WARSCHAU u2013 Der kleine Anton (2). Er ist todkrank. US-Ärzte könnten ihn retten, doch die Swiss will ihn nicht transportieren u2013 seine Krankheit sei unappetitlich.

Aneta und Marcin Zajac sind traurig und wütend, dass die Swiss ihren kleinen Anton nicht befördern will. (Pawel Stepniewski)
Es fängt alles so gut an. Aneta (32) und Marcin (30) Zajac aus Südpolen haben endlich Ärzte gefunden, die ihren schwer kranken Sohn Anton operieren. Das Baby leidet an einer angeborenen Fehlbildung des Kehlkopfes. Luft- und Speiseröhre werden nicht getrennt. Anton kann nicht alleine essen, sprechen oder atmen (siehe Kasten).
Die Spezialisten der renommierten Harvard Medical School in Boston können den Zweijährigen aber wieder ganz gesund machen. Die junge Familie ist überglücklich. Mit der Swiss wollen sie am 7. Januar von Warschau nach Zürich und von dort nach Boston fliegen.
Die Hiobsbotschaft kommt an Heiligabend. Die Swiss will den kleinen Anton nicht transportieren. «Sie sagten mir, der Anblick meines kranken Sohnes störe die anderen Passagiere», sagt Mutter Aneta unter Tränen. «Ich war wahnsinnig enttäuscht. Und wütend.»
Der Grund ist eine kleine Maschine mit Schläuchen. Alle paar Minuten muss damit der Speichel aus Antons Lunge gesaugt werden u2013 sonst erstickt er. «Das sei unappetitlich für die anderen Fluggäste, sagte mir der Swiss-Arzt», erzählt die Mutter.
Ernährt wird ihr Bub über eine Sonde im Bauch. Nimmt er etwas über den Mund zu sich, landet es in der Lunge.
Aneta Zajac kann es nicht verstehen. Dank den Bostoner Ärzten hätte ihr Sohn eine Chance auf ein ganz normales Leben. Er könnte wieder essen, sprechen und atmen u2013 wie andere Kinder.
Alle Hindernisse hat die Familie zuvor überwunden. Das Geld für die Reise und den zweimonatigen Aufenthalt hat der Arbeitgeber der Mutter gespendet u2013 rund 12´000 Franken. Die amerikanischen Ärzte machen die schwierige Operation ganz umsonst. Alle helfen, den Kleinen zu retten.
Die Eltern haben auch ein ärztliches Gutachten erstellen lassen, das bestätigt, dass Anton problemlos auf einem Linienflug transportiert werden kann. Er braucht keine Medikamente, keine ärztliche Versorgung. Sein Zustand ist sehr stabil, solange die kleine Maschine sein Ersticken verhindert.
Auch Antons polnischer Arzt Marek Migdal schaltet sich ein. Von der Swiss bekommt er die gleichen Antworten zu hören wie schon die Mutter. Er ist empört: «Wenn die Swiss den Transport blockiert, übernimmt sie die Verantwortung dafür, dass der Bub keine Chance auf ein normales Leben hat.» Früher oder später endet die Krankheit für Anton nämlich tödlich.
Die Swiss denkt nicht daran, den kleinen Bub zu transportieren: «Für einen solchen Transport sind wir nicht genügend medizinisch eingerichtet», sagt Swiss-Sprecher Jean-Claude Donzel zu BLICK. Ihre Ärzte hätten den Fall analysiert und entschieden, dass es nicht gehe. «Hier ist ein Ambulanzflug nötig u2013 nicht die Swiss», so Donzel.
Nicht alle Airlines denken so. Die polnische Fluggesellschaft LOT hat sich bereit erklärt, Anton zu transportieren. Und auch die British Airways hat sich zur Verfügung gestellt.
Für die Swiss wird der Entscheid noch ein Nachspiel haben. Die polnische Luftfahrtbehörde prüft, ob die Absage gerechtfertigt war. Die Swiss muss mit einer Abmahnung oder gar einer Strafe rechnen.
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Nicht jeder fliegt mit, der mit will
ZÜRICH u2013 Keine Betrunkenen. Keine Kranken. Keine Hochschwangeren. Die Fluggesellschaften lassen nicht jeden Passagier an Bord. Den kleinen kranken Anton will die Swiss nicht transportieren. Er ist aber nicht der einzige. «Alle Passagiere, die umfassende medizinische Betreuung brauchen oder an einer übertragbaren Krankheit leiden, dürfen nicht fliegen», erklärt Swiss-Sprecher Jean-Claude Donzel. Bei allen medizinischen Bedürfnissen wolle man vorher abklären, ob ein Transport in Frage käme. Schwangere dürfen bis in den achten Monat fliegen. Aber nur, wenn sie ein ärztliches Zeugnis haben, das ihnen bestätigt, dass bisher keine Komplikationen aufgetreten sind.
Auch nicht ins Flugzeug steigen darf, wer stark alkoholisiert ist oder unter Drogeneinfluss steht.
Sogar wer sich während des Flugs auffällig verhält u2013 beispielsweise randaliert oder Schlägereien anzettelt u2013 muss damit rechnen, dass er rausfliegt. «Wenn ein Passagier während des Flugs nicht mehr tragbar ist, kommt es auch vor, dass wir notlanden.»
(Karin Baltisberger)
Blick.ch