Staatliche vs. Steinerschulen - pro's und contras?

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Schaumschläger
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Staatliche vs. Steinerschulen - pro's und contras?

Beitrag von Schaumschläger »

Neben den gängigen staatlichen und den privaten Schulen wie das FG, die ISB etc. gibt's die anthroposophisch ausgerichteten Steinerschulen. Von den einen werden sie als Wohlfühloasen mit hohem Verweichlichungsfaktor abgetan, von anderen als die "modernsten" Ausbildungstätten mit den höchsten Erfolgschance im Leben angepriesen. Ich habe ehrlich gesagt nicht wirklich Ahnung von den Rahmenbedingungen, den Auswirkungen auf die Schüler und den (pädagogischen) Grundwerten, die mitgegeben werden, weshalb es mich interessiert, wie ihr das so seht?

Was sind die Vorteile gegenüber den staatlichen Schulen, was die Nachteile? Ist man in den Steinerschulen auf jeden Fall gut aufgehoben oder gilt das eher für kreative Kinder? Einflüsse auf die Weltanschauung? Wie wird einem der Druck vermittelt,der im Arbeitsleben definitiv entsteht?

Bitte keine "man lernt den eigenen Namen tanzen und wird jedes Wochenende verprügelt"-Voten ;)

Der Grund für mein Interesse ist kein anstehendes Kind, sondern eine längere (Stammtisch)-Diskussion, die ich zwar mitgehört, mir aufgrund der fehlenden Fakten allerdings keine Meinung bilden konnte.

händsche
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Beitrag von händsche »

Ich kenn nur öbber wo d Steinerschuel gmacht het. Noch dr obligatorische Schuelzyyt isch si in dr Lehr rächt uf d Wält koh (3 Mol dr Betrieb müesse wächsle) will si mit em Leischtigsdruck nid z schlag koh isch. Mitlerwiele sitzt si im mittlere Management.

Sunscht weissi nur das die ihre Name könne tanze und immer verprügelt wärde ;)

D-Balkon
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Beitrag von D-Balkon »

Also steinerschuele sinn scho guet. Wo inere öffentliche schuel lehrsch die Name tanze. Fürs schriebe bisch zwar z blöd, aber tanze....

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fcbblog.ch
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Beitrag von fcbblog.ch »

Die Sache ist die - Eigentlich unterscheiden sich Steinerschulen und staatliche Schulen bei weitem nicht mehr so gross wie früher. Die Reformpädagogik hat auch in den staatlichen Schulen Einzug gehalten. Die Steinerschulen sind hingegen eher stehengeblieben und unterrichten heute eher traditioneller (Frontalunterricht usw.).
Bei Steinerschulen ist musischer und handwerklicher Unterricht wichtiger als an den Staatschulen. Häufig landen in Steinerschulen auch Problemschüler, die es an der Staatsschule nicht mehr schaffen oder auf der anderen Seite sehr reiche Leute. Steinerschulen haben eben auch einen geringeren Ausländeranteil und kleinere Klassen. Für manche Kids ist es das richtige, andere wiederum kommen gar nicht damit klar (gilt aber für beide Schulformen - denn auch im Bereich Schule gibt es leider keine eierlegende Wollmilchsau).
Natürlich hat man an Steinerschulen zuweilen auch die Hardcoreantroposophen, die Steiners Lehre als quasi sakrosankt sehen - imho das grösste Problem dieser Schulen zurzeit.

Lusti
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Beitrag von Lusti »

Wie immer kommt es auf die Sichtweise des Betrachters und die Institution an sich an. So lehren die verschiedenen Steiner-Schulen dasselbe Prinzip, die Vermittlung des Inhaltes ist dann aber abhängig von der Kompetenz des Lehrkörpers. Genau dasselbe wie an staatlichen Schulen, wir alle können von schlechten und guten Lehrern während unserer Schulzeit berichten, unabhängig davon ob wir das Fach interessant fanden oder nicht.

Zum den Steiner-Schulen:
Die Theorie und Grundlagen des Steiner-Prinzips kann man einfach bei google.ch nachschlagen. Ich erspare dir daher eine Rezitierung von Wikipedia oder ähnlichem. Grundsätzlich ist es tatsächlich so, dass kreative Kinder an Steiner-Schulen mehr gefördert werden. Gerade musisch oder gestalterisch begabte Kinder profitieren. Auch herrscht an Steiner-Schulen eben nicht dass explizite Leistungsprinzip, der Druck auf den Schüler ist daher nicht von vornherein so gross wie bei staatlichen Schulen mit Noten und ähnlichem. Auch sind Kinder in Steiner-Schulen auf Wunsch der Eltern dort, es sind also nicht "Schicksalsgemeinschaften" wie in andere Schulen. Daher überschneiden sich bei diese Kinder häufig auch Begabungen und Interessen. Darunter leidet wieder die Diversität der Klassen, man kommt weniger mit "andersartigem" aller Gattungen in Kontakt /Konflikt.

Die angesprochene Verweichlichung muss nicht unbedingt vom Bildungskonzept herrühren, wie bereits erwähnt schickt eine dedizierte "Klientel" seine Kinder in Steiner-Schulen. Diese Eltern sind gegenüber alternativen Erziehungsmethoden (bis hin zum antiautoritären) offen. Daher bekommen diese Kinder in der Schule wie auch Zuhause mehr Zuckerbrot als Peitsche. Diese "Verweichlichung" einzig dem Bildungskonzept zuzuschreiben wäre etwas gar einfach, aber für einen Stammtisch durchaus nichts ungewöhnliches.

Problematisch ist meiner Meinung der Esotherikanteil in der Ausbildung. Hier wird nicht direkt "Religion" vermittelt, es wird jedoch sehr viel auf Spritualität und Übersinnlichkeit gesetzt, was einer rein sakulären Wissenschaft nicht unbedingt widerspricht, diese aber in gewissen Punkten ritzt. Das wäre eine Karriere als Physiker nicht unbedingt förderlich, aber in geisteswissenschaftlichen Fächern (auch auf Hochschulniveau) sind diese Kompetenzen durchaus willkommen und hilfreich. Nachteilig ist meiner Meinung nach auch die Elternschaft, ich komme mit diesen Esofutzis einfach nicht so klar, ist aber mein persönliches Problem.

Für mich als Vater, der sich diese Gedanken auch aufgrund einer Steiner-Schule in indirekter Nachbarschaft macht, sind eigentlich folgende Entscheidungkriterien wichtig:
- Hat mein Kind ein Talent oder eine Begabung, welche in einer Steiner-Schule mehr gefördert wird als in einer staatlichen Schule
- ist diese Mehrförderung so überwiegend, dass damit für mich verbundene Nachteile (Esoterik, fehlender Leistungsdruck, fehlende Auseinadersetzung mit "andersartigem") ausgeglichen werden
- Welche "flankierenden Massnahmen" kann ich als Elternteil anbieten, um die Nachteile zu kompensieren (z.B. Kind in einen Verein schicken, um sportlichen Leistungsdruck, verlieren und gewinnen, Auseinandersetzung mit diversen Kulturen, Durchsetzungsvermögen)

Schlussendlich ist es aber so, dass Kinder ihren Charakter nicht nur an der Schule lernen und ausreifen. Als Eltern hat man durch Vorbild und Erziehung einen massiven Anteil an deren gelingen. So muss man halt auch bereit sein sich mit seinem Kind betreffend der vermittelten Inhalte der Steiner-Schulen auseinandersetzen. Eventuell muss man dort auch korrigierend eingreifen und den Kindern auch andere Denkarten und Lösungskonzepte an die Hand geben. Schlussendlich braucht Erziehung und Liebe Zeit und Einsatzbereitschaft. Das kann aber kein Lehrer mit 25 Kindern stemmen, man hat als Eltern immer den Hauptanteil an dieser Aufgabe.

Nachtrag: Als Fazit muss das pro- und contra der Schulen nicht an Bildungskonzepten festgemacht werden (als generelle Aussage) sondern im Kontext des Kindes das man dahin schicken will (Deduktion auf das Kind).

Sonst weiss ich eigentlich nur, dass sie ihren Namen tanzen können und an Wochenenden verpügelt werden ;)
-> Sorry händsche der war zu gut, denn muss man zum Running-Gag machen.
FC Basel - Rasenmeister 2007

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