footbâle hat geschrieben: 23.05.2022, 00:14
Macht für mich Sinn. Ich halte viel von deiner Meinung - unabhängig davon, ob sie mit meiner übereinstimmt oder nicht.
Nur, sorry für die Wiederholung, was haben Absascal / Walker nicht geliefert, was man von ihnen hätte erwarten dürfen?
Den Meistertitel musste man schon unter PR abschreiben. Den Cupsieg auch. Bei den Amateuren aus Carouge. Platz 2 in der Meisterschaft war das noch realisierbare Maximum. Das hat man erreicht. Trotz (m.E.) bedeutender Abgänge und verletzungsbedingten Ausfällen.
Was bitte hätten wir denn noch 'on top' erreicht, wenn wir mit PR als Cheftrainer weiter gemacht hätten?
Werter footbâle, in der Kurzfassung kann ich sagen, dass Abascal nicht unter dem performt hat, was man erwarten durfte.
Ich denke, beide haben das ähnliche Ausmass an Qualitäten und Defiziten, halt einfach anders gelagert. Beide hatten einen guten Start, als die Mannschaft auf die neue Impulse reagierte. Aber bei beiden verflog die anfängliche Wirkung mit der Zeit. Insofern beurteile ich Rahmens und Abascals Performance als ungefähr gleichwertig und mein Wunsch, dass man an Rahmen festgehalten hätte, basiert nicht darauf, dass ich ihn besser als Abascal fand.
Bei Rahmen versuchte die Führung zuerst ergänzend einzugreifen. Diesen nachhaltigen Ansatz schätze ich eigentlich sehr, da man nicht ersetzt, sondern auf Bestehendem aufbaut. Aber wie ich schon in
einem früheren sehr ausführlichen Post beschrieben habe, kam es da zu einer Diskrepanz zwischen Intention und Realisation, zwischen Theorie und Praxis. Diese zweite Chance zu Bedingungen der Führung, scheint Abascal wohl nicht zuteil zu werden, sollten sich die Gerüchte um Frei bewahrheiten.
Anhand der Formulierung deiner Frage lese ich ab, dass du auch zwischen realistischer und übersteigerter Erwartung unterscheidest. Zur besseren Unterscheidung nutze ich zwei andere Begriffe. Erwartbares für das, was man realistisch
erwarten darf und Erhofftes für was man alles
erwarten könnte. Im Voraus lassen sich Erwartbares und Erhofftes nur schwer unterscheiden (wobei Erfahrung und Sachkenntnisse helfen), rückblickend und unter Einbezug der Voraussetzungen, Möglichkeiten und Umstände fällt dies immer leichter.
Abascal hat meiner Meinung nach nicht unterhalb des Erwartbaren performt, sondern unterhalb des Erhofften. Dies ist also eher eine Kritik an der übersteigerten Erwartung, als an der gezeigten Leistung. Aber das Gleiche liesse sich auch auf Rahmen übertragen. Der wesentliche Unterschied, der mich zu meiner Einschätzung des Wechsels bewegt liegt aber im Wechsel selbst, nicht im Vergleich der Trainer. Dem Wechsel von Sforza zu Rahmen ging ein Mass an Notwendigkeit voraus, welches ich beim Wechsel von Rahmen zu Abascal überhaupt nicht sah.
Rahmen war eine deutliche Verbesserung zu Sforza und mMn gut genug, um die Saison zu Ende zu spielen, um danach einer erneuten Evaluation unterzogen zu werden. Meine Erwartungen an Abascal waren anhand der Umstände (mitten in der Rückrunde, Interims- nicht Wunschlösung) entsprechend klein und beschränkten sich auf den kurzzeitigen Effekt. Ich fand hingegen die Hoffnung der Führung, respektive den Anspruch an die Resultate zu hoch bewertet, daher mein Unverständnis für diesen Wechsel.
Mein Wunsch am Festhalten Rahmens widerspiegelt also eher meinen Wunsch an realistischere Erwartungen und Ambitionen und an Nachhaltigkeit. Man befand sich in keiner Notlage oder hat nicht wirklich eine Notbremse ziehen müssen, als man sich von Rahmen trennte, mir schien es vielmehr, als erhoffte man sich mehr (zu viel?) und als hatte man sogar leise Hoffnung auf die Meisterschaft. Und paradoxerweise wurde genau diese Hoffnung durch die anfänglich sehr guten Resultate von Rahmen mit einem Cabral in Topform noch geschürt.
Und zu guter Letzt spielt auch meine Sympathie für lokale Verwurzelung eine Rolle, weil ich diese zwar irrelevant für die Performance der Mannschaft, aber sehr relevant für die Identifikation mit dem Verein halte und weil mir die ebenfalls wichtig ist.
Ich weiss nicht, ob man resultatemässig mehr mit Rahmen hätte erreichen können. Garantiert wäre es günstiger und auch konstanter gewesen. Vermutlich auch ruhiger. Wie der FCB mit seinen Mitarbeitern umgeht, prägte auch die Wahrnehmung des FCB durch Verhandlungspartner, Sponsoren, Investoren, potentielle Arbeitnehmer oder Fans. Steht man zu seinem Wort? Überwiegen Nebengeräusche oder Diskretion? Trennt man sich leichtfertig oder nur aus einer scheinbaren Notwendigkeit? Etc. Ich sehe also viele Gründe ausserhalb der Resultate, welche ebenfalls gegen einen Wechsel stehen. Und was die Resultate selbst betrifft, waren die sich entsprechend meiner Erwartungen zu ähnlich um den Rest zu rechtfertigen.
Übrigens, abschreiben muss man einen Meistertitel erst, wenn er rechnerisch nicht mehr erreichbar ist. Diese Einstellung würde ich von jedem Mitarbeiter und Anhänger erwarten, nicht bloss erhoffen.
