Rolf Fringers Weg aus einem «Riesenloch»
DER NEUE ST.-GALLEN-TRAINER FÜHLT SICH WIEDER FIT FÜR DEN ERFOLG

Blick nach vorne. Rolf Fringer im Espenmoos-Stadion, vor seinem ersten Spiel gegen Yverdon. Foto Keystone
HANSJÖRG SCHIFFERLI
Rolf Fringer als Trainer und René Weiler als Sportchef haben die Aufgabe, die St.Galler vor dem Sturz in die Challenge League zu bewahren.
Ehe der FCB Mitte März auf dem Espenmoos antrat (und dann gegen den Widerstand des Schiedsrichters ein 2:2 erreichte), schien beim FC St.Gallen noch alles in Ordnung. Der Verein war zwar im Herbst im Cup am viertklassigen FC Küssnacht am Rigi gescheitert, doch in der Meisterschaft erreichte er - abseits der Spitze, aber auch jenseits der Abstiegszone - immerhin das Mittelmass, das von ihm zu verlangen war. Und keiner dachte an ernsthafte Probleme um den Trainer Ralf Loose.
Einen Monat später spielen die St.Galler wieder gegen den FCB. Hinter sich aber haben sie einen Absturz in der Rangliste, einen Trainersturz und ziemliche Turbulenzen um die Wahl des neuen Coachs. Hinterher lässt sich sagen, Looses (taktische) Demontage habe mit dem Match gegen den FCB begonnen, als er - mit drei Stürmern und vier Verteidigern - in die Falle von Christian Gross lief. Es folgten ständige Umstellungen bis hin zu teils abenteuerlichen Aufstellungen - und zum Eindruck, «die Mannschaft ziehe nicht mehr an einem Strang», wie Sportchef René Weiler heute zugibt. Und Captain Davide Callà öffentlich über den Trainer diskutierte.
Kleiner Schritt. Als die Abstiegsgefahr nicht mehr zu übersehen war, musste Loose gehen. Nach einem kurzen «Zweikampf» mit Schällibaum wurde Rolf Fringer sein Nachfolger, und er hat es als Erstes geschafft, mit einem 2:0 gegen Yverdon vier Punkte zwischen den FCSG und den Neunten, Aarau, zu legen. Ein kleiner Schritt erst, aber immerhin.
Fringer wurde in der Ostschweiz nicht mit ungeteilter Freude empfangen, auch Weiler stand im Sturm, der Sportchef, der einst in Aarau (und einmal im Nationalteam) unter Fringer spielte. Fringer sei die Wahl Weilers gewesen, stand in der Lokalpresse. Ungeachtet von derlei Anmerkungen ist zu sagen: Für Fringer ist es nach vier Jahren mit nur noch drei wenig dauerhaften, dafür umso exotischeren Jobs in den Arabischen Emiraten, auf Zypern und in Saloniki, nach zuletzt über einem Jahr gar ohne Arbeit, so etwas wie die «letzte Chance», im Trainergeschäft wieder Fuss zu fassen; und Weiler wird, das weiss er, in St.Gallen womöglich letztinstanzlich daran gemessen, ob diese Wahl richtig war.
«In meinem Job muss ich entscheiden, davon überzeugt sein, und am Ende ist ohnehin alles eine Frage der Resultate», sagt Weiler. Fringer ist «begeistert», endlich wieder arbeiten zu können; Worte wie «Herz und Leidenschaft» oder «Teamgeist» kommen ihm zuerst über die Lippen, wenn es darum geht, was nun gefordert sei - mit einer «guten Mannschaft, die in den letzten Jahren ihre Qualitäten nicht ausschöpft».
Bereit. Er selbst, fügt Fringer bei, fühle sich «seit längerem wieder parat». Überwunden habe er sein Tief, ja sein «Riesenloch», das Folge «privater Probleme» war. «Jetzt aber habe ich wieder beide Beine auf dem Boden», jetzt fühle er sich wieder als jener, der einst mit Aarau überraschend, mit GC den Erwartungen entsprechend Meister wurde und es zum VfB Stuttgart brachte. Das Engagement in St.Gallen soll nicht kurzfristig sein. Aber sein Vertrag läuft nur über die Saison hinaus, wenn er das Team vor dem Abstieg bewahrt - mit Weiler. Es stehen da also zwei auf dem Prüfstand in einem nicht einfachen Umfeld, wo für manche der Meistertitel 2000 noch immer Massstab zu sein scheint.