Ich weiss, hier werde ich auf taube Ohren stossen, aber ein Versuch ists trotzdem wert.
Vorweg: Jeder Täter, egal was der Hinterggrund ist, gehört für mich absolut hart bestraft und die Taten sind nicht zu entschuldigen. Zudem müssen sich die Behörden/die Politik die Fragen stellen, ob/wie die jeweilige Tat hätte verhindert werden können (etwa weil das Gefahrenpotenzial bekannt war, eine Ausschaffung überfällig etc.). Und der Islamismus hat absolut nichts in Europa zu suchen.
Was mich bei jedem Ereignis von Neuem stört, sind die Reaktionen der Medien, gewisser Politiker:innen und Parteien und natürlich unzählige Voten im Internet, wie es hier auch ganz viele gab.
Was hier z.B. jetzt mehrfach wiederholt wurde: "so kann es nicht weitergehen", "Europa geht dem Untergang zu" etc. So als ob die Anzahl Terrorakte ein ungeahntes Hoch erfahren hätten. Die Realität bzw. die Statistiken sprechen aber eine andere Sprache. (
knapper Artikel hier,
knappe Statistiken hier,
umfangreiche Quellenlage hier). Und dabei sind es eben längst nicht nur islamistische Angriffe. Sowohl das düstere Zerrbild als auch die einseitige Täterzuschreibung sind falsch.
Dann kommen antimuslimische und vermutlich auch dabei zugrundeliegende rassistische Ressentiments auf: Warum fallen die Reaktionen bei einem islamistischen Messerstecher immer um eine Vielzahl heftiger aus als bei einem weissen (in der Regel rechtsradikalen) Täter?
Ein weiterer Denkfehler (wenn denn überhaupt Denken im Spiel ist): die ("ungezügelte") Einwanderung sei schuld. Kein Wunder gewänne die AfD immer mehr Wähler:innen. Ja, mit der Einwanderung kommen potenziellerweise auch die Täter ins Land, aber es ist hinlänglich bekannt, dass nicht die Einwanderung an sich das Problem ist, sondern die Integration, die zum Teil selbstverschuldet, zum Teil mit Versäumnissen der Politik, aber eben auch fremdverschuldet (keine Perspektiven, Diskriminierung etc.) ist (
siehe Artikel der sicherlich nicht linksstehenden NZZ).
Die statische Zahl, wer von allen Einwanderern zu einem Täter wird, ist verschwindend klein. Inwiefern rechtfertigt dann ein Täter, dass man das ganze System hinterfragt, ohne dessen die westlichen Zivilisationen nicht überleben könnten?
Oder dann denkt mal die einwanderungskritischen Forderungen weiter: absoluter Stopp jeglicher muslimischer Einwanderung. Meint ihr wirklich, es gäbe dann weniger Anschläge? Meine These (ohne wissenschaftlicher Daten fundiert, einfach ein Bauchgefühl): es gäbe sogar mehr Anschläge.
Es wird dann auch immer nur über Migration gesprochen, nicht über die Ursachen von Migration und die Rolle, die der Westen dabei spielt.
All das hilft keinem sinnlosen Opfer, schon klar. Ich habe auch keine bessere oder überhaupt eine gute Antwort darauf. Und statistische Einordnungen kommen immer zynisch herüber, ebenfalls klar. Man muss dann aber auch ehrlich mit sich sein: all diese (zum Teil) rassistischen Äusserungen auf eine solche Tat helfen ebenso wenig. Ja, nicht selten werden solche Opfer von der Politik und der Medienlandschaft für die eigenen Absichten/Ziele missbraucht. Das ist dann wirklich zynisch.