CL-Final: FC Liverpool - AC Milan
CL-Final: FC Liverpool - AC Milan
Exkurs I: Portrait Rafael Benitez (Trainer FC Liverpool)
Weltwoche -- 20/2005
Flasche lehrt
Jose Mourinho verschlägt eine Flanke. Rafa Benitez verursacht ein Eigentor. Arrigo Sacchi fällt über die eigenen Füsse. Die berühmtesten Feldherren des Erdballs treten als Clowns auf. Unvorstellbar. Dieses «Dream Team» wird nie ein Stadion betreten. Nie wird sich eine Weltauswahl der besten Fussballtrainer in kurzen Hosen den voyeuristischen Blicken des Publikums aussetzen. Einige würden schon, Beckenbauer, vielleicht sogar Cruyff, trotz seiner Bypässe, aber die, auf die man immer gewartet hat, weil sie im Verdacht stehen, dass sie den Flachpass nicht können, sie würden nicht kommen.
Denn es ist so: Einige der besten Fussballstrategen sind geborene Dilettanten. Rafa Benitez, der jetzt mit dem FC Liverpool im Final der Champions League gegen die AC Milan steht, träumte bei den Junioren von einer grossen Karriere bei Real Madrid, aber nach der Pubertät warfen sie ihn raus, zu untalentiert. Er studierte Sport, und als diplomierten Sportlehrer nahmen sie ihn wieder auf im Mutterklub, als Nachwuchstrainierer, tagsüber arbeitete er in einem Fitnessklub.
Es trieb ihn auf Wanderschaft nach Valladolid, Pamplona, Salamanca, Teneriffa und Valencia, wo er 2002 den ersten Titel gewann und 2004 nachdoppelte. Damit war er reif für die Insel. Benitez nimmt Wissen auf wie ein Staubsauger, er hat alles gelesen über Liverpool, die Industriegeschichte, den Fussball an der Anfield Road, die «Fab Four». Noch im Schlaf, erzählt , seine Frau Montserrat, eine Anwältin, die er an der Kraftmaschine kennen gelernt hat, schreit er seine taktischen Befehle hinaus.
Trainer wie Benitez bei Liverpool und Mourinho bei Chelsea haben das Starsystem überwunden (obwohl die Medien, im Fall von Chelsea, nach wie vor das Gegenteil fabulieren, weil der Oligarch Abramowitsch Wunschspieler unbesehen zu Höchstpreisen einkauft): mit viel taktischer Arbeit und Intuition. Benitez hat das Team von Liverpool in Einzelteile zerlegt und neu zusammengesetzt. Aus dem Aussenveneidiger Jamie Carragher etwa machte er den besten Stopper der Premier League. Die eigenen Ballkünste sind letztlich zweitrangig in diesem Beruf. Grosse Fussballer, wie etwa Beckenbauer, verlassen sich auf ihre eigene Erfahrung als Paradigma und auf ihr Charisma.
Wie Benitez, 45, ist auch Jose Mourinho, 41, der portugiesische Meistertrainer bei Chelsea, der im Halbfinal der Euroliga an Benitez gescheitert ist, ein besessener Arbeiter. Sein Vater war Torhüter, die Mutter Lehrerin, und er wusste schon mit 15, dass er Trainer werden würde. Er ging bei Bobby Robson und Louis van Gaal beim FC Barcelona in die Schule, und immer hatte er dieses Notizbuch auf den Knien, das ihn nicht rettete vor dem Hinauswurf in seinem ersten Job bei Benfica, nach neun Spielen.
Ihr Übervater ist Arrigo Sacchi, 59, der einst nächtelang mit dem Porsche als Vertreter der väterlichen Schuhfabrik durch Europa fuhr und sich wach hielt mit Planfantasien. Mit Milan hat er in den achtziger Jahren die Revolution inszeniert: Fussball als eine Art Schachspiel. Heute versucht er als Supervisor in der Star-Boutique von Real Madrid eine Kleiderordnung einzuführen. Benitez und Mourinho spielen im Grunde das Gleiche wie Sacchi, diesen Rationalfussball nach Checkliste, der die Romantiker europaweit frieren lässt. Rache der Unbegabten oder Fortschritt?
Weltwoche -- 20/2005
Flasche lehrt
Jose Mourinho verschlägt eine Flanke. Rafa Benitez verursacht ein Eigentor. Arrigo Sacchi fällt über die eigenen Füsse. Die berühmtesten Feldherren des Erdballs treten als Clowns auf. Unvorstellbar. Dieses «Dream Team» wird nie ein Stadion betreten. Nie wird sich eine Weltauswahl der besten Fussballtrainer in kurzen Hosen den voyeuristischen Blicken des Publikums aussetzen. Einige würden schon, Beckenbauer, vielleicht sogar Cruyff, trotz seiner Bypässe, aber die, auf die man immer gewartet hat, weil sie im Verdacht stehen, dass sie den Flachpass nicht können, sie würden nicht kommen.
Denn es ist so: Einige der besten Fussballstrategen sind geborene Dilettanten. Rafa Benitez, der jetzt mit dem FC Liverpool im Final der Champions League gegen die AC Milan steht, träumte bei den Junioren von einer grossen Karriere bei Real Madrid, aber nach der Pubertät warfen sie ihn raus, zu untalentiert. Er studierte Sport, und als diplomierten Sportlehrer nahmen sie ihn wieder auf im Mutterklub, als Nachwuchstrainierer, tagsüber arbeitete er in einem Fitnessklub.
Es trieb ihn auf Wanderschaft nach Valladolid, Pamplona, Salamanca, Teneriffa und Valencia, wo er 2002 den ersten Titel gewann und 2004 nachdoppelte. Damit war er reif für die Insel. Benitez nimmt Wissen auf wie ein Staubsauger, er hat alles gelesen über Liverpool, die Industriegeschichte, den Fussball an der Anfield Road, die «Fab Four». Noch im Schlaf, erzählt , seine Frau Montserrat, eine Anwältin, die er an der Kraftmaschine kennen gelernt hat, schreit er seine taktischen Befehle hinaus.
Trainer wie Benitez bei Liverpool und Mourinho bei Chelsea haben das Starsystem überwunden (obwohl die Medien, im Fall von Chelsea, nach wie vor das Gegenteil fabulieren, weil der Oligarch Abramowitsch Wunschspieler unbesehen zu Höchstpreisen einkauft): mit viel taktischer Arbeit und Intuition. Benitez hat das Team von Liverpool in Einzelteile zerlegt und neu zusammengesetzt. Aus dem Aussenveneidiger Jamie Carragher etwa machte er den besten Stopper der Premier League. Die eigenen Ballkünste sind letztlich zweitrangig in diesem Beruf. Grosse Fussballer, wie etwa Beckenbauer, verlassen sich auf ihre eigene Erfahrung als Paradigma und auf ihr Charisma.
Wie Benitez, 45, ist auch Jose Mourinho, 41, der portugiesische Meistertrainer bei Chelsea, der im Halbfinal der Euroliga an Benitez gescheitert ist, ein besessener Arbeiter. Sein Vater war Torhüter, die Mutter Lehrerin, und er wusste schon mit 15, dass er Trainer werden würde. Er ging bei Bobby Robson und Louis van Gaal beim FC Barcelona in die Schule, und immer hatte er dieses Notizbuch auf den Knien, das ihn nicht rettete vor dem Hinauswurf in seinem ersten Job bei Benfica, nach neun Spielen.
Ihr Übervater ist Arrigo Sacchi, 59, der einst nächtelang mit dem Porsche als Vertreter der väterlichen Schuhfabrik durch Europa fuhr und sich wach hielt mit Planfantasien. Mit Milan hat er in den achtziger Jahren die Revolution inszeniert: Fussball als eine Art Schachspiel. Heute versucht er als Supervisor in der Star-Boutique von Real Madrid eine Kleiderordnung einzuführen. Benitez und Mourinho spielen im Grunde das Gleiche wie Sacchi, diesen Rationalfussball nach Checkliste, der die Romantiker europaweit frieren lässt. Rache der Unbegabten oder Fortschritt?
Reden ist Silber, Schreiben ist Gold.
Exkurs II: Portrait Andri Schewtschenko (AC Milan)
Weltwoche -- 20/2005
Die Bank der AC Milan
Der Ukrainer Andri Schewtschenko ist mehr als der beste Stürmer, der zurzeit auf dem Fussballrasen rumläuft. Er ist so gut, dass er immer noch in Mailand spielen darf, obwohl er dem Sohn es Klubpräsidenten Silvio Berlusconi die Freundin wegnahm.
Es waren schreckliche Wochen: Andri Schewtschenko spielte Golf, und er beschäftigte sich Tag und Nacht mit seinem kleinen Sohn Jordan in der wunderschönen Villa in Blevio am Comersee. Aber an diesen langen Tagen im Februar und März spielte er keinen Fussball.
Er fuhr nach Milanello, ins Trainingszentrum seines Arbeitgebers, und dort haben ihm die Ärzte des MilanLab, der sportmedizinischen Abteilung, immer wieder die Videos und die Fotos gezeigt vom 19. Februar: Wie er, Andri Schewtschenko, 29, Europas Fussballer des Jahres, sich in die Luft schraubt, mit diesem federnd-athletischen Absprung, der die höchsten Werte auf den biometrischen Messgeräten hinterlässt, hochgetrieben von Oberschenkeln, die wie Kolben funktionieren. Wie er den Ball mit einer exakt getimten Kopfdrehung auf das Tor von Cagliari lenkt - und wie auch der andere emporschnellt, sein gegnerischer Leibwächter Simone Loria, ein Unbekannter, der erst mit 28 Jahren in der Serie A debütierte, als Andri schon dreissig Millionen auf der Bank hatte. Aber Loria kommt nicht an den Ball, er schlägt mit voller Wucht mit der Stirn gegen Schewtschenkos Gesicht. Eine brutale Ungeschicklichkeit. Andri fällt auf den Rasen. Bleibt liegen. Er ist kein Simulant in diesem Theater, in dem es von miesen Schauspielern nur so wimmelt. Loria hat ihm das Jochbein zertümmert, ein dreifacher, komplizierter Bruch.
Body und Soul und keine Allüren
Sie haben ihn im Labor an Elektroden angeschlossen und seine emotionale Reaktion auf einen Monitor übertragen, wenn sie ihm diese Bilder vorführten. «Anfänglich bekam ich Gänsehaut, als ich meinen Unfall mitansehen musste.» Die Ärzte erwogen eine Psychotherapie, aber das beste Heilmittel war der Ball, die Rückkehr auf den Platz. Nach sechs Wochen spielte er wieder, und seither wird er wieder gejagt.
«Schewtschenko ist der perfekte Stürmer», lobt ihn Jose Mourinho, der Perfektionist unter den Trainern, der ihn selbstverständlich auch auf der Wunschliste beim FC Chelsea hat. «Denn er setzt sich in der SerieA durch, in der härtesten Liga der Welt.» Er läuft gefahrenverachtend in die zuschnappenden Knochenfallen und Würgegriffe des Catenaccio. Er schont sich nie. Im wahrscheinlich entscheidenden Spiel gegen den Titelrivalen Juventus am 8. Mai hängte sich der Juventus-Stopper Fabio Cannavaro 95 Minuten lang wie eine Klette an Schewtschenko, riss ihn an Hose und Trikot, trat ihm auf die Füsse, schubste ihn bei Kopfbällen aus dem Gleichgewicht. Schewtschenko blieb chancenlos, Milan verlor 0:1 und wahrscheinlich auch die Meisterschaft. Vielleicht hat das Trauma doch noch nachgewirkt. Seine unfreiwillige Golfpause könnte allerdings im Final der Champions League gegen den FC Liverpool am 25. Mai in Istanbul zu einem Vorteil werden. Das Starpersonal Milans ist ausgelaugt von der notorischen Überbelastung (allein im März stand sie zehn Spiele innert dreissig Tagen durch), Andri aber ist unverbraucht.
Was macht den grossen Blonden so einzigartig als Stürmer? Er ist ball technisch nicht so raffiniert wie Ronaldo oder Ronaldinho, er hat nicht ganz die elementare, unwiderstehliche Kraft Adrianos, nicht die rotzige Unbekümmertheit eines Wayne Rooney, nicht die spielerische Eleganz von Raul oder Thierry Henry, ihm fehlt etwas von der Verschlagenheit Van Nistelrooys und dem schlangenartigen Opportunismus Inzaghis, mit dem er bei Milan zusammen spielen muss, weil der Allmächtige Berlusconi es will.
Jean-Pierre Meersseman, der belgische Sportarzt und Leiter des MilanLab, beschrieb das Objekt seiner praktischen Studien in der Gazzetta dello Sport: «Andri ist injeder Beziehung ein Phänomen. Eine geborene Nummer eins. Er ist der Beste in jedem Test. Er ist der explosivste, der schnellste Sprinter, unschlagbar beim Start. Er hat ein ausserordentliches Koordinationsgefühl und eine fast übersinnliche Wahrnehmungsfähigkeit, sagen wir, er ist darin zwanzig Prozent besser als alle andern. Da sind einmal die Vorteile seiner Muskulatur und seines Nervensystems.» Aber erst wo der perfekte Athlet aufhört, beginnt der wahre Champion. «Wenn Andri eines Tages nicht mehr Fussball spielt, wird er eine neue Karriere beginnen», prophezeit Meersseman. «Als Trainer? Vielleicht, aber er wird auf jedem Gebiet Erfolg haben. Schewtschenko besitzt einen Charakter, der es ihm ermöglicht, sich in jeder Situation zu organisieren, zu konzentrieren, Probleme zu erkennen und zu lösen.» Tatsächlich ein Roboter? «Eine perfekte menschliche Maschine,ja, aber mit einem generösen Herz. Andri ist ein sensibler Mann, und jeder, der ihn kennt, mag ihn.» Body and Soul und keine Allüren.
Die Summe seiner Eigenschaften ergibt einen fast roboterhaft vollkommenen Athleten, wie der Perfektionssucher Mourinho erkannte. Dieser Makellose von einem andern Stern, für den Real Madrid vor vier Jahren vergeblich 150 Millionen Franken geboten hat, stammt aus Dwirkiwschtschyna, einem Dorf bei Kiew. Sein Vater war Offizier der Roten Armee, und als Andri drei Jahre alt war, zog die Familie nach Kiew. Seine wohlbehütete Kindheit erlebte er hauptsächlich im Sportzentrum des Armeesportklubs Dynamo in einem abgeriegelten Park - bis zu jenem Tag, als alle Schulklassen Kiews plötzlich in Urlaub geschickt wurden ans Schwarze Meer, ohne Erklärung, und auch der Vater, der Offizier, den Angehörigen die Katastrophe im Atomkraftwerk von Tschernobyl aus Staatsräson verschwieg. Die Zwangsferien dauerten mehrere Monate, danach spielte Andri im Sommer wieder Fussball und im Winter Eishockey, das Spiel, das er fast noch mehr liebte.
Instinktives Überfalldenken
In der Nähe der elterlichen Wohnung lag ein kleiner See, der von November bis März zufror. Andri schlich abends mit Schlittschuhen und Stock aus dem Fenster. Es gab diese untergegangene Schule des Ostens, die sich an die Jahreszeiten hielt: Eishockey bis zum Tauwetter, Fussball, solange kein Schnee fiel. Der legendäre HockeystürmerWsewolod Bobrow, der 1956 bei den Olympischen Winterspielen in Cortina d' Ampezzo mit den Sowjets die Goldmedaille gewann, war als Fussballer ebenso herausragend und Mitglied der Nationalmannschaft. Schewtschenko hatte diese Doppelbegabung, und später lernte er auch mit Leichtigkeit Tennis und Golf.
Eishockey spielt er heute nicht mehr, aber sein Körper hat die alten Reflexe gespeichert: Das , robuste Zweikampfverhalten ohne Wehleidigkeit, Standfestigkeit und Körperbeherrschung, das Wechselspiel von Aggression und Zurückweichen, Einstecken und Austeilen. Fussball ist ein Kampfspiel und Eishockey noch mehr. Was Schewtschenko sich im Eishockey angeeignet hat, diese Abgebrühtheit der Selbstverteidigung, bringen die Südamerikaner und Afrikaner aus dem Strassenfussball mit. Andri hat dieses instinktive Überfalldenken des Konterstürmers. Wenn er losgaloppiert, wirkt er wie ein Rennpferd, das sich an die Weiden seiner Jugend erinnert. Oder wie Oleg Blochin, der blond war wie er und schnell, der erste Superstar hinter dem Eisernen Vorhang, Meistercupsieger mit Dynamo Kiew und Europas Fussballer des Jahres 1975. Blochin ist heute Trainer der ukrainischen Nationalmannschaft, die mit Schewtschenko wahrscheinlich an der Weltmeisterschafts-Endrunde 2006 in Deutschland teilnimmt, zum ersten Mal.
Der Stratege, der Dynamo Kiew auf die Weltkarte des Fussballs setzte, war der geheimnisumwitterte Oberts Waleri Lobanowski, der in seiner Bürozelle, zwei auf zwei Meter, unter der Stadiontribüne das Spiel als militärisch organisierte Variante neu erfand. Lobanowski sah immer schon uralt und versteinert aus, er hatte eine blaue Wodkanase und sprach kaum mit Fremden, und als er 2002 starb, überraschte die Nachricht, dass er erst 63 gewesen sein sollte. Der Oberst entwickelte als Gegenmodell zum damals bewunderten kreativen «Totalfussball» der Holländer ein rigides Konzept mit massierter Deckung und schnellen Konterangriffen. In Wirklichkeit handelte es sich um eine Neuauflage des alten italienischen Catenacio. Lobanowski forderte gnadenlos Disziplin. Als die Mannschaft nicht spurte, zwang er sie in der Pause, bei minus acht Grad die Wollsachen auszuziehen und in Sommertenues weiterzuspielen. Aber er hatte Erfolg und, vor allem, ein Auge für Talente.
Mit neun Jahren gehörte Andri zum Förderkader, aber dann wurde ihm die Tür zugeschlagen: Er fiel durch die Prüfung des Sportgymnasiums - nicht wegen der Schulnoten, die waren ausgezeichnet, sondern, welche Ironie, weil er den praktischen Teil nicht bestand, das Fussballtraining. Doch mit 18 spielte er in der ersten Dynamo-Mannschaft, mit 19 debütierte er in der Champions League, und am 5. November 1997, mit 21, schoss er den FC Barcelona mit einem Hattrick aus dem Wettbewerb. Er war die Entdeckung auf sämtlichen westlichen
Bildschirmen.
Zwei Jahre später zitterte auf der Tribüne des Dynamo-Stadions von Kiew ein in Wolldecken gehüllter Besucher aus Italien vor Kälte: Adriano Galliani, der Geschäftsführer der AC Milan, beobachtete mitfiebergeröteten Augen bei minus 17 Grad diesen Stürmer mit dem unaussprechlichen Namen, den ihm der Berater Rezo Choconelidze, klubintern zuständig für die Ostspionage, warm empfohlen hatte. Aber Spieler aus den Kollektiven der ehemaligen Sowjetunion galten als Sicherheitsrisiken: Könner wie Zawarow und Michailitschenko gingen im italienischen Starsystem als Versager unter, und der frühere Dynamo-Stürmer Belanow, Europas Fussballer des Jahres 1986, hatte im Konsumparadies des Westens als Ladendieb geendet.
Die Bank der AC Milan
Der Ukrainer Andri Schewtschenko ist mehr als der beste Stürmer, der zurzeit auf dem Fussballrasen rumläuft. Er ist so gut, dass er immer noch in Mailand spielen darf, obwohl er dem Sohn es Klubpräsidenten Silvio Berlusconi die Freundin wegnahm.
Es waren schreckliche Wochen: Andri Schewtschenko spielte Golf, und er beschäftigte sich Tag und Nacht mit seinem kleinen Sohn Jordan in der wunderschönen Villa in Blevio am Comersee. Aber an diesen langen Tagen im Februar und März spielte er keinen Fussball.
Er fuhr nach Milanello, ins Trainingszentrum seines Arbeitgebers, und dort haben ihm die Ärzte des MilanLab, der sportmedizinischen Abteilung, immer wieder die Videos und die Fotos gezeigt vom 19. Februar: Wie er, Andri Schewtschenko, 29, Europas Fussballer des Jahres, sich in die Luft schraubt, mit diesem federnd-athletischen Absprung, der die höchsten Werte auf den biometrischen Messgeräten hinterlässt, hochgetrieben von Oberschenkeln, die wie Kolben funktionieren. Wie er den Ball mit einer exakt getimten Kopfdrehung auf das Tor von Cagliari lenkt - und wie auch der andere emporschnellt, sein gegnerischer Leibwächter Simone Loria, ein Unbekannter, der erst mit 28 Jahren in der Serie A debütierte, als Andri schon dreissig Millionen auf der Bank hatte. Aber Loria kommt nicht an den Ball, er schlägt mit voller Wucht mit der Stirn gegen Schewtschenkos Gesicht. Eine brutale Ungeschicklichkeit. Andri fällt auf den Rasen. Bleibt liegen. Er ist kein Simulant in diesem Theater, in dem es von miesen Schauspielern nur so wimmelt. Loria hat ihm das Jochbein zertümmert, ein dreifacher, komplizierter Bruch.
Body und Soul und keine Allüren
Sie haben ihn im Labor an Elektroden angeschlossen und seine emotionale Reaktion auf einen Monitor übertragen, wenn sie ihm diese Bilder vorführten. «Anfänglich bekam ich Gänsehaut, als ich meinen Unfall mitansehen musste.» Die Ärzte erwogen eine Psychotherapie, aber das beste Heilmittel war der Ball, die Rückkehr auf den Platz. Nach sechs Wochen spielte er wieder, und seither wird er wieder gejagt.
«Schewtschenko ist der perfekte Stürmer», lobt ihn Jose Mourinho, der Perfektionist unter den Trainern, der ihn selbstverständlich auch auf der Wunschliste beim FC Chelsea hat. «Denn er setzt sich in der SerieA durch, in der härtesten Liga der Welt.» Er läuft gefahrenverachtend in die zuschnappenden Knochenfallen und Würgegriffe des Catenaccio. Er schont sich nie. Im wahrscheinlich entscheidenden Spiel gegen den Titelrivalen Juventus am 8. Mai hängte sich der Juventus-Stopper Fabio Cannavaro 95 Minuten lang wie eine Klette an Schewtschenko, riss ihn an Hose und Trikot, trat ihm auf die Füsse, schubste ihn bei Kopfbällen aus dem Gleichgewicht. Schewtschenko blieb chancenlos, Milan verlor 0:1 und wahrscheinlich auch die Meisterschaft. Vielleicht hat das Trauma doch noch nachgewirkt. Seine unfreiwillige Golfpause könnte allerdings im Final der Champions League gegen den FC Liverpool am 25. Mai in Istanbul zu einem Vorteil werden. Das Starpersonal Milans ist ausgelaugt von der notorischen Überbelastung (allein im März stand sie zehn Spiele innert dreissig Tagen durch), Andri aber ist unverbraucht.
Was macht den grossen Blonden so einzigartig als Stürmer? Er ist ball technisch nicht so raffiniert wie Ronaldo oder Ronaldinho, er hat nicht ganz die elementare, unwiderstehliche Kraft Adrianos, nicht die rotzige Unbekümmertheit eines Wayne Rooney, nicht die spielerische Eleganz von Raul oder Thierry Henry, ihm fehlt etwas von der Verschlagenheit Van Nistelrooys und dem schlangenartigen Opportunismus Inzaghis, mit dem er bei Milan zusammen spielen muss, weil der Allmächtige Berlusconi es will.
Jean-Pierre Meersseman, der belgische Sportarzt und Leiter des MilanLab, beschrieb das Objekt seiner praktischen Studien in der Gazzetta dello Sport: «Andri ist injeder Beziehung ein Phänomen. Eine geborene Nummer eins. Er ist der Beste in jedem Test. Er ist der explosivste, der schnellste Sprinter, unschlagbar beim Start. Er hat ein ausserordentliches Koordinationsgefühl und eine fast übersinnliche Wahrnehmungsfähigkeit, sagen wir, er ist darin zwanzig Prozent besser als alle andern. Da sind einmal die Vorteile seiner Muskulatur und seines Nervensystems.» Aber erst wo der perfekte Athlet aufhört, beginnt der wahre Champion. «Wenn Andri eines Tages nicht mehr Fussball spielt, wird er eine neue Karriere beginnen», prophezeit Meersseman. «Als Trainer? Vielleicht, aber er wird auf jedem Gebiet Erfolg haben. Schewtschenko besitzt einen Charakter, der es ihm ermöglicht, sich in jeder Situation zu organisieren, zu konzentrieren, Probleme zu erkennen und zu lösen.» Tatsächlich ein Roboter? «Eine perfekte menschliche Maschine,ja, aber mit einem generösen Herz. Andri ist ein sensibler Mann, und jeder, der ihn kennt, mag ihn.» Body and Soul und keine Allüren.
Die Summe seiner Eigenschaften ergibt einen fast roboterhaft vollkommenen Athleten, wie der Perfektionssucher Mourinho erkannte. Dieser Makellose von einem andern Stern, für den Real Madrid vor vier Jahren vergeblich 150 Millionen Franken geboten hat, stammt aus Dwirkiwschtschyna, einem Dorf bei Kiew. Sein Vater war Offizier der Roten Armee, und als Andri drei Jahre alt war, zog die Familie nach Kiew. Seine wohlbehütete Kindheit erlebte er hauptsächlich im Sportzentrum des Armeesportklubs Dynamo in einem abgeriegelten Park - bis zu jenem Tag, als alle Schulklassen Kiews plötzlich in Urlaub geschickt wurden ans Schwarze Meer, ohne Erklärung, und auch der Vater, der Offizier, den Angehörigen die Katastrophe im Atomkraftwerk von Tschernobyl aus Staatsräson verschwieg. Die Zwangsferien dauerten mehrere Monate, danach spielte Andri im Sommer wieder Fussball und im Winter Eishockey, das Spiel, das er fast noch mehr liebte.
Instinktives Überfalldenken
In der Nähe der elterlichen Wohnung lag ein kleiner See, der von November bis März zufror. Andri schlich abends mit Schlittschuhen und Stock aus dem Fenster. Es gab diese untergegangene Schule des Ostens, die sich an die Jahreszeiten hielt: Eishockey bis zum Tauwetter, Fussball, solange kein Schnee fiel. Der legendäre HockeystürmerWsewolod Bobrow, der 1956 bei den Olympischen Winterspielen in Cortina d' Ampezzo mit den Sowjets die Goldmedaille gewann, war als Fussballer ebenso herausragend und Mitglied der Nationalmannschaft. Schewtschenko hatte diese Doppelbegabung, und später lernte er auch mit Leichtigkeit Tennis und Golf.
Eishockey spielt er heute nicht mehr, aber sein Körper hat die alten Reflexe gespeichert: Das , robuste Zweikampfverhalten ohne Wehleidigkeit, Standfestigkeit und Körperbeherrschung, das Wechselspiel von Aggression und Zurückweichen, Einstecken und Austeilen. Fussball ist ein Kampfspiel und Eishockey noch mehr. Was Schewtschenko sich im Eishockey angeeignet hat, diese Abgebrühtheit der Selbstverteidigung, bringen die Südamerikaner und Afrikaner aus dem Strassenfussball mit. Andri hat dieses instinktive Überfalldenken des Konterstürmers. Wenn er losgaloppiert, wirkt er wie ein Rennpferd, das sich an die Weiden seiner Jugend erinnert. Oder wie Oleg Blochin, der blond war wie er und schnell, der erste Superstar hinter dem Eisernen Vorhang, Meistercupsieger mit Dynamo Kiew und Europas Fussballer des Jahres 1975. Blochin ist heute Trainer der ukrainischen Nationalmannschaft, die mit Schewtschenko wahrscheinlich an der Weltmeisterschafts-Endrunde 2006 in Deutschland teilnimmt, zum ersten Mal.
Der Stratege, der Dynamo Kiew auf die Weltkarte des Fussballs setzte, war der geheimnisumwitterte Oberts Waleri Lobanowski, der in seiner Bürozelle, zwei auf zwei Meter, unter der Stadiontribüne das Spiel als militärisch organisierte Variante neu erfand. Lobanowski sah immer schon uralt und versteinert aus, er hatte eine blaue Wodkanase und sprach kaum mit Fremden, und als er 2002 starb, überraschte die Nachricht, dass er erst 63 gewesen sein sollte. Der Oberst entwickelte als Gegenmodell zum damals bewunderten kreativen «Totalfussball» der Holländer ein rigides Konzept mit massierter Deckung und schnellen Konterangriffen. In Wirklichkeit handelte es sich um eine Neuauflage des alten italienischen Catenacio. Lobanowski forderte gnadenlos Disziplin. Als die Mannschaft nicht spurte, zwang er sie in der Pause, bei minus acht Grad die Wollsachen auszuziehen und in Sommertenues weiterzuspielen. Aber er hatte Erfolg und, vor allem, ein Auge für Talente.
Mit neun Jahren gehörte Andri zum Förderkader, aber dann wurde ihm die Tür zugeschlagen: Er fiel durch die Prüfung des Sportgymnasiums - nicht wegen der Schulnoten, die waren ausgezeichnet, sondern, welche Ironie, weil er den praktischen Teil nicht bestand, das Fussballtraining. Doch mit 18 spielte er in der ersten Dynamo-Mannschaft, mit 19 debütierte er in der Champions League, und am 5. November 1997, mit 21, schoss er den FC Barcelona mit einem Hattrick aus dem Wettbewerb. Er war die Entdeckung auf sämtlichen westlichen
Bildschirmen.
Zwei Jahre später zitterte auf der Tribüne des Dynamo-Stadions von Kiew ein in Wolldecken gehüllter Besucher aus Italien vor Kälte: Adriano Galliani, der Geschäftsführer der AC Milan, beobachtete mitfiebergeröteten Augen bei minus 17 Grad diesen Stürmer mit dem unaussprechlichen Namen, den ihm der Berater Rezo Choconelidze, klubintern zuständig für die Ostspionage, warm empfohlen hatte. Aber Spieler aus den Kollektiven der ehemaligen Sowjetunion galten als Sicherheitsrisiken: Könner wie Zawarow und Michailitschenko gingen im italienischen Starsystem als Versager unter, und der frühere Dynamo-Stürmer Belanow, Europas Fussballer des Jahres 1986, hatte im Konsumparadies des Westens als Ladendieb geendet.
Reden ist Silber, Schreiben ist Gold.
Portrait Andri Schewtschenko (Fortsetzung/2. Teil)
Dynamo spielte an jenem Abend gegen Panathinaikos Athen. «Schewtschenko misslang fast alles», berichtete Galliani seinem Präsidenten Silvio Berlusconi, aber der «Cavaliere, der gerade im politischen Abseits der Opposition sass und sich mit seinen Fussball-Gladiatoren in den Schlagzeilen hielt, war bereit, das ukrainische Bleichgesicht sozusagen blind zu kaufen. Erstens, weil Schewtschenko damals, als die Preise auf dem überhitzten Markt explodierten, mit 33 Millionen Franken fast ein Schnäppchen war. Und zweitens, weil im Fussball manchmal der Aberglaube gleich gewichtet wird wie Verstand und Geld: Berlusconi entdeckte die schicksalhafte Übereinstimmung, dass Andri am gleichen Tag geboren wurde wie er selber, am 29. September.
Als der Star, der aus der Kälte kam, im August 1999 seinen Dienst in Mailand antrat, lockte ihn der Padrone auf seine grossspurig-joviale Art mit einem kapitalistischen Köder: «Wenn du 25 Tore schiesst, schenke ich dir eine Jacht.» Schewtschenko traf 24-mal, ein glanzvoller Einstand als Topskorer in der Serie A, und er verdrängte rasch den bisherigen Topstürmer, den Deutschen Oliver Bierhoff. Er hatte nicht die geringsten Anpassungsprobleme und sprach nach zwölf Monaten besser Italienisch als Michael Schumacher nach zwölf Jahren. Er galt als der «neue Van Basten», als Ebenbild des fliegenden Holländers, der Milan zu vier Meistertiteln geschossen hatte.
Vier lange Jahre hat Schewtschenko, der bald nur noch mit der Abkürzung «Sheva» gerufen wurde, in Italien nichts gewonnen. Nicht er war das Problem, sondern der Padrone: Berlusconi feuerte den Trainer Alberto Zaccheroni, der 1999 völlig überraschend mit einer Verlegenheitsmannschaft den Titel erobert hatte. Der «Cavaliere» hielt den erklärten Linken Zaccheroni für politisch geschäftsschädigend und ersetzte ihn durch den ego manischen Türken Fatih Terim. Doch der erwies sich mit seinem Napoleon-Komplex als noch schlimmer, weil er in allen Fernsehkanälen wie ein durchgedrehter Berlusconi-Imitator auftrat. Der Boss liess ihn fallen, und dank Carlo Ancelotti, einem früheren Milan-Spieler, kehrte wieder Ruhe ein. Aber Shevas Torkurve sank nach unten: Nach 24 im ersten und im zweiten Jahr, waren es im dritten nur noch 14 Blattschüsse. Im August 2002 verletzte er sich schwer am Knie. Die nachfolgende Saison wurde ein Alptraum, er traf gerade noch sechsmal.
Er galt als Nachtvogel, stelzte als Model für Armani über den Laufsteg, stritt sich auf dem Platz mit seinem Stürmerkollegen Filippo Inzaghi, einem theatralischen Egoisten, der ihm auf den Füssen herumtrat, und er war sauer, dass Berlusconi ihm den alternden brasilianischen Star Rivaldo vor die Nase setzte. Der Patriarch spottete wissend: «Der Herr schläft schlecht, er hat eine neue Freundin.» Als «Roboter» war Schewtschenko entzaubert. Ein einziger Schuss rettete ihm die Zukunft: Er verwandelte im Final der Champions League gegen Juventus Turin den letzten Ball in der abschliessenden Elfmeterlotterie. Rivaldo wurde abgeschoben, Inzaghi war häufig verletzt, Schewtschenko aber spielte in der Saison 2003/2004 besser denn je, und Milan gewann überlegen den Meistertitel.
Über die Hintergründe seiner unleugbaren Krise hat sich Andri kavaliershaft ausgeschwiegen. Auch die Medien, die sonst die Amouren von Fussballgrossverdienern wie Vieri, Totti und ihren Fernsehsternchen auf der Endlosschleife laufen lassen, hielten mit der Sheva-Telenovela zurück. Seine Liebste, das amerikanische Fotomodell Kristen Pazik, breitete einen Ablenkungsschleier über ihre Beziehung: «Wir hatten uns zufällig an einer Party bei Armani getroffen. Als er mich fragte, ob ich ihn kenne, sagte ich: «Möglich, dass ich Sie auf der Ersatzbank gesehen habe.» Ich hatte gerade eine Liebe beendet und wollte in einigen Tagen nach Amerika zurückkehren. Wir sind dann Hand in Hand weggegangen. Ich glaube an den Energieaustausch zwischen zwei Menschen. Aber ich wollte mich auf nichts mehr einlassen für ein paar Stunden. Er hat mich hundertmal angerufen, bis wir uns wiedergesehen haben.»
Der Fall war in seiner emotionalen und gesellschaftlichen Ausweitung etwas komplizierter: Andri hatte Kristen dem ältesten Sohn seines Chefs ausgespannt. Piersilvio Berlusconi, Programmchef der väterlichen TV-Sendergruppe Mediaset, scheint ihm das sehr übel genommen zu haben, jedenfalls ist sein Interesse an Milan erloschen, obschon ihn Papa für die Nachfolge als Präsidenten ausersehen hatte.
Andri hat Kirsten, die Tochter eines ehemaligen Baseball-Profis der New York Yankees, am 14.Juli 2004 in einem Country-Club in Maryland geheiratet. In Golfklamotten, ohne Fotografen, ohne Ringe. Aber etwas Aberglauben war im Spiel: 14 ist zweimal 7 (seine Rückennummer) und der Juli der siebente Monat. Im November kam Sohn Jordan zur Welt. Sie haben Mailand, die noble Via della Spiga, aufgegeben und leben am Comersee, als Nachbarn der Sängerin Milva. In Mailand geblieben sind die Eltern Schewtschenko mit Tochter und Schwiegersohn. Die Wohnung hat ihnen Andri geschenkt.
In Kiew hält er noch einen Brückenkopf: die erste Armani-Boutique der Stadt, die zweite wird er demnächst eröffnen. Die Distanz ist weit geworden. Während der orange Revolution hat der Offizierssohn Schewtschenko zunächst auf die alten Machthaber gesetzt. Die boxenden Klitschko-Brüder Wladimir und Witali, Volkshelden wie er, haben ihn beschworen, die Oppositionsbewegung Juschtschenkos zu unterstützen. Es war die einzige Chance in seinem Leben, die Andri nicht sofort erkannt hat.
Dynamo spielte an jenem Abend gegen Panathinaikos Athen. «Schewtschenko misslang fast alles», berichtete Galliani seinem Präsidenten Silvio Berlusconi, aber der «Cavaliere, der gerade im politischen Abseits der Opposition sass und sich mit seinen Fussball-Gladiatoren in den Schlagzeilen hielt, war bereit, das ukrainische Bleichgesicht sozusagen blind zu kaufen. Erstens, weil Schewtschenko damals, als die Preise auf dem überhitzten Markt explodierten, mit 33 Millionen Franken fast ein Schnäppchen war. Und zweitens, weil im Fussball manchmal der Aberglaube gleich gewichtet wird wie Verstand und Geld: Berlusconi entdeckte die schicksalhafte Übereinstimmung, dass Andri am gleichen Tag geboren wurde wie er selber, am 29. September.
Als der Star, der aus der Kälte kam, im August 1999 seinen Dienst in Mailand antrat, lockte ihn der Padrone auf seine grossspurig-joviale Art mit einem kapitalistischen Köder: «Wenn du 25 Tore schiesst, schenke ich dir eine Jacht.» Schewtschenko traf 24-mal, ein glanzvoller Einstand als Topskorer in der Serie A, und er verdrängte rasch den bisherigen Topstürmer, den Deutschen Oliver Bierhoff. Er hatte nicht die geringsten Anpassungsprobleme und sprach nach zwölf Monaten besser Italienisch als Michael Schumacher nach zwölf Jahren. Er galt als der «neue Van Basten», als Ebenbild des fliegenden Holländers, der Milan zu vier Meistertiteln geschossen hatte.
Vier lange Jahre hat Schewtschenko, der bald nur noch mit der Abkürzung «Sheva» gerufen wurde, in Italien nichts gewonnen. Nicht er war das Problem, sondern der Padrone: Berlusconi feuerte den Trainer Alberto Zaccheroni, der 1999 völlig überraschend mit einer Verlegenheitsmannschaft den Titel erobert hatte. Der «Cavaliere» hielt den erklärten Linken Zaccheroni für politisch geschäftsschädigend und ersetzte ihn durch den ego manischen Türken Fatih Terim. Doch der erwies sich mit seinem Napoleon-Komplex als noch schlimmer, weil er in allen Fernsehkanälen wie ein durchgedrehter Berlusconi-Imitator auftrat. Der Boss liess ihn fallen, und dank Carlo Ancelotti, einem früheren Milan-Spieler, kehrte wieder Ruhe ein. Aber Shevas Torkurve sank nach unten: Nach 24 im ersten und im zweiten Jahr, waren es im dritten nur noch 14 Blattschüsse. Im August 2002 verletzte er sich schwer am Knie. Die nachfolgende Saison wurde ein Alptraum, er traf gerade noch sechsmal.
Er galt als Nachtvogel, stelzte als Model für Armani über den Laufsteg, stritt sich auf dem Platz mit seinem Stürmerkollegen Filippo Inzaghi, einem theatralischen Egoisten, der ihm auf den Füssen herumtrat, und er war sauer, dass Berlusconi ihm den alternden brasilianischen Star Rivaldo vor die Nase setzte. Der Patriarch spottete wissend: «Der Herr schläft schlecht, er hat eine neue Freundin.» Als «Roboter» war Schewtschenko entzaubert. Ein einziger Schuss rettete ihm die Zukunft: Er verwandelte im Final der Champions League gegen Juventus Turin den letzten Ball in der abschliessenden Elfmeterlotterie. Rivaldo wurde abgeschoben, Inzaghi war häufig verletzt, Schewtschenko aber spielte in der Saison 2003/2004 besser denn je, und Milan gewann überlegen den Meistertitel.
Über die Hintergründe seiner unleugbaren Krise hat sich Andri kavaliershaft ausgeschwiegen. Auch die Medien, die sonst die Amouren von Fussballgrossverdienern wie Vieri, Totti und ihren Fernsehsternchen auf der Endlosschleife laufen lassen, hielten mit der Sheva-Telenovela zurück. Seine Liebste, das amerikanische Fotomodell Kristen Pazik, breitete einen Ablenkungsschleier über ihre Beziehung: «Wir hatten uns zufällig an einer Party bei Armani getroffen. Als er mich fragte, ob ich ihn kenne, sagte ich: «Möglich, dass ich Sie auf der Ersatzbank gesehen habe.» Ich hatte gerade eine Liebe beendet und wollte in einigen Tagen nach Amerika zurückkehren. Wir sind dann Hand in Hand weggegangen. Ich glaube an den Energieaustausch zwischen zwei Menschen. Aber ich wollte mich auf nichts mehr einlassen für ein paar Stunden. Er hat mich hundertmal angerufen, bis wir uns wiedergesehen haben.»
Der Fall war in seiner emotionalen und gesellschaftlichen Ausweitung etwas komplizierter: Andri hatte Kristen dem ältesten Sohn seines Chefs ausgespannt. Piersilvio Berlusconi, Programmchef der väterlichen TV-Sendergruppe Mediaset, scheint ihm das sehr übel genommen zu haben, jedenfalls ist sein Interesse an Milan erloschen, obschon ihn Papa für die Nachfolge als Präsidenten ausersehen hatte.
Andri hat Kirsten, die Tochter eines ehemaligen Baseball-Profis der New York Yankees, am 14.Juli 2004 in einem Country-Club in Maryland geheiratet. In Golfklamotten, ohne Fotografen, ohne Ringe. Aber etwas Aberglauben war im Spiel: 14 ist zweimal 7 (seine Rückennummer) und der Juli der siebente Monat. Im November kam Sohn Jordan zur Welt. Sie haben Mailand, die noble Via della Spiga, aufgegeben und leben am Comersee, als Nachbarn der Sängerin Milva. In Mailand geblieben sind die Eltern Schewtschenko mit Tochter und Schwiegersohn. Die Wohnung hat ihnen Andri geschenkt.
In Kiew hält er noch einen Brückenkopf: die erste Armani-Boutique der Stadt, die zweite wird er demnächst eröffnen. Die Distanz ist weit geworden. Während der orange Revolution hat der Offizierssohn Schewtschenko zunächst auf die alten Machthaber gesetzt. Die boxenden Klitschko-Brüder Wladimir und Witali, Volkshelden wie er, haben ihn beschworen, die Oppositionsbewegung Juschtschenkos zu unterstützen. Es war die einzige Chance in seinem Leben, die Andri nicht sofort erkannt hat.
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Tip und hoff uf ä sieg vo liverpool. wär nach dere pl saison ä versöhnliche abschluss vo dere saison. milan het in de letschte spiel einigi schwäche zeigt, was bi dere mannschaft zwar au nit viel heisse muess.
bi gspannt uf das spiel und hoff, dass es nit ä öde cl obe wird.
2:1 am schluss, mit em cisse und em gerrard als lfc torschütze. dr cisse het sich in dr liga am letschte spieltag scho emol mit eme doppelpack warm gschosse
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Ginge es nach Logik, der Liga-Tabelle, ginge es nach "Expertenmeinung", ginge es um das Einschätzen der Stärken der verschiedenen Spielern, ginge es nach Silvio Berlusconi, der Liverpool als "Zweitklassteam" bezeichnet, dann hat Liverpool heute keine Chance.
Aber, wer die Meister Italiens und Englands ausknockt - beides bessere Teams als Milan - , darf auch ein bisschen träumen. Und vielleicht, möglicherweise, wer weiss?, spielt die Logik heute Abend eine ähnlich grosse Rolle wie in den CL Spielen zuvor: keine.
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Natürlich pro Liverpool!
Denn sin mir Cl Sieger-Besieger! (oder zumindischt aus dem Turnier-werfer)
tipp uf 1:1 und denn e Penaltyschiesse
Wo luegt me am beschte dr Match hüt Obe in dr Stadt? Bi no unschlüssig zwüsche Paddys und PW... wird sicher sua viil Lüt ha an beide Ort.
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Wo luegt me am beschte dr Match hüt Obe in dr Stadt? Bi no unschlüssig zwüsche Paddys und PW... wird sicher sua viil Lüt ha an beide Ort.
20min 25.5.2007:
"Inler gab den Pokal für einen kurzen Moment in jene Hände, die nicht unwesentlichen Anteil am Titelgewinn hatten. «Er ist unser Anwalt; er hat uns die Muntwiler- Punkte geholt», erklärte er die kurzfristige Herausgabe der Trophäe."
"Inler gab den Pokal für einen kurzen Moment in jene Hände, die nicht unwesentlichen Anteil am Titelgewinn hatten. «Er ist unser Anwalt; er hat uns die Muntwiler- Punkte geholt», erklärte er die kurzfristige Herausgabe der Trophäe."
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aight! hatte ich auch schon in meinen gedanken (Snowy hat geschrieben:Denn sin mir Cl Sieger-Besieger!


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auch gegen arsenal zwei (?) siege.. woran hats denn gelegen, dass man nicht vor arsenal war? schwächen gegen kleinere?Keano hat geschrieben:Man Utd 1-0 / 2-1 diese saison gegen pool xD![]()
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Hoffe ich auch! Habe nämlich neben einen Sieg von Liverpool auch noch auf Hyppiä als ersten Torschützen gewettet (Stam rutscht aus, Hyppiä steigt hoch und 1:0skraggy hat geschrieben:Won't happen...
Dr Carra wird dr Shevchenko 90 Minute lang abmälde und dr Hyppia macht nachere Egge s'entscheidende 1:0.![]()

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