Sparen auf allen Ebenen: Die Spieler der Super- League- Klubs müssen sich Millionen ans Bein streichen
FOTO: THOMAS BURLA
Von der Super- zur Sparliga
Die Fussballklubs GC und Xamax müssen aus Finanznot ihre Ausgaben drastisch senken
VON ROGER MÜLLER
ZÜRICH Der erfolgsverwöhnte Zürcher Fussballklub Grasshoppers muss seine Ausgaben auf nächste Saison hin praktisch halbieren. Nach neusten Zahlen sparen die Klubverantwortlichen beim Profibetrieb acht Millionen Franken ein.
Das kleine Xamax in Neuenburg muss ein Sparkonzept von mindestens 40 Prozent vorweisen können, will es Ende nächster Woche vor dem Richter eine Nachlassstundung erwirken. Das sind sicher zwei, eher drei Millionen Franken.
Einen enormen Spardruck spürt aber auch der Rest der Branche. « Wir haben in der laufenden Saison 15 Millionen Franken Ausgaben budgetiert. Hochgerechnet sind es bis Saisonende aber bereits 17 Millionen Franken » , sagt Buchprüfungsexperte Beat Schnider, der aktuell für die GC- Finanzen verantwortlich ist.
Notfallmässig mussten auf März Änderungskündigungen bei Spielern und dem administrativen Personal ausgesprochen werden. So reduziert der Klub die Ausgaben bis zum Saisonende im Juni immerhin schon mal auf 14,5 Millionen. Das reicht laut Schnider bei weitem nicht: « Für die kommende Saison 2005/ 06 planen wir nur noch mit 9 Millionen für die erste Mannschaft. » Die Ausgaben müssen also gegenüber dem aktuellen Stand praktisch halbiert werden. Gespart wird auf allen Ebenen: In erster Linie trifft es die Spieler des Teams in der Super League, der obersten Schweizer Fussballliga. Das Kader wurde bereits von 25 auf 18 Profis gekürzt, die Erfolgsprämien reduziert. In der Verwaltung streicht GC ein halbes Dutzend Stellen, gegen 15 Personen sind davon betroffen.
Die Diskussion ums Sparen im Schweizer Profifussball ist zwar nicht neu. Neu ist jedoch, dass Klubs wie GC, die sich bisher von Bilanzsanierung zu Bilanzsanierung gehangelt haben, nicht mehr darum herumkommen. Der sportlich erfolgreichste Schweizer Klub kann sich keine weiteren Millionenverluste mehr leisten: Die langjährigen Mäzene Rainer E. Gut und Fritz Gerber haben bereits im letzten Sommer ihre Defizitgarantie zurückgezogen. Im Winter retteten sie die Aktiengesellschaft, in der der Profibetrieb organisiert ist, mit Verzichtserklärungen vor dem Konkurs. Es gibt nun keine Forderungen mehr, auf die die beiden Herren noch verzichten können. Zudem ist die eben gegründete faktische Auffanggesellschaft, die Neue Grasshoppers Fussball AG, mit einem Aktienkapital von zwei Millionen Franken bescheiden dotiert. Es ist also kein Wunder, dass Swiss- Life- Chef und GC- Zentralpräsident Rolf Dörig an der Generalversammlung vom Freitag betonte, der Klub könne « auch nächste und übernächste Saison keine grossen Sprünge machen » .
Nach dem Konkurs von Servette Genf spielen noch neun Klubs in der obersten Schweizer Liga. Eine Umfrage unter ihnen zeigt, dass drei der neun ihre Budgets auf kommende Saison senken: neben GC und Xamax auch der FC Zürich ( siehe Tabelle) . Jean- Philippe Gauthier, Verwaltungsrat der Neuchâtel Xamax SA, und seine Kollegen setzen auf eine Reduktion des Kaders und tiefere Saläre. Auch der FC Zürich versucht bei auslaufenden Spielerverträgen, die Gunst der Stunde zu Lohnsenkungen zu nutzen.
Der FC Basel lebt kontrolliert über den eigenen Verhältnissen
Noch kein Thema ist das Sparen für den FC Basel und für St. Gallen. Der FC Basel rechnet in Szenarien und will deshalb keine konkreten Angaben zum Budget 2005 machen. Basel hat eben auf eine Rechnungslegung per Kalenderjahr umgestellt. In den 18 Monaten bis Ende Dezember 2004 resultierte bei Ausgaben von 53 Millionen Franken ein Verlust von knapp 2 Millionen. Der FC Basel lebt kontrolliert über den eigenen Verhältnissen, dank der Defizitgarantie von Roche- Erbin Gigi Oeri.
Der FC St. Gallen seinerseits hat am Mittwoch seine « Leitplanken für die Zukunft » vorgestellt. Aus finanzieller Sicht wichtigstes Ziel: Die Ausgabenpolitik soll sich nach dem Bezug des neuen Stadions « konsequent an den gesicherten Einnahmen orientieren » . Bis dahin schreibt der Klub rote Zahlen.
Die Klubs von Thun und Aarau hingegen wollen ihre vergleichsweise kleinen Budgets leicht erhöhen. Vor allem der FC Aarau hat es in den letzten zwei Jahren unter Präsident Michael Hunziker geschafft, den Profifussball im Verein zu sanieren. Trotz Expansion denken auch Thun und Aarau notgedrungen ans Sparen. Die Profimannschaften sollen noch stärker mit jüngeren, billigeren Spielern aus der eigenen Juniorenförderung alimentiert werden.
Neue Stadien sind keine Garanten für den Erfolg
Die Tabelle gibt einen Anhaltspunkt, auf welcher Höhe in etwa das Einnahmenpotenzial der verschiedenen Klubs liegt. Bei den Young Boys in Bern ändert sich die Situation allerdings ab diesem Sommer grundlegend. Der Klub bezieht das neue Wankdorf- Stadion in Bern. Noch hüllen sich die Verantwortlichen in Schweigen, wie sich das auf das Budget der nächsten Saison auswirken wird. Der Saisonkartenverkauf lässt offensichtlich noch keine Aussagen zu. Budgetdisziplin würde bedeuten, dass sich die Ausgaben der Klubs tatsächlich am wirtschaftlichen Einnahmenpotenzial orientieren. Diese hängen in der Schweiz nach wie vor stark von den Zuschauerzahlen ab. Viele Zuschauer ermöglichen tendenziell auch höher dotierte Sponsorenverträge. Aus den TV- Übertragungsrechten hingegen fliessen bescheidene Beträge. Nicht zuletzt deshalb wälzen alle Super- League- Klubs gegenwärtig Neu-, Aus- und Umbaupläne bei den Stadien ( siehe nebenstehenden Kasten) . In GC- Kreisen rechnet man beispielsweise mit etwa vier Millionen Franken Mehreinnahmen dank dem neuen Stadion. Die Übergangsphasen bis zum Bezug neuer Stadien sind hart. Das zeigt das Beispiel Xamax. Die Neuenburger sind nach wie vor in La Chaux- de- Fonds ausquartiert. Zudem sind die neuen Stadien keine Erfolgsgaranten, wie der Fall Servette Genf gezeigt hat. Schliesslich ist die Branche nicht für ihre Budgetdisziplin bekannt.
