In Köln über Gott und die Welt reden
DIE BASLERIN KARIN SCHÄR FÄHRT ZUM KATHOLISCHEN WELTJUGENDTREFFEN - DER PAPST KOMMT AUCH
Zoom «Das muss man erlebt haben.» Karin Schär hofft auf spannende Begegnungen beim Weltjugendtag. Foto Michael Würtenberg
Wolf Südbeck-Baur
Am Dienstag beginnt in Köln der Weltjugendtag. Bei dem Treffen, zu dem mehr als 800000 junge Katholiken erwartet werden, ist sie dabei: Karin Schär aus Basel.
Ein bisschen aufgeregt nippt Karin Schär an ihrer Cola, und unbefangen sprudelt es aus der 16-Jährigen heraus: «Ich bin nicht die Einzige, die nicht wegen dem Papst ans Weltjugendtreffen fährt. Ich hoffe, Kontakte zu gleich gesinnten Jugendlichen aus der ganzen Welt knüpfen zu können», umreisst die junge Baslerin ihre Motivation, sich zusammen mit gut zwei Dutzend Baslern nach Köln aufzumachen.
Ein Treffen von knapp einer Million junger Leute aus der ganzen Welt - «das muss man mal erlebt haben», sagt die Schülerin mit strahlenden Augen, und natürlich wolle sie auch Köln kennen lernen. Am Donnerstag gehts los. Und auf jeden Fall wolle sie sich auch Köln und den Dom anschauen, sagt die junge Katholikin, die im Gundeli-Quartier zur Heilig-Geist-Pfarrei gehört.
In dieser Pfarrei bereitet sich Karin Schär auf ihre im nächsten Jahr anstehende Firmung vor, auf die Bekräftigung ihrer Taufe also. Ganz praktisch erhofft sich darum die junge Frau, in ihrer Basler Pilgergruppe jemanden zu finden, «mit dem ich zusammen die Firmung angehen kann».
Ostern in die Kirche. Besonders christlich sei sie aber nicht, betont die Schülerin: In die Kirche gehe sie nur zu Weihnachten und Ostern. Auf dem Weltjugendtreffen will sie mit den internationalen Kollegen über Gott und die Welt reden - auch darüber, «wie sie über Religion denken».
Und wie denkt Karin Schär selbst über Religion? «Es gibt so harte Trennlinien zwischen den Religionen», moniert sie ohne Zögern. «Schade» sei es, dass immer noch Kriege wegen unterschiedlicher religiöser Auffassungen geführt werden, denn irgendwie würden doch alle ans Gleiche glauben: an jemanden, auf den man bauen und an dem man sich festhalten könnte. «In den anderen Religionen heisst Gott einfach nur anders.»
Woran sie nicht mehr glaubt: «an einen Mann im Himmel», den Gott ihrer Kindheit. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass unser Leben in der Hand von einer Person liegt», sagt der Teenager und glaubt auch nicht, dass «die Welt alles ist, was es gibt».
SELBSTVERTRAUEN zählt. Vielmehr glaubt die 16-Jährige an eine höhere Macht, die dem Leben Sinn gibt. Zuerst gelte es jedoch, Selbstvertrauen zu finden, ist die Hobbyfussballerin überzeugt. Was sie aus ihrem Leben machen möchte, weiss sie: Nach der Fachmatura mit Schwerpunkt Kommunikation will sie Journalistin werden.
Den Einwand, Frauen seien in der katholischen Kirche heute noch benachteiligt, weil sie nicht Priesterin werden könnten, kontert Karin Schär: Im Christentum könne man mehrheitlich selber entscheiden, ob man wirklich streng religiös leben will «oder eher wie ich zwar an etwas glaubt, aber nicht immer in die Kirche gehen muss». Wichtiger sei doch eigentlich, sich selbst zu vertrauen statt bei Problemen nur auf Gott zu setzen. Es gelte, die eigenen Fähigkeiten einzusetzen statt die Hände in den Schoss zu legen.
Wie lebt der papst? Wenn der Papst am Donnerstag einige handverlesene Teilnehmer des Weltjugendtreffens zu Tisch bittet, ist Karin Schär nicht dabei, aber auch nicht traurig drüber: «Weil ich finde, dass der eher konservative Papst ein Schritt zurück ist.» Keine Abtreibung, keine Kondome trotz Aids - da denke die Welt doch inzwischen anders. Im Vatikan besuchen würde sie das Oberhaupt der katholischen Kirche dennoch gerne einmal: «Um zu sehen, wie es bei dem so zu und her geht.»
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