ORTSTERMIN: FCZ- FANTRIBÜNE IM LETZIGRUND
Ein feuriger Kurvenchor
Von Ueli Kägi, Zürich
FC Züri olé, olé, Südkurve das sind mir ellei. Ob als Gascht oder au dihei, mir lönd oi sicher nie ellei.
Es ist eng, aber nicht ganz voll auf der dreieckigen Betontribüne hinter dem Tor. Unten an der Balustrade stehen die drei Einpeitscher, das Megafon ist ihre Waffe, der Blick zur Masse auf den Rängen gerichtet. Vom Spiel sehen sie nichts u2013 fast wie alle anderen, weil der FCZ in den ersten Minuten im Vorwärtsgang und damit fanunfreundlich spielt. 120 Meter entfernt steht das Schaffhauser Tor, irgendwo in der Distanz verschwindet der Ball.
Wir sind Zürcher, asoziale Zürcher, schlafen unter Brücken oder in der Bahnhofsmission.
In der Südkurve heisst der Stadtrivale GCN, weil er in Niederhasli sein neues Trainingszentrum baut. In der Südkurve treffen sich Kulturen und Subkulturen, Linke und Rechte, Hooligans und Pazifisten, Jus- Studenten und Plattenleger. Vereinen sich für den FCZ. Über 80 Prozent Männer, zwischen 15 und 30 Jahren, Ausschläge in der Skala möglich. Eingepackt sind sie fast alle in dicke Jacken und dunkle Wintermützen. Die Südkurve ist Heimat der derben Sprüche und politischen Unkorrektheit. Der Gegner wird « umgehauen » , das Gegentor ist « schwul » , der Schiedsrichter ein « Tubel » u2013 mindestens.
Ei Schtadt, ein Verein, i oisere Schtadt gits nume ein Verein. Züri ghört, scho sit hundert Jahr, em FCZ, das isch klar.
Die gute FCZ- Viertelstunde ist vorbei. Im Gegensatz zur Mannschaft kommt die Südkurve nicht zur Ruhe. Sie ist ein Gesangschor, der kaum Pausen kennt. Gewachsen in den vergangenen Monaten, getragen von verschiedenen Gruppierungen, mit ideenreichen Choreografien, eigenen Merchandising- Produkten und fast ohne rechtsradikale Tendenzen, die offen ausbrechen. Sie ist die kleine Wand, die hinter dem Team steht u2013 praktisch bedingungslos, selten negativ. 0: 1 plötzlich, Köpfe verschwinden hinter Händen. Und unten? Winden sie ihre Megafone hoch, unbeeindruckt. « Chömed, es isch nöd verbii. » Oben singen sie schon wieder.
Züri olé, de Gägner demontiere, Züri olé, lönd d Kurve explodiere.
Die Joint- Dichte erreicht Hallenstadion- Dimensionen. Eichhof ist das Kurvengetränk, das in Plastik- bechern über die Stufen hoch in die Ränge geschaukelt wird. Irgendeiner gibt den Pulsschlag auf der Trommel vor. Und plötzlich 1: 1. Keita der Torschütze, soviel war zu sehen. Die Kurve explodiert nicht, bei weitem. Aber sie wippt im Rhythmus des Jubels.
S
amichlaus, Samichlaus, fette alte Maa, mir wänd under em Wienachtsbaum en Meischtertitel haa.
Pause im Spiel, Hochbetrieb bei Köbi hinten am Bier-, Verpflegungs- und Souvenirstand. Seit 1969 ist Köbi, Jahrgang 62, FCZler und an den Heimspielen dabei. Seit vier Jahren leitet er das Buffet unter freiem Himmel. Zwei-, drei-, vierhundert Liter Bier verkauft er am Matchtag. Dass Köbi die Spiele nicht mehr sieht, stört ihn nicht, « weil die Leute am Angebot Freude haben » . Köbi ist hier eine Bekanntheit, Lagerist im Ausser- FCZ- Leben, Hobbykoch an den Heimpartien. Mah- Meh für 10 Stutz ist das Angebot dieses Sonntags.
Die Schlange bei Köbi wächst. Auf eine Tafel hat er geschrieben: « Fairness: pro Person höchstens 6 Bier. Die Nächsten sind dankbar. » Probleme mit Fans hat er kaum einmal: « Sie kennen mich halt alle. »
Scheiss GC, Basel, wir singen Scheiss GC, Basel.
Eingenebelt ist die Südkurve, weil die zweite Halbzeit beginnt und die gefährlich heissen und verbotenen Leuchtfackeln entzündet sind. Gar kein Tor mehr ist jetzt zu sehen, der Rauch sammelt sich unter dem Tribünendach, die Sicht wird nur langsam wieder klar. Das spielt keine Rolle, weil auf dem Rasen lange nichts mehr passiert. Der FC Zürich würde den Match gewinnen, wenn er mit halb so viel Durchhaltewillen spielen würde, wie die Fans ihn unterstützen. Später vergibt Keita seine Chance, Guerrero steht alleine und erfolglos vor dem Tor. « Nei » , hundertfach. Und einer: « Sorry, klarer chasch sie nöd haa. »
Mir liebed Züri, das isch ja sunneklar, mir liebed Züri, Züri isch wunderbar.
90 Minuten schon vorbei und der letzte Corner. « FCZ, FCZ » , noch einmal, wütend fast. Schaffhausen drischt auch diese Flanke weit weg. 1: 1 nur, die FCZ- Spieler stehen am Ende trotzdem in der Ecke der Treuen. Sie danken der Südkurve. Die Südkurve dankt ihnen. Die Welle läuft von den Spielern über die rote Tartanbahn auf die Ränge. Dann ist Winterpause.

Markenzeichen der aktivsten FCZ- Fans: Die Südkurve unterstützt ihre Mannschaft ideenreich und fast bedingungslos.
BILD ALESSANDRO DELLA BELLA
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netter Bericht....
Aber wenn ich das Bild anschaue und mir den text anschaue zum Bild und gleichzeitig an Bilder von Basler Pyro und deren untertitel in erinerung rufe....
Beim Tagi Verein ist dies feuriger Kurvenchor und bei uns Chaotentum Hooligans etc....Tagi Tagi so nicht