600 Polizisten pro Fussballspiel
Richtlinien zur Euro 08: Sicherheitsmassnahmen erreichen neue Dimension
VON SIMON BÄRTSCHI
BERN Die Polizei wird an der Fussball- Europameisterschaft 2008 in der Schweiz ein Grossaufgebot in Stellung bringen: Bei jedem der 15 Spiele in den vier Schweizer Stadien ( vgl. Kasten) sollen durchschnittlich 600 Polizisten für Sicherheit sorgen. Dies geht aus dem 80- seitigen Richtlinienpapier zur Sicherheit hervor, in das die SONNTAGSZEITUNG Einblick hatte.
« Wir rechnen für Spiele mit gewaltbereiten Fans mit einem Ordnungsdienstaufgebot von 600 bis 800 Polizisten » , sagt der Solothurner Kantonspolizeikommandant Martin Jäggi, Sicherheitschef der Euro 08 und Präsident der Polizeikommandantenkonferenz.
Für weniger riskante Spiele werden 400 bis 600 Leute aufgeboten. Jäggis Papier gilt als Grundlage für alle Schweizer Polizeieinsätze am drittgrössten Sportanlass der Welt. Es ist auch Basis für die Berechnung der Sicherheitskosten. Aufgebote von 600 und mehr Polizisten bedeuten für die Kantonspolizeien ( Kapos) eine neue Dimension. Für konfliktträchtige Begegnungen zwischen Schweizer Klubs mobilisiert die Polizei durchschnittlich rund 200 Beamte. Die internationalen Auftritte des FC Basel wurden von 300 Polizisten abgesichert. Den bisherigen Rekord in Basel gab es mit 500 Uniformierten an der Anti- Wef- Demo Ende Januar. Die lokale Polizei wurde damals von Polizeien aus umliegenden Kantonen unterstützt. « An der Euro wird es fast täglich zu einem Grosseinsatz kommen » , sagt Cölestin Frei, Leiter Spezialformationen bei der Basler Kapo.
Polizei plant für Euro- 08- Dauer Sicherheitsentrale in Bern
Sicherheitschef Jäggi erwartet, dass die Euro 08 wegen der zentralen Lage der Schweiz von mehr gewaltbereiten Fans besucht wird als das letzte Turnier in Portugal. An der Algarve war es zweimal zu schweren Ausschreitungen zwischen der Polizei und mehreren Hundert Randalierern gekommen. « Militante Gruppen werden vor allem aus England, Deutschland, Holland, Belgien und Italien, aber auch aus Polen, Slowenien und Tschechien anreisen » , sagt Christoph Vögeli, Chef des Sicherheitsdienstes der Stadtpolizei Zürich und Leiter der Zentralstelle für Hooliganismus. Der normale Zuschauer soll laut dem Polizeiplan nichts von der grossen Truppenpräsenz merken. Jäggis Motto: « Kein Polizist im martialischen Anzug vor den Stadien. » Sämtliche Einsatzkräfte werden sich rund um die Stadien « in Bereitschaftsräumen » aufhalten. Sie werden erst angefordert, wenn es Probleme mit Fans gibt.
Mit gewaltbereiten Fans will die Polizei zuerst den Dialog suchen. Jäggi setzt auf sprachkundige Polizeiangehörige, Polizisten aus den jeweiligen Ländern und allenfalls Armeedolmetscher. « Wir werden die Bedürfnisse der Fans abklären und diesen falls möglich entsprechen. » Nützt es nichts, wird durchgegriffen.
In Bern wird laut Jäggi für die Dauer der Euro 08 eine nationale Sicherheitszentrale eingerichtet. 50 bis 70 Mitarbeiter aus Polizei, Dienst für Analyse und Prävention ( DAP) und Armee sollen dort die Lage ständig überwachen. Ausländische Fanbeobachter werden sie dabei unterstützen.
Basel will Brücke zum St. Jakob- Park bauen
Um die Sicherheit in Stadionnähe zu erhöhen, sind auch bauliche Massnahmen geplant. Basel prüft zurzeit die Konstruktion einer Brücke von der St. Jakobshalle zum Stadion, wie Andrea Müller, Basler Euro 08- Projektleiter, bestätigt. In der Halle untergebrachte Medienleute könnten so sicher und schnell ins Stadion gelangen. Der Entscheid fällt in diesem Jahr. Sämtliche Sicherheitsmassnahmen der Behörden stehen unter internationaler Beobachtung: Vom 31. März bis zum 3. April nahm eine Delegation des Europarates den Stand der Arbeiten in Bern und Basel unter die Lupe. Die Experten durchleuchteten auch die Konzepte der Polizeikommandos.
Der schriftliche Bericht der Delegation steht noch aus.
300 Beamte sicherten Champions- League- Spiele im St Jakob- Park. An der Euro 2008 wird es fast täglich zum Grosseinsatz kommen FOTO: URS
