Ende eines Märchens?
Wie gute Kleine gegen grosse böse Mächte der Fussballwelt kämpfen und dabei selber ein wenig böse werden: Das wahre Drehbuch über das Thuner Fussballmärchen, «Longo» Schönenbergers Rausschmiss und das Stadion-Nein.
Es war einmal eine schöne kleine Stadt am See mit Schloss und Blick auf die Schneeberge. Da kamen elf Prinzen mit fremdländischen Namen wie Milicevic oder Adriano und küssten die geruhsame Stadt auf dem Fussballrasen wach. Mit nichts als ihrem Erfolgshunger vollbrachten sie unter Leitung ihres Königs «Longo» Schönenberger ein Wunder. Sie gewannen Spiel um Spiel und spielten bald gegen die Besten der Welt. Die Einwohner rieben sich erst ungläubig die Augen. Die halbe Welt sprach plötzlich von ihrer kleinen Stadt.
Jetzt ergriff sie eine Euphorie, die auch den Bürgermeister nicht kalt liess. Mit Geld aus der Stadtkasse wollte er für König Longo und die Prinzen ein Stadtschloss mit grünem Rasen bauen. Der Erfolg und die Geldprämien verdrehten aber allen in der kleinen Stadt den Kopf. Sie überwarfen sich. Die Prinzen verliessen die Stadt.
Der Erfolg blieb aus. Die Bürger der Stadt erschraken ab ihrem eigenen Mut und wollten das neue Schloss nicht bezahlen. Und der Prinzenverwalter jagte König Longo davon.
Da war es in der Stadt am See wieder so still wie zuvor. Geht das Fussballmärchen von Thun überhaupt so? Ist es schon zu Ende? Und wer hat es kaputt gemacht? Diese Fragen beschäftigen nach der Ablehnung eines neuen Thuner Fussballstadions an der Urne und nach der Entlassung von Trainer Schönenberger am letzten Wochenende die Schweiz.
Das ganze Land leidet am Drama der Nobodys aus der Provinzstadt Thun mit. Alle spüren: Da geht es um mehr als elf Fussballer, einen Trainer und eine Stadt. Viele Figuren schrieben am Drehbuch des Märchens mit. Starke Mächte sind im Spiel. Überforderung Traum und Wirklichkeit klafften von Anfang an auseinander. Als sich der FC Thun am 23. August letzten Jahres im Berner Stade de Suisse vor 31 241 Zuschauern für die Champions League qualifizierte, da hatte Hochwasser das kleine, baufällige Stadion in Thun geflutet. Knietief unter Wasser stand auch das Klubbüro der drei Angestellten, die nun plötzlich glamouröse internationale Fussballevents organisieren und einen Geldregen von 10 Millionen Franken verwalten sollten, das Doppelte des jährlichen Klubbudgets.
«Klar waren alle erst mal überfordert», sagt Fritz Grossniklaus, CEO der Thuner Baufirma Frutiger, Hauptsponsor des FC Thun. «Die ungeahnten Dimensionen und der Geldsegen spielten natürlich eine Rolle»: so formuliert es Thuns Stadtpräsident Hans-Ueli von Allmen (SP). Überforderte reagieren falsch, ungerecht. Trainer Schönenberger sei gegenüber Spielern und Clubvorstand zu fordernd, zu undiplomatisch, zu hart aufgetreten, sagen einzelne Spieler. «Die menschlichen Probleme zwischen Trainer und Mannschaft sowie Trainer und Klubleitung wurden unüberwindbar», sagt auf Anfrage Klubpräsident Kurt Weder. Deshalb hat er Schönenberger am Montag entlassen. Der Präsident solle bessere Prämien auszahlen und in die Mannschaft investieren, forderte der Trainer. Kommentatoren orteten Missmanagement beim bedrängten Präsidenten: Er sitze auf dem Geld, habe abgegangene Spieler nicht ersetzt und eine nachhaltige Zukunftsplanung verpasst.
Tatsächlich verlor der FC Thun schwer ersetzbare Spieler, zuletzt Kultstürmer Mauro Lustrinelli. Die Fans, an lauter gute Nachrichten gewöhnt, warfen Weder vor, er habe mit Schönenbergers Entlassung das Märchen von Thun mutwillig beendet.
Weder wehrt sich: Fast 2 Millionen Franken Prämien habe er ausgezahlt, fünf Spieler geholt, um den FC in der oberen Tabellenhälfte zu etablieren. Ein Klub bleibe aber nur erfolgreich, wenn er Wechsel im Kader vornehme. Überforderung? Weder kontert: «Haben Sie beim Sieg gegen den HSV auch eine mit Freude kämpfende, verschworene Gemeinschaft gesehen?» «Kurt Weder hat 1999 einen bankrotten FC Thun übernommen und bertreibt deshalb eine vorsichtige Geschäftspolitik», nimmt der Stadt- den Klubpräsidenten in Schutz. Er kenne Weder und Schönenberger gut, deshalb könne er nicht Schiedsrichter spielen, sagt von Allmen.
«Mein Herz schrie auf über Longos unwürdigen Abgang», gesteht SVP-Gemeinderätin Ursula Haller, aber Weder sei nicht der alleinige Bösewicht. «Wir kennen die Internas nicht», sagt sie. Streit Dennoch tun jetzt viele so, als wüssten sie die Wahrheit. Zum Beispiel die: Das angebliche Zerwürfnis zwischen Trainer und Mannschaft, das sei nur ein Gejammer der verwöhnten Schweizer Spieler, wie man es von den Auslandkickern nie höre. Der wahre Konflikt sei zwischen Weder und Trainer Schönenberger entflammt. Denn der frühere Kulttrainer Hanspeter Latour, der Thun aus den Abgründen ans Licht der obersten Spielklasse führte, sei der starke Mann gewesen. Nach seinem Abgang habe der Präsident die Chance gewittert, nun selber im Rampenlicht zu stehen.
Er habe das vermeintliche Greenhorn Schönenberger geholt. Der sei ihm aber bald mit seinem Erfolg vor der Sonne gestanden. Vielleicht ist es so. Dann wäre Weder naiv. Denn der Trainer und die Spieler sind immer bekannter als der Präsident. Was sagt Weder? Fürs Drehbuch hat er bloss ein paar Worte aus dem Managerhandbuch übrig: «Die Verantwortung liegt beim Verwaltungsrat, den ich präsidiere, er muss den Erfolg sicherstellen und sorgen, dass jeder Mitarbeiter seinen Job optimal ausfüllt.» Zu einem Hahnenkampf will Urs Schönenberger am Telefon nur so viel sagen: «Erfolg schafft Neider.» Frutiger-CEO Grossniklaus bringt es auf den Punkt: «Wenn Alphatiere wie Weder und Schönenberger im gleichen Käfig sind, dann gibt es nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen.» Sicher ist: Misserfolg verschärft charakterliche Gegensätze, die sich im Erfolg noch ergänzten. Und gegensätzlich sind sie, der Präsident und der Trainer. Der knorrige, zäh sprechende Ostschweizer Weder ist ein Rechner, der sich nicht reinreden lässt. Nach seinem Aufstieg in der Firma von Hauptsponsor Frutiger betrieb er dann eine eigene Immobilienfirma. Er ist bestens vernetzt mit Thuns Machtzirkeln. Der frühere Fussballer Schönenberger aus dem urbanen Zürich aber rannte mit seinem Ehrgeiz und seiner scharfen Schnauze gegen das Bollwerk Weder an. Parvenu gegen Patron. Erfolg Das Thuner Drehbuch sieht noch andere Rollen vor als bloss einen Trainer und einen Präsidenten. Sie sind ohnehin nur Spielfiguren, die dem kurzlebigen Gesetz des Erfolgs gehorchen müssen. Vor allem bei kleinen Teams trägt der Erfolg den Misserfolg meist schon in sich. Wil, Aarau, St. Gallen haben es erlebt.
In Thun droht sich die Geschichte zu wiederholen. Der Erfolg weckt den Ehrgeiz und die Begehrlichkeit der Spieler. Reichere Teams werden auf die guten Spieler aufmerksam und kaufen sie weg, das Team zerfällt. «Alle wollen weg so schnell wie möglich, auch der Trainer», bestätigt Schönenberger. «Der FC Thun wird immer eine Ausbildungsmannschaft sein», sagt Stapi von Allmen. «Kein Schweizer Club hat die Möglichkeit, einen Spieler zu halten, der ein lukratives Angebot erhält. Auch der Schweizer Meister FC Basel nicht», sagt Präsident Weder. Die Schweiz ist auf dem globalen Fussballmarkt ein Zwerg. Immerhin: beim FC Thun sagen Propheten schon lange, jetzt kommt der Hammer, aber es ist immer noch nicht passiert. Die grösste Herausforderung wird für den FC Thun sein, sich unabhängig von der Erfolgs-Konjunktur oben zu halten. Das müsse nicht ganz oben sein, sagt Stapi von Allmen: «Stabil auf Platz 7 oder 8 wäre schon gut.» Andere Figuren im Drehbuch wollen sich nicht mit solchem Mittelmass zufrieden geben. Politik Wenn der Sport auftrumpft, dann will die Politik mitspielen.
Sport ist populär, und Bürger lassen sich leichter mit Toren überzeugen als mit Argumenten. Die Fussballer des FC Thun spielten auch auf dem Feld der Politik mit, nährten und enttäuschten dort Hoffnungen. Die Politiker hofften im Sog der Fussballeuphorie an der Urne ihr lange geplantes Projekt für ein neues Stadion durchzubringen. Fussball und Politik versuchten in Thun ein Doppelpassspiel, aber es klappte schlecht. «Ich fühle mich für ein politisches Spiel missbraucht», sagt Urs Schönenberger. Präsident Weder hatte mit der schon länger erwarteten roten Karte gegen den Trainer zugewartet.
«Wir glaubten bis zuletzt an eine Wende zum Guten und wollten die Abstimmung über das Stadion nicht negativ beeinflussen», sagt Weder. Als er am Tag nach dem Stadion-Nein dann Schönenberger entliess, sah es so aus, als hätten die Stimmbürger auch noch den Trainer abgelehnt. Die Fans werfen dem Präsidenten nun ein abgekartetes Spiel vor, als wäre er ein Politiker. Er habe den Nachfolger Schönenbergers längst bestimmt. Als Stimmbürger machten die Fans das Spiel der Politik und der Klubleitung nicht mit. Das neue Stadion hätte mehrere Millionen aus der Stadtkasse gekostet. Trotz Euphorie vergassen Thuns Steuerzahler das Rechnen nicht. Provinz In gespenstischer Gleichzeitigkeit sind Stadt und Klub an ihre Grenzen gestossen und erkennen nun schmerzhaft: Unser Potenzial ist begrenzt. Fussballer und Politiker, beide haben sich überschätzt. Das Fussballwunder hat zwar Thun bekannter, aber nicht potenter gemacht. «Der Höhenflug wurde zu etwas hochgejubelt, was er nie war», sagt cool Frutiger-Chef Grossniklaus. «Das Nein ist eine Erschütterung», gesteht Stapi von Allmen. Das Thuner Märchen sei in einer Zwischenphase. «Wir müssen neu aufstarten und wieder Schub und Tritt finden.» Seine Gemeinderatskollegin Haller spricht von einer «jäh gestoppten Euphorie», das Märchen müsse aber weiter gehen, und Thun sei mehr als bloss sein FC. «Wenn wir mittelgrosse Städte ohne potente Geldgeber wie in Basel, Zürich oder Bern mit öffentlichen Mitteln ein Stadion bauen sollen, dann sind wir überfordert», gesteht Ursula Haller. Provinzstädten geht in der Schweiz schnell die Puste aus. Wenn selbst die grösseren Städte über die Kosten der Fussball-Euro 2008 jammern, was sollen dann die finanzschwachen Kleinen ausrichten?
das Märchen thun
- schnauz
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das Märchen thun
es git nit scheeners uf dr Welt ,
als dr FCB und schwizer Geld !
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- schnauz
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teil II
Gegen leere Stadt- und Klubkassen kommen der härteste Trainer und der sparsamste Präsident nicht an. Weil Kleine allein nicht weit kommen, will Ursula Haller nun gemeinsam mit Aarau, Schaffhausen, Yverdon, St. Gallen und Luzern der Swiss Football League die Probleme der kleineren Städte darlegen. Die League droht Klubs den Zwangsabstieg aus der Superleague an, wenn sie nicht ein konkretes Projekt für ein Stadion mit mindestens 10 000 Sitzplätzen verfolgen. Vor Thun ist schon in Aarau ein Stadionprojekt an der Urne gescheitert. «Das ist ein Alarmzeichen», findet Ursula Haller. Der Fussballverband müsse seine forschen Vorgaben anpassen, fordert Stapi von Allmen. Ohnmacht Würden diese Vorgaben durchgesetzt, dann wären Schweizer Spitzenklubs wie der FC Thun alle Verlierer und Absteiger.
Vorne dabei wären dann nur noch drei, vier Städte mit Stadion und Stutz und Stars. Mitspielen würden noch Clubs mit einer Mäzenin wie Gigi Oeri in Basel. Niemand würde dann noch über Präsidenten reden, die Trainer entlassen. Im Drehbuch des grossen Fussballgeschäfts sind auch die Präsidenten Marionetten, die jederzeit entlassen werden können. Von mächtigen Geldgebern wie dem russischen Ölmagnaten und Chelsea-Besitzer Roman Abramovic. Der Abramovic von Thun ist Fritz Grossniklaus, Frutiger-CEO. Über den früheren Frutiger-Mann Weder zieht er als Geldgeber die Fäden, und an der Urne wollte er seiner Firma auch noch den Bauauftrag für das neue Stadion zuschanzen. «Ich ein Abramovic?» Da muss Grossniklaus lachen. In Thun-Süd hätte man sich mit drei Konkurrenten um den Bauauftrag bewerben müssen. Kurt Weder sei vor 21 Jahren bei Frutiger ausgetreten. Frutiger habe 1999 aus lokaler Sympathie dem bankrotten Klub auf die Beine helfen wollen und zahle bloss 300 000 Franken im Jahr. Damit können man einen Verein weder beherrschen noch retten. Das Schweizer Fussballbusiness ist provinziell, amateurhaft und verschuldet. Selbst Superleague-Klubs haben Milizorgane, die ständig auf Geldsuche sind. Ausser den drei, vier grösseren aus Basel, Zürich, Bern balancieren alle übrigen Schweizer Spitzenklubs dauernd am finanziellen Abgrund. Macht Eine Hauptfigur aber gibt es im Schweizer Fussballtheater: Die Stadionbauer. Weil die Stadien in der Schweiz veraltet sind und die Klub- und Stadtkassen leer, kommt Firmen wie der Berner Bauunternehmung Marazzi eine entscheidende Rolle zu. In Basel und Bern hat sie Stadien hochgezogen, die die öffentliche Hand keinen Franken kosteten.
Für Bern, Luzern und Kloten hat Marazzi weitere Eis- und Fussballstadion-Projekte bereit. Und natürlich auch für Thun. Jetzt, nach dem Scheitern des Projekts Thun Süd, zieht Marazzi wieder ein Projekt für ein Lachen-Stadion von 2003 aus der Schublade, das zugunsten von Thun Süd zurückgestellt worden war. Marazzi ist die Fussballmacht im Land. «Ach wo», entgegnet Marazzi-Direktor Werner Müller, «kein Stadion und kein Klub gehört uns. Und auch andere Firmen bauen Stadien.» Mit dem Konzept der Mantelnutzung habe seine Firma einfach einen Erfahrungsvorsprung. Tatsächlich hat Marazzis Idee, gemeinsam mit Investoren in einer Stadionhülle noch Geschäfte, Schulen, Restaurants oder Seniorenwohnungen unterzubringen, eine Schweizer Stadion-Renaissance ausgelöst. Es ist ein sehr schweizerisches Konzept, das die Interessen von Investoren, Behörden und Anwohnern bündelt und Risiken minimiert. Im derzeit ernüchterten Thun könnte man Marazzis Idee jetzt brauchen. Direktor Müller bestätigt, er habe den Thuner Behörden das Lachen-Projekt diese Woche zur grundsätzlichen Erwägung wieder vorgelegt. Es würde ein Stadion ohne öffentliche Finanzierung ermöglichen. Bedingung: die Stadt müsste das Land kostenlos abtreten und das Projekt politisch durchziehen. Ob das die Stimmbürger mitmachen, wird sich weisen müssen. Emotionen Provinzialität, Geld, Politik: Das sind die wahren Kräfte im Thuner Drehbuch, an denen das Märchen von Thun scheitern muss. Die Emotionen und Querelen u2013 bloss ein Nebenschauplatz. Überhaupt: Emotionen haben in diesem harten Geschäft keinen Platz, sagen Insider. Falsch.
Im Fussball geht es vor allem um eines: Emotionen. Spieler, Trainer, Präsidenten und Publikum wollen Erfolg, Glanz und an Wunder glauben, auch wenn sie wissen, dass die Realität garstig ist. Fussball ist eine Religion. In Thun, da laben sich Fans an der Illusion, elf zufällig hier kickenden Spieler seien eine eingeschworene Oberländer Truppe, die als pfiffiger David vom Land den Goliaths aus der Grossstadt trotze. Das knorrige Traineridol Latour hatte dieses Image ideal verkörpert. Aber dann geriet das Drehbuch aus den Fugen. Präsident Weder holte den urbanen Urs Schönenberger, und mit dem kam der Erfolg, der den kleinen Klub ins grosse Scheinwerferlicht riss und bei Spielern und Zuschauern unprovinzielle Ambitionen weckte. Vielleicht verriet der FC Thun so seine Seele. Selbst der kühl rechnende Fussballatheist Weder konnte nicht verhindern, dass der FC höher stieg, als Kraft und Geld reichen. Aber das ist gleichzeitig die Grosstat, das Märchen, mit dem der kleine FC Thun frech gegen das ihm vorgeschriebene Drehbuch verstiess. Er trotzte den grossen Mächten und Widerständen. Und tut es bis heute. Noch geht das Wunder weiter. Vorgestern der 1:0-Sieg gegen den grossen Hamburger SV. Am Donnerstag das Rückspiel. Und dann? «In das Thuner Märchen hat sich eine böse Hexe eingeschlichen», sagt Ursula Haller, «wir müssen jetzt den Zauberspruch finden, mit dem wir die Hexe wieder in den Wald zurückjagen.»
quelle: http://www.espace.ch/artikel_180384.html
Gegen leere Stadt- und Klubkassen kommen der härteste Trainer und der sparsamste Präsident nicht an. Weil Kleine allein nicht weit kommen, will Ursula Haller nun gemeinsam mit Aarau, Schaffhausen, Yverdon, St. Gallen und Luzern der Swiss Football League die Probleme der kleineren Städte darlegen. Die League droht Klubs den Zwangsabstieg aus der Superleague an, wenn sie nicht ein konkretes Projekt für ein Stadion mit mindestens 10 000 Sitzplätzen verfolgen. Vor Thun ist schon in Aarau ein Stadionprojekt an der Urne gescheitert. «Das ist ein Alarmzeichen», findet Ursula Haller. Der Fussballverband müsse seine forschen Vorgaben anpassen, fordert Stapi von Allmen. Ohnmacht Würden diese Vorgaben durchgesetzt, dann wären Schweizer Spitzenklubs wie der FC Thun alle Verlierer und Absteiger.
Vorne dabei wären dann nur noch drei, vier Städte mit Stadion und Stutz und Stars. Mitspielen würden noch Clubs mit einer Mäzenin wie Gigi Oeri in Basel. Niemand würde dann noch über Präsidenten reden, die Trainer entlassen. Im Drehbuch des grossen Fussballgeschäfts sind auch die Präsidenten Marionetten, die jederzeit entlassen werden können. Von mächtigen Geldgebern wie dem russischen Ölmagnaten und Chelsea-Besitzer Roman Abramovic. Der Abramovic von Thun ist Fritz Grossniklaus, Frutiger-CEO. Über den früheren Frutiger-Mann Weder zieht er als Geldgeber die Fäden, und an der Urne wollte er seiner Firma auch noch den Bauauftrag für das neue Stadion zuschanzen. «Ich ein Abramovic?» Da muss Grossniklaus lachen. In Thun-Süd hätte man sich mit drei Konkurrenten um den Bauauftrag bewerben müssen. Kurt Weder sei vor 21 Jahren bei Frutiger ausgetreten. Frutiger habe 1999 aus lokaler Sympathie dem bankrotten Klub auf die Beine helfen wollen und zahle bloss 300 000 Franken im Jahr. Damit können man einen Verein weder beherrschen noch retten. Das Schweizer Fussballbusiness ist provinziell, amateurhaft und verschuldet. Selbst Superleague-Klubs haben Milizorgane, die ständig auf Geldsuche sind. Ausser den drei, vier grösseren aus Basel, Zürich, Bern balancieren alle übrigen Schweizer Spitzenklubs dauernd am finanziellen Abgrund. Macht Eine Hauptfigur aber gibt es im Schweizer Fussballtheater: Die Stadionbauer. Weil die Stadien in der Schweiz veraltet sind und die Klub- und Stadtkassen leer, kommt Firmen wie der Berner Bauunternehmung Marazzi eine entscheidende Rolle zu. In Basel und Bern hat sie Stadien hochgezogen, die die öffentliche Hand keinen Franken kosteten.
Für Bern, Luzern und Kloten hat Marazzi weitere Eis- und Fussballstadion-Projekte bereit. Und natürlich auch für Thun. Jetzt, nach dem Scheitern des Projekts Thun Süd, zieht Marazzi wieder ein Projekt für ein Lachen-Stadion von 2003 aus der Schublade, das zugunsten von Thun Süd zurückgestellt worden war. Marazzi ist die Fussballmacht im Land. «Ach wo», entgegnet Marazzi-Direktor Werner Müller, «kein Stadion und kein Klub gehört uns. Und auch andere Firmen bauen Stadien.» Mit dem Konzept der Mantelnutzung habe seine Firma einfach einen Erfahrungsvorsprung. Tatsächlich hat Marazzis Idee, gemeinsam mit Investoren in einer Stadionhülle noch Geschäfte, Schulen, Restaurants oder Seniorenwohnungen unterzubringen, eine Schweizer Stadion-Renaissance ausgelöst. Es ist ein sehr schweizerisches Konzept, das die Interessen von Investoren, Behörden und Anwohnern bündelt und Risiken minimiert. Im derzeit ernüchterten Thun könnte man Marazzis Idee jetzt brauchen. Direktor Müller bestätigt, er habe den Thuner Behörden das Lachen-Projekt diese Woche zur grundsätzlichen Erwägung wieder vorgelegt. Es würde ein Stadion ohne öffentliche Finanzierung ermöglichen. Bedingung: die Stadt müsste das Land kostenlos abtreten und das Projekt politisch durchziehen. Ob das die Stimmbürger mitmachen, wird sich weisen müssen. Emotionen Provinzialität, Geld, Politik: Das sind die wahren Kräfte im Thuner Drehbuch, an denen das Märchen von Thun scheitern muss. Die Emotionen und Querelen u2013 bloss ein Nebenschauplatz. Überhaupt: Emotionen haben in diesem harten Geschäft keinen Platz, sagen Insider. Falsch.
Im Fussball geht es vor allem um eines: Emotionen. Spieler, Trainer, Präsidenten und Publikum wollen Erfolg, Glanz und an Wunder glauben, auch wenn sie wissen, dass die Realität garstig ist. Fussball ist eine Religion. In Thun, da laben sich Fans an der Illusion, elf zufällig hier kickenden Spieler seien eine eingeschworene Oberländer Truppe, die als pfiffiger David vom Land den Goliaths aus der Grossstadt trotze. Das knorrige Traineridol Latour hatte dieses Image ideal verkörpert. Aber dann geriet das Drehbuch aus den Fugen. Präsident Weder holte den urbanen Urs Schönenberger, und mit dem kam der Erfolg, der den kleinen Klub ins grosse Scheinwerferlicht riss und bei Spielern und Zuschauern unprovinzielle Ambitionen weckte. Vielleicht verriet der FC Thun so seine Seele. Selbst der kühl rechnende Fussballatheist Weder konnte nicht verhindern, dass der FC höher stieg, als Kraft und Geld reichen. Aber das ist gleichzeitig die Grosstat, das Märchen, mit dem der kleine FC Thun frech gegen das ihm vorgeschriebene Drehbuch verstiess. Er trotzte den grossen Mächten und Widerständen. Und tut es bis heute. Noch geht das Wunder weiter. Vorgestern der 1:0-Sieg gegen den grossen Hamburger SV. Am Donnerstag das Rückspiel. Und dann? «In das Thuner Märchen hat sich eine böse Hexe eingeschlichen», sagt Ursula Haller, «wir müssen jetzt den Zauberspruch finden, mit dem wir die Hexe wieder in den Wald zurückjagen.»
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es git nit scheeners uf dr Welt ,
als dr FCB und schwizer Geld !
als dr FCB und schwizer Geld !
- Basler_Monarch
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Die League soll besser schauen, dass sie zu höheren TV-Einnahmen kommt! Oder wie sollen die kleinen Clubs sich mit neuen Stadien künftig finanzieren?schnauz hat geschrieben:teil II
Die League droht Klubs den Zwangsabstieg aus der Superleague an, wenn sie nicht ein konkretes Projekt für ein Stadion mit mindestens 10 000 Sitzplätzen verfolgen.
Sesselfurzerverband
Zitat des BAZ-Journalisten Georg Heitz im Dokumentarfilm «Der Topf im Kopf» aus dem Jahr 2002:
«Die letzten paar Jahre zeigen, dass die Zuschauer kommen wegen den Emotionen und aus Verbundenheit dem Verein gegenüber, aus Neugier oder vielleicht auch um zu lästern über diese Mannschaft. Aber auf die Länge denke ich schon, dass man muss einen Schuss Unterhaltung drin haben im Spiel einer Fussballmannschaft, sonst kommen die Zuschauer nicht mehr. Siegen alleine reicht auf die Länge nicht.»
«Die letzten paar Jahre zeigen, dass die Zuschauer kommen wegen den Emotionen und aus Verbundenheit dem Verein gegenüber, aus Neugier oder vielleicht auch um zu lästern über diese Mannschaft. Aber auf die Länge denke ich schon, dass man muss einen Schuss Unterhaltung drin haben im Spiel einer Fussballmannschaft, sonst kommen die Zuschauer nicht mehr. Siegen alleine reicht auf die Länge nicht.»