Nakata - noch währt die Ruhe im Tram
DER JAPANISCHE NATIONALSPIELER DES FCBASEL SIEHT SELBER STEIGERUNGSPOTENZIAL
FLORIANRAZ

In der heutigen Heimpartie gegen Thun (17.45 Uhr, SF 2 live) könnte Koji Nakata als Innenverteidiger spielen.
Rund eine Stunde vor dem Achtelfinalspiel des FC Basel im Uefa-Cup gegen Strasbourg sass ein junger Mann freundlich lächelnd im Tram Nummer 14 in Richtung St.-Jakob-Park; von den Fans um ihn herum komplett unbeachtet. Eine Szene, wie sie für ihn «in Japan nicht möglich wäre», sagt Koji Nakata. In seiner Heimat ist es üblich, dass Prominente angesprochen werden, «oder es wird fotografiert, was schlimmer ist». Und prominent ist Nakata in seiner Heimat - nicht nur, weil er mit einer beliebten Schauspielerin liiert ist.
Einmal wurde sein Name gar in einem Atemzug mit Diego Armando Maradona genannt - wenn auch vor allem wegen seiner Schlitzohrigkeit. Das war 2004, als Nakata im Final des Asien-Cups ein Hands-Tor für Japan gegen China erzielte. Die Zeitungen schrieben von der «Hand Kojis», während er noch heute lächelnd erklärt, er habe «mit der Hüfte» getroffen. Es sollte die Entscheidung sein: «Und die Chinesen waren ziemlich sauer auf mich.»
DISKRET.
In Basel dagegen hält sich die Aufregung um den 56-fachen japanischen Nationalspieler noch in Grenzen. Kein Problem also für Nakata, in seiner ersten Zeit in Basel jeweils mit dem Tram vom Hotel ins Stadion und zurückzufahren. Was nicht nur daran liegt, dass «die Basler sehr freundliche Leute sind», wie er befindet. Sondern auch an seinen bisher eher diskreten Leistungen auf dem Platz. «Wenn ich mich selbst einschätzen soll», sagt Nakata, «dann bin ich, auch weil ich mich an eine neue Umgebung gewöhnen musste, zu 60 bis 70 Prozent zufrieden.»
Dass die fussballerische Angewöhnung häufiger von der Bank oder der Tribüne aus vonstatten ging, hatte einerseits damit zu tun, dass Nakata im Uefa-Cup nicht spielberechtigt war. Und lag andererseits an der guten Form seines direkten Konkurrenten Bruno Berner. «Eigentlich», meint Nakata, «war es gut, zu beobachten, wie das Team auftritt.» Dann hält er einen Moment inne: «Aber selber zu spielen, ist schon besser.»
Vor allem, weil er dringend Spielpraxis braucht, um mit Japan an die WMnach Deutschland reisen zu dürfen. Etwas, das auch seinem Basler Trainer Christian Gross bewusst ist, der ihn deswegen in letzter Zeit «gezielt forciert hat».
wm geht in ordnung.
Nakata selber glaubt, das mit der WM «gehe schon in Ordnung». Immerhin arbeitet er schon seit zehn Jahren mit Nationalcoach Zico zusammen, der ihn bereits bei den Kashima Antlers trainiert hat. So lange, dass Nakata beinahe vergessen hat, dass der Brasilianer einst ein Weltstar war: «Die Zusammenarbeit mit ihm ist inzwischen so natürlich.»
Der Einfluss Zicos geht so weit, dass sich Nakata in Basel mit dem Brasilianer Eduardo unterhalten kann - auf Portugiesisch. Ansonsten besucht er zweimal in der Woche Privatstunden in Englisch und macht «grosse Fortschritte», wie ihm Gross attestiert: «Ich bin überhaupt überrascht, wie schnell er sich integriert hat.»
Das mag auch damit zusammenhängen, dass Nakata seinen gröbsten Kulturschock nach dem Wegzug aus Japan bereits hinter sich hat. Als er 2004 nach Marseille wechselte, kam es schon mal vor, dass er zwei Stunden vor einem Restaurant wartete, weil die Essenszeiten in der Hafenstadt so sehr von denen in Japan abweichen. Wobei das zu seinen lustigeren Erlebnissen zählt. Als er sich weigerte, nach Israel oder in die Ukraine zu wechseln, wie das Olympique gefordert hatte, sah er im Training «drei Wochen lang keinen Ball mehr».
MTV-SERIE.
Auch darum ist er froh, zum FC Basel gewechselt zu sein. Und spätestens wenn Koji Nakata auf dem Feld zeigt, warum er regelmässig in der MTV-Serie «MTV Goal» porträtiert wird und als einziger FCB-Spieler auf seiner Homepage eine Sektion hat, die nur gegen Bezahlung zu betrachten ist, wird er auch in Basel nicht mehr ruhig Tram fahren können. Gut, besitzt er inzwischen ein Auto.
campo.jp/nakata