Misterargus hat geschrieben:ja, aber mich nimmt mal wunder , in der SF Arena hat BR Sommaruga, lapidar den 3 mal höheren Ausländer Anteil der Schweiz gegenüber Resteuropa, mit dem Einwand, wir haben auch deutlich niedrige arbeitslose Zahl abgeschmettert. Ja, ich weiss jede Statistik kann man nach gewünschtem Resultat erstellen. Nun weiss ich von einem Kollegen der beim RAV arbeitet, dies ist Lug und Trug. In Wahrheit liegt sie deutlich höher. Ausgesteuerte, jetzt Sozialhilfe oder Leute die mal gut verdienten (IT Leute) und nun vom Ersparten leben müssen. Keine Aussichtslos eine neue Anstellung.
Gewisse Arten der Zaehlung machen Sinn, andere nicht. Ist z.B. eine Hausfrau arbeitslos? Sie arbeitet zuhause ohne "Lohn" und ist freiwillig arbeitslos -- sollte also in einer Statistik nicht erfasst werden. Aber wenn sie einen enorm gut bezahlten Job bekaeme, wuerde sie diesen bestimmt auch nehmen: theoretisch also eben doch arbeitslos. Das loest man einfach, in dem man nur Leute zaehlt, die derzeit keinen Job haben, aber in letzter Zeit aktiv nach einem gesucht haben. Gewisse Laender zaehlen Studenten als arbeitslos, wenn sie nicht neben der Uni arbeiten... meines Erachtens ziemlich idiotisch. Wenn man so zaehlt, dann fuehrt hoeherer Wohlstand zu mehr Arbeitslosigkeit: je mehr Einkommen man hat, desto eher koennen die Kinder und ein Ehepartner auf einen Job verzichten. Deswegen sind sie aber nicht in der gleichen Position, wie ein "wirklicher" Arbeitsloser. Bei Ausgesteuerten hat man einfach anerkannt, dass es zu schwer ist, einen Job fuer diese Person zu finden und die Investition in eine neue Weiterbildung sich nicht lohnen. Dann ist es nunmal guenstiger, denen einfach eine Monatesrente zu zahlen.
Die OECD harmonisiert diese Raten dann auch ganz praktisch und macht den Vergleich moeglich:
http://stats.oecd.org/index.aspx?queryid=21760
Sie zaehlt Leute, die wie oben definiert derzeit keinen Job haben, in den letzten 4 Wochen aber nach Arbeit gesucht haben und bereit sind, auch gleich mit der Arbeit zu beginnen (ansonsten muesste man Studenten zaehlen, die einen Job nach dem Abschluss des Studiums suchen). Dann kommt die Schweiz auf rund 4%, waehrend Spanien trotzdem bei fast 25% ist, Deutschland bei 5.5%, etc. Tiefer ist in Europa nur Norwegen, ausserhalb Europas ganz knapp auch noch Japan (deren Wirtschaft es ganz mies geht) und Korea.
Allgemein schenkt man den Arbeitslosenzahlen meines Erachtens viel zu viel Aufmerksamkeit. Man stelle sich folgende zwei Szenarien vor, zur einfachen Rechnung nehmen wir 100 Arbeitnehmer im Land (kann man sich als Prozente denken) und rechnen die Betraege / 1000:
1) 100 Beschaeftigte (0% Arbeitslosenquote), durchschnittliches Einkommen: 1000
Zusammen erwirtschaftet diese "Wirtschaft" also 100,000.
2) 80 Beschaeftigte (20% Arbeitslosenquote), durchschnittliches Einkommen 2,500
Zusammen erwirtschaftet diese "Wirtschaft" 80*2500 = 200,000.
Nun haben 80 Leute jeweils 2500, aber 20 Leute haben nichts und stehen mies da. Also kommt der gute Staat und besteuert die Verdienenden mit 500 und verteilt das Geld auf die Arbeitslosen.
Neu gibt das eine Verteilung, in der jeder 2000 bekommt.
Am Ende geht es den Leuten in Wirtschaft (2) doppelt so gut als den Leuten in Wirtschaft (1) -- obwohl 20% arbeitslos sind.
Die wirkliche Welt ist komplexer und wir zahlen nicht jedem den gleichen Lohn (sonst wuerden viel mehr arbeitslos sein wollen) und wir besteuern auch nicht jeden gleich (da auch nicht jeder gleich viel verdient). Aber das Prinzip an sich ist das Gleiche: mit einem flexiblen Arbeitsmarkt und einer flexiblen Wirtschaft gewinnen die "Gewinner" viel mehr, als die "Verlierer" verlieren. Ergo kann man dann einen Teil der Gewinne umverteilen, so dass es am Ende allen besser geht.
Dass dies bei einem offenen Arbeitsmarkt so ist, hat sich in x Studien belegt. Besonders viele davon in den USA, die auch den Einfluss der illegalen Einwanderung (mehrere Millionen Leute), die saemtlichen Arbeiterschutz unterwandert, analysiert: also der "schlimmstmoegliche" Ausgang. Selbst in diesem Fall profitieren alle ausser denen, die die Sekundarstufe nicht abgeschlossen haben.
Laut Schaetzungen koennte die globale Wirtschaft zwischen
70% und 150% wachsen, wenn man saemtliche Grenzen fuer Arbeiter abbauen wuerde:
http://pubs.aeaweb.org/doi/pdfplus/10.1257/jep.25.3.83
Vergleichen wir das mit anderen Kosten:
1% GDP: genug um den Klimawandel zu stoppen (pro Jahr)
0.7% GDP: so viel sollte laut UNO gespendet werden, um Armut auszuloeschen (die Schweiz ist bei 0.47% einer der Spitzenreiter) - auch das pro Jahr
Kann man sich ein paar Jahre problemlos leisten und wirkliche Probleme loesen, statt sich ueber Scheinprobleme aufzuregen...
Nebenbei: alle Handelshemnisse zusammen haben ein geschaetztes Wachstumspotential von ca 2% (nicht pro Jahr), alle Kapitalbeschraenkungen von max 1.7% (auch nicht pro Jahr).
Aber wo werden die meisten Kraefte investiert? ...