Blaue Flecken und Frust
Überflieger EHC Basel (weiss): Hinten solid, vorne leidenschaftlich.
Wer in die Sankt-Jakob-Arena kommt, kriegt eins aufs Dach. Der als Abstiegskandidat gehandelte EHC Basel lehrt Lions, Flyers und SCB das Fürchten. Bloss die Bebbi habens noch nicht gemerkt.
Kurt Brandenberger
Der Sankt-Jakob-Park des FC Basel und die Sankt-Jakob-Arena des EHC Basel sind keine hundert Meter voneinander entfernt. Doch gemessen am öffentlichen Interesse liegen zwischen den beiden Sportstätten Welten. Beim Spektakel auf dem Rasen sind zumeist über 20'000 anwesend. Bei den Hockeyanern keine 3000. Zuberbühler, Degen, Rossi, Petric u2013 kennt jeder. Aber wer sind Mansato, Landry, Khuta, Anger? Nobodys in einer Stadt, in der König Fussball regiert.
Aber jetzt, so scheint es, bekommen die Kicker Konkurrenz. Die Resultate des EHC Basel sorgen gesamtschweizerisch für Schlagzeilen: Erst zwangen sie die ZSC Lions in die Knie. Am vergangenen Wochenende kriegten mit dem SC Bern und den Kloten-Flyers zwei weitere Topgesetzte eins aufs Dach. Für die Basler war es der fünfte Saisonsieg, der vierte in Folge. Und der EHCB stellt mit seinem kanadischen Stürmer Eric Landry zurzeit den erfolgreichsten Torschützen der Liga.
Talentierte NLA-Greenhörner
Der EHC Basel u2013 vor der Saison als Abstiegskandidat Nummer eins gehandelt u2013 ist im Hoch. Nur die Basler haben es noch nicht gemerkt. Der von Sportchef Ueli Schwarz erhoffte Funke hat zwar gezündet, doch noch ist er nicht auf die Stadt übergesprungen. Der Bebbi hockt im Sankt-Jakob-Park, nicht in der Sankt-Jakob- Arena. 6600 Zuschauer hätten Platz in der Eishalle. Mit durchschnittlich 4000 haben die Verantwortlichen gerechnet, lediglich 2963 sind bisher gekommen. Das ist der mit Abstand geringste Aufmarsch der Liga.
Basels Eishockeyaner hätten Besseres verdient. Die Truppe spielt nämlich kein unspektakuläres, defensives Rumpelhockey, wie die Presse voraussagte, sondern holte ihre Punkte neben solider Verteidigungsarbeit vor allem durch eine starke Offensivleistung, die geprägt ist von Schnelligkeit, Cleverness und leidenschaftlichem Einsatz.
«Hinten viel Routine und ein junger Torhüter. Vorne talentierte NLA-Greenhörner und drei starke Ausländer.» So umschrieb Kent Ruhnke zu Saisonbeginn das Gerüst seiner Mannschaft. Und der EHCBCoach fragte selbstbewusst: «Weshalb sollte daraus kein Team werden, das im Frühjahr in den Play-off spielt?»
Weil u2013 so erwiderten die Auguren u2013 «hinten» mit Plavsic, Astley, Voisard und Keller beim EHCB zu viele alte Männer beschäftigt sind. Weil «vorne» mit Landry, Anger und Morgan nur mittelmässige Ausländer wirken. Und weil U-20-Spieler erfahrungsgemäss zwei Jahre brauchen, bis ihr Talent sich auch in der höchsten Profiliga voll entfaltet.
Die Saison ist noch lang, der Weg des EHCB steinig. Aber bisher haben die Cracks von ZSC, SCB und Kloten die alte Basler Abwehr keineswegs schwindlig gespielt. Im Gegenteil: Die Schnellläufer aus dem Zürcher Hallenstadion und der Bern- Arena wurden von den Baslern Mal um Mal gestoppt und mussten mit blauen Flecken und viel Frust vom Eis.
Daniel Manzanto, der 21-jährige Basler Torhüter, spielte fehlerfrei, hatte viele Big Saves und machte deutlich, weshalb ihm in der Branche eine Goalie-Karriere wie jene von Aebischer und Gerber prophezeit wird. Das zu Saisonbeginn als «medioker » bezeichnete Stürmer-Duo Landry/ Anger brilliert mit Kaltblütigkeit und technisch raffiniertem Zusammenspiel. Die Rookies, allen voran der 18-jährige Julian Walker und die 20-jährigen Fabian Debrunner und Franco Collenberg, spielen so, als gehörten sie schon seit Jahren zum Profigeschäft.
Ligaerhalt lautet die Vorgabe des Vorstands für die laufende Saison. «Schön wäre, wenn wir in den ersten zehn Spielen sieben bis acht Punkte holen könnten», sagte Urs P. Musfeld, Vizepräsident des EHC Basel, vor dem Start. Jetzt sind es elf Punkte, und der Traum von den Play-off darf weiter geträumt werden, nicht zuletzt wegen Kent Ruhnke. Der Kanadier hat als Trainer schon manche Hockey-Träume wahr gemacht, wurde mit drei verschiedenen Mannschaften Schweizer Meister, führte drei Equipen in die NLA und wurde in Bern und Zürich trotz Titelgewinn wegen «Unstimmigkeiten» gefeuert.
Die Führung des EHCB will den Mann mit dem markanten Kinn und dem Temperament eines Dampfkochtopfs in Ruhe an der sportlichen Zukunft arbeiten lassen u2013 und die heisst: in drei bis vier Jahren um den Meistertitel spielen und aus Basel das machen, was Bern und Zürich heute sind u2013 eine Eishockey-Hochburg.
http://www.facts.ch/dyn/magazin/sport/547145.html