DIE ZIELE DER ZÜRCHER VOR DER GEMEINSAMEN SAISON AUF DEM HARDTURM

Sitzung im Freien. Ciriaco Sforza nach einem Training in Luzern - mit seinen wichtigen Spielern Cantaluppi, Tchouga und N?Tiamoah (v.l.), alle einst auch beim FCBasel.
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HANSJÖRGSCHIFFERLI
Meister FCZ und Stadtrivale GC wollen am Ende der Saison mindestens für den Uefa-Cup qualifiziert sein.
Die unbestrittene Nummer 1 in der Stadt Zürich zu sein, ja - nach dem Sieg am 13. Mai in Basel - gar im ganzen Land: Das ist ein Gefühl, wie es der FCZ seit 25 Jahren nicht mehr kannte. Während eines Vierteljahrhunderts, das der Stadtrivale GC dazu nutzte, nicht weniger als zehn Meistertitel zu gewinnen.
Ausleben müssen die FCZler ihr hehres Gefühl allerdings ausgerechnet im Stadion der Grasshoppers, wo sie wegen des Neubaus des Letzigrunds bis im September 2007 Gastrecht geniessen. Ein Nachteil braucht das nicht zu sein, denn der Hardturm ist als reines Fussballstadion eine Anlage, die mehr Heimvorteil bringt als der Letzigrund.
Vorteil FCZ. So oder so wird der FCZ weiterhin höher eingestuft als GC. Er ist der Meister, er hat - auch nach dem Abgang Filipescus - eine eingespielte Mannschaft. Allerdings ist das nicht gleichbedeutend damit, dass sich die FCZ-Führung unter Druck setzen lassen will, ein nächster Meistertitel stehe auf dem Pflichtprogramm. Deshalb formuliert Sportchef Fredy Bickel die Lage so: «Wenn wir am Saisonende hinter einem überragenden FCB und überragenden Grasshoppers oder YB Dritter sein sollten, dann ist es noch immer eine gute Saison für uns.» Mit andern Worten: «Sauber» wieder in den Europacup vorstossen - das ist das realistische Saisonziel des FCZ. Es ist ja auch so, dass er zwar Meister ist und GC sein Saisonziel 2006, den Uefa-Cup, verpasste, es in wenigen Wochen aber so sein kann: Dass für den FCZ nach dem Duell mit Salzburg, dem wohl stärkstmöglichen Gegner in der 2. Runde der Qualifikation zur Champions League, die Europacup-Saison bereits zu Ende ist, GC aber nach einem guten Aufritt in Gent über den Umweg UIC in der Uefa-Cup-Qualifikation spielen darf.
Der 30-jährige Finne Hannu Tihinen soll Filipescu ersetzen. Darüber hinaus verpflichtete der FCZ nur junge Spieler - und dabei soll es, zumindest einstweilen, bleiben: Bickel: «Wir wissen, dass wir jung sind, es uns an Erfahrung und Routine fehlt. Dennoch haben wir entschieden, die Suche nach Neuen einzustellen, aber die Tür offen zu lassen allenfalls für die Zeit nach den Spielen gegen Salzburg.» Bis dahin also wird nichts mehr geschehen.
Zufriedene Hoppers. Bei GC sind gegenteilige Äusserungen zu hören. Dort glauben sie, wie es der im Verwaltungsrat für das Sportliche zuständige Karlheinz Riedle formuliert, «jetzt das bessere Kader zu haben als letzte Saison, als wir unser Ziel knapp verpassten». Deshalb sei nun der Uefa-Cup das Minimalziel. Er scheut sich auch nicht, genauso wenig wie Präsident Walter A. Brunner oder Trainer Krassimir Balakov, selbst das Wort «Meistertitel» in den Mund zu nehmen; zurückhaltend zwar, aber doch. »Um den Meistertitel mitreden, wenigstens ein bisschen mehr als letzte Saison», ist Brunners Wortwahl zum Thema. Und jene Balakovs: «Wir werden oben dabei sein, hoffentlich bis zuletzt.» Brunner denkt, man habe, im Sinne des Trainers, doch versucht, vom Sparimage wegzukommen und im Verhältnis zu den weiterhin beschränkten Finanzen investiert. «Denn GC ist GC, und deshalb wollen wir vorne dabei sein.» Die Hierarchie in der neuen Mannschaft, sagt Balakov, stimme, mit Goalie Coltorti als neuem Captain.
Vielleicht spielen ab morgen Mittwoch ja tatsächlich zwei Titelaspiranten auf dem Hardturm. Zwei Europacup-Kandidaten sollten es auf jeden Fall sein.
Sforza und Constantin mit Ambitionen
Die beiden Super-League-Aufstieger FC Luzern und FC Sion vor ihrer Rückkehr zur Elite
HANSJÖRG SCHIFFERLI
In Luzern will Ciri Sforza, der neue Trainer, alles für den Erfolg tun; in Sion ist der Präsident, Christian Constantin, so fordernd wie eh und je.
Der FC Sion und der FC Luzern statt Yverdon und Neuchâtel Xamax in der Super League: Das sieht die Gegnerschaft gerne; es gilt ihr als Gewinn, allein schon wegen des höheren Zuschauerzuspruchs, den die Aufsteiger versprechen. Dass sie auch sportlich höher einzustufen sind als Yverdon und Xamax, kommt hinzu.
Der Mann, auf den in Luzern die meisten Blicke gerichtet sind, ist der neue Trainer, Ciriaco Sforza, der nach 20 Jahren als Profi eine neue Laufbahn beginnt - und dies nicht bei einem kleineren Club oder als Assistent, sondern gleich als Chef. Natürlich muss einem Verein wie dem FCL, der sein Aufstiegskader nicht eben nachhaltig verstärkte, der Klassenerhalt als erstes Ziel gelten. Sforza allerdings ist dies eine «zu einfache Sache». Ihm gehe es darum, «zu jedem Spiel auf den Platz zu gehen mit dem Ziel, keinesfalls zu verlieren».
Mit andern Worten: Es reicht ihm nicht, am Saisonende womöglich als Nicht-Absteiger festzustehen, er will mehr, nämlich nachhaltig eine «Winnermentalität» bilden. «Es kann», sagt er, «doch nicht das Ziel sein beim FCL, einfach dabei sein zu wollen.» Wenn er aus seinen langen Jahren als Profi eine Lehre aus der Zusammenarbeit mit seinen Trainern gezogen habe, dann sei es diese: «Am wichtigsten ist es, vor allem auch mit den jungen Spielern zu kommunizieren, auch wenn es mal negativ ist.» So könne man herausspüren, wo die Probleme liegen.
Er selbst galt als einer, der es mit seiner Art den Trainern wiederholt nicht einfach machte. Zuletzt mündete derlei nach Kritik an Michael Henke in seiner Freistellung beim 1. FC Kaiserslautern. Der Trainer Sforza aber werde keine Probleme haben mit einem Spieler, wie Sforza war. «Ich habe meinen Spielern jetzt vier Wochen lang gesagt, sie sollten ihre Meinung sagen und nicht einfach alles schlucken und dann womöglich hintenherum nörgeln.» Er wolle Spieler, die Verantwortung übernähmen und ihre Meinung sagten, auch wenn sich die nicht immer mit der des Trainers decke. Nur so lasse sich wirklich «erfolgsorientiertes» Denken und Arbeiten entwickeln.
HOHE ZIELE IM WALLIS. So also redet der Neue in Luzern. Im Wallis spricht Präsident Christian Constantin seiner Art entsprechend nicht von Klassenerhalt. Er hat gleich im ersten Jahr Höheres im Sinn. Sein Team soll nach der Vorrunde in einer Position ins Frühjahr 2007 gehen, die ihm erlaube, um die Europacup-Plätze zu spielen. Überdies wolle man im Schweizer Cup überwintern und im Uefa-Cup die Gruppenphase erreichen. Danach, denkt Constantin, stünden mit drei von fünf Teams, die in die Sechzehntelfinals kämen, die Chancen gut, auch in diesem Wettbewerb zu überwintern.
Diese Ziele erreichen soll ein neuer Trainer, der Argentinien-Walliser Nestor Clausen (44), der als Rechtsverteidiger von 1989 bis 1994 in Sion spielte und in dieser Zeit einmal Meister und zweimal Cupsieger wurde. Er folgt auf Christophe Moulin, der das Amt abgab, nachdem er die Mannschaft zum Cupsieg und danach auch zum Aufstieg geführt hatte. Clausen selbst gab sich in den Tagen vor dem Meisterschaftsstart allerdings zurückhaltend. Erst am 19. Juli, beim Spiel auf dem Hardturm, werde man sehen, sagt er, wo die Mannschaft wirklich stehe.
Das gilt nicht zuletzt für die Offensive um Sanel Kuljic. Im Training zeigte der neue Skorer zwar seine Klasse, aber die Angriffsleistungen des Teams waren in der Vorbereitung nicht dergestalt, dass er die Gelegenheit erhalten hätte, dies auch in den Matches auszuspielen. Solide wirkte Sion in den Testspielen indes in der Defensive. Bei normalem Saisonverlauf sollten die Walliser mit dem Abstieg nichts zu tun haben.
quelle:BaZ.ch