YB – FCB: Dem Knüller droht die nächste Verschiebung Weil einige FCB-Anhänger früh mit den Regelzügen anreisen und die Berner Altstadt besuchen wollen, soll der Partie abermals die Bewilligung entzogen werden.
Vielleicht kommt ja eine der beiden Parteien noch zur Besinnung. Oder sogar beide. Die Erfahrung allerdings, die sagt etwas anderes. Und deshalb muss damit gerechnet werden, das eintrifft, was aufgrund von Recherchen dieser Zeitung anzunehmen ist: Der Nachholspiel-Knüller zwischen den Berner Young Boys und dem FC Basel wird auch am 15. Dezember 2021 nicht stattfinden. Denn aus sicherheitstechnischen Gründen soll ihm vom Polizei-Inspektorat der Stadt Bern, dessen Vorsteher Sicherheitsdirektor Reto Nause ist, wie bereits bei seinem ursprünglichen Termin (20. November 2021) die Bewilligung entzogen werden.
Dass die zuständige Behörde dies zumindest ernsthaft in Erwägung zieht, geht auf einen Aufruf der Basler Fanbewegung Muttenzerkurve zurück, der bereits am 16. November und damit kurz nach der Neuansetzung von YB – FCB auf deren offiziellen Website publiziert wurde. Darin werden Fans zum gemeinsamen Besuch der Berner Altstadt ab 14 Uhr mit anschliessendem Marsch zum Stadion ab 18.30 Uhr eingeladen. Der Anpfiff der Partie würde um 20.30 Uhr erfolgen …
Dass die Anreise primär mit Regelzügen via Berner Hauptbahnhof erfolgen wird, versteht sich. Dass die Berner Polizei all dem Rechnung zu tragen hat, ebenfalls. Zumal auf der Hand zu liegen scheint, dass der Aufruf der Muttenzerkurve – auch wenn es auf dem Flyer nicht so steht – eine Reaktion auf den kurzfristig erfolgten Bewilligungsentzug beim ersten Termin ist.
Schon damals war die Sicherheit im Zusammenhang mit den Basler Fans der Grund. Damals stand allerdings die Problematik der Anreise im Mittelpunkt, weil aufgrund einer Wochenend-Grossbaustelle beim S-Bahnhof Wankdorf, wo Gästefans aus- und zusteigen, ein gröberer Kapazitätsengpass bestand. Und schon damals war es nicht möglich, im Dialog eine gemeinsame Lösung zu finden. Für Verärgerung, primär in der Basler Anhängerschaft, sorgte zudem die Kurzfristigkeit des Entscheids, zwei Wochen vor dem Spiel: Bau- und Spielpläne waren seit Monaten bekannt.
Ewiges Katz- und Maus-SpielDeshalb ist es keine allzu wilde Fantasie, den jetzigen Aufruf der Muttenzerkurve zum frühen Bern-Bummel als bewusste Provokation zu deuten. Frei nach dem Motto: «Mal schauen, wie das die Berner Polizei findet.» Bisher mit Erfolg: Das für Aussenstehende mühsame, ewige Katz-und-Maus-Spiel zwischen Staatsgewalt und Fan-Freiheitsdrang erfährt – ungeachtet des Ausgangs – eine Fortsetzung. Und es ist keine Überraschung, dass dies in der Hauptstadt der Fall ist. Schon in der Vergangenheit war Nause im Vorfeld von Cupfinals in Bern aufgrund seiner Haltung gegenüber Fan-Märschen durch die Innenstadt in die Schlagzeilen geraten. Bevor 2014 der FC Basel und der FC Zürich in Bern um die Sandoz-Trophäe kickten, erwog er gar, dem
Cupfinal in Bern die Bewilligung zu entziehen.
Die neuste Causa wirft allerdings beidseits Fragen auf, über die sich nachzudenken lohnte.
Kurzfristig geht es auch darum, was sich die Berner Behörden davon erhoffen, wenn am 15. Dezember kein Spiel stattfindet. Etwa, dass sich keine Basler Fans in der Altstadt treffen? Infolge der Absage des 20. Novembers fanden sich an jenem Wochenende ungewöhnlich viele Basler Fans zur U16-Partie YB – FCB ein …
Was ist, wenn dann diese Partie neu angesetzt wird? Passiert dann einfach nichts? Wie reagieren Fan-Gruppierungen anderer Clubs darauf, wenn ihre Farben in Bern antreten? Und warum ist es umgekehrt möglich, dass sich bei Champions-League-Spielen Gästefans von Atalanta Bergamo oder Manchester United in der Innenstadt aufhalten? Aber auch: Wie zielführend ist das latente Gegeneinander? Was bringen den Fussball-Fans Provokationen in einer Phase, in der hierzulande gerade ernsthafter denn je über die Einführung personalisierter Tickets debattiert wird? Und – für beide Seiten – nützt all dies dem Schweizer Fussball oder schadet es ihm?