Ende des 19. Jahrhunderts brachte der Engländer Charles Miller den Fussball nach Brasilien, genauer gesagt nach Sao Paulo. Er gründete die erste Fussballmannschaft, die aus dem Sao Paulo Athletic Club hervorging und bei der vor allem britische Einwanderer kickten, und formte die Liga Paulista. Die war zu Beginn eine einseitige Angelgenheit: Es dauerte Jahre bis der SPAC sein erstes Spiel verlor. 1902 besiegte Paulistano die Briten zum ersten Mal – und schon damals wussten die Brasilianer Siege zu feiern: Es wurde Feuerwerk gezündet und es kam zum vielleicht ersten geschichtlich festgehaltenen Platzsturm im Fussball: die 4'000 Zuschauer drangen aufs Feld und trugen ihre Helden auf den Schultern vom Platz.
Etwas mehr als hundert Jahre später hat ein Brasilianer den Plan gefasst, den Engländern etwas zurückzugeben: Mit Samba-Fussball auf der Nebelinsel. Ex-Profi Paulo Batista (u.a. Fluminense) ist mittlerweile zwar Pastor einer Baptistenkirche in Londons East End, aber als Präsident des „Brazilian Football Show Sports Club“ – kurz BFSSC – noch immer eng mit dem Fussball verbunden. Der BFSSC spielt in der Middlesex Counties Amateurliga. Vorerst, denn Batista hat grosse Pläne: „2024 möchten wir die Premier League gewinnen.“
Was auf den ersten Blick etwas unrealistisch klingt, ist gar nicht so abwegig. Vorbild: Wimbledon FC. Die haben es zwar nie zur Meisterschaft gebracht, schafften aber immerhin das Kunststück, innert weniger als zehn Jahre vom Amateurverein zum FA Cup-Sieger zu avancieren.
Tatsächlich hat der BFSSC in den beiden ersten Jahren seiner Existenz bereits beeindruckende Erfolge zu verzeichnen: Ein Cupsieg und ein Aufstieg. Bilanz letzte Saison: 22 Spiele, 16 Siege, 82:23 Tore! Neues Ziel: Der nächste Aufstieg in die Ryman League – dann wäre man zum ersten Mal für die erste Runde des prestigeträchtigen FA Cups qualifiziert... und nur noch neun Aufstiege vom Ziel Meistertitel 2024 entfernt. Selbstredend, dass der überwiegende Teil BFSSC-Akteure brasilianischer Herkunft ist. „Wir nehmen aber gerne auch Spieler aus anderen Ländern auf“, betont Batista. Allerdings fallen davon die meisten im Probetraining durch... Gespielt wird in den selben Trikots wie die „Seleção“, nur prangt unter dem Wappen zusätzlich der Name des grossen Vorbilds von Batista: Jesus.
Club-Captain ist Leonardo Ferreira, der einst beim FC Sao Paulo in der zweiten Mannschaft kickte. Er glaubt an Batistas Vision. „Natürlich braucht es Zeit und harte Arbeit, aber der Verein wird die Premier League erreichen. Alle sind mit grosser Leidenschaft dabei und der Club ist gut organisiert, besser als viele Profivereine in Brasilien.“ Der BFSSC unterhält einen beeindruckenden Betreuerstab von total neun Leuten: Manager, diverse Assistenztrainer, Fitnesscoaches, Physiotherapeuten, Torwarttrainer und Ernährungsexperte – davon träumt selbst so mancher Proficlub aus den unteren Ligen Englands. Auch finanziell ist der Verein abgesichert, soeben hat der Trikotsponsor seinen Beitrag verdreifacht. Das reicht, um vom Sportplatz ins mondäne Mile End-Stadion (2'000 Plätze) zu ziehen. Der Ground ist zwar noch nicht Premier League-tauglich, aber dafür hat man ja auch noch ein paar Jahre Zeit.