BASEL. EIN BESUCH BEI ROBERT KEPPLER, DEM PÄCHTER DER RESTAURANTS IM STADT-CASINO

«In Papa Joe we trust.» Gastrag-Mehrheitsaktionär Robert Keppler hat das Gefühl, von der Casino-Gesellschaft über denTisch gezogen zu werden. Foto Henry Muchenberger
DANIELSUTER
Robert Keppler führt seine Gastrag mit modernsten Methoden und altmodischen Grundsätzen. Darum hat die Casino-Gesellschaft allen Grund, ihn zu fürchten.
Basel liegt ihm zu Füssen. Von seinem Büro im siebten Stock an der Elisabethenanlage geht der Blick weit über die Stadt. «Ich bin nicht Teil des Basler Establishments», sagt Robert Keppler. So sieht er auch nicht aus, in seinen gestreiften Jeans und seinem karierten Hemd. Eine sportliche Erscheinung, die Haare zu einer weichen Igelfrisur zurückgekämmt. Der 57-jährige Gastronomie-Unternehmer hat etwas von einem Globetrotter. Oder von einem Instruktionsoffizier in Zivil. Beide Eindrücke bestätigen sich im Laufe des dreistündigen Gesprächs. Robert Keppler vereinigt in sich die Gegensätze Freiheit und Ordnung anscheinend ohne Zwang.
Im Militär gelernt. Er war ein Rebell gegen die Lehrer in der 68er-Zeit; das Gymnasium in Basel verliess er vor der Matur. Aber er wurde nicht Hippie, sondern Offizier. Mit zwanzig Jahren führte Leutnant Keppler im Welschland einen Zug äusserst unwilliger Sanitätsrekruten, die mit Mao-Büchlein eingerückt waren. «Dort lernte ich, mit schwierigen Leuten umzugehen und aus einem wilden Haufen ein Team zu schmieden.» Überzeugen statt Befehlen, genau so funktioniert es auch im Gastgewerbe. «Wer putzt schon freiwillig Toiletten?» Robert Keppler. Als junger Geschäftsführer eines Pubs, mit der Stoppuhr, um zu wissen, wie lange er braucht, bis eine Toilette wirklich sauber ist. «Nie habe ich von jemandem etwas verlangt, was ich nicht selbst gemacht hatte.»
Seine militärischen Vorgesetzten hätten ihn gerne zum Berufsoffizier gemacht. Doch Keppler lehnte ab. Er sah seine Zukunft im Gastgewerbe. Eine zweite Leidenschaft von Keppler ist das Reisen. Als er 1976 von einem längeren USA-Aufenthalt zurückkam, hatte ihn sein ehemaliger Arbeitgeber dem Gastronomen Emil Wartmann empfohlen, der für sein Mr. Pickwick Pub in der Steinenvorstadt einen Geschäftsführer suchte. So kam Keppler zur Gastrag.
Management-Buyout. Bei der Gastrag machte er rasch Karriere. Als Vertreter der Mitarbeiter wurde er in die Geschäftsleitung gewählt, dann war er Leiter der Bauabteilung. Schon damals pachtete die Gastrag nur die nackten Mauern ihrer Lokale und übernahm den ganzen Innenausbau selbst. «Das ist die teuerste Lösung, aber so sind wir frei und entscheiden über alle Investitionen selbst. Wir planen extrem langfristig.» Wartmann machte Keppler zum Vorsitzenden der Geschäftsleitung und verkaufte ihm nach und nach 20 Prozent der Gastrag-Aktien. Als Wartmann ihm den Auftrag gab, den inneren Wert der Gastrag schätzen zu lassen, wusste Keppler, dass ein Verkauf bevorstand. Interessent war ein Unternehmen, das eine finanziell kurzfristige Firmenphilosophie hatte. «Deshalb fragte ich Wartmann: u2039Emil, warum verkaufst du die Firma nicht mir?u203A» Das tat Wartmann, obwohl Keppler weniger zahlen konnte als sein Konkurrent. Die Freundschaft endete nicht mit dem Handel. Noch heute hat Emil Wartmann sein eigenes Büro in den Räumen der Gastrag.
Seit 1988 ist Robert Keppler Mehrheitsaktionär. Die Gastrag besitzt heute 19 Restaurants und zwei Hotels in der deutschen Schweiz; im letzten Jahr machte sie einen Umsatz von 43,8 Millionen Franken. Systematisierte Markengastronomie nennt Keppler sein Geschäftsmodell. Seine wichtigsten Marken sind Papa Joeu2019s (3 Restaurants, eines davon im Stadt-Casino), Mr. Pickwick Pub (7) Mister Wong (3) und italienische Restaurants (3).
Zu jeder Marke gehört ihre Atmosphäre. In den Pubs müssen alle Angestellten Angelsachsen sein, damit englische Gäste sich wie zu Hause fühlen. Die italienischen Restaurants sollen nicht nur auf dem Teller Italianità bieten. Systematisiert ist alles, was der Gast nicht sieht. Keppler ist IT-Freak. Sämtliche Lieferanten sind mit Angebot und Preisen erfasst. Kein Geschäftsführer kann das Programm aufstarten, wenn er nicht den Vortag abgerechnet hat. Alle Unterlagen der Personalführung - auf Papier ein dicker Ordner voll - stellt die Gastrag-Zentrale ihren Betrieben elektronisch bereit. «Unsere Geschäftsführer müssen an der Front beim Gast sein und nicht im Büro sitzen.»
Ich bin Papa Joe. Von all seinen Restaurantmarken steht Robert Keppler Papa Joeu2019s am nächsten. Wohl hat er die Lizenz und den Namen von der gleichnamigen amerikanischen Kette übernommen. Doch der Inhalt, die Seele der Lokale stammt von ihm. «Ich bin Papa Joe», sagt Robert Keppler mit einem Lächeln, das nicht ironisch ist. In die geniesserische Kunstfigur, die von Key West aus weite Reisen in die Welt unternimmt und die besten Rezepte heimbringt, projiziert Keppler eigene Globetrotter-Sehnsüchte. Reisen sind sein einziger Luxus, sagt er. Es sind immer auch Geschäftsreisen auf der Suche nach kulinarischen Ideen oder nach Materialien für den Ausbau seiner Restaurants. Die Plättli und das ganze Dekor für das Papa Joeu2019s im Casino hat er in Mexiko und in den USA ausgewählt.
Man mag über das üppige Interieur der Papa-Joeu2019s-Restaurants lächeln, doch darin steckt Robert Kepplers Herzblut und Arbeitskraft. Er selbst entwirft die Speisekarten-Collagen, in die er kleine Gags versteckt, wie die Dollarnote mit der Inschrift «In Papa Joe we trust». Und er selbst mixt und schneidet die Musikstücke für diese Lokale.
Nicht angreifbar. Dass Robert Keppler im Konflikt mit der Casino-Gesellschaft so auf seinen Pachtvertrag bis 2017 pocht, hat nicht nur geschäftliche Gründe. «Wenn ich etwas nicht leiden kann, dann das, dass mich jemand über den Tisch ziehen will.» Sein Vater, ein Jurist, habe ihm den Wert korrekten Handelns beigebracht. «Wer nicht lügt, ist auch nicht angreifbar. Niemand kann mich erpressen.» Finanziell sind er und seine Gastrag von den Banken unabhängig. «Wir haben keinerlei Kredite.»
Wenn Keppler von der «Arroganz der Geldmacht der alten Familien» spricht, bleibt seine Stimme ruhig. Doch ist Verletztheit spürbar. Er hat im Vertrauen auf den Vertrag viel ins Stadt-Casino investiert. Jeden Franken könne er belegen. Die Gebäudeversicherung schätze den Wert seiner Einbauten heute auf 14 Millionen; weitere 2 Millionen mache das Mobiliar aus. Die Casino-Gesellschaft aber habe immer nur von der Hand in den Mund gelebt und nie Geld für Renovationen gehabt. Und nun versuche man, seinen Vertrag als Quantité négligeable zu behandeln. Das weckt den alten Rebellen in Robert Keppler: «Ich muss nicht Rücksicht nehmen auf die vornehmen Herren der Casino-Gesellschaft. Wenn sie mich nicht grüssen, ist mir das völlig egal.»
quelle:BaZ.ch