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BASEL. BSC OLD BOYS RECHNET MIT DOPPELT SO HOHER STROMRECHNUNG

Mehr Flutlicht. Der Ball rollt zwar auf dem Kunstrasen immer rund, doch die längeren Spielzeiten treiben die Stromrechnung in die Höhe. Foto Heinz Dürrenberger
barbara spycher
Die Old Boys und die Black-Stars warnen: Die Nachwuchsförderung und die soziale Arbeit bei den Junioren sei gefährdet. Grund: Steigende Kosten, insbesondere durch grösseren Stromverbrauch für Kunstrasen-Beleuchtung.
Dem Kunstrasen sei dank: Schluss mit endlosen Waldläufen, weil ein Gewitter den Trainingsplatz in einen Entenweiher verwandelt hat. Oder weil der Naturrasen im Winter wieder einmal gefroren und nicht bespielbar ist.
Auf der Schützenmatte des BSC Old Boys (OB) zum Beispiel gibt es seit dem Einbau des Kunstrasens vor einem knappen Jahr mehr Rasentrainings und mehr Platz für die einzelnen Mannschaften, dafür weniger Waldläufe oder Übungen auf dem Sandplatz. «Ganz im Sinne moderner Fussballausbildung», sagt Spiko-Präsident Roland Heri.
Die Kehrseite: Massiv höhere Stromrechnungen, weil das Licht länger brennt. Im Winter muss ab 17 Uhr bis zum Trainingsende gegen 22 Uhr die Flutlichtanlage eingeschaltet werden. Beliefen sich die Stromkosten von OB für 2005 auf rund 14000 Franken, sind es allein von Januar bis Mai 2006 schon über 7000 Franken. «Die lichtintensivsten Monate kommen noch», sagt Roland Heri. Er befürchtet fürs laufende Jahr eine doppelt so hohe Stromrechnung.
höhere beiträge. «Solche Zusatzkosten können wir mittelfristig nicht mehr alleine tragen», sagt Heri. Bereits heute sei der Verein mit der Platzmiete, Verbandsspesen oder Materialaufwand einem «latenten Kostendruck» ausgesetzt - obwohl sich die über 50 Juniorentrainer und administrativen Mitarbeitenden ehrenamtlich engagierten. Dem Verein werde nichts anderes übrig bleiben, als die Mitgliederbeiträge zu erhöhen.
Doch das will Heri abwenden: «Viele einkommensschwache Eltern haben bereits heute Mühe, die Beiträge zu zahlen.» Roland Heri wünscht sich, dass die soziale Arbeit, die Fussballvereine bei den Junioren leisten, wahrgenommen und honoriert wird. «Wir leisten Prävention, sind Vertrauenspersonen und nehmen Erziehungsaufgaben wahr.»
U19-Torschütze. Mehr noch: Old Boys leiste auch wichtige Vorarbeit für den Leistungssport. «ErenDerdiyok, der bei den Länderspielen der U19 gegen Malta kürzlich die beiden Siegestreffer schoss, spielte bis vor einem halben Jahr bei OB.» Beim Sportamt allerdings winkt man ab. Sandro Penta, zuständig für Nachwuchsförderung, bestätigt zwar, dass die OB neben dem FCB und Concordia hervorragende Nachwuchsförderung leiste. Genauso wie im kleineren Rahmen Riehen oder die Black-Stars. Doch, so viel ist für Stephan Kohler, Leiter Sportanlagen, klar: «Die Stromkosten für die Platzbeleuchtung stellen wir nach dem Verursacherprinzip in Rechnung.» Das Sportamt müsse sparen und könne diese Kosten nicht auch noch übernehmen.
Doch die Old Boys wollen nicht so schnell aufgeben. Grundsätzlich spüre man beim Sportamt Entgegenkommen, viel Sport- und Jugendfreundlichkeit. OB bekommt Rückendeckung von anderen Vereinen, etwa den Black-Stars. Diese haben im Buschweilerhof seit zwei Jahren einen Kunstrasen, ein kleines 7er-Fussballfeld. «Dort, wo bei Regen früher die Enten aus dem Zolli badeten», sagt Präsident Mauro Gatti. Seither müssen auch die Mannschaften der Black-Stars weniger Waldläufe machen.
gemeinsame lobbyarbeit. Die Folgekosten: Eine um zwölf Prozent höhere Stromrechnung. Dies führt Gatti allerdings nicht nur auf den Kunstrasen zurück: «Von März bis Juni mussten wir viele Wochenendspiele wegen Schlechtwetter unter der Woche nachholen - spätabends mit Flutlicht.» - Die Black-Stars und die Old Boys sind laut Gatti daran, sich in einer Arbeitsgruppe zu organisieren. Das Ziel: Gemeinsame Lobbyarbeit, um Wege aus dem finanziellen Engpass zu suchen.
Interessiert ist auch der VfR Kleinhüningen, der zwar keinen Kunstrasen hat, aber laut Präsident Erwin Studer auch so «von der Hand in den Mund» lebe. Ähnlich tönt es beim FC Concordia. Stromkosten seien kein Thema, sagt Geschäftsführer Alexander Radovic, aber die übrigen steigenden Kosten, etwa die Benutzungsgebühren für den St.-Jakob-Park. Roland Heri fasst zusammen: «Unsere Arbeit mit den Jugendlichen muss dieser Stadt mehr wert sein.»
Auf dem Land zahlen die Gemeinden alles
ausnahme münchenstein. Fussballfreundliche Gemeinden in Baselland: Im Gegensatz zu Basel-Stadt müssen die Vereine weder Platzwart noch Platzmiete noch Strom zahlen. Sowohl beim SC Binningen wie auch beim FC Arlesheim, beim FC Therwil, beim FC Münchenstein und beim FC Aesch übernehmen die Gemeinden diese Kosten. Bis auf den FC Münchenstein haben sie alle kleinere oder grössere Kunstrasenplätze. Doch allfällige zusätzliche Stromkosten kümmern sie nicht.
«Der Gemeinderat ist sich der Präventionsarbeit bewusst, welche die Sportvereine bei Jugendlichen leisten», sagt Rolf Frei, Präsident des FC Therwil. Er sitzt selbst im Gemeinderat, zusammen mit dem ehemaligen Präsidenten des Volleyballklubs. Anders die Stimmung im Münchensteiner Gemeinderat. Dieser hat im Juni entschieden, dass die Vereine ab nächstem Jahr für die Benutzung der Sportanlagen bezahlen müssen. Den FC Münchenstein würde das jährlich gegen 20000 Franken kosten. «Wir müssten unseren Jahresbeitrag von heute 220 auf 400 bis 500 Franken anheben», sagt Präsident Attila Németh. Er ist einfach nur sauer - am meisten darüber, dass die Gemeinde nicht einmal auf Gesprächsangebote eingegangen sei.
spy