Lusti hat geschrieben:Interessant. Nehmen wir mal an die Auslieferung kommt zustande. Für jeden IS-Rekrutierer ein Steilpass erster Güte. Das neue Argumentatorium lautet:
- Kämpfe für den IS im Irak. Wenn du stirbst bist du ein Märtyrer.
- Wenn du gefangengenommen wirst, haut dich deine Regierung raus.
-- du bekommst eine kleine Strafe in deinem Land
-- du kannst deinem Staat mit dem Bezug von Unterstützungleistungen weiter schaden
-- du kannst deinem Staat weil er dich 7/24h kontrollieren muss, finanziell und personell weiter schaden
-- du kannst weiterhin Mittel und Personal für den IS rekrutieren
-- du kannst immer noch in einem glorifizierenden Anschlag ein Märtyrer werden
Dazu noch 2 Beispiele:
1. Ich gehe nach Texas und erschiessen 2-3 Cops. Frage:
- Wie hoch ist die Möglichkeit, dass mich mein Staat aufgrund der mir drohenden Todesstrafe raushaut oder es zumindest probiert?
- Wie hoch ist die Chance, dass mich die US-Justiz ausreisen lässt sprich auf den Auslieferungsantrag eingeht?
2. Ein 16 jähriger Afghane vergewaltigt hier in der Schweiz eine Frau. Afghanistan verlangt dessen Auslieferung. Da dieses Verbrechen in Afghanistan zwar auch geahndet wird, die Strafen dafür jedoch lächerlich sind, hier die Frage:
- Wie hoch ist die Chance dass die Schweiz oder Deutschland dieser Ausschaffung zustimmt?
- Wie wird wohl die Gesellschaft reagieren, wenn klar ist dass diesem Straftäter in seinem Heimatland für diese Tat eine vergleichsweise lächerliche Strafe droht?
Und dann noch das:
Ethik stellt, anders als die Moral, nicht die Frage richtig oder falsch. Ethik stellt die Frage: Ist es fair dass ...
Klar mag man als westliches Land gerne den Zeigfinger heben, nur sind bei uns nicht marodierende Menschenhorden (teilweise aus dem Ausland rekrutiert) durch die Städte gezogen und haben Frauen und Kinder massakriert. Auch wenn unser Rechtssystem einzig darauf aufbaut wass man dem Einzelnen nachweisen kann und ihn auch nur dafür verurteilt, so stellt sich die Sache im Kontext des IS und Irak anders dar. Vergleichbar ist dies eher mit der Säuberung nach dem 2 Weltkrieg, als die Besatzungsmächte systematisch den Nationalsozialismus ausmerzten. Nun das war auch nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen.
Diese IS-Reisenden haben sich entschieden in dieses Land zu gehen um dort das Kalifat zu unterstützen und sie taten dies aus freien Stücken. Es gab genug Informationen darüber was der IS ist, für was er kämpft, welche Mittel er einsetzt und welche Ideologie und Brutalität er an den Tag legt. Für solche Menschen die für den IS gekämpft haben gibt es meiner Meinung nach keinen Platz in unserer Gesellschaft, egal ob sie dieser Gesellschaft entsprungen sind oder nicht.
Vorne weg: Ich versuche zu argumentieren wie ein Staat, sprich die Schweiz oder jetzt Deutschland sich verhalten soll. Meiner Meinung nach hätten sie diese Frau bei der Stürmung erschiessen können und dann wäre es halt Pech gewesen. Ich darf privat so eine Meinung haben, der Staat aber nicht. Gleiches Thema wie Selbstjustiz etc.
Zur Tötung in der USA: Ja, die Schweiz sollte ersuchen den Bürger zurück zu hohlen und hier anzuklagen. Gehe aber nicht davon aus dass sich die USA auf das einlassen würde. Gab es mal so eine ähnliche Situation? Wäre interessant.
Zum Afghanen Beispiel: Sitzen die nicht hier ihre Strafe ab und werden dann Ausgewiesen? Gehe mal davon aus. Da wäre wohl eher das Problem ob Afghanistan den überhaupt zurück nimmt. Aber das ist ein ganz anderes Thema/Problematik.
Auf was ich eigentlich hinaus will: Wo liegt die Grenze? Welche Staatsbürger versucht man zurück zu hohlen, welche nicht? Wer soll das entscheiden?
IS-Kämpfer denen die Todesstrafe droht?
Drogenschmuggler in Indoniesen der zum Tode verurteilt wird?
Oder dein Beispiel, Mord in der USA?
Da sind alles auch Verbrechen in der Schweiz, aber was ist dann mit:
Politisches Banner klauen in Nordkorea?
Diebstahl in einem Land wo man dafür ausgepeitscht wird?
Teilnehmer einer illegalen Demonstration in Russland der 10 Jahre nach Sibirien darf?
Auch in der Schweiz ein Verbrechen, aber völlig absurde Strafen. Versuchen einzugreiffen oder nicht? Und dann die letzte Kategorie:
Homosexuelle Personen die in Saudi Arabien (oder ähnliches) angeklagt werden?
Eine Frau die vergewaltigt wurde aber darum wegen Ehebruch angeklagt wird?
Ein Journalist der in der Türkei kritisch über Erdogan berichtet und wegen Terror angeklagt wird?
Nach den Gesetzen von den jeweilgen Länder Verbrechen die bestraft werden müssen. Soll sich da der Staat einmischen weil das bei uns keine Verbrechen wären? Aber wieso sollte ein Schweizer in diesen Ländern sich anderes Verhalten dürfen als ein Einheimischer. Nur weil er halt wo anderes geboren wurde?
Da muss eine konsequente, nachvollziehbare Linie gefahren werden. Das geht meiner Meinung fast nur im schwarz/weiss Denken. Entweder immer versuchen eine Auslieferung zu erzielen, oder bei niemandem. Sonst wird es willkürlich. Ob es bei einer formellen Anfrage bleibt, oder intensivere Bemühungen gemacht werden, ist dann wohl leider Willkür der Politik.