Tages-Anzeiger vom 10.05.2006
Delgados Ideen für den Meistertitel
Der FC Basel trifft heute Abend mit seinem Anführer Matias Delgado in Bern auf die Young Boys. Mit einem Punktgewinn macht er sich zum Meister.
Von Ueli Kägi, Basel
Mittlerweile «strääzt» der Regen. Es ist ungemütlich kühl. Dienstagmorgen, der FCB trainiert vor dem Spiel gegen YB (heute Mittwoch, 19.30 Uhr, live SF 2). Trägt ein 11 gegen-11 aus, Stammpersonal gegen Reservisten. Matias Delgado erzielt das 1:1. Und später, als die anderen die 500 Meter im Kleinbus vom Trainingsplatz zum St. Jakob-Park zurückfahren, bleibt er und dreht Freistösse durch die Luft.
31, 17, 11 sind die Zahlen seiner Saison. 17 Tore, 11 Vorlagen, 31 Partien. Er hat in diesen Tagen den Tritt wieder gefunden nach einer überragenden ersten Meisterschaftshälfte und einem schwächeren Start im Februar und März. Als dem Mittelfeldspieler die Bälle versprangen, als seine Pässe in der Leere verschwanden. «Ich weiss nicht, wieso ich im Herbst so gut spielte. Und ich weiss nicht, wieso ich nun nicht mehr so gut spielte», sagt der Argentinier, 23-jährig, zum Millionenverdiener gemacht, als er im Winter seinen Basler Vertrag bis 2008 verlängerte.
Der Abgang von Schwager Rossi
Andere finden Erklärungen für sein Leistungstief. Julio Hernan Rossi, Delgados Schwager, Delgados Freund, Delgados erste Bezugsperson beim FCB, hat den Klub im Winter verlassen und schaut nun in Nantes regelmässig von der Ersatzbank zu. Ivan Ergic, der Mitspieler mit feinem Gespür für die Mitmenschen, kann sich vorstellen, dass Rossis Abgang Einfluss auf Delgados Performance hatte. Mladen Petric, Delgados neuste Bezugsperson, weil er Italienisch spricht, stellt die Ereignisse ebenso in den Zusammenhang. Trainer Christian Gross sagt: «Er hat sich jetzt daran gewöhnt, dass Rossi nicht mehr hier ist. Und er steht nach seiner Vertragsverlängerung unter erhöhter Beobachtung.» Mit den Erwartungshaltungen müsse ein Spieler zuerst umgehen können.
Delgado mag Rossis Wegzug nicht als Grund nennen. Das sei doch nur ein Detail. «Aber natürlich», sagt er auch, «es wäre einfacher für mich, wenn die Argentinier Rossi und Gimenez noch in Basel wären.» Manchmal möchte Matias Emilio Delgado etwas loswerden, zu einem Spruch ansetzen, eine Frage stellen. Er kann es nicht immer, weil ihm die Sprache fehlt. Er spricht Spanisch, Italienisch, er versteht Englisch und Deutsch. Das reicht für eine gelungene Kommunikation nicht immer aus. Delgado sagt, er fühle sich in Basel auch ohne die alten Freunde wohl.
Petric schätzt Delgado als «offenen Typen, der sich einbringen will». Ergic sieht die Entwicklung, die Delgado in den drei Basler Jahren gemacht hat. Vom Talent, das wie er selbst von grossen Erwartungen belastet war und Mühe hatte, damit umzugehen. Zum Schlüsselspieler des Teams, «der sich zufrieden fühlt bei uns.»
Manchmal schwebt Delgado über den Rasen. Keiner prägt die Super League mehr als er mit seinem feinen Gefühl für den Ball. Ergic lässt seine Aufzählung folgen: «Er hat einen starken letzten Pass. Er kann das Spiel lesen. Er sieht vorher, wie sich die Stürmer bewegen.»
In dieser Woche schliesst Delgado seine beste Saison der Karriere gegen YB und den FC Zürich ab, er mag sich deshalb noch lange nicht in den Vordergrund drängeln. Ein Punkt genügt dem FC Basel heute Abend für den Pokalgewinn. Nicht verlieren darf der Titelverteidiger, wenn er die grosse Meisterschaftsabrechnung am Samstag gegen den FCZ verhindern will. Delgado spricht vor der YB-Partie vom wichtigsten Match des Jahres. «Es ist das Spiel, das wir um jeden Preis gewinnen müssen.» Und er wehrt sich dagegen, von seinem grossen Auftritt zu träumen. «Ich will ein gutes Spiel machen, nicht davon träumen.»
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