteu2013 Zug. Klotenu2013Bern. Luganou2013Fribourg. SCL Tigersu2013Davos. u2013
Sonntag. 35. Runde: 15.45 Uhr: Baselu2013Servette. Bernu2013Ambri. Davosu2013 Lugano. Fribourgu2013SCL Tigers. Zugu2013Kloten.
Rangliste: 1. Bern 34/45. 2. Lugano 33/42. 3. Davos 32/39. 4. Rapperswil 32/34. 5. Kloten Flyers 32/33. 6. Ambri-Piotta 33/33. 7. Basel 34/33. 8. Zug 33/31. 9. Fribourg 32/30. 10. ZSC Lions 34/30. 11. Genf 33/27. 12. SCL Tigers 34/19.