Corona Virus

Der Rest...
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Lällekönig
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Beitrag von Lällekönig »

ayrton_michael_legends hat geschrieben:einfach mal zum aufzeigen, dass es durchaus andere meinungen als den hier so gepriesenen drosten gibt:

https://www.heise.de/tp/features/Coronavirus-Warum-Herr-Drosten-jetzt-endlich-schweigen-sollte-4684176.html

https://medium.com/@joschabach/flattening-the-curve-is-a-deadly-delusion-eea324fe9727

sollte man sich eher an theoretischen annahmen von virologen oder fakten von betroffenen medizinern in betroffenen gebieten sowie zahlen orienteren?
jedem das seine. der weg in europa könnte hochgradig gefährlich sein, das bewusstsein dafür fehlt nach wie vor.
Ich habe mir mal die durchaus anderen Meinungen angeschaut.

Alexander Unzicker, Physiker, Jurist und Sachbuchautor, ausgerechnet zum Thema, den eigenen Verstand zu gebrauchen. Also ein eigentlich intelligenter Mensch, aber auf dem Gebiet nicht bewandert.

Er ist angesichts der Pandemie überwältigt und hat Angst. Seine Entscheidung: «Unter allen Umständen stoppen – Koste es, was es wolle» ist bereits getroffen und er filtert jede weitere Information unter diesem Gesichtspunkt aus. Geht daher eher vom Schlimmsten Fall aus.

«Flatten the Curve» und radikale Massnahmen stehen nicht im Widerspruch. Dieser konstruiert Unzicker nur, weil Drosten sagt, dass die Kurve abflachen wichtig sei, nicht die Radikalität der Massnahme. Denn als Virologe weiss Drosten, dass er nur sagen kann, was es aus seiner Sicht relevant ist, die flachere Kurve. Verhaltensforscher, Polizei, Regierung, Psychologen, etc. wissen eher, wie man das Verhalten der Bevölkerung beeinflussen kann und wieviel Druck es verträgt oder ab wann eine Massnahme kontraproduktiv wird.

Deutschland hinkt vermutlich mehr als 8 Tage hinter Italien hinterher. Bei den aktuellen Zahlen an Todesfällen (I: 5476 / D: 115) sind es knapp über drei Verdoppelungsschritte. Die Schweiz war letzte Woche schon bei 3 Tagen für eine Verdoppelung, Deutschland noch bei mehr (habe keine aktuelle gefunden, aber vor 10 Tagen waren es noch 6-7 Tage bis zur Verdoppelung).

Die 70% Immunität, welche es für die Herdenimmunität gegenüber dem SARS-CoV-2 braucht, sind auch eine Tatsache. Und die Idee, dass man zu dieser Zahl mit einer flachen Kurve gelangen kann, stimmt. Es ist kein Widerspruch zu den Beispielen mit drastischeren Massnahmen. Aber ein totaler Stillstand hat das Problem nicht gelöst. Ein Apnöe-Taucher verbraucht ohne Bewegung weniger Sauerstoff und kann länger die Luft anhalten. Aber trotzdem macht es Sinn, einen Teil seines Sauerstoffes auch für Bewegungen hin zur Wasseroberfläche aufzuwenden. Es gilt also das Mass, die Balance zu finden. Drosten liefert nur die Fakten, die Einschätzung müssen andere machen.

Dass der Spiegel-Redakteur aufwacht, dass Coronaparties scheisse sind, dass man besser früher gehandelt hätte, dass Stimmen wie jene von Wodarg zur Zeit unangebracht sind, erkennt Unzicker richtig. Aber immerhin schreibt er Wodargs Meinung nicht komplett ab, sondern hält sie nur in diesem Fall für eine Fehleinschätzung. Diese Differenzierung würde ich mir von Unzicker auch für den Rest seines Artikels wünschen, tut er aber nicht. Weil er sich selbst im Alarmierungsmodus befindet.

Dass er im Rundschreiben seines geschätzten Journalisten gegen die Hysterie anzuschreiben, eine Verharmlosung der Pandemie sieht, dass er sich selbst im einem Szenario sieht, vor den einstürzenden Twin Towers davonrennen zu müssen, zeigt doch, dass er im Panikmodus ist, selbst das differenzierte Denken ausgeschaltet hat.

Genauso steht auch die Aussage, dass die Testdichte in Deutschland höher ist und man darum mehr Zeit zum reagieren hat, nicht im Widerspruch zu Kekulé, der sagt, dass die effektiven Fälle höher sind, als die mittels Test erfassten. Aber schon ein Blick auf die sich später entwickelnden Todesfälle stützt eigen Drostens Aussage. Auch, dass die unterschiedlichen Validierungsverfahren dieser Tests, weniger relevant sei, als die breite Verfügbarkeit.

Unzicker ist unsicher. Er möchte Sicherheit und kann mit der Tatsache, dass es keine Sicherheit gibt, nichts anfangen. Warum erwartet er von einem Virologen, wie sich die Bevölkerung mit Masken eindecken kann, die es zur Zeit nicht gibt? Warum hat er Mühe zu verstehen, dass die Relativierung dieser Studie korrekt ist? Weil sie ihm vermeintliche geglaubte Sicherheit nimmt.

Ich bin mir sicher, dass sich China genauso gut auch von einem Top-Wissenschaftler wie Drosten beraten lassen würde und zu anderen Schlüssen gekommen wäre. Wer Drosten genau zuhört, versteht, dass er nur Informationen und seinen Kenntnisstand weitergibt. Die verunsicherten Menschen wollen aber eine klare autoritäre Handlungsweisung, statt einem Ratschlag. Darum werden auch die falschen Fragen gestellt, man erhofft sich Führung von Drosten. Diese will und kann er aber nicht geben.

Unzicker ist genauso überfordert und verunsichert wie die viele andere Menschen auch. Daher sehnen sie sich nach einer autoritären Figur oder einem autoritären Regime, das ihnen sagt, was sie zu tun haben. Die Anweisung: «neue Situation, hier die Fakten, hier die Ratschläge, denkt mit» ist zu viel verlangt. Aber genau dieses Verhalten brauchen wir. Ironischerweise sollte er sich jetzt sein eigenes Buch mit dem Untertitel: «Anleitung zum Selberdenken in verrückten Zeiten» zu Herzen nehmen. Er hat immerhin in kognitiver Psychologie promoviert, aber das verhindert nicht, dass er selber einer kognitiven Dissonanz aufsitzt und darum selektiv wahrnimmt.

Joscha Bach ist da weniger alarmistisch unterwegs. Auch seine Spezialgebiete lassen auf hohe Intelligenz schliessen. Er stellt das Prinzip nicht in Frage, dass die Kurve abgeflacht werden muss. Er konzentriert sich aber auf sein Spezialgebiet, die Zahlen besser in Relation zu stellen und hochzurechnen. Er kommt mit Modellrechnungen und ausgehend von den Zahlen der vorhanden IPS Stationen in den USA zum Schluss, dass die Kurve massiv abgeflacht, quasi geplättet werden muss, um nicht in die Notlage der Triage zu kommen. Damit hat er Recht. Er berücksichtigt in seinen Modellen auch diverse Schätzungen für Parameter anderer Experten. er versucht die Bandbreite von Handlungsmöglichkeiten zu erfassen. Er stellt auch korrekt fest, dass ein autoritärer Lockdown, mit door-to-door Testing und komplettem Contact Tracing (im Falle von China mittels einer bereits installierten Infrastruktur der automatischen Gesichtserkennung, Erfassung und Abgleichung von Bewegungsprofilen, totaler Überwachung) die Kurve praktisch plätten kann.

Und jetzt braucht es aber die korrekte Einordnung. Wie schätzt man die Bedrohung des Virus für den Einzelnen oder für das ganze Land ein? Was ist man bereit aufzugeben? Woran will man festhalten? Sind wir so ängstlich, dass wir uns sämtlicher Freiheiten berauben wollen? Oder haben wir das Vertrauen in die Gesellschaft, dass diese auch trotz der hohen Verluste nicht auseinander bricht und durch Vernunft statt Verbote die Kurve abflachen kann?

Wie Berset richtig formuliert hat, es sind nicht die Massnahmen, welche die Kurve abflachen. Es ist unser Verhalten.
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Lällekönig
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Beitrag von Lällekönig »

rhybrugg hat geschrieben:Ich glaube du stellst dir das sehr einfach bzw. als Option vor.

Gewinne "nach hinten verschieben" wird einer mehrheit der KMUs nicht möglich sein. Die haben oft ein, zwei, maximal drei Monate "Runway".
Dann ist fertig. Jetzt gibt es Möglichkeiten von Kurzarbeit und auch sonstige Wirtschaftshilfe. Aber das wird nicht reichen.

Da gibt es zig Firmen die irgendwas tolles machen. Dienstleistungen für andere KMUs. Also nicht UBS und Co als Kunden sondern "Lällenkönig Gastro" und "Rhybrugg Dogsitters". Die haben vielleicht 10 Mitarbeiter und eine Marge von deutlich < 10%.
Bei denen wurden bereits diverse geplante Aufträge sistiert bzw in den herbst verschoben oder auf unbekannt verschoben. Die werden keinen weiteren "Dienst an der Gesellschaft" mehr vertragen. Die gehe hopps. Und ihr Dienst an der Gesellschaft war, dass sie Arbeitsplätze geschaffen und Steuern gezahlt haben.

Ich würde mir den Bau eines Pools, Wintergarten, neue Praxisräumlichkeiten aktuell auch überlegen. Oder den Kauf eines neuen Autos, Sofas. Ferien, neuer TV ebenfalls.
Weil in der nächsten Zeit habe ich lieber Bargeld zur Hand. Wer weiss ob ich meinen Job noch lange behalten kann...
Zu viele dieser Überlegungen laufen noch im bisherigen Alltagsmodus und sind noch nicht im Krisenmodus. Das liegt aber auch daran, dass der BR weiterhin versucht, die Existenzsicherung über Mittel und Wege, welche dem Alltagsmodus entspringen, abzusichern, statt ausserhalb der Box zu denken.

Gute Beispiele von Verlusten oder Gewinnverzichten sind der Schnelltest von Roche, welcher keinen Gewinn abwerfen wird, aber jetzt dringend benötigt wird. Das Vertrauen in die Firma wächst, was später Gewinne bringen wird. Oder das T-Mobile USA die Beschneidung ihrer Datenvolumen aufgehoben haben, weil jetzt ein erhöhter Informations- und Kommunikationsbedarf besteht. Sie hätten wahnsinnig viel Geld machen können, verzichten aber darauf, weil sie die Gesellschaft unterstützen. Klar kann man das alles als Investitionen in die Zukunft oder Werbemassnahmen betrachten und abschreiben. Aber darum geht es doch, durch richtiges Handeln Vertrauen generieren.

Der Bundesrat ist gewillt und bemüht die Existenzen seiner Bürger und Unternehmen zu sichern. Aber er kämpft immer noch mit der Lösungsfindung. Überlegt ja auch an einer Aussetzung von Mietzahlungen für Gewerbeobjekte, hat noch immer nicht alle Berufsgruppen aufgefangen, etc.
Wie wäre die radikale Massnahme vorübergehend auf ein Grundeinkommen zur Existenzsicherung zu setzen. Den Unternehmen zu erlauben, für diese Dauer auf Lohnzahlungen verzichten zu dürfen, aber Mitarbeiter von der Arbeit befreien können, ohne ihnen kündigen zu müssen. Quasi die Verschärfung der Kurzarbeit. Dies nähme extrem viel Druck aus dem System und würde den den Fokus auf das Wesentliche zum Überleben und Fortbestehen der Gesellschaft vereinfachen, wäre eine Art Krisenmodus. Man könnte auch weitere Fixkosten in ähnlicher Manier angehen, wie es bei den Mieten gerade versucht wird. Ich habe genug Vertrauen, dass sich genügend Menschen und Unternehmen finden, welche die Wesentlichen Dinge am laufen halten werden. Die Bereitschaft sich einzubringen ist gewaltig, sobald man einmal ein Bedürfnis ausgemacht hat. Allein schon wie viele Freiwillige sich reaktivieren um im Gesundheitswesen auszuhelfen, wie viele Nachbarschaftshilfen gestartet werden, etc. Wenn ein Bauer zu Hilfe bei der Ernte aufrufen würde, weil die Gastarbeiter zur Zeit fehlen, so bin ich sicher, dass er Leute finden würde. Solange die Existenzen der Einzelnen gesichert sind, ist die Bereitschaft hoch. Lällekönig Gastro könnte plötzlich aktiv werden, weil ein Bedürfnis für die Versorgung der leichten Fälle, die sich zu Hause auskurieren, aufkommt. Dazu müssten aber die Liefer- und Kurierdienste unterstütz werden, etc. Genauso könnte rhybrugg Dogsitter seine 10 Mitarbeiter zu Hause lassen, bis ein Bedürfnis aufkommt, weil die Tierheime voll sind und diverse Hunde Betreuung brauchen weil Frauchen oder Herrchen im Spital sind.

Wir brauchen im Moment eine hohe Adaptionsfähigkeit, weil uns vieles unbekannt ist und wir schnell darauf reagieren können müssen. Die bestehenden Strukturen können nicht mehr 1:1 umgesetzt werden, aber die Netzwerke bestehen und die Expertisen bestehen. Man muss einfach eine neue vorübergehende Lösung finden. Und dies geht am Besten, wenn die bestehenden Strukturen vorübergehend aufgehoben werden, um sich bei Bedarf neu zu formieren.
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Beitrag von Lällekönig »

tango hat geschrieben:Ich frage mich, was wenn sich der Bundesrat irrt, und die Massnahmen absolut übertrieben sind?

Und was, wenn sich jene irren, welche die durch das Virus gegebene Bedrohung unterschätzen?
Irren in Bezug auf was?

Die Auswirkungen des Virus auf die Gesundheit sind nun einigermassen bekannt.
Die rasante Verbreitung und die sich im Anzug befindende Ressourcenknappheit im Gesundheitssystem steht auch ausser Frage.

Im Moment wissen wir mehr Bescheid über die Auswirkungen des Virus auf die Gesundheit, als über die Auswirkungen der Massnahmen gegen die Verbreitung des Virus.

Ob man übertreibt oder nicht, hängt von der Bewertung der Folgen der Massnahmen ab. Diese sind zur Zeit recht diffus. Da gehört mehr Klarheit hinein, zu welcher uns die Pandemie gerade zwingt.
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nobilissa
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Beitrag von nobilissa »

Lällekönig hat geschrieben:Ich habe mir mal die durchaus anderen Meinungen angeschaut.....
Und der ganze Beitrag hilft uns, weil ????

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uranus3
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Beitrag von uranus3 »

Labors in der Schweiz erwarten - optimalerweise - ca. Ende dieser Woche Reagenzien zur Bestimmung von spezifischen Antikörpern.

Das könnte helfen.

Falls es jemanden interessiert, werde ich gern gegen Ende Woche Erfahrungen - und auch Überlegungen - aus dem Alltag eines Hausarztes hier posten.

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Beitrag von Lällekönig »

Pro Sportchef bim FCB hat geschrieben:Was aber wenn man nicht ein einzelnes KMU betrachtet, sondern die gesamte Volkswirtschaft? Diese wird nämlich früher oder später die Massnahmen nicht mehr tragen können. Mit existenziellen Folgen mittel- und langfristig.
Und damit möchte ich auf keinen Fall sagen, die gesamte Volkswirtschaft sei wichtiger als die Risikopatienten. Ich möchte das gar nicht gegeneinander stellen. Einzig möchte ich dies noch in die Runde werfen zur Diskussion.
Es ist aus meiner Sicht vergeudete Energie, die gesamt Volkswirtschaft in einer Krisensituation mit völlig veränderter Nachfrage, im bisherigen Default-Modus weiterfahren zu lassen. Diese Volkswirtschaft sollte sich ebenfalls in den Krisenmodus begeben können und sich herunterfahren, um so weniger Schaden zu leiden. Kein vernunftbegabter Anleger wird in der Zukunft ein Unternehmen schlecht bewerten und nicht investieren, weil es in der Zeit der Pandemie schlechter als gewohnt performt haben wird. Mein Vertrauen würde vor allem bei jenen Unternehmen ansteigen, welche sich der Lage angepasst richtig verhalten hätten. Nicht bei jenen, die krampfhaft versuchten fortzufahren wie vor der Pandemie.
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Beitrag von Lällekönig »

nobilissa hat geschrieben:Und der ganze Beitrag hilft uns, weil ????
Nur ein exemplarisches Beispiel, wie man eine andere Meinung ruhig und differenziert betrachten kann, statt sie einfach blind zu übernehmen oder abzulehnen.

Der Beitrag richtet sich nicht an dich, du lässt dich nicht von tendenziöser Berichterstattung beeinflussen, resp. kannst deren Informationsgehalt richtig einordnen.
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nobilissa
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Beitrag von nobilissa »

uranus3 hat geschrieben:Labors in der Schweiz erwarten - optimalerweise - ca. Ende dieser Woche Reagenzien zur Bestimmung von spezifischen Antikörpern.
Das könnte helfen.
Falls es jemanden interessiert, werde ich gern gegen Ende Woche Erfahrungen - und auch Überlegungen - aus dem Alltag eines Hausarztes hier posten.
Gerne !!

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Beitrag von Lällekönig »

uranus3 hat geschrieben:Labors in der Schweiz erwarten - optimalerweise - ca. Ende dieser Woche Reagenzien zur Bestimmung von spezifischen Antikörpern.

Das könnte helfen.

Falls es jemanden interessiert, werde ich gern gegen Ende Woche Erfahrungen - und auch Überlegungen - aus dem Alltag eines Hausarztes hier posten.
Danke für die Info. Sehr gerne lese ich deine Erfahrungen und Überlegungen. Es würde mich freuen, wenn du hier postest.
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ayrton_michael_legends
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Beitrag von ayrton_michael_legends »

nobilissa hat geschrieben:Und der ganze Beitrag hilft uns, weil ????
er ein drosten fanboy ist und er gerne seinen lieblings corona virologen verteidigen möchte.
natürlich spielt aber auch sein geltungsbedürfnis eine rolle. tja, kann man nichts machen gäll lällekeenig ;)

ayrton_michael_legends
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Beitrag von ayrton_michael_legends »

Lusti hat geschrieben:Erst einmal sollte man sich nicht unbedingt auf die Fallzahlen beschränken. Wie bereits mehrfach erwähnt hängen diese stark von der Erfassung, den verfügbaren Tests und weiteren Faktoren zusammen. Im Zusammenhang mit Covid-19 ist ein übersichtliches und aktuelles Lagebild aktuell nicht vorhanden und wird es auch wohl bis ans Ende der Epidemie nicht sein. Weiter ist eine abgewendete Pandemie von keiner Pandemie schlecht zu unterscheiden, da die Referenzgruppe, also jenes Land das nullkommanull Gegensteuer gibt, nicht vorhanden ist.

So bleiben meiner Meinung nach folgende Dinge zu erwähnen:
Wenn du zuhause feststellst das es nach Rauch riecht, stehst du auf und suchst das Feuer. Findest du kein Feuer wird dir niemand einen Strick daraus drehen, das du nachschauen gegangen bist. Die Gegner dieser Massnahmen werden bei einer erfolgreichen Pandemiebekämpfung genau das dem Bundesrat vorwerfen. Sie werden Anhand eines etwaigen positiven Verlaufs argumentieren, dass die Lage gar nie so schlimm war und die Massnahmen des BR überzogen waren.
Dier Beführworter der aktuellen Massnahmen werden den positiven Verlauf als Argument für die Massnahmen reklamieren. Beiden Seiten fehlt aber die Datenbasis um deren Argumentation zu begründen.
Und so bleibt es wie beim Feuer: Nachsehen ist immer die bessere Option.

All jenen die aktuell unter der Lage leiden (KMU's etc) kann ich nur folgendes Berichten:
Ich habe selbst ein KMU und wir müssen auch zusehen, dass wir unser Geschäft halten können. Es ist unangenehm, zuweilen steht man fassungslos oder auch machtlos einer Situation gegenüber welche einfach über einen hereinbricht. Die angebotenen Massnahmen des BR sind nicht immer perfekt und es werden Unternehmen schliessen, das ist definitiv der Fall. Das ist im Einzelfall ein bittere Pille. Mich stört aber z.T. die Argumentation.
- Es betrifft nur die Alten und Vorerkrankten und Risikogruppen, die wären sowieso gestorben. -> Wäre es demzufolge notwendig das die Kinder und Jugentlichen sterben um solche Massnahmen zu rechtfertigen? Wer definiert Lebenswert? Wollen wir es so weit kommen lassen, dass Ärze gemäss einem vorgefertigten Ethikblatt entscheiden, wem eine Maschine zur Verfügung gestellt wird? So ist die Lage nämlich aktuell in Italien!!
- Mein Geschäft leidet. -> Das ist zwar bitter, aber es geht um Geld. Und im die wirtschaftliche Existenz. Man kann wieder ein Geschäft eröffnen, man kann wieder Arbeit finden. Schwieriger wird es, wenn man tod ist. Mein Geschäft als Tauschpfand für 1 Leben? Ich bin dabei!

Und so zeigt sich, an welchem Punkt die Trennlinie zwischen Humanist und Kapitalist im Einzelfall liegt. Die Einschränkung von Freiheiten für mehrere Monate, die finanzielle Problematik für Firmen und Private. All dies sind Probleme und Umstände die sich zu einem späteren Zeitpunkt korrigieren lassen. Verlorenes Leben gehört nicht dazu.
danke für diesen beitrag. gefällt mir ausgesprochen gut.

ayrton_michael_legends
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Beitrag von ayrton_michael_legends »

ja, sehr gerne.

und vielen dank hier auch einmal an alle hausärzte! für euch sind es sicher auch schwierige, anstrengende zeiten mit vielen überstunden.

ayrton_michael_legends
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Beitrag von ayrton_michael_legends »

uranus3 hat geschrieben:Labors in der Schweiz erwarten - optimalerweise - ca. Ende dieser Woche Reagenzien zur Bestimmung von spezifischen Antikörpern.

Das könnte helfen.

Falls es jemanden interessiert, werde ich gern gegen Ende Woche Erfahrungen - und auch Überlegungen - aus dem Alltag eines Hausarztes hier posten.
ja, sehr gerne.

und vielen dank hier auch einmal an alle hausärzte! für euch sind es sicher auch schwierige, anstrengende zeiten mit vielen überstunden.

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Lällekönig
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Beitrag von Lällekönig »

ayrton_michael_legends hat geschrieben:er ein drosten fanboy ist und er gerne seinen lieblings corona virologen verteidigen möchte.
natürlich spielt aber auch sein geltungsbedürfnis eine rolle. tja, kann man nichts machen gäll lällekeenig ;)
Ich bin kein Drosten Fanboy. Ich halte einfach mehr von seinen Fakten zum Thema, als von Utzingers Alarmismus. Mir wäre auch lieber, dass mehr Leute das Thema ernster nehmen würden, aber nicht aus Panik, sondern aus Vernunft.

Wenn du vergleichst, wie sich das Verhalten der Menschen innert kürzester Zeit massiv verändert hat. Finde ich dies beachtlich. Heute vor 3 Wochen wäre Fasnacht gewesen und heute verhalten sich die Leute weitestgehend korrekt. Und das alles ohne ein autoritäres Regime. Ich bin absolut deiner Meinung, dass es auch schneller hätte gehen können. Ich hätte auf eine andere Kommunikationsstrategie gesetzt, du auf ein drastisches Verbot.


Vielleicht hilft dir diese Meldung, von vor 2h dich zu beruhigen. Aber bevor du daraus ein erneutes Obligatorium formulierst, rechne zuerst nach. Wie lange reicht so ein Obligatorium? Wie gehst du am sinnvollsten mit dieser Ressource um?
Labor Spiez hilft, Versorgung mit Schutzmasken sicherzustellen: Das Labor in Spiez hat am Wochenende 10 Millionen Hygienemasken der Privatwirtschaft trotz abgelaufenem Verfallsdatum freigegeben. Diese werden nun durch die Armeeapotheke verteilt, wie das Bundesamt für Bevölkerungsschutz am Montag mitteilte. Damit würden die Engpässe bei diesem Produkt zumindest temporär etwas entschärft.

Laut dem Bund können die Schutzmasken derzeit bis zu acht Stunden getragen werden, länger als die zwei bis vier Stunden der Standardnorm. Das Labor Spiez prüft derzeit auch eine mehrfache Verwendung von Schutzmasken. Eine solche ist grundsätzlich nicht vorgesehen. Es gehe hier um Notlösungen, die nur im Ausnahmefall angewendet werden dürften, schreibt der Bund.
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ayrton_michael_legends
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Beitrag von ayrton_michael_legends »

Lällekönig hat geschrieben:Vielleicht hilft dir diese Meldung, von vor 2h dich zu beruhigen.
gratuliere. du hast es auf die ignore-list geschafft. schade eigentlich.

Tyrion
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Beitrag von Tyrion »

ayrton_michael_legends hat geschrieben:ja, sehr gerne.

und vielen dank hier auch einmal an alle hausärzte! für euch sind es sicher auch schwierige, anstrengende zeiten mit vielen überstunden.
Ein Hausarzt aus meinem nahen Umfeld erzählt mir das Gegenteilige. Offenbar meiden viele mit leichten Erkrankungen den Hausarzt (Husten, Rückenschmerzen, etc.). Zudem fallen einige Sportverletzungen in Folge der Verbote weg (beispielsweise Bänderzerrungen). Gilt natürlich nicht für alle Hausärzte...

pete boyle
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Beitrag von pete boyle »

nimms nicht persönlich, jedem seine meinung, aber ich finde deine masken-hysterie auch das seltsamste und überflüssigste im ganzen thread...

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Zuffi
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Beitrag von Zuffi »

BJ macht ziemlich das Gegenteil des BR. Von fast alles erlaubt zu komplettem Kontakverbot. Da ist mir die Angehensweise des BR doch einiges angenehmer.

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Faniella Diwani
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Beitrag von Faniella Diwani »

Die Maskendiskussion ist sinnlos. Hätte jeder Haushalt einen Notvorrat a 100 Masken (wie das mal so ähnlich zu Schweinegrippezeiten empfohlen wurde), hätten wir heute eine Trageempfehlung "ausser Haus".
Haben wir nicht, also auch keine Tragempfehlung. Auch damit wir die Masken nicht den Pflegenden wegklauen.

Was wirklich schlimm ist, ist nicht obiges, sondern dass wir auch in den Spitälern, in Altersheimen und in der Pflege knapp an Masken sind.

Und was ich nicht verstehe, ist warum wir es nicht schaffen Masken zu produzieren. Es kann doch nicht so schwer sein Filtermatten zuzuschneiden, zusammenzukleben und zwei Gummibänder dranzutackern?
Munition stellen wir doch auch selbst her um nicht vom Ausland abhängig zu sein.

rhybrugg
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Beitrag von rhybrugg »

Lällekönig hat geschrieben:Zu viele dieser Überlegungen laufen noch im bisherigen Alltagsmodus und sind noch nicht im Krisenmodus. Das liegt aber auch daran, dass der BR weiterhin versucht, die Existenzsicherung über Mittel und Wege, welche dem Alltagsmodus entspringen, abzusichern, statt ausserhalb der Box zu denken.

Gute Beispiele von Verlusten oder Gewinnverzichten sind der Schnelltest von Roche, welcher keinen Gewinn abwerfen wird, aber jetzt dringend benötigt wird. Das Vertrauen in die Firma wächst, was später Gewinne bringen wird. Oder das T-Mobile USA die Beschneidung ihrer Datenvolumen aufgehoben haben, weil jetzt ein erhöhter Informations- und Kommunikationsbedarf besteht. Sie hätten wahnsinnig viel Geld machen können, verzichten aber darauf, weil sie die Gesellschaft unterstützen. Klar kann man das alles als Investitionen in die Zukunft oder Werbemassnahmen betrachten und abschreiben. Aber darum geht es doch, durch richtiges Handeln Vertrauen generieren.

Der Bundesrat ist gewillt und bemüht die Existenzen seiner Bürger und Unternehmen zu sichern. Aber er kämpft immer noch mit der Lösungsfindung. Überlegt ja auch an einer Aussetzung von Mietzahlungen für Gewerbeobjekte, hat noch immer nicht alle Berufsgruppen aufgefangen, etc.
Wie wäre die radikale Massnahme vorübergehend auf ein Grundeinkommen zur Existenzsicherung zu setzen. Den Unternehmen zu erlauben, für diese Dauer auf Lohnzahlungen verzichten zu dürfen, aber Mitarbeiter von der Arbeit befreien können, ohne ihnen kündigen zu müssen. Quasi die Verschärfung der Kurzarbeit. Dies nähme extrem viel Druck aus dem System und würde den den Fokus auf das Wesentliche zum Überleben und Fortbestehen der Gesellschaft vereinfachen, wäre eine Art Krisenmodus. Man könnte auch weitere Fixkosten in ähnlicher Manier angehen, wie es bei den Mieten gerade versucht wird. Ich habe genug Vertrauen, dass sich genügend Menschen und Unternehmen finden, welche die Wesentlichen Dinge am laufen halten werden. Die Bereitschaft sich einzubringen ist gewaltig, sobald man einmal ein Bedürfnis ausgemacht hat. Allein schon wie viele Freiwillige sich reaktivieren um im Gesundheitswesen auszuhelfen, wie viele Nachbarschaftshilfen gestartet werden, etc. Wenn ein Bauer zu Hilfe bei der Ernte aufrufen würde, weil die Gastarbeiter zur Zeit fehlen, so bin ich sicher, dass er Leute finden würde. Solange die Existenzen der Einzelnen gesichert sind, ist die Bereitschaft hoch. Lällekönig Gastro könnte plötzlich aktiv werden, weil ein Bedürfnis für die Versorgung der leichten Fälle, die sich zu Hause auskurieren, aufkommt. Dazu müssten aber die Liefer- und Kurierdienste unterstütz werden, etc. Genauso könnte rhybrugg Dogsitter seine 10 Mitarbeiter zu Hause lassen, bis ein Bedürfnis aufkommt, weil die Tierheime voll sind und diverse Hunde Betreuung brauchen weil Frauchen oder Herrchen im Spital sind.

Wir brauchen im Moment eine hohe Adaptionsfähigkeit, weil uns vieles unbekannt ist und wir schnell darauf reagieren können müssen. Die bestehenden Strukturen können nicht mehr 1:1 umgesetzt werden, aber die Netzwerke bestehen und die Expertisen bestehen. Man muss einfach eine neue vorübergehende Lösung finden. Und dies geht am Besten, wenn die bestehenden Strukturen vorübergehend aufgehoben werden, um sich bei Bedarf neu zu formieren.
Ich habe dir zu erklären versucht, dass dies für die KMUs eine existenzbedrohende Krise ist. Nix Alltagsmodus. Aber klar, lass noch ein paar Worhülsen fallen und denke "outside the box". Roche hat den Arsch voller Geld und die Pharmaindustrie wird wie Pablo Escobar in einer 80er Jahre Brokerfirma sein. Keine Sorgen ums Business.
Vorübergehend wird das schon klappen auch dank der Unterstützung des Bundes. Aber mit welchem Ziel wird jetzt grade die ganze Wirtschaft gestoppt? Für wie lange? Bis in den Sommer? Bis eine Impfung da ist. Oder wenigstens ein Medikament?
Weil egal wie fest du die Kurve "flattest": es wird nicht reichen um in nächster Zeit wieder halbwegs normalzustände zu erreichen.

Mir geht die Wirtschaft, so wie sie aufgestellt ist, die Ziele die sie verfolgt und die Werte welche in unserer Globalisierten Welt vertreten werden dermassen am Arsch vorbei. Aber die Menschen die in den Firmen arbeiten und davon abhängig sind, die nicht. Ich bin IT-Fachmann und habe Vertrauen in meine Fähigkeiten und in die Nachfrage nach meinen Dienstleistungen. Gerade in dieser Krise. Trotz meines Alters.
Aber das ist sicher nicht die Berufssituation in der sich die Mehrheit befindet. Und auch wenn es nach dem Tief irgendwann wieder voll boomen wird: in der Zwischenzeit geht viel verloren und die Kosten hat dann eine andere Generation zu tragen.

Ich glaube, man hatte zwei Möglichkeiten: Isolation oder Testen. Auf Zweiteres war man denkbar schlecht vorbereitet obwohl das andere Länder hinbekommen haben. Da hätte vielleicht mal einer "out of the box" denken sollen von den Spezialisten auf die du so stark vertraist. Aber vielleicht war beim BAG grad kein Papier im Fax als die Corona-Test-Kits im Sonderangebot beworben wurde. Und somit hatte man nur noch eine Möglichkeit: China(-Light).

rhybrugg
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Beitrag von rhybrugg »

Faniella Diwani hat geschrieben:Die Maskendiskussion ist sinnlos. Hätte jeder Haushalt einen Notvorrat a 100 Masken (wie das mal so ähnlich zu Schweinegrippezeiten empfohlen wurde), hätten wir heute eine Trageempfehlung "ausser Haus".
Haben wir nicht, also auch keine Tragempfehlung. Auch damit wir die Masken nicht den Pflegenden wegklauen.

Was wirklich schlimm ist, ist nicht obiges, sondern dass wir auch in den Spitälern, in Altersheimen und in der Pflege knapp an Masken sind.

Und was ich nicht verstehe, ist warum wir es nicht schaffen Masken zu produzieren. Es kann doch nicht so schwer sein Filtermatten zuzuschneiden, zusammenzukleben und zwei Gummibänder dranzutackern?
Munition stellen wir doch auch selbst her um nicht vom Ausland abhängig zu sein.
Mit Masken liess sich bis anhin halt kein Geld verdienen. Mit Kriegsmaterial halt schon. Natürlich nicht um damit auf Leute zu schiessen. Weil wir sind ja neutral.

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Basilius
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Beitrag von Basilius »

Die Sendung Corona-Krise Spezial, die Telebasel heute abend ausgestrahlt hat, ist unbedingt zu empfehlen.

https://telebasel.ch/2020/03/23/corona- ... nel=105100

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Lällekönig
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Beitrag von Lällekönig »

rhybrugg hat geschrieben:Ich habe dir zu erklären versucht, dass dies für die KMUs eine existenzbedrohende Krise ist. Nix Alltagsmodus. Aber klar, lass noch ein paar Worhülsen fallen und denke "outside the box". Roche hat den Arsch voller Geld und die Pharmaindustrie wird wie Pablo Escobar in einer 80er Jahre Brokerfirma sein. Keine Sorgen ums Business.
Vorübergehend wird das schon klappen auch dank der Unterstützung des Bundes. Aber mit welchem Ziel wird jetzt grade die ganze Wirtschaft gestoppt? Für wie lange? Bis in den Sommer? Bis eine Impfung da ist. Oder wenigstens ein Medikament?
Weil egal wie fest du die Kurve "flattest": es wird nicht reichen um in nächster Zeit wieder halbwegs normalzustände zu erreichen.

Mir geht die Wirtschaft, so wie sie aufgestellt ist, die Ziele die sie verfolgt und die Werte welche in unserer Globalisierten Welt vertreten werden dermassen am Arsch vorbei. Aber die Menschen die in den Firmen arbeiten und davon abhängig sind, die nicht. Ich bin IT-Fachmann und habe Vertrauen in meine Fähigkeiten und in die Nachfrage nach meinen Dienstleistungen. Gerade in dieser Krise. Trotz meines Alters.
Aber das ist sicher nicht die Berufssituation in der sich die Mehrheit befindet. Und auch wenn es nach dem Tief irgendwann wieder voll boomen wird: in der Zwischenzeit geht viel verloren und die Kosten hat dann eine andere Generation zu tragen.

Ich glaube, man hatte zwei Möglichkeiten: Isolation oder Testen. Auf Zweiteres war man denkbar schlecht vorbereitet obwohl das andere Länder hinbekommen haben. Da hätte vielleicht mal einer "out of the box" denken sollen von den Spezialisten auf die du so stark vertraist. Aber vielleicht war beim BAG grad kein Papier im Fax als die Corona-Test-Kits im Sonderangebot beworben wurde. Und somit hatte man nur noch eine Möglichkeit: China(-Light).
Dass es für die KMUs eine existenzbedrohende Lage ist, sehe ich ein. Die Produktivität, die Nachfrage und die Einnahmen sind weg, die Kosten werden zwar kleiner, bleiben aber bestehen. Ich sehe aber auch, dass die Strukturen mitverantwortlich sind, weil sich diese nicht an die Situation anpassen.

Was spricht dagegen, diese Strukturen vorübergehend ausser Kraft zu setzen und anders zu lösen?

Der BR kann entweder viel Geld in dieses System pumpen, um es weiterhin laufen zu lassen oder er könnte die «Pause-Taste» drücken.

Wenn ein KMU ein Produkt herstellt oder Dienstleistung anbietet, welche zur Zeit nicht benötigt wird, könnte dieses Unternehmen doch «pausieren»? Fixkosten drosseln, durch vorübergehende Freistellungen ohne Kündigungen, stattdessen gäbe es ein Grundeinkommen oder etwas vergleichbares, die extremere Form der Kurzarbeit. Mietkosten könnten vorübergehend gedrosselt werden und der Bund würde sie bei einer befristeten Stilllegung sogar übernehmen. Usw. Glaubst du nicht, dass eine solche Pause während der Dauer von Massnahmen unter dem Strich günstiger herauskommt? Dass die Firmen nach der Krise wieder aktiviert werden könnten?

Nehmen wir mal als Beispiel ein KMU das ausschliesslich Festival-Bändeli herstellt. Dieses ginge zu Grunde, weil es trotz Kurzarbeit die Lohnanteile nicht finanzieren kann, weil es ohne Nachfrage keine Einnahmen generiert. Schaltet man dieses Unternehmen aber auf «Pause», bezahlt es gar keine Löhne, muss niemanden entlassen, kann vorübergehend dicht machen und nach der Krise wieder hochfahren.

Warum dies günstiger kommen soll, als wenn der Bundesrat den Betrieb aufrecht erhielte? Weil ein Grundeinkommen lediglich die Existenzen sicherte. Warum sollte der Chef dieses KMUs fürs Nichtstun mehr Geld erhalten als der Bändelizuschneider? Die Massnahme soll die Existenzen der Menschen und Unternehmen sichern, nicht den gewinnorientierten Verteilschlüssel der Löhne fortführen. Wird die Massnahme abgesetzt, geht wieder alles weiter wie zuvor.

Ja, die ein Teil der Mitarbeiter würden für die Dauer der Massnahme auf höhere Löhne verzichten, das KMU muss eh durch das Veranstaltungsverbot auf Gewinne verzichten, der Vermieter würde auf einen Teil der Einnahmen verzichten. Aber wessen Existenz wäre gefährdet? Und wären die Verzichte angesichts des Ausmasses der Krise nicht gerechtfertigt? Würden die Kosten für die Nachfolgegenerationen so nicht tiefer ausfallen?

Ich bin nie gegen Testen gewesen. Ich sah die Umstellung auf SENTINELLA eher kritisch, aber nicht, weil da auch Fax-Geräte zum Einsatz kamen, sondern weil man das Testregime änderte und somit die Gefahr bestand, den Überblick über die Verbreitungsgeschwindigkeit zu verlieren. Solange man nicht jeden Bürger erfasst, bleibt es immer ein Tacho mit unlesbarer Skala. Man sieht nur die Zeigerbewegung, ob man schneller oder langsamer wird. Diese Info genügt, um zu bremsen und den Bremserfolg abzulesen. Je breiter getestet wird, desto genauer die Zeigerbewegung und desto weniger verschwommen die Zahlen der Skala. Eine Umstellung hingegen ist, als ob man den Zeiger umhängt und plötzlich statt der Raddrehzahl die Getriebedrehzahl anzeigt. Es ist eine Irritation bei der Beurteilung der Geschwindigkeit anhand des Zeigers. Aber es funktioniert auch, nachdem man sich darauf eingestellt hat.

Klar, ein System, welches teilweise über Fax-Geräte läuft wirkt antiquiert. Gerade bei exponentieller Zunahme kann das sehr schnell an den Anschlag geraten, wenn es um das Nachtragen geht. Ich weiss aber zB von Basel, dass man genügend Reagenzien für den selbst validierten Test hat. Das Problem wird vermutlich an anderer Stelle gelegen haben.

Ich gehe davon aus, dass das ursprüngliche System (via Genfer Referenzlabor) zu wenig gross dimensioniert war, um den rasant wachsenden Zahlen nachzukommen. Die Umstellung nicht reibungslos lief und das SENTINELLA zwar für eine Grippewelle genügt, aber der Dringlichkeit und Wichtigkeit der COVID-19 Pandemie nicht gerecht wird. Über diese Fehler werde ich mich nach der Krise auch beschweren und aufregen, aber im Moment sind sie halt passiert. Das hindert mich nicht daran, das jede Handlung des Bundesrates oder Empfehlung von Koch einzeln zu werten. Unter dem Strich kommen bei mir beide sehr gut weg, trotz des harzigen Starts.
Meine Vision des FCB: Die heterogene Einheit.

rhybrugg
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Beitrag von rhybrugg »

Lällekönig hat geschrieben:Dass es für die KMUs eine existenzbedrohende Lage ist, sehe ich ein. Die Produktivität, die Nachfrage und die Einnahmen sind weg, die Kosten werden zwar kleiner, bleiben aber bestehen. Ich sehe aber auch, dass die Strukturen mitverantwortlich sind, weil sich diese nicht an die Situation anpassen.

Was spricht dagegen, diese Strukturen vorübergehend ausser Kraft zu setzen und anders zu lösen?

Der BR kann entweder viel Geld in dieses System pumpen, um es weiterhin laufen zu lassen oder er könnte die «Pause-Taste» drücken.

Wenn ein KMU ein Produkt herstellt oder Dienstleistung anbietet, welche zur Zeit nicht benötigt wird, könnte dieses Unternehmen doch «pausieren»? Fixkosten drosseln, durch vorübergehende Freistellungen ohne Kündigungen, stattdessen gäbe es ein Grundeinkommen oder etwas vergleichbares, die extremere Form der Kurzarbeit. Mietkosten könnten vorübergehend gedrosselt werden und der Bund würde sie bei einer befristeten Stilllegung sogar übernehmen. Usw. Glaubst du nicht, dass eine solche Pause während der Dauer von Massnahmen unter dem Strich günstiger herauskommt? Dass die Firmen nach der Krise wieder aktiviert werden könnten?

Nehmen wir mal als Beispiel ein KMU das ausschliesslich Festival-Bändeli herstellt. Dieses ginge zu Grunde, weil es trotz Kurzarbeit die Lohnanteile nicht finanzieren kann, weil es ohne Nachfrage keine Einnahmen generiert. Schaltet man dieses Unternehmen aber auf «Pause», bezahlt es gar keine Löhne, muss niemanden entlassen, kann vorübergehend dicht machen und nach der Krise wieder hochfahren.

Warum dies günstiger kommen soll, als wenn der Bundesrat den Betrieb aufrecht erhielte? Weil ein Grundeinkommen lediglich die Existenzen sicherte. Warum sollte der Chef dieses KMUs fürs Nichtstun mehr Geld erhalten als der Bändelizuschneider? Die Massnahme soll die Existenzen der Menschen und Unternehmen sichern, nicht den gewinnorientierten Verteilschlüssel der Löhne fortführen. Wird die Massnahme abgesetzt, geht wieder alles weiter wie zuvor.

Ja, die ein Teil der Mitarbeiter würden für die Dauer der Massnahme auf höhere Löhne verzichten, das KMU muss eh durch das Veranstaltungsverbot auf Gewinne verzichten, der Vermieter würde auf einen Teil der Einnahmen verzichten. Aber wessen Existenz wäre gefährdet? Und wären die Verzichte angesichts des Ausmasses der Krise nicht gerechtfertigt? Würden die Kosten für die Nachfolgegenerationen so nicht tiefer ausfallen?
Deine Lösung ist jetzt einfach "Der Bund soll zahlen". So toll ich das Bedingungslose Grundeinkommen finde. Woher kommt das Geld? Für wie lange? Diese Frage ist immer noch offen. Mit welchem Ziel machen wir diese ganze Übung jetzt? Bis die Ansteckung runter gehen? Oder Bis zur Impfung? Bis zum Medikament? Bis zum Sommer? Man kann nicht davon ausgehen, dass man das Virus ausrottet. D.h. ohne echte Lösung des Problems wird es immer wieder von Vorne losgehen.

Dieser Teil ist mir aktuell wirklich unklar.

Lällekönig hat geschrieben: Ich bin nie gegen Testen gewesen. Ich sah die Umstellung auf SENTINELLA eher kritisch, aber nicht, weil da auch Fax-Geräte zum Einsatz kamen, sondern weil man das Testregime änderte und somit die Gefahr bestand, den Überblick über die Verbreitungsgeschwindigkeit zu verlieren. Solange man nicht jeden Bürger erfasst, bleibt es immer ein Tacho mit unlesbarer Skala. Man sieht nur die Zeigerbewegung, ob man schneller oder langsamer wird. Diese Info genügt, um zu bremsen und den Bremserfolg abzulesen. Je breiter getestet wird, desto genauer die Zeigerbewegung und desto weniger verschwommen die Zahlen der Skala. Eine Umstellung hingegen ist, als ob man den Zeiger umhängt und plötzlich statt der Raddrehzahl die Getriebedrehzahl anzeigt. Es ist eine Irritation bei der Beurteilung der Geschwindigkeit anhand des Zeigers. Aber es funktioniert auch, nachdem man sich darauf eingestellt hat.

Klar, ein System, welches teilweise über Fax-Geräte läuft wirkt antiquiert. Gerade bei exponentieller Zunahme kann das sehr schnell an den Anschlag geraten, wenn es um das Nachtragen geht. Ich weiss aber zB von Basel, dass man genügend Reagenzien für den selbst validierten Test hat. Das Problem wird vermutlich an anderer Stelle gelegen haben.

Ich gehe davon aus, dass das ursprüngliche System (via Genfer Referenzlabor) zu wenig gross dimensioniert war, um den rasant wachsenden Zahlen nachzukommen. Die Umstellung nicht reibungslos lief und das SENTINELLA zwar für eine Grippewelle genügt, aber der Dringlichkeit und Wichtigkeit der COVID-19 Pandemie nicht gerecht wird. Über diese Fehler werde ich mich nach der Krise auch beschweren und aufregen, aber im Moment sind sie halt passiert. Das hindert mich nicht daran, das jede Handlung des Bundesrates oder Empfehlung von Koch einzeln zu werten. Unter dem Strich kommen bei mir beide sehr gut weg, trotz des harzigen Starts.
Fax und zu wenig Testkapazitäten sind nicht antiquiert sondern schlecht vorbereitet. Natürlich bringt es nix sich an diesen Fehlern aufzureiben. Aber woher nimmst du das Vertrauen, dass diejenigen, die im Normalmodus Ihre Arbeit nicht erledigen konnten, im Krisemodus das Richtige tun?

Lusti
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Beitrag von Lusti »

Pro Sportchef bim FCB hat geschrieben:Was aber wenn man nicht ein einzelnes KMU betrachtet, sondern die gesamte Volkswirtschaft? Diese wird nämlich früher oder später die Massnahmen nicht mehr tragen können. Mit existenziellen Folgen mittel- und langfristig.
Und damit möchte ich auf keinen Fall sagen, die gesamte Volkswirtschaft sei wichtiger als die Risikopatienten. Ich möchte das gar nicht gegeneinander stellen. Einzig möchte ich dies noch in die Runde werfen zur Diskussion.
Du hast natürlich Recht und man muss genau dass tun was du nicht möchtest: Man muss es gegeneinander stellen. Es ist eine Güterabwägung, wie lange hält die Wirtschaft die getroffenen Massnahmen aus. Das genau ist das "piece de résistance" und hier gilt es einen guten Mittelweg zu finden.

Um ehrlich zu sein, sind die getroffenen Massnahmen wohl kaum einzig zum Schutz der Risikogruppen zu verstehen. Wäre das der Fall, ware der aktuelle Ausnahmezustand der Standardfall, da die Risikogruppen immer gefärdet sind und daher immer eines zusätzlichen Schutzes bedürfen. Im aktuellen Fall liegt die Sachlage etwas anders, auch wenn mehrheitlich Risikopatienten sterben (zumindest am Anfang der Epidemie) so werden mit der Zeit auch normale Patienten sterben. Einerseits aufgrund der ausgelasteten Gesundheitssysteme andererseits auch, weil das Virus sehr viele Wirte durchläuft. Mit jedem Wirt mutiert der Virus. Die meisten Mutation haben keinen Effekt, einige werden den Virus "ineffizienter" machen, andere widerum könnten die Übetragungskapazität oder die Mortalität erhöhen. Gerade in Deutschland sieht man in gewissen Gebieten ein überproportionales Problem für jüngere Menschen, dies könnte auf eine Variante des Virus hindeuten, welche durch eine Mutation "effizienter" tötet. Exakt deswegen ist es wichtig diesen Virus regional zu isolieren, wir wollen keineswegs ein "zurückschwappen" eines potenteren Virus von Deutschland in die Schweiz.

All diese Faktoren sind wie gesagt schwierig zu ermitteln, man wird dem Problem immer hinterher rennen. Daher sind meiner Meinung nach die aktuellen Massnahmen durchaus gerechtfertigt, auch wenn die Wirtschaft eines Landes dadurch belastet wird. Die Kriste ist aber auch eine Chance, einige Fragen werden danach sicherlich beantwortet werden müssen:
- Wie verhalten wir uns in Zukunft in solchen Situationen?
- Warum war eine Gesamteuropäische Lösung nicht möglich?
oder Strukturelle Fragen für die Schweiz:
- Warum haben wir so viele Fachkräfte aus dem Ausland? (dies nicht als Polemik, sondern als Anprangerung eines Gesundheitssystems mit immer mehr Privatisierung und Kostendruck)
- Wieso haben die offensichtlich "systemkritischen" Berufe eine so schlechte Bezahlung, während die Hochbezahlten aktuell zuhause sitzen und Däumchen drehen?
FC Basel - Rasenmeister 2007

Lusti
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Beitrag von Lusti »

rhybrugg hat geschrieben:Deine Lösung ist jetzt einfach "Der Bund soll zahlen". So toll ich das Bedingungslose Grundeinkommen finde. Woher kommt das Geld? Für wie lange? Diese Frage ist immer noch offen. Mit welchem Ziel machen wir diese ganze Übung jetzt? Bis die Ansteckung runter gehen? Oder Bis zur Impfung? Bis zum Medikament? Bis zum Sommer? Man kann nicht davon ausgehen, dass man das Virus ausrottet. D.h. ohne echte Lösung des Problems wird es immer wieder von Vorne losgehen.

Dieser Teil ist mir aktuell wirklich unklar.
Ein Teil deiner Frage ist in meinem oberen Post beantwortet. Zu dem Teil der dir unklar ist, willkommen im Club. Genau das weiss man nämlich nicht. Das ist die ehrliche Antwort, man muss sehen wie sich die Lage entwickelt. Vielleicht kommt der Impfstoff bald, vieleicht auch nicht. Vielleicht gehen die Fallzahlen runter, vielleicht steigen sie. Das ist das grosse Problem bei einer Pandemie, man kann immer nur reagieren.
rhybrugg hat geschrieben:Fax und zu wenig Testkapazitäten sind nicht antiquiert sondern schlecht vorbereitet. Natürlich bringt es nix sich an diesen Fehlern aufzureiben. Aber woher nimmst du das Vertrauen, dass diejenigen, die im Normalmodus Ihre Arbeit nicht erledigen konnten, im Krisemodus das Richtige tun?
Auch hier, das ist ein Problem das aktuell irgendwie gelöst werden muss (so wie es halt gerade geht) und danach strukturell angegangen werden muss.
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rhybrugg
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Beitrag von rhybrugg »

Lusti hat geschrieben:Du hast natürlich Recht und man muss genau dass tun was du nicht möchtest: Man muss es gegeneinander stellen. Es ist eine Güterabwägung, wie lange hält die Wirtschaft die getroffenen Massnahmen aus. Das genau ist das "piece de résistance" und hier gilt es einen guten Mittelweg zu finden.

Um ehrlich zu sein, sind die getroffenen Massnahmen wohl kaum einzig zum Schutz der Risikogruppen zu verstehen. Wäre das der Fall, ware der aktuelle Ausnahmezustand der Standardfall, da die Risikogruppen immer gefärdet sind und daher immer eines zusätzlichen Schutzes bedürfen. Im aktuellen Fall liegt die Sachlage etwas anders, auch wenn mehrheitlich Risikopatienten sterben (zumindest am Anfang der Epidemie) so werden mit der Zeit auch normale Patienten sterben. Einerseits aufgrund der ausgelasteten Gesundheitssysteme andererseits auch, weil das Virus sehr viele Wirte durchläuft. Mit jedem Wirt mutiert der Virus. Die meisten Mutation haben keinen Effekt, einige werden den Virus "ineffizienter" machen, andere widerum könnten die Übetragungskapazität oder die Mortalität erhöhen. Gerade in Deutschland sieht man in gewissen Gebieten ein überproportionales Problem für jüngere Menschen, dies könnte auf eine Variante des Virus hindeuten, welche durch eine Mutation "effizienter" tötet. Exakt deswegen ist es wichtig diesen Virus regional zu isolieren, wir wollen keineswegs ein "zurückschwappen" eines potenteren Virus von Deutschland in die Schweiz.

All diese Faktoren sind wie gesagt schwierig zu ermitteln, man wird dem Problem immer hinterher rennen. Daher sind meiner Meinung nach die aktuellen Massnahmen durchaus gerechtfertigt, auch wenn die Wirtschaft eines Landes dadurch belastet wird. Die Kriste ist aber auch eine Chance, einige Fragen werden danach sicherlich beantwortet werden müssen:
- Wie verhalten wir uns in Zukunft in solchen Situationen?
- Warum war eine Gesamteuropäische Lösung nicht möglich?
oder Strukturelle Fragen für die Schweiz:
- Warum haben wir so viele Fachkräfte aus dem Ausland? (dies nicht als Polemik, sondern als Anprangerung eines Gesundheitssystems mit immer mehr Privatisierung und Kostendruck)
- Wieso haben die offensichtlich "systemkritischen" Berufe eine so schlechte Bezahlung, während die Hochbezahlten aktuell zuhause sitzen und Däumchen drehen?
Ich hoffe sehr, dass deine Fragen es ein wenig weiter wie das fcbforum.ch schaffen! Wenn wir etwas positives aus dem Ganzen ziehen können, dann wäre es die Werte neu zu ordnen.
Leider habe ich meine Zweifel.

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Beitrag von rhybrugg »

Lusti hat geschrieben:Ein Teil deiner Frage ist in meinem oberen Post beantwortet. Zu dem Teil der dir unklar ist, willkommen im Club. Genau das weiss man nämlich nicht. Das ist die ehrliche Antwort, man muss sehen wie sich die Lage entwickelt. Vielleicht kommt der Impfstoff bald, vieleicht auch nicht. Vielleicht gehen die Fallzahlen runter, vielleicht steigen sie. Das ist das grosse Problem bei einer Pandemie, man kann immer nur reagieren.


Auch hier, das ist ein Problem das aktuell irgendwie gelöst werden muss (so wie es halt gerade geht) und danach strukturell angegangen werden muss.
Merci.
Ist mir alles klar. Und ehrlich gesagt habe ich dieses Social (und jetzt Physical) Distancing schon vorher betrieben, bevor es einen englischen Namen hatte. Ich nannte es einfach "bin gerne alleine" :-) Insofern ist die aktuelle Situation keine grosse Belastung für mich und mit genügend Platz und Möglichkeit von Fern-Arbeit für mich und meine Frau steht auch die Ehe noch nicht vor der grossen Krise.
Es gibt aber bereits jetzt diverse Personen die psychisch nicht so gut mit der Situation klarkommen.

Mir fehlt in der aktuellen Diskussion einfach die Sicht über mehr als 2 Wochen raus.

Wenn z.B. eine Ausgangssperre kommt (bzw. "Bundesrat verhängt DIE Ausgangssperre!" wie fick-dich 20min.ch titeln WüRDE) dann braucht es ein Ziel vor Augen. Es gibt aus diversen Städten/Ländern mit Ausgangssperren bereits Meldungen von Denunziantentum, Polizei welche Ihren Status ausnützt und Bürger drangsaliert, Rassismus usw. Wir sind nicht im geringsten drauf vorbereitet, auch wenn der Kommentar-Pöbel in den online-Medien danach ruft.

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Faniella Diwani
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Beitrag von Faniella Diwani »

rhybrugg hat geschrieben:Wenn z.B. eine Ausgangssperre kommt (bzw. "Bundesrat verhängt DIE Ausgangssperre!" wie fick-dich 20min.ch titeln WüRDE) dann braucht es ein Ziel vor Augen. Es gibt aus diversen Städten/Ländern mit Ausgangssperren bereits Meldungen von Denunziantentum, Polizei welche Ihren Status ausnützt und Bürger drangsaliert, Rassismus usw. Wir sind nicht im geringsten drauf vorbereitet, auch wenn der Kommentar-Pöbel in den online-Medien danach ruft.
Ja, das wird nicht lustig. All die verhinderten Blockwarte und Dorfpolizisten werden am Fenster kleben. Ich frage mich schon wie viele male ich dann erklären muss, dass der Garten um mein Haus rum auch zum Haus gehört.

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Lällekönig
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Beitrag von Lällekönig »

rhybrugg hat geschrieben:Deine Lösung ist jetzt einfach "Der Bund soll zahlen". So toll ich das Bedingungslose Grundeinkommen finde. Woher kommt das Geld? Für wie lange? Diese Frage ist immer noch offen. Mit welchem Ziel machen wir diese ganze Übung jetzt? Bis die Ansteckung runter gehen? Oder Bis zur Impfung? Bis zum Medikament? Bis zum Sommer? Man kann nicht davon ausgehen, dass man das Virus ausrottet. D.h. ohne echte Lösung des Problems wird es immer wieder von Vorne losgehen.

Dieser Teil ist mir aktuell wirklich unklar.
Woher nehmen? Keine Ahnung. Dazu bräuchte es mehr Einblicke in das Finanzmindepartement. Die Idee kam ja bereits auf, nachdem erst 10 Milliarden gesprochen wurden. Hätte man sich schon da für diese Richtung entschieden, wären die restlichen 32 Milliarden anders verwendet worden. Wahrscheinlich liegen in der Mitte von Basel schon Rechenbeispiele zu den geschätzten Kosten rum. Je nach Dauer, müsste der Bund wahrscheinlich nochmal Geld locker machen.
Der Bund bezahlt ja schon jetzt. Die Kosten sind zwar nur vom Bund verbürgte Darlehen, aber nicht alles wird zurückfliessen. Gehen die Unternehmen zu Grunde, kommt das Geld auch nicht wieder rein und muss abgeschrieben werden. Da die Zeitdauer der Massnahmen unbekannt ist, finde ich diesen Weg riskanter. Das Giralgeld entfernt sich noch weiter von der Realwirtschaft, die aufgewendeten Kosten sind höher und zahlen sich nur aus, wenn die Unternehmen a) überleben und b) die Last nach der Krise abstottern können. Dazu werden sie sparen müssen. Ob das nicht längerfristig zu mehr Arbeitslosen führt? Nicht alle Sektoren werden nach der Krise boomen, die meisten werden mit den Sparkursen und geringerer Risikobereitschaft konfrontiert sein. Ich bin immer noch überzeugt, dass es die Schweiz als Kollektiv günstiger kommt, wenn wir «Pause» drücken.

Wie lange die Massnahmen dauern werden? Keine Ahnung. Dazu fehlen wichtige Daten. Die Anzahl Immunisierter wäre wichtig. Der serologische Test dazu soll in 1-2 Monaten für die Massen verfügbar sein. Zum anderen kommen erst langsam die Eindrücke zur Wirksamkeit der Massnahmen zum Vorschein, was auch ein wichtiger Faktor zum Abschätzen ist. Wirksamkeit und Verfügbarkeit von Impfstoffen und Medikamenten. Das sind zu viele Faktoren, um eine seriöse Prognose zur Gesamtlage zu machen. Aus genau dem Grund dieser Ungewissheit, bin ich ja für eine Form von Massnahmen, welche den geringsten Schaden über Zeit für die Gesellschaft bedeutet und somit am längsten Aufrecht erhalten werden könnte. China kann zwar wieder Wirtschaft treiben, aber normale Zustände und Lebensumstände sind das keine in China. Obwohl sie Autorität und Überwachung gewohnt sind, sie haben aktuell noch weniger Freiheiten als sonst, bis der Impfstoff oder das Medikament, idealerweise die Kombination verfügbar ist.

Ich kann mir vorstellen, dass hier die Massnahmen langsam und sukzessive gelockert werden, je nachdem, wie sich die Kurve entwickelt. Die Branche, welche wohl am längsten von veränderten Umständen betroffen sein wird, ist vermutlich die Tourismusindustrie.

rhybrugg hat geschrieben:Fax und zu wenig Testkapazitäten sind nicht antiquiert sondern schlecht vorbereitet. Natürlich bringt es nix sich an diesen Fehlern aufzureiben. Aber woher nimmst du das Vertrauen, dass diejenigen, die im Normalmodus Ihre Arbeit nicht erledigen konnten, im Krisemodus das Richtige tun?
Der Normalmodus verbirgt vieles. Der Krisenmodus offenbart den wahren Charakter. Ich nehme mein Vertrauen daraus, dass ich mitdenke und ihre Handlungen verstehe. In meinen Augen ergeben sie Sinn. Nicht immer, aber meistens. Weil sie sich nicht von einem Fehler aufhalten lassen, sondern aus dem Verfügbaren schöpfen und handlungsfähig bleiben. Ich habe nicht den Eindruck, dass sie eine Fehler vertuschen wollen. Eher, dass sie sich daran nerven, dass die Journalisten so lange darauf herumreiten wollen, statt diese Kritik auf die Zeit nach der Krise aufzusparen. Und weil sie auch auf das Vertrauen der Bevölkerung setzen, eingestehen, dass sie ohne uns machtlos sind.

Vertraust du nur denen, die den Anschein von Fehlerlosigkeit aufrecht halten können?
Meine Vision des FCB: Die heterogene Einheit.

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