Leiden und Jubeln im FCZ-Land
Meisterschaftsentscheidung an der Langstrasse
mju.
Auf der Fahrt durch den Limmatquai deutet kurz vor 20 Uhr nichts auf städtisches Derbyfieber hin. Beim Central drängeln sich aber immerhin zwei junge Männer in FCZ-Leibchen durch die gleichgültige Menge, beim Bahnhofquai steigen mehrere grosse Bierdosen samt ihren jungen Fussballfans ein. Das Tram bringt sie in Richtung FCZ-Land - zum Hardturm, wo das Spiel stattfindet, zum Maag-Areal, wo Grossleinwände stehen, und an die Langstrasse, an der nach wichtigen Fussballspielen gefeiert wird, wenn es etwas zu feiern gibt.
Ein Kebab-Stand überträgt hier das gleichzeitig laufende Spiel des FC Basel, im McDonald's läuft Tischtennis. In der 5i-Bar an der Neugasse finden die FCZ-Fans aber zwei Leinwände, auf denen sie die auf einem Pay-TV-Kanal übertragene Meisterschaftsentscheidung mitverfolgen können. Die Stimmung ist aufgeheizt, die FCZ- Mannschaft wird bei ihrem Einzug bejubelt, der GC-Stürmer Ailton ausgepfiffen - die GC-Fans im Raum ziehen sich spätestens jetzt in die innere Emigration zurück. Von der ersten Sekunde an wird mitgefiebert. Als bekannt wird, dass der Meisterschaftskonkurrent FC Basel in Front liegt, setzt eine hübsche junge Frau ihr grosses Bier ab und ruft «Scheiss-Basel» durch den Raum.
Nach 40 Minuten zähem Spiel, nach Ärger über Fehlpässe und dräuenden Verliererängsten dann der Jubel: Kurz vor 21 Uhr geht der FCZ in Führung, die Zeitlupenwiederholung des Tores wird beklatscht, als wäre sie bereits das nächste Tor des Klubs. Aber noch gibt es eine zweite Halbzeit zu durchleiden. Im Gegensatz zur GC- Verteidigung ist in der Bar kein Durchkommen mehr. Aber der Ball will einfach nicht über die Linie. Doch dann das erlösende 2:0, alles steht, ein Schrei, während der Barmann die Aufregung nutzt, um absturzgefährdete Gläser vom Tresen zu räumen. Die Bar leert sich, alles strömt auf die Strasse, um zu feiern. Gefestet wird weitgehend friedlich; am späteren Abend allerdings sind laut einer Sprecherin der Stadtpolizei beim Escher- Wyss-Platz möglicherweise mehrere Autos beschädigt worden. Der Lärm in der Stadt ist anfangs nicht ohrenbetäubend, manch ein Autofahrer hupt nur, weil der Vordermann falsch abbiegt. Aber schliesslich hat nicht Italien die Weltmeisterschaft gewonnen, sondern
nur der FC Zürich den Meistertitel geholt.
http://www.nzz.ch/2007/05/25/zh/articleF7P5D.html