BaZ, 3.11.05
Ein weiteres Jahr mit Kent Ruhnke
Der Erfolgstrainer verlängert seinen Vertrag mit dem EHC Basel bis zum Frühjahr 2007
OLIVER GUT
Daumen hoch. Kent Ruhnke bedeutet für den EHC Basel Erfolg und Publizität. Foto foto-net
Der Aufsteiger, der heute bei den ZSC Lions spielt (19.45 Uhr, Hallenstadion), setzt mit der Weiterverpflichtung des Kanadiers auf Kontinuität und sendet ein klares Signal: Die Basler Vorwärtsstrategie wird fortgesetzt.
Es ist November. Und so sicher, wie die Blätter von den Bäumen fallen, wackeln in der NLA des Schweizer Eishockeys die Trainerstühle: In Zürich ist Christian Weber unter Druck und muss heute gegen Basel gewinnen. An den Stammtischen in Langnau gehen die Meinungen über Bruno Aegerter auseinander. Und in Kloten könnte Verteidiger-Legende Anders Eldebrink als Trainer der Flyers bald Geschichte sein.
Den Gegentrend setzt Basel, wo der Aufsteiger die Vertragsverlängerung mit Headcoach Kent Ruhnke bekannt gab. Der 53-jährige Kanadier wird auch in der Saison 2006/07 an der Bande des EHC Basel stehen. Ungültig würde der besser dotierte Kontrakt nur im Fall eines Abstiegs.
Der Entscheid überrascht nicht, hat Ruhnke doch vorzügliche Arbeit geleistet. In seinem ersten Jahr führte er den EHC in die NLA zurück. Nun, nach einem Drittel der Qualifikation, befindet sich sein Team auf einem Playoff-Platz. Zudem ist der dreifache Meistertrainer eine Figur, die dem Eishockey in Basel viel Publizität und Glaubwürdigkeit bringt.
Ungewöhnlich ist nur der frühe Zeitpunkt. EHC-Sportdirektor Ueli Schwarz begründet: «Wir wollen damit Kontinuität in das Gebilde EHC Basel AG bringen. Unabhängig von sportlichen Resultaten stecken wir noch immer in einem Aufbauprozess, in dem ein Zickzackkurs in führenden Positionen nichts bringt.»
Es sei auch Wunsch sämtlicher Geldgeber gewesen, dass das Tandem Ruhnke/Schwarz (der Sportdirektor wird ab 2006 als CEO die gesamte operative Führung übernehmen) über die aktuelle Saison hinaus existiere. Obwohl das künftige Budget unklar ist, wurde Schwarz von der Donatoren-
Vereinigung zum frühen Entscheid ermutigt, indem diese dem Sportdirektoren ihre Unterstützung bei der Verfolgung der Vorwärtsstrategie zusicherte.
Der Rest ging schnell über die Bühne. «Ich fühle mich hier wohl, will weiter etwas aufbauen u2013 und das finanzielle Angebot war fair», sagt Ruhnke, der wie Schwarz von problemlosen Verhandlungen spricht.
Sportdirektor und Trainer werden nun das Kader für die nächste Saison zusammenstellen. Dass dabei klar ist, wie der Coach heisst, ist sicher kein Nachteil. Ruhnke: «Wir haben ein Zeichen gesetzt.»
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Das Leiden der Löwen
Der EHC Basel trifft auf ein Spitzenteam, das aus dem Tritt geraten ist
BENJAMIN MUSCHG*, Zürich
* Benjamin Muschg begleitet als Mitarbeiter des «Tagesanzeigers» regelmässig die ZSC Lions.
Schwierige Zeiten. Coach Christian Weber steckt mit dem ZSC in der Krise. Foto Key
Bei den ZSC Lions mangelt es seit den Abgängen von Streit und Robitaille an Ordnung und Ideen. Heute (19.45 Uhr, Hallenstadion) versuchen sie, den Job von Trainer Christian Weber zu retten.
Am Dienstag gewannen die ZSC Lions beim 2:2 gegen die SCL Tigers erstmals nach fünf Niederlagen in Folge wieder einen Punkt und taten gemäss Sportchef Simon Schenk «einen bescheidenen Schritt in die richtige Richtung». Am Dienstag verlängerten die Zürcher aber auch ihre Serie der Sieglosigkeit auf sechs Spiele und boten eine Demonstration der Probleme, die sie in die tiefste Krise geführt haben, seit aus dem ZSC durch die Fusion mit GC ein Gewinnerclub wurde.
Es begann vor 18 Tagen mit einer harmlosen 1:2-Niederlage in Bern. Es folgte die 1:5-Panne bei Langnau. Dann gastierte mit Davos ein Gegner im Hallenstadion, gegen den man auch an guten Tagen verlieren kann, was der ZSC mit 1:2 tat. Was folgte, war das 2:8-Debakel gegen Lugano, die höchste Zürcher Heimniederlage seit zwölf Jahren. Dass 20 Stunden später in Genf die fünfte Niederlage Tatsache wurde, war nur logisch, hat der ZSC doch noch nie ein NLA-Spiel bei Servette gewonnen.
An der Frage, ob das Glas nach dem Remis gegen Langnau nun halb leer oder halb voll sei, scheiden sich die Geister. Das Spiel hat aber zwei Erkenntnisse gebracht, die bei einem Spitzenclub in der Krise nicht selbstverständlich sind: Die Zuschauer stehen hinter dem Team, und das Team steht hinter dem Trainer. 60 Minuten lang wurden die Lions angefeuert, 60 Mal schossen die verzweifelten Löwen aufs Langnauer Tor. Nach einer Niederlagenserie, wie sie die Zürcher in diesem Jahrtausend noch nicht erlebt hatten, herrschte im Hallenstadion erstmals wieder eine Atmosphäre, wie sie vor dem Umbau einst gang und gäbe war.
DAS LEIDEN BEENDEN. Sportchef Schenk teilt die hoffnungsvolle bis gleichgültige Haltung vieler Fans keineswegs. Coach Christian Weber muss das Leiden der Löwen heute dringend beenden und zum Siegen zurückfinden, ansonsten wird er doch noch Opfer jener Krisenbewältigungsmethode, die anderswo längst vollstreckt worden wäre. Schenk ist kein Mann überstürzter Handlungen. Auch bei der bis anhin längsten Negativserie seiner Ära im Herbst 1999 hatte er Ruhe bewahrt und den damaligen Zürcher und heutigen Basler Trainer Kent Ruhnke nicht entlassen. Es resultierte der erste Zürcher Meistertitel seit 39 Jahren.
Dass Schenk diesmal noch am Trainer festhält, liegt auch daran, dass er sich mitverantwortlich fühlt. Wenn dem ZSC die ordnende Kraft aus der Defensive und die Ideen in der Offensive fehlen, dann fehlen ihnen vor allem Mark Streit und Randy Robitaille. Die beiden hatten mit Goalie Ari Sulander die Achse des ZSC-Teams gebildet, das im vergangenen Frühling erst im Final an der Davoser NHL-Power gescheitert ist. Dass Streit und Robitaille nach Übersee wechseln würden, hatte sich früh abgezeichnet u2013 ersetzen konnte Schenk sie bis heute nicht.
Auf der langen Suche nach Ersatz für Robitaille, einem dominierenden ersten Center, ist Schenk via klingende Namen wie Vyborny, Santala, Perreault und Perrin wieder am Ausgangspunkt angekommen. Robitaille meldete sich kürzlich bei Schenk, weil sein auf 20 Spiele befristeter NHL-Vertrag ausläuft, und es ungewiss ist, ob ihm Minnesota einen neuen anbietet. Die leidenden Löwen würden ihn liebend gerne zurückhaben.
Gegen kriselnde Lions die Gunst der Stunde nutzen
KEIN ANGSTHASEN-HOCKEY. Wenn der EHC Basel heute im Hallenstadion (19.45 Uhr) bei den ZSC Lions gastiert, treffen zwei Teams aufeinander, die in den letzten fünf (EHC) respektive sechs (ZSC) Spielen nur je einen Punkt holten. Der Unterschied: In Zürich will man um den Titel spielen, der EHC ist NLA-Aufsteiger. So wurden beim ZSC gestern alle Spieler zum Einzelgespräch mit Sportdirektor Simon Schenk gebeten. Dass die Lions derzeit verwundbar sind, will EHC-Trainer Kent Ruhnke nutzen: «Ich mag kein Angsthasen-Hockey. Wir wollen kompakt spielen und Druck machen.» Fehlen werden dem EHC dabei die verletzten Peltonen, Schnyder, Keller, Bundi und Walker, der sich gegen Rapperswil den Fuss übertrat. Manzato wird das Tor hüten, Tambijew und Lehoux werden als überzählige Ausländer von der Tribüne zusehen. Dass die Situation mit jeweils zwei überzähligen ausländischen Stürmern nicht ideal ist, weiss auch Sportdirektor Ueli Schwarz. Weil Lehoux bisher nicht überzeugte, könnte der Kanadier den EHC deshalb bald wieder verlassen. Schwarz: «Gibt es eine Lösung, die für alle Beteiligten stimmt, ist das möglich.»