Lusti hat geschrieben: 26.05.2021, 12:45
Somnium hat geschrieben: 19.05.2021, 12:06
Siehst du in der Sozialdemokratie das gleiche Prinzip wie in den (definitiv nicht im Sinne Marx` agierenden) diktatorischen "sozialistischen" Staaten des 20. Jh.?
Inwiefern haben die sozialistischen Staaten denn nicht das marxistische Prinzip gelebt, oder darauf aufgebaut? Ging es in den benannten Revolutionen nicht immer um die Auflehnung des Proletariats? Wurde nicht Marx zitiert, als jeder noch so kleine Wohlstand der "Allgemeinheit" zugeführt wurde, frei nach der These, dem Arbeiter gehört der Ertrag der Firma?
Die sozialistischen Staaten haben in Anlehnung an Marx/Engels relativ rasch eigene Kozepte erstellt (Leninismus, Stalinismusm, Maoismus). Denn sie alle waren gemäss Marx` Theorie gar noch nicht "reif" für den Sozialismus/Kommunismus. Nach Marx müsse ein Staat nämlich industrialisiert sein.
Weiter haben alle sozialistische Staaten es bei der Revolution des "Proletariats" belassen, was bei Marx erst eine Vorstufe ist. Oft ging man relativ rasch auf eine Mischform von Staatskommunismus und im Kleinen wieder Privatwirtschaft über.
Gemäss Marx könne ein hochindustrialisierter Staat nach der Enteignung der Produktionsgüter zum Kommunismus übertreten, der Staat stürbe dann langsam ab.
Nichts davon wurde in den sozialistischen Staaten gemacht.
Wenn man also die "marxistischen" Staaten des 20. Jh. als Beweis nimmt, dass der Marximus nicht umsetzbar sei, dann wird man Marx eigentlich nicht gerecht. Das bringt dann auch nichts.
Oder um es mit deinen Worten auszudrücken: Wenn man anhand der sozialistischen Staaten den Marxismus widerlegen kann, weil sie sich irgendwie auf ihn beziehen, ihn zitieren - dann kann man ihn genauso gut mit den funktionierenden Sozialdemokratischen Staaten verteidigen, die ja ebenfalls aus dessen Geiste entstanden sind.
M.E. macht beides nicht wirklich Sinn. Mir gehts auch nicht um die Verteidigung von Marx. Ich glaube auch nicht, dass er funktionieren kann (siehe unten), aber sehe in UdSSR und co. auch nicht wirkliche Versuche.
Lusti hat geschrieben: 26.05.2021, 12:45
Somnium hat geschrieben: 19.05.2021, 12:06
Siehst du in der Sozialdemokratie das gleiche Prinzip wie in den (definitiv nicht im Sinne Marx` agierenden) diktatorischen "sozialistischen" Staaten des 20. Jh.?
Sein Lösungsangebot jedoch, war genau so falsch, wie seine Analyse richtig war. Will man ein sozialistisches System nach Marx einrichten, kommt man um Identitätspolitik nicht herum.
Warum ist dem so? Gemäss welcher Theorie? Marx/Engels gehen doch eher vom umgekehrten aus: alle sollen gleich sein (gleichgemacht werden). Was ich ebenso heikel finde.
Lusti hat geschrieben: 26.05.2021, 12:45
Beide Systeme führen zwangsläufig zur Diktatur, den sie streben einen absoluten Grad an Ordnung, Kategorisierung und Zuweisung an.
Einverstanden mit dem Gang in die Diktatur. Die Begründung (siehe oben) ist für mich nicht ganz ersichtlich.
Meines Erachtens führten die soz. Staaten allesamt in die Diktatur, weil der Übergang vom kapitalistischen System zum Sozialismus kaum demokratisch zu erreichen ist. Die Enteignung der besitzenden Klasse kann wohl nur über einen starken Staat geschehen, der ohne Opposition besteht. Damit ist man schon halb in der Diktatur.
Das ist für mich ein Grund, weshalb der Marxismus nicht funktionieren kann (ob als verfälschter Leninismus oder als "echter" Marxismus). Zudem scheint mir Marx (aber allzu gut kenne ich seine Schriften nun auch wieder nicht) wenig über das Wesen des Menschen verstanden haben. Ich glaube, der Mensch braucht gewisse Formen des Kapitalismus (Wettbewerbsgedanke, Erbrecht etc.). Und vor allem glaube ich nicht an einen Menschen, geschweige denn an eine Gruppe von Menschen, der/die die Machtfülle in der "Diktatur des Proletariats" wieder abgibt.
Lusti hat geschrieben: 26.05.2021, 12:45
Dem gegenüber steht die soziale Marktwirtschaft welche in einer Demokratie eingebettet ist.
Exakt. Deswegen ja auch mein Einwurf Somnium gegenüber, dass man Sozialdemokratie und Sozialismus voneinander unterscheiden müsse.